Alte Dame Mit Bild

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Pedder
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Alte Dame Mit Bild

Beitrag von Pedder »


Hallo,

auf meine Frage, was denn von einer deutschen Rückensäge zu halten sei, bekam ich verschiedene gute Ratschläge und eine verlockendes Angebot...

Ich habe mir also die eine und andere alte englische Säge besorgt (ist von den Versandkosten eher sinnvoll, als eine us-amerikanische). Bezeichnet wurden die Sägen als tenon saw*. Ich habe daher cross-cut* gefeilte Sägen erwartet. Bekommen habe ich diese:



Und muss feststellen, dass ich bei näherer Betrachtung eine Einordnung nach rip-cut* oder cross-cut nicht vornehmen kann.



Ist das eine Mischverzahnung? - Davor hatte Marc Waldbillig mich doch gewarnt! :O{

Wenn ja, was mach ich jetzt damit, eigentlich sollte die W.Tyzack & Sons eine dovetail saw* mit einer rip-cut Zahnung werden. Die Zähne ganz platt machen und neu setzen? Dazu gibt es Anleitungen, scheint mir aber nicht so gut für einen Anfänger. Oder erst mal an der vorgegebenen Zahnung orientieren? Die müssen sowieso runter bis zum fünften Zahn von Oben.

Oder: Säge gleich zu Marc schicken?
Oder: LOHNT SICH DAS ALLES NICHT FÜR DIESE SÄGE? Griff anhübschen und ab ins Regal?

Friedrich, ist das ein "gut erhaltenens Exemplar"?

Gruß Pedder

Obwohl ich wirklich nicht viel Englisch verstehe (vielleicht ist D A S der Grund für die Qualität der Säge?) hier der Versuch, die Begriffe zu erläutern.

*rip-cut meint nach meinem Verständnis eine Zahnform für Längsschnitte. Die Feile wird beim Schärfen senkrecht zum Blatt geführt. Variation über den Winkel des Zahnes von der Seite gesehen.

*dovetail saw: Säge für Schwalben, also in erster Linie längs der Faser

*cross-cut meint eine Zahnform für Schnitte Quer zur Faser. Der Zahn ist zusätzlich noch ein Schrägstellen der Feile zum Sägeblatt gewinkelt (Im englischen heißt dieser Winkel fleam)

*tenon Saw: Zapfensäge (?) für Schnitte quer zur Faser



Friedrich Kollenrott
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Re: Alte Dame Mit Bild

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Pedder,

ja, das ist ein durchaus ordentlich erhaltenes Exemplar, und ein hübsches dazu.

Zu der Bezahnung: Sowas ähnliches habe ich auch mal aus England bekommen, das war eine klassische Feinsäge mit gedrechseltem Griff. Nur jeder zweite Zahn hat volle Höhe (aber einene Keilwinkel von unter 60°), Die Zähne dazwischen haben einen Winkel über 60°, sind niedriger. Das Ganze ist mit einer normalen Dreikantfeile hergestellt, und die Zähne waren bei meiner auch symmetrisch (also nicht auf Stoß). Bei Deiner sind die schneidenden (höheren) Zähne offenbar etwas auf Stoß (rake unter 30°), seh ich das richtig?

Schon ein kleines Kunstwerk. Aber Du musst einiges an der Zahnhöhe runterfeilen, weil da welche abgebrochen sind. Ich würde Dir empfehlen: Mach da eine normale Verzahnung draus (rip oder cross, was Du so brauchst). Hab ich auch gemacht. Ist sicher enfacher, als die alte Zahnform zu restaurieren. Die Zahnteilung kannst Du beibehalten, auch wenn sie erstmal ziemlich grob erscheint.

Zum Sägen von Zapfen ist diese Säge möglicherweise nur eingeschränkt geeignet, dazu ist die Blattbreite vielleicht etwas knapp, und das Zapfensägen erfordert ja oft gerade einen tiefen Schnitt. Am besten: Durch ein weiteres Exemplar mit breiterem recheckigem Blatt ergänzen.

Noch kurz zur Terminologie: Eine tenon saw ist eine Zapfensäge. Die Engländer nennen alle Rückensägen so, die in der Größe über der "dovetail saw" liegen. Das sagt erst mal gar nichts über die Art der Bezahnung aus. Das Typische am Sägen von Zapfen ist allerdings nach meinem Verständnis der tiefe Schnitt in Richtung der Faser, dazu sollte die Säge rip gefeilt sein. Aber, wie schon gesagt: Wenn Du eine tenon saw kaufst, ist über die Art der Bezahnung erstmal noch nichts gesagt.

Friedrich



Pedder
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Re: Alte Dame Mit Bild

Beitrag von Pedder »


Hallo Friedrich,

vielen Dank für diese schnelle und kompetente Amntwort!

