Schärfen mit Mikrofase anno 1909 *LINK* *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Markus Pfaff
Beiträge: 10
Registriert: Mo 22. Dez 2014, 23:48

Schärfen mit Mikrofase anno 1909 *LINK* *MIT BILD*

Beitrag von Markus Pfaff »


Hallo!

Wer mit Mikrofase schärft, den interessiert vielleicht, dass die Fa. Johann Weiss und Sohn aus Wien dies vor über 100 Jahren auch schon unter Verwendung klarer Worte empfohlen hat.

"Die Anbringung dieser zweiten Fase ist aus nachstehenden Gründen absolut nötig." heißt es in deren Katalog aus dem Jahre 1909.

Einen Scan des Katalogs, in dem sich diese Gründe nachlesen lassen, findet man unter
http://www.handplane.com/144/joh-weiss-sohn-1909-catalog-part-ii/ Die beiden Seiten über das Schärfen sind dort ganz unten zu finden (die Seiten, die hauptsächlich aus Text bestehen).

Es findet sich sogar der Name des Gesamtwinkels den man auf diese Weise erhält: Es ist der "sogenannte Zuschärfungswinkel".

Übrigens wird im Katalog mit Tischlern/Schreinern, die nicht ordentlich schärfen ordentlich scharf ins Gericht gegangen. Motto: Man möge mit seinem miserabel verschliffenen Eisen in der "Niederlage" des Herstellers in Wien erscheinen, um sich sein Hobeleisen (und wohl nicht allein dieses) einmal nach den Regeln der Kunst in Fasson bringen zu lassen.

LG
Markus

Philipp
Beiträge: 891
Registriert: Mi 21. Nov 2012, 14:14

Schärfen mit Mikrofase liegt auf der Hand.

Beitrag von Philipp »


Hallo Markus,

interessant, das einmal schwarz auf weiß zu lesen. Ich bin aber sicher, daß schon zahllose andere Hobelanwender auf diese Idee gekommen sind, ehe sie abgedruckt oder endlos in Foren diskutiert wurde - einfach, weil das Anbringen von weiteren Fasen, sowohl an der Hauptfase als auch auf der Spiegelseite, so was von auf der Hand liegt, daß man es gar nicht übersehen kann. Schleiffaul dürften die allermeisten (gewesen) sein und deshalb sich ein schnelles gutes Ergebnis wünschen.

Gruß, Philipp

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3190
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Schärfen mit Mikrofase anno 1909

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Markus,

vielen Dank, interessant.

Und sogar der Winkel der Mikrofase ist der gleiche geblieben: 30 bis 35° an einem Hobeleisen (Fase unten)

Grüße

Friedrich

Philipp
Beiträge: 891
Registriert: Mi 21. Nov 2012, 14:14

Nomenklatur

Beitrag von Philipp »


Beim nochmaligen Lesen fand ich v.a. interessant,

- daß der für die Mikrofase angeführte Grund nicht die schnellere Schärfbarkeit des Eisens, sondern die Balance aus niedrigem Keilwinkel "behufs leichten Eindringens in das Holz" (herrliches Deutsch!) und Schneidenstabilität angeführt wird.

- und daß die dort verwendete Nomenklatur neben von "Zuschärfwinkel" auch von Facette spricht - was eigentlich nahe liegt und nichts weiter als kleine Fase oder eben Mikrofase bedeutet. Klingt in meinen Ohren viel eleganter als Mikrofase, was sich hierzulande aber leider über das englische micro bevel sperrig eingeführt hat. Dem Eisen oder dem Span ist's aber so was von egal... ;-).

Philipp

Markus Pfaff
Beiträge: 10
Registriert: Mo 22. Dez 2014, 23:48

Behufs besseren Eindringens... *MIT BILD*

Beitrag von Markus Pfaff »


Hallo Philipp!

Ich weiß ja nicht, wie Du das siehst, aber die Begründung des besseren Eindringens in das Holz erkenne ich eigentlich nur bei wenigen Werkzeugen (z.B. Ziehmesser bei grober Spanabnahme). Bei einem klassischen Fase-nach-unten-Hobel, wie sie von Johann Weiss und Sohn typischerweise (in Massen) hergestellt wurden, bleibt für mich eigentlich nur der Grund des leichteren und im entscheidenden Bereich auch deutlich besseren Schärfens. Allemal Grund genug!

Für die Funktion eines Fase-unten-Hobels ist das durch den kleinen Grundwinkel vorn dünne Eisen wegen der möglichen Schwingungen und der damit verbundenen Querriefenbildung (engl. Chatter) ja eigentlich kein Vorteil. Die empfohlenen 20 Grad Grundwinkel finde ich bei schmalen und zugleich einfachen Eisen schon durchaus gewagt und in Hinsicht auf die gewünschten 30-35 Grad Schneidwinkel eigentlich unnötig. Vermutlich sind die Gradzahlen aber eher als Schätzwerte zu interpretieren und nicht etwa zum Nachmessen gedacht.

Der Schnittwinkel wäre doch eigentlich egal, solange der Freiwinkel groß genug bleibt um auch die Elatizität des Holzes ("Aufstehen") hinter der Schneide noch zu berücksichtigen. Und dafür dürfte der eigentliche Schneidwinkel, also der ganz vorn an der Schneide entscheidend sein, oder habe ich da etwas übersehen? Dreht sich das Holz im Schneidenbereich auf Grund seiner elastischen Eigenschaften etwa so weit vom Eisen weg, dass dessen Rückseite beim Schnitt doch noch eine entscheidende Rolle spielt? Mit anderen Worten: Ist die Schnittrichtung etwa gar nicht nach vorn, sondern nach vorn unten? Oder hat das etwa auch noch mit den elastischen Eigenschaften des Eisens im dünnen vorderen Bereich zu tun, die ein Ausweichen nach hinten unten und damit ebenfalls einen Schnitt teilweise nach unten bewirken?

Im ursprünglichen Beitrag ist nur die zweite Textseite als Bild-URL angehängt. Unten hängt noch die erste, recht amüsante Seite an mit dem Motto: Flach muss er sein, der Stein!. Hier ist dann auch noch von einem weiteren Winkel die Rede, nämlich dem "häufig finsteren". ;-)

LG
Markus

daniel s
Beiträge: 279
Registriert: Mi 13. Aug 2014, 13:39

Mikrofase.. das ist ja sowas von 1909...*gähn*

Beitrag von daniel s »

[In Antwort auf #140380]
Hallö,

Danke für den netten Artikel, ich find vor allem die Ausdrucksweise in alten Fachbüchern klasse. Ich geb nur deshalb meinen Senf dazu weil ich grad über was gestolpert bin, und meinen "Betreff" bitte nicht zu ernst nehmen ;)

Der Rob Cosman hat für sich das Schärfen einer dritten Fase entdeckt. Er schärft die Mikrofase mit einem 1000er Stein und dann die Dritte mit einem 16000er in einem nochmal leicht erhöhten Winkel. Ich hab das heute spaßeshalber mal probiert(nicht mit 16000) und bin überrascht wie schnell ich das Eisen scharf hatte.

Schänen Gruß

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3190
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

3 Fasen?

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Daniel,

3 Fasen mache ich in vielen Fällen auch: Eine geschruppte Hilfsfase (mit 240er oder 120er) in deutlich flacherem Winkel, dann die eigentliche geschliffene Fase mit einem 1000er und zuletzt eine Mikrofase mit dem 8000er. Zweck der Hilfsfase: Die Schleifzeit mit dem 1000er und damit den Zeitbedarf für das Schärfen verkürzen.

Aber: Das sollte man nur tun, wenn dadurch nicht ein freistehender, biegebeanspruchter Schneidkeil noch länger, dünner und damit elastischer wird. Also keineswegs bei Hobeln mit Fase unten. Gern bei Hobeln mit Fase oben (und relativ großem Keilwinkel am Eisen) und bei Lochbeiteln, beispielsweise.

Falls Interesse besteht: Ist in meiner Schärfanleitung ausführlicher dargestellt.

Friedrich


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