Metallhobel, Cadmium und Gummihandschuhe *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Markus Pfaff
Beiträge: 10
Registriert: Mo 22. Dez 2014, 23:48

Metallhobel, Cadmium und Gummihandschuhe *MIT BILD*

Beitrag von Markus Pfaff »


Hallo!

Vor zwei Wochen habe ich einige alte Record-Hobel aus England erstanden. Unter anderem die beiden Nuthobel 043 und 044 und einen Nr. 4. Alle Hobel dürften zeitlich aus den 40er oder 50er Jahren stammen. Nach einiger Suche im Netz habe ich allerlei altes Material und Tipps zu den beiden Nuthobeln gefunden. Funktioniert nach Stunden des Schleifens und Schärfens auch alles wunderbar. Vor ein paar Tagen ist dann leider - ebenfalls per WWW - ein dunkler Schatten über die Hobel gefallen.

Metallhobel sind typischerweise mit Lack überzogen (japanning) oder vernickelt oder es ist der blanke Stahl. Aber es gibt auch etwas anderes: Cadmium! Ja genau DAS Cadmium. Auf dem ganzen Hobel oder bei Nr. 4 und Co auf der Klappe.

In England war es den Hobelherstellern während des Krieges verboten, Nickel zu verwenden. Offenbar herrschte Mangel an Nickel, so dass es Rüstungsprodukten vorbehalten war. Wenn man im WWW nach "plane record cadmium plating" sucht, kommt man leider zu recht vielen Stellen, wo diese These vertreten wird. Bei Record wird der Cadmium-Überzug offenbar als "rustless plating" bezeichnet. Das Wort Cadmium wurde demnach schon damals vermieden. Gibt es genauso auch von Stanley,...

Cadmium ist giftig. Nicht so giftig wie Blei, sondern richtig giftig! Und krebserregend. Als reines Metall wird es vom Körper eher nicht oder zumindest schlecht aufgenommen. Insofern wird man das Hobeln wider anfängliches Erwarten doch einige Zeit überleben. Aber einen Hobel gibt man die Hand ja durchaus etwas fester. Da reibt sich auch etwas ab. Deshalb glänzen die Griffe dann so hübsch. Das was sich da abreibt ist natürlich auch nicht nur Cadmium, sondern vermutlich auch Cadmiumoxid, sonst würden die Hobel ihren Glanz ja nie verlieren. Rauchen ist dann übrigens die schlechteste Idee. Die Lunge resorbiert den entstehenden Cadmiumoxid-Rauch sehr gut.

Wenn ich die Hobel in der Vitrine sammeln wollte, wäre das alles kein Problem, aber das will ich nicht. Nein, die sollen hobeln! Vielleicht hat jemand Antworten und Vorschläge:

- Wie findet man (ohne analytische Chemie für Fortgeschrittene) heraus, ob es Cadmium ist? Gefunden habe ich bislang: Cadmimum hinterlässt auf Holzkohle beim Verbrennen mit Wasserstoffflamme sein orangebraundes Oxid. Flammfarbe ist rot. Gesund ist der Versuch wohl nicht gerade und man braucht vermutlich auch mehr als nur ein paar Feilenspäne. Und dann habe ich auch gerade keine Wasserstoffflamme zur Hand.

- Lackieren? Aber wie vorher reinigen. Abschleifen lässt man besser.

- Vom Galvaniseur mit Nickel (oder gleich Gold?) überziehen lassen? Da muss der Hobel vorher auch blitzblank sein. Vielleicht macht das Reinigen auch der Galvaniseur? Kosten?

- Gummihandschuhe? Derzeit meine Lösung, aber das begeistert mich nicht recht.

- Wegwerfen? Wenn, dann Sondermüll. Geht eigentlich gar nicht. Nein, das schaffe ich nicht.

Markus

Georg Pfab
Beiträge: 235
Registriert: Mi 6. Nov 2019, 19:01

Re: Metallhobel, Cadmium und Gummihandschuhe

Beitrag von Georg Pfab »


Hallo,
ich würde den Hobeln an den Griffen lackieren. Entfetten, 2K- Epoxidharz-Grundierung und dann Kunstharz oder Acryllack.
Gruß Georg

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3189
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Metallhobel, Cadmium und Gummihandschuhe

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Markus,

ich will das Problem nicht kleinreden, zumal ich in einer mit Schwermetall belasteten Gegend lebe (nördlicher Vorharz). Cadmium hat ja einen unrühnlichen Ruf von traurigen Fällen in Japan (die "Aua- Aua- Krankheit", wenn ich mich richtig entsinne).

