Werkbericht Wunderkammer *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Ingo Groth
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Werkbericht Wunderkammer *MIT BILD*

Beitrag von Ingo Groth »


Moinmoin!
Da ich hier immer für gute Tips und Anregungen fündig werde, will ich mich mal an einem kleinen Werkbericht versuchen.
Seit jeher faszinieren mich Wunderkammern und Verwandlungsmöbel. Leider kommt man ja nur selten dazu, so etwas mal für sich selbst zu bauen. Meine hier vorgestellte Wunderkammer ist nach einem Vorbild aus dem Palastmuseum in Taipeh gebaut. Das Original aus der Zeit zwischen 1736 - 1795 hat die Maße 25 x 25 x 21 cm und ist vollständig aus Sandelholz.
Meine Kammer ist geringfügig größer - 34 x 34 x 28 cm. Da das mit dem Sandelholz hier schwierig wird, habe ich das Stück aus Europäischer Kirsche und europ. Ahorn gefertigt.

Als erstes wurden Boden und Blatt furniert (Bootsbausperrholz) und die Seitenteile aus KB gehobelt und auf Gehrung mit eingeschobener Feder verleimt.
Die Grundkonstruktion ist eingenutet und schnell fertig

Nun werden die Innenteile aus Ahorn gefertigt. Alle acht Innen-Seiten sind abermals überfurniert. Durch die KB-Außenseiten und dann durch das KB-Furnier der Innenseiten werden acht verschiedene Rosetten Querpassig eingefräst.

Danach passen die Rosetten und die äußeren Rahmenteile wieder perfekt zusammen. Die Außenteile haben dabei ein Fräsprofil bekommen.
Hier der erste Zusammenbau


Ingo Groth
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Re: Werkbericht Wunderkammer *MIT BILD*

Beitrag von Ingo Groth »


So, nun geht es weiter: Es müssen eine Menge Kanten angeleimt werden. Für die Viertelkreise der Innenteile wurde ein Hammer als Gewicht verwendet

Immer noch weitere Kanten:

Dann folgt das Einleimen der Viertelkreise. Damit diese exakt winklig sind wurde eine "Wiege" gebaut in der die Teile abbinden können.


Nun folgt das Herstellen der Messinglager. Hierfür wurde o,5 mm Messingblech gewählt. Die Fläche wird auf der Kunstdrehbank guillochiert.


Anschließend werden die Messingbleche mit dem Marketeriepferd ausgesägt. gleichzeitig mit dem späteren Furnier


Ich wollte die Lager nur mit einem Zaponlack vor dem Anlaufen schützen. Beim Einbrennen ist der Lack jedoch wolkig geworden. Deshalb wurden die Lager mit rotem durchscheinendem Lack überzogen.
Es erfolgt das Einpassen der Lager mit dem Furnier (0,6mm).


Ingo Groth
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Re: Werkbericht Wunderkammer *MIT BILD*

Beitrag von Ingo Groth »


Und weiter geht es: Der spannende Moment! Das Möbel wurde zum ersten Mal zusammengesetzt

Da die Kanten noch überstehen wurde mit dem Kinderhobel beigeputzt.

Schwieriger als gedacht ist das einpassen der äußeren Rahmenleisten. Wenn die Leisten zu groß sind passt das nicht mehr mit der Nut und dem Öffnen des Kastens.
Hierbei habe ich einen Denkfehler gemacht und mich später geärgert, ohne eine Zeichnung gearbeitet zu haben.


Da die Wunderkammer einen Fußkasten bekommt mussten auch hier Leisten gehobelt werden. Diese sind genutet für den Boden und Deckel.


Ingo Groth
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Re: Werkbericht Wunderkammer *MIT BILD*

Beitrag von Ingo Groth »


So, nu is fast fertich...
Die ausschwenkbaren Viertel bekommen Fachunterteilungen. Alle vier Segmente sind dabei natürlich unterschiedlich


Das Oberteil ist mit dem Unterteil durch einen Schiebedeckel verbunden. Auch hier wurde eine Sperrholzplatte furniert und die starken Anleimer aufgeleimt - sie bilden später ja den Schiebe"mechanismus"


Damit ist die Wunderkammer des Kaisers von China" fertig. Die Oberflächen wurden nur geölt. Die Wunderkammer ist jetzt ca. ein Jahr fertig und regt zum Spielen an. Gerade hatte ich das Stück auch auf einer Ausstellung dabei und bin erfreut, wie viele Erwachsene dem Probieren und Entdecken nicht wiederstehen können.
Ich hoffe, Euch hat der kleine Werkbericht gefallen und wünsche frohe Weihnachten...




Ingo Groth

Tom B.
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Re: Werkbericht Wunderkammer

Beitrag von Tom B. »

[In Antwort auf #139748]
Schönen guten Abend Ingo,

... einfach nur: WOW!

Toll geworden. Da hast Du bestimmt - Wochen dran gearbeitet. Ich mag diese Möbel, bei denen es immer irgend etwas zu entdecken gibt, sehr gerne. Selber hatte ich bisher leider noch nicht die Muße, so etwas zu fertigen.

Danke, dass Du uns daran und der für mich zum Teil neuen Technik, hast teilhaben lasen

Herzliche Grüße

Tom

Dominic Lang
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Re: Werkbericht Wunderkammer

Beitrag von Dominic Lang »


Einfach toll gemacht. Ich bin begeistert.

Gesegnete Weihnachten.
Domi


Michael Formanek
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Re: Werkbericht Wunderkammer

Beitrag von Michael Formanek »

[In Antwort auf #139749]
Hallo Ingo,

tolle Arbeit. Mich hat vor allem das "Marketeriepferd" sehr interessiert. Wenn ich das richtig gesehen habe, kann man es auf jedem Tisch einfach montieren und wenn man es nicht braucht, leicht wieder verstauen. Gibts da eventuell einen Bauplan von dir oder zumindest viel mehr Photos davon ;-)

lG Michael

Kraftschik Gustav
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Re: Werkbericht Wunderkammer

Beitrag von Kraftschik Gustav »

[In Antwort auf #139752]
Da sitzt er da und gibt sich des Staunen hin.
"Sie sitzen schon, mit hohen Augenbraunen // Gelassen da und möchten gern erstaunen." - Johann Wolfgang von Goethe, Faust .
Einfach toll
Gustav

Rolf Richard
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Re: Werkbericht Wunderkammer

Beitrag von Rolf Richard »

[In Antwort auf #139751]
Grandios!

Frohes Fest!

Rolf

Ingo Groth
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Re: Marqueterie-Pferd *MIT BILD*

Beitrag von Ingo Groth »


Hallo Michael!
Ein großes "Pferd" passt nicht in meine 4 x 4m Werkstatt. Deshalb ist das demontierbar auf dem Kreuztisch meiner Langlochbohrmaschine. Durch die Höhenverstellung des Tisches kann ich die Säge gut auf Kinnhöhe einstellen. Die Linearführungen sind völlig überkandidelt (hatte ich über...) es reichen locker auch Bronzlagerbuchsen auf einer gehärteten Welle - das ist dann sehr günstig selber zu machen.
Den "Plan" findest Du bei der "redbridgemarquetrygroup.org" als Marquetry Donkey saw (alte Schwarzweisspläne).
Ich stelle noch mal Bilder ein obwohl das etwas peinlich ist weil das "gute Stück" sehr grob zusammengeschustert ist - es funktioniert aber wunderbar!





Viele liebe Grüße und danke für die freundlichen Beiträge

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