Vielleicht doch etwas zu kompetent für mich, vor allem wenn deutsche und englische Begriffe gemischt werden. Ehrlich, wenn Du da mal eine Definition "rausgeben" könntest, wäre das schon super.

Ist der Keilwinkel ist der Winkel zwischen den beiden Kanten des Zahns?
Und Rake ist der Winkel zwischen der gedachten Linie, die Senkrecht zur "Zahngrund-Linie" läuft und der schneidenden Kante des Zahns? Dann passt Deine Vermutung wahrscheinlich; ich habe die Tyzack gerade nicht hier (Büro) und die Winkel auch nicht im Kopf, mehr dazu erst am Dienstag abend.

Ich neige zu rip-cut. Wegen der Arbeiten und weil es nach dem was ich gelesen habe, einfacher ist. Wie gesagt, zunächst hatte ich die Tyzack eben wegen der Höhe des Sägeblattes als dovetail saw gedacht. Oder muss die Zahnung da viel feiner? Für Zahnungen feiner als 12 tpi hätte ich auch keine Schränkzange mehr... (eclipse 77)

Die Ergänzung ist schon da: im zweiten Bild kann man die andere alte Dame noch erahnen, eine Spear & Jackson, sehr viel feiner und gleichmäßiger bezahnt, die macht mir nicht so Kopfschmerzen. Aber ausprobieren möchte ich feilen lieber an der Tyzack, da ist es nicht so schlimm, wenn es nicht klappt.

Gruß Pedder



Marc Waldbillig
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Re: Alte Dame Mit Bild

Beitrag von Marc Waldbillig »

[In Antwort auf #113521]
Hallo Pedder,

Den Griff dieser schönen alten Dame solltest du auf alle Fälle hüten. Nur viel Futter scheint deine Alte (gemeint ist natürlich die Säge) nicht mehr zu haben. Daher würd ich mich Friedrich anschließen und darüber hinaus empfehlen, sie auf Querschnittzahnung umzufeilen. Einige Zähne scheinen überfeilt zu sein (10. von oben z.B.) andere sind aber durchaus wahrscheinlich auf gleicher Höhe. Eigentlich müsste man die Säge in Händen halten, um das zu sagen.

Mich tät aber folgendes vorher interessieren:

1. Wie viel Futter hat die Säge noch unter dem Rücken an der schmalsten Stelle, Griff ausgenommen?

2. Ist das Blatt gerade, wenn du vom Griff aus über die Zahnreihe peilst?

3. Wie lang ist das Blatt?

4. Welche Zahnteilung hat es? (Entweder von Zahn zu Zahn die Distanz messen, oder Zähne auf einer Strecke von 2,54mm (=tpi)zählen)

5. Hast du die Säge probiert? Lang- und Querfaser? Und, wie läuft's?

Angenommen, du hast keine 3 cm Futter mehr, aber das Blatt ist gerade, würde ich dir zum Querschnitt raten. Den Winkel (Fleam) würdest du je nach Härte des Holzes wählen. Dann hättest du eine - wie die Amerikaner sagen - Joinery Saw, also eine Säge für kleine Verbindungen, ich denk da an kleine Zapfen, oder sonstige Querschnitte. Angenommen, die Säge hat um die 4 cm Futter, so kannst du sie für Zinken einsetzen und du könntest sie auf Längsschnitt feilen.

Mein Angebot steht immer noch, Gruß, Marc



Pedder
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alte Dame und ihre Falten

Beitrag von Pedder »


Hallo Marc,

Zunächst vielen Dank für Deine Anwort und auch Deine übrigen Beiträge im Forum. Vor allem der "Verbindungsthread" bescherte mir ein Aha-Erlebnis. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass ein Zapfen nach dem Säge fertig sein soll. Um so erleichterter bin ich, dass auch alte Hasen ganz bewusst "nacharbeiten". Nun überlege ich nur, mit welchen Werkzeugen, Hobel habe ich noch nicht, ich Dein Vorgehen imitieren könnte.

Ein bisschen schade, dass diese threads so schnell auf Seite 2ff. verschwinden werden. Eigentlich sollten sie wie die "Zähmung des widerspenstigen Brettes" an gesonderter Stelle verwahrt und gehütet werden. Ist da nicht im Wiki ein Plätzchen frei?