Dein Hobel sieht für mich vernickelt aus. Kadmierung wäre gelblich (glaube ich).

Du solltest mal unter "Kadmierung" oder "kadmiert" suchen, das ist (oder war?) ein gängiges Verfahren, Schrauben vor Rost zu schützen. Und ich glaube bis heute dass die gelblichen Stahlschrauben die den Hauptteil meiner Bestände bilden, kadmiert sind. Ist ein Umgang mit diesem Metall (wenn man es nicht isst sondern nur anfasst) vielleicht doch tolerierbar?

Zuletzt eine ganz pragmatische Aussage: Wer betroffen ist, sollte einen Blick auf sein Lebensalter werfen (Deines kenne ich nicht). Bei Kindern (bei mir jetzt eher: Enkeln) wäre ich auch sehr, sehr vorsichtig mit sowas. Bei mir selbst (ich bin 67 und jung sterben klann ich nicht mehr) erlaube ich mit manchmal ein paar Nachlässigkeiten

Grüße

Friedrich

GuntherC
Beiträge: 40
Registriert: Fr 30. Jan 2015, 13:19

Re: Metallhobel, Cadmium und Gummihandschuhe

Beitrag von GuntherC »

[In Antwort auf #140387]
Hallo Markus,

ich zweifle gewiß nicht an dem, was Du schreibst. Ich wundere mich aber ein wenig, denn Cadmium ist ein sehr weiches Metall, in der Härte etwa vergleichbar mit Zinn. So ein Überzug auf einem Werkzeug müßte ungemein anfällig sein gegen Kratzer und Schrammen aller Art.

Der eindeutigste Nachweis für Cadmium wäre die Fällung von intensiv gelbem Cadmiumsulfid (CdS) aus schwach saurer Lösung. Dazu müßte man etwas Metall in verdünnter Salpetersäure auflösen (Salzsäure geht nicht!), dann entweder Schwefelwasserstoff einleiten oder eine Lösung von Natriumsulfid zugeben. Bei Anwesenheit von Cd entsteht ein schwerlöslicher gelber Niederschlag.
Ob man sich das Verfahren im privaten Bereich zutraut, wage ich nicht zu beurteilen.

Schöne Grüße
Gunther

Christoph Meyer
Beiträge: 675
Registriert: Sa 8. Aug 2015, 22:44

Re: Metallhobel, Cadmium und Gummihandschuhe

Beitrag von Christoph Meyer »

[In Antwort auf #140387]
Hallo Markus,

du hast Recht, Cadmium ist gefährlich und ein Umweltgift. Wenn der Griff tatsächlich mit Cadmium überzogen ist, dann ist das irgendwann Sondermüll.

Ich würde es aber auch, wie Friedrich, etwas pragmatischer sehen. Die Hauptaufnahme von Cadmium erfolgt durch unsere Lebensmittel, wenn wir
mal die Raucher außen vor lassen. Der TDI liegt bei 2,5 µg je kg Körpergewicht. Diese Mengen werden von der durchschnittlichen Bevölkerung
nicht überschritten aber je nach Region gut ausgeschöpft.

Der Richtwert von 2,5 µg je kg heißt für einen Erwachsenen (ca. 80kg) eine tolerierbare Aufnahme von 0,2 Gramm pro Woche.
Nun ist mir nicht bekannt wie gut die Aufnahme von Cadmium durch die Haut ist. Aber um Cadmium aufzunehmen musst du das auch erstmal lange
und dauerhaft, z.B. in Form des Hobels, in Händen halten. Ein Nuthobel wird wöchentlich wohl weniger als eine Stunde genutzt. Der mögliche Metall-
abrieb dürfte auch deutlich geringer als 0,2 Gramm pro Woche sein. Daher dürfte der Hobel nicht zu einer wesentlichen Cadmiumbelastung führen.

Am Ende bleibt es aber deine Entscheidung den Hobel zu nutzen oder einen schönen Platz in der Vitrine oder der Werkstatt zu suchen.

Zum Entsorgen wäre mir das gute Stück auch zu Schade.

