Zähmung des widerspenstigen Brettes 4

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Christof Hartge:

Die Zähmung des widerspenstigen Bretts - Teil 4
The taming of the shrewed board - Part 4

4. Abrichten der ersten Schmalseite

Zum Abrichten einer Schmalseite braucht man im wesentlichen einen Doppelhobel, einen guten Winkel und, wenn es ganz genau werden soll, auch eine Rauhbank.

Werkzeug zum Abrichten einer Schmalseite Gut ist auch ein Bankknecht, der das Brett rechts unten abstützt. Der steht aber auf meiner ewigen Projektliste und ich muß halt ohne auskommen.

Schmalseite Bei der ersten Schmalseite besteht die Aufgabe zunächst nur darin, eine gerade Kante zu hobeln die rechtwinklig zur linken Seite steht. Das sind zwei Anforderungen, die nicht leicht gleichzeitig zu erfüllen sind.

Meine Vorgehensweise:

  1. Mit dem Doppelhobel
    - Berge beseitigen
    - hohl hobeln / Rechten Winkel herstellen

  2. Mit der Rauhbank
    - gerade hobeln

a) Berge beseitigen und die Kante hohl hobeln

Das Brett wird mit einer Schmalseite nach oben in Faserrichtung in die Vorderzange eingespannt. Über die Kante hinweg peilen und schauen wo die größeren Berge und Täler liegen. Diese werden zuerst mit dem Doppelhobel beseitigt.

Wasserwaage Man findet Berge und Täler auch so, mit der Wasserwaage.

Hobel ansetzen Wenn man den Hobel ansetzt, sollte man an dieser Stelle schon mit Augenmaß darauf achten, den Hobel rechtwinklig zur linken Seite des Brettes zu halten. Und zwar muß man auf die Querachse an der Stirnseite des Hobels achten und auf die Wangen des Hobelkastens. Mit ein bißchen Übung sieht man da eine Menge. Besonders gut geht das mit einem Brett, das nur wenig über die Bankfläche schaut, besonders gut auch mit der Rauhbank, deren Körper ja besonders hoch und rechtwinklig ist.

Ich habe die Vermutung, daß dies besonders gut mit Holzhobeln möglich ist, bedingt durch ihren hohen kastenartigen Aufbau.

Eine weitere Empfehlung: wenn die gröbsten Kuppen bereits weggenommen sind, dann beginne ich mit kurzen Spänen in der Mitte und verlängere den Zug Stoß um Stoß, bis ich über das volle Brett gekommen bin. Das ergibt eine leicht hohle Kante. Das hat Vorteile, wenn man die Rauhbank benutzt. Aber dazu später.

links Lichtdurchfall Wie sieht es denn nun aus?
Vorn. Da ist links Lichtdurchfall, in der Mitte ein Huppel und rechts noch etwas Sägekante.

Hobelfehler Hinten. Typischer Hobelfehler vom mir, wenn ich frei Hand hobele: Hinten links steht zuviel Holz. Oft ist es so, daß man eine leichte Verdrehung hinein gehobelt hat. Um sie zu beseitigen, hat es keinen Zweck den Hobel anwinkeln zu wollen, das wird nichts.

Ich setze den Hobel auf die wie auch immer schiefe Fläche auf und schiebe den Hobel so, daß nur ein Teil des Hobelmessers, den 'hohen' Bereich der Kante abhobelt. Bei einer 87° Kante bedeutet das, den zu hohen Teil mit 3-4 mm des Hobeleisens zu hobeln. Beim nächsten Stoß wiederhole ich den Vorgang nehme nur etwas Eisenbreite hinzu. Auf diese Weise entsteht eine neue Fläche, die um ein weniges mehr in die gewünschte Richtung geneigt ist. Ist viel Ungenauigkeit zu beseitigen, beginne ich mit wenig Eisenbreite, ist es nur noch Haaresbreite die fehlt, nehme ich viel von der Breite des Eisens. Auf diese Weise läßt sich die Korrektur sehr gut steuern. Ist die Kante verdreht, lasse ich das Hobeleisen über die Länge von einer Kante der Schmalseite zur anderen wandern. Dazu brauche ich 1-2 Stöße.

Wichtig ist, daß das Hobeleisen wirklich parallel zur Hobelsohle steht, sonst wird man nicht fertig. Ein Tip: Wenn das Brett nur wenig, 0,5 cm, über die Hobelbank schaut ist es leichter die Rechtwinkligkeit einzuschätzen.

korrigiert Also habe ich entsprechend dieses Verfahrens korrigiert und die Prüfung ergibt dieses

korrigiertund dieses.

Damit bin ich zufrieden. Längs, wie erwartet liegt die Wasserwaage an den Enden hohl auf, während in der Mitte eine leichte Höhlung enstanden ist. Wer mag, kann an dieser Stelle aufhören. Höchstens, noch vorne und hinten einen Span abnehmen und diese Kante als fertig betrachten. Dennoch kann es Situationen geben in denen mehr Genauigkeit gefragt ist und auch beim Fügen nutzt das, was ich jetzt schreiben möchte:

b) Die Kante gerade hobeln

Wer mit seiner Rauhbank mal eine Weile auf einer Kante feine gerade Späne erzeugt, wird feststellen, daß sie das nicht lange tut. Nach 6-10 Stößen, spätestens wird die Späne wieder unterbrochen und eine Prüfung ergibt, dass der so überaus plane Hobel eine sanfte Dünung auf die Kante gehobelt hat. In der Regel zwei weite Wellen die ihre Scheitel jeweils kurz nach dem Anfang und kurz vor dem Ende haben. Das ist konstruktionsbedingt und hat nichts mit der jeweils besonderen Ausführung des Hobels zu tun. Jeder Hobel erzeugt einen Kreisbogen, weil das Messer etwas vorsteht und das Brett nach dem Messer etwas dünner ist als nach dem Messer. Der Radius des Kreisbogens wird bestimmt durch die Spanstärke und die Länge des Hobels. Hobelmaschinen haben deshalb versetzt angeordnete Hobeltische. Das ist nun bei einem Handhobel nicht gut möglich. Man muß dem Effekt vielmehr entgegen arbeiten.

Erstens, gebe ich Druck auf den Bug, schiebe und wechsele den Druck auf das Heck des Hobels. Am besten macht man die Augen zu - kein Scherz. Man muß sich eine gute Hobelbewegungg wie das Nachfahren einer Welle vorstellen: Am Anfang rein mit dem Bug, in der Mitte etwa gleiche Gewichtsverteilung und zum Ende hin nach oben herausfahren. Das gilt eigentlich für das Hobeln generell, aber für die Rauhbank eben besonders.

das Messer muß rattenscharf sein Zweitens, sollte man mit der Rauhbank, wenn es um Kanten geht, ganz entgegen ihrem Namen allerfeinste, durchgehende Späne erzeugen. Denn je dicker der Span desto stärker wird der Kreisbogen ausfallen. Und das Messer muß rattenscharf sein. Deshalb schärfe ich es grundsätzlich vor dieser Operation. Mag ein Tick von mir sein, hilft aber vielleicht der Konzentration. Beim Einsetzten des Messers bitte auf genaue horizontale Fluchtung achten. Kleinste Abweichungen, die man sonst nicht spürt, werden sich jetzt bemerkbar machen.

Drittens, richte ich die Kante so gut als möglich mit dem Doppelhobel her. Und mache mit der Rauhbank nur noch 2-4 Stöße und bin fertig. Die Enden des Kreisbogens, die der Doppelhobel hinterlassen hatte, werden auf diese Weise aufgeschnitten und eine nahezu plane Fläche bleibt. Eine ganz, ganz leichte Höhlung ist für Leimfugen sogar wünschenswert, wenn bloß die Enden nicht offen sind.

Späne Die Späne sollen so aussehen. Nicht ganz perfekt. Die Späne haben sich gerollt, ich konnte sie deshalb auch nicht komplett vor euch auslegen. Das beste Zeichen ist es, wenn sie gerade aus dem Kasten pfeifen. Dazu gibt es ein tolles Bild in Spannagel "Der junge Schreiner". Aber mir genügt es für heute.

Wasserwaage So, und jetzt zur Endkontrolle mit der Wasserwaage. Wer sich in das Bild hinein zoomt, wird einen ganz feinen Lichtspalt entdecken. Der wäre gerade richtig zum fügen.

Und ein kleiner Test auf der Hobelbank. Ich lege das Brett auf seine Schmalseite. Es liegt auf der ganzen Länge satt auf. Da ist kein Spalt.

Damit ist auch das geschafft, wenn erst Mal die erste Hirnseite gerichtet ist, ist der Rest nur noch Routine. Zum Schluß möchte ich noch Hinweise auf alternative Methoden gebe, mit denen ich keine großen Erfahrungen habe.

c) Wie es wohl auch noch geht:

Viele halten wohl eine rechtwinklige Leiste mit der linken Hand unter die Rauhbank. Das soll gehen als Führungsanschlag. Ich habe es nicht hingekriegt. Vielleicht ist meine Hand zu klein. Ich habe es dann allerdings dann auch nicht weiter trainiert, als ich meinen Weg gefunden hatte.

In ähnlicher Weise gab und gibt es für die eisernen Rauhbänke Anschläge zu kaufen. Vielleicht weiß ja jemand was davon zu berichten.

Manche streichen mit dem Zeigefinger während des Hobelstoßes unter der Sohle am Brett entlang. Das soll helfen.

Man kann das Abrichten auch auf einer Stoßlade besorgen. Siehe dazu Congers schönen Baubericht . Allerdings glaube ich, daß dieses Verfahren für lange Fugen weniger geeignet ist.

Schließlich gibt es auch noch ein Verfahren, bei dem mit einer gerundeten Schneide gearbeitet wird. Wer es erklären kann, soll es bitte tun. ich weiß es aus dem Gedächtnis nämlich nicht mehr.

5. Die erste Hirnholzkante

Falls ihr beim Absägen des Brettes von der Bohle sorgfältig vorgegangen und eine Längskante einigermaßen rechtwinklig zu dieser Hirnholzkante ausgerichtet habt, braucht ihr die erste Hirnholzkante nur gerade zu hobeln. Wer so eine Stoßlade wie Conger sein eigen nennt, dem sei sie für das Richten der Hirnholzkanten empfohlen. Wer keine hat, wie ich, wird auch so glücklich. Voraussetzung und das gilt sicher auch für die Stoßlade, ist ein frisch geschärftes Hobeleisen. Fein gestellt sollte der Hobel einen scharfen, schneidenden Ton von sich geben, der nicht ans Schaben erinnert. Auch Nadelhirnholz sollte in kleine Späne geschnitten werden, bloß Staub spricht für ein nicht genügend scharfes Eisen. So sieht es bei mir aus:

Die erste Hirnholzkante Es geht eigentlich mit jedem Bankhobel mit geradem Eisen. Ein verstellbares enges Hobelmaul hat aber den Vorzug, daß man Ausbruch an den Kanten minimieren kann.

Lichtdurchfall So sieht die Sache aus, wenn der rechte Winkel von unserer geraden Längskante aus gemessen wird. Leider habe ich die Fotos abends gemacht, der Lichtdurchfall ist nicht mehr gut zu sehen. Trotzdem sieht man, daß links eine ganze Ecke weg muß.

Kantenprüfung Hinten ist es ziemlich rechtwinklig. Das Vorgehen um frei Hand Rechtwinkligkeit zu erzielen ist jetzt immer dasselbe: Zuerst die Hochpunkte wegnehmen: Also hier, bewußt die hintere Seite anhobeln und die linke Kante. Dann wieder überprüfen und erneut korrigieren.

Hirnholzhobeln Mit dem Stellwinkel des Hobels zu den Jahresringen sollte man ein wenig spielen, nach Möglichkeit hobele ich entlang der Linien der Jahresringe.

Manchmal muß man den Jahresringen hinter herfahren wie in einem Karussell. Am besten läßt man sich vom Hobel leiten. Dieses letztere ist der einzige Vorteil, wenn man keine Stoßlade verwendet, das Finish wird besser. Aber eigentlich ist nur manchmal wichtig, denn Hirnholz taucht gar nicht so oft offen auf (Ausnahme: Zinken).

Die eigentliche Gefahr beim Hirnholzhobeln ist der Ausbruch, der sich ergibt, wenn man über die entfernte Kante hobelt. Das passive Hilfsmittel ist, die noch ungerichtete zweite Schmalseite an diese Stelle zu drehen. Wenn man genug Holz stehen lassen hat, wird das wieder weggesägt oder weggehobelt. Auch ein eng geschlossenes Hobelmaul kann das schlimmste verhindern. Ich bevorzuge es aber beim Hirnholzhobeln grundsätzlich nicht über die Kante zu hobeln, sondern von beiden Seiten immer zur Mitte hin zu hobeln und dabei das Messer nach bedarf anzuwinkeln.

Auf Rechtwinkligkeit zur ersten Längskante sollte man besonders achten, damit nachher auch die zweite Längskante genau überprüft werden kann. Wenn man das Brett nur wenig über die Vorder- oder Hinterzange spannt hilft das bei der Ausrichtung des Hobels.

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