Um Deine Fragen beantworten zu können habe ich mal nachgesehen:

1. genug Futter?: zwischen Rücken und Zahngrund sind es etwa 4,5 cm

2. Blatt gerade?: Es gibt eine ganz leichte Welle. Leider ist es mir nicht gelungen, dass fotografisch darzustellen. Ich kann das auch nicht messen, schätze es aber auch wenige zehntel mm

3. Länge?: 25,3 cm also ca 10'

4. Zahnteilung: 8-9 tpi, das hat mich überrascht, ich dachte sie sei feiner.

5. Ich habe die Tyzack in Kiefernholz gestestet. Längs ist es ein Traum. Erst etwas stotterig am Anfang, aber dann lässt sie sich viel leichter zu führen, als alles, was ich bisher in der Hand hatte(was weder viel noch von hoher Qualität war).
Der Schnitt verläuft nur wenig, für meine bisherigen Verhältnisse gar nicht. Am Rand ist der Schnitt leicht ausgefasert.

Quer zur Faser geht notfalls auch,der Anfang ist extrem ruckelig. Angenehm ist auch hier, dass diese Säge nicht flattert.

Diagonal gibt brauchbare Schnitte.

Ich habe das Gefühl, dass nur die spitzwinkleigen Zähne schneiden und die flachwinkeligen als Ausräumzähne bewusst niedriger gehalten sind. Denn auch ein 16cm Längsschnitt in Kiefer ging ohne großes Stopfen vor sich.

Ich habe den Einruck (dafür muss ich mir aber mal eine Lupe mit in den Keller nehmen), dass alle Schneidezähne in eine Richtung und die Räumzähne in die andere Richtung geschränkt sind. Wieso sie dennoch nicht verläuft, ist mir ein Rätsel. Wahrsacheinlich ist mein Eindruck falsch.

Weil die Tyzack so gut rip sägt, scheue ich micht, sie umzufeilen, das können ja irgenwann meine Kinder machen. ;o)

Jetz werde ich mir erstmal eine einfache Sägenkluppe wie Berthold Cremer bauen und dann endlich anfangen zu feilen. Wahrscheinlich erst mit der S&J Rückensäge, weil die sehr gleichmäßig bezahnt ist aber im Gegensatz zu Tyzack erstaunlich schlecht schneidet - längs wie quer.

Und wenn dass nichts wird, schicke ich die Damen nach Luxemburg - versprochen (?)

Gruß Pedder



Marc Waldbillig
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Re: alte Dame und ihre Falten

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Pedder,

Vom Futter her, würd ich sie schon als Zinken tauglich einstufen. Die Zahnteilung ist sehr grob für eine dermaßen kleine Säge. Wie sieht denn das Schnittbild aus bei Längsschnitten?

Die Ausräumzähne deuten auf den Gebrauch in Weichholz oder sogar Grünholz hin.

Ich denke, dass die Säge einem ganz speziellen Zweck diente. Nur welcher?

Gruß, Marc



Wolfgang Jordan
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Re: alte Dame und ihre Falten

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo,

ich denke, daß es sich hier nicht um Räumzähne handelt, sondern um eine verfeilte Säge. Die Amerikaner nennen diesen Effekt "cows and calves" (Kühe und Kälber), weil jeder zweite Zahn kleiner ist. Zu dem Begriff und einer Erklärung, wie es dazu kommen kann, habe ich hier eine Diskussion in der OldTools Mailingliste gefunden. Kurz gesagt kommt dieser Effekt wohl dadurch zustande, daß die Säge nur von einer Seite aus gefeilt wurde.

Gruß, Wolfgang



Marc Waldbillig
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Re: alte Dame und ihre Falten

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Wolfgang,

Ich kann's nicht richtig erkennen, aber mir scheint, die vermeintlichen "Räumzähne" habe eine Fase an dieser Säge. Räumzähne sind in der Regel etwas niedriger, wird durch Überfeilen erreicht, haben eine Längsschnittgeometrie und sie sind nicht so häufig. In etwa jeder 5. oder 6. Zahn würde reichen. Von daher geb ich dir Recht :-) Ich würd die Säge radikal abfeilen und neu bezahnen, 15 tpi wären angesagt, denk ich.

Gruß, Marc



Marc Waldbillig
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Re: alte Dame und ihre Falten

Beitrag von Marc Waldbillig »


Hallo Wolfgang,

Schau dir doch mal diese Säge an und was Mike Wenzloff dazu sagt. Es gibt hier Ähnlichkeiten.

Gruß, Marc



pedder

Re: alte Dame und ihre Falten

Beitrag von pedder »


Hallo Marc,

es ist schon verblüffend, wie diesselben Fragen prallel in verschiedenen Erdteilen auftauchen, oder?

Mike Wenzloff hält es bei der Säge für den - gescheiterten - Versuch einer Mischverzahnung und rät wie Du zum Runterfeilen und neu setzen.

Ich habe verstanden...

(Bist Du gelegentlich unter einer Adresse in D zu erreichen? das Porto ließe sich halbieren ;o))

Gruß Pedder



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