Viele Grüße

Christoph


Pedder
Beiträge: 5689
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
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Re: Metallhobel, Cadmium und Gummihandschuhe

Beitrag von Pedder »


Hallo Markus,

Ist das gesichertes Wissen? Sowas kommt alle Jubeljahre in Foren hoch, aber ich habe noch keine
sichere Quelle gesehen. Schon gar nicht, dass mal jemand seinen Hobel getestet hat.

Nimmt man denn Cadmium durch die Haut auf?

Liebe Grüße
Pedder

Ich bin gerade nicht traurig, dass mein Bootsanker #45 immer noch unpoliert im Schrank liegt.



Horst Entenmann
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Registriert: So 30. Mär 2014, 20:58

Re: Metallhobel, Cadmium und Gummihandschuhe

Beitrag von Horst Entenmann »

[In Antwort auf #140391]
Hallo Friedrich,

Gelb könnte auch verzinkt und gelb chromatiert sein., wobei man das meines Wissens von cadmierten und gelb chromatierten Schrauben optisch nicht unterscheiden kann.
Cadmium wurde gerne für Maschinenschrauben eingesetzt, bei Holzschrauben bringt das meines Erachtens keine Vorteile, ich kann aber nicht garantieren daß das nicht doch gemacht wurde.
Hier in der Firma haben wir ein Gerät das mit Röntgenstrahlen die Zusammensetzung von Legierungen bestimmen kann. Man kann das auch für Oberflächen einsetzen, dann stimmen zwar die Prozentzahlen nicht mehr, man kann aber sagen welche Elemente vorkommen.

Einen Galvaniseur könnte man schon mal fragen. Mit einem ordentlichen Nickelüberzug sollte sich das Cadmium gut einschließen lassen. Evtl. ist auch verzinken geeignet.
Mit etwas Glück geht beim vorherigen Abbeizen schon das meiste ab.

Gruß Horst


Rafael
Beiträge: 841
Registriert: Do 6. Jul 2017, 18:43

Unbedingt wegwerfen!

Beitrag von Rafael »

[In Antwort auf #140387]
Hallo,

Cadmium ist schon gefährlich.
Daher rate ich Dir doch dazu, die Hobel loszuwerden. Wenn Du dir da nicht über die Methode sicher bist, dann kann ich das gerne für dich übernehmen.
Sende die Hobel einfach an mich, ich entsorge sie, und Du bist das Problem los.

Gruß,
Rafael

Wenn Wegwerfen doch nicht in Frage kommen sollte, dann vermute ich auch, dass man beim Gebrauch eines Nuthobels kaum eine gefährliche Menge an Cadmium abbekommen kann.

Rolf Richard
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Re: Metallhobel, Cadmium und Gummihandschuhe

Beitrag von Rolf Richard »

[In Antwort auf #140391]
Ärger mit gelb cadmierten Metallteilen hatten wir im Unternehmen schon so um 1987/88.

Wir waren ein reines Elektronikunternehmen, liessen uns Gehäuseteile von Metallverarbeitungsbetrieben zuliefern. Das Ganze musste natürlich rostgeschützt sein. Dann kam aus Grossbritannien der Weckruf. Dort waren cadmierte Bauteile schon damals streng verboten, das betroffene Gerät durfte noch nicht mal mehr nach Deutschland zurückgebracht werden. Soweit ich mitbekommen habe, tauchten in dem Unternehmen, wo das Gerät stand, ein Trupp Männer im Vollkörperschutz auf, schweissen das Gerät in Kunststoff ein und brachten es zu einer Giftmüllentsorgung. Alles sehr teuer für uns.

In den folgenden Jahren wurde cadmieren auch in Deutschland verboten. Seit 2011 ist es EU-weit veboten, von Ausnahmen abgesehen! Ersatz ist gelb chromatieren, das etwas anders ausschaut. Das cadmierte Zeug ist derart giftig, dass man es als chemischen Kampfstoff getestet hat.

Unterscheiden kann man beides, wenn man zwei Belegstücke nebeneinander sieht.
Gelb Chromatiert ist immer etwas gelbrötlich, changiert auch oft leicht. Cadmierung ist mehr grau, nie richtig glatt wie ein Chromüberzug, ähnelt eher einer Verzinkung, hat aber nicht deren Strukturbildung.

Gruss

Rolf

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3189
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Danke, wieder was gelernt! *NM - Ohne Text*

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

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