Terrassenbau / Frage zur Statik

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Thomas Heller
Beiträge: 683
Registriert: Di 29. Aug 2017, 10:26

Terrassenbau / Frage zur Statik

Beitrag von Thomas Heller »


Guten Abend zusammen,

ein Freund plant den Bau einer Terrasse zwischen Haus und Garage.
Die beiden Gebäude liegen ca. 4,20m auseinander.
Die Terrasse wird, da beide Gebäude etwas Hanglage haben, keinen Bodenkontakt haben.

Wenn sowohl am Haus, wie auch an der Garage ein Auflage-Kantholz in 10x10cm zuverlässig verankert werden
und darauf (nur mit der Kopfseite aufliegend) die Querträger in einem Querschnitt von 10x12cm und in einem Abstand von 50cm verlegt werden,
würde das gehen?
Auf die Querträger sollen dann später die Terrassendielen verlegt werden.

Für die Trage-Konstruktion wird er versuchen, Lärche zu bekommen.
Ob das klappt, wissen wir noch nicht! Eine Quelle dafür suchen wir auch noch. (Nähe Westerwald)

Gibt es hier jemand, der aufgrund seiner Berufserfahrung Rat geben kann?

Liebe Grüße, Thomas

Wolfgang Kueter
Beiträge: 532
Registriert: Mi 26. Jul 2017, 12:16

Re: Terrassenbau / Frage zur Statik

Beitrag von Wolfgang Kueter »


Hallo;

Auflage-Kantholz in 10x10cm zuverlässig verankert


Das hält gewiss.

darauf (nur mit der Kopfseite aufliegend) die Querträger in einem Querschnitt von 10x12cm und in einem Abstand von 50cm


1. Ich bin kein Statiker.

2. Generell ist bei irgendwelchen Trägern/Balken mehr Höhe immer besser als mehr Breite, 6 auf 20 ist deutlich tragfähiger als 10 auf 12, wobei das Volumen dieser beiden Balkenformate bei gleicher Länge ja gleich ist.

3. Bei 4,20 mit nur 2 Auflagepunkten und 10 auf 12er Balken hätte ich kein so richtig gutes Gefühl, auch wenn bei dem relativ geringen Balkenabstand von 50 cm die Beplankung zusätzliche Stabilität bringt.

4. Genaueres von den Profis ...

Wolfgang

Heinz Kremers
Beiträge: 2764
Registriert: Mi 12. Aug 2015, 19:10

Re: Terrassenbau / Frage zur Statik

Beitrag von Heinz Kremers »


Hallo Thomas,

bin kein Statiker, aber 4,20 m frei tragend sind schon ganz schön viel. Du hast Verkehrslast zu berücksichtigen!

Es gibt den "informationsdienst holz.de" in Düsseldorf. Die hatten früher schöne Broschüren auch mit statischen Berechnungen für allerlei Bauten. Ob es die auch als pdf noch gibt hab ich jetzt nicht geprüft.

Gruß
Heinz



Konrad Holzkopp
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Re: Terrassenbau / Frage zur Statik

Beitrag von Konrad Holzkopp »


Guuden,

da muss ein Statiker ran, alles Andere ist ein gewagtes
Spiel mit Mensch und Gut.
Oder kann hier Jemand das "Auflage-Kantholz in 10x10cm zuverlässig verankert"
beurteilen?
Was ist mit Bewitterungsschutz? Bodenbelag? Überdachung? Lastannahme?
Bereits die vorgeschlagenen Querschnitte sind extrem unterdimensioniert,
würden noch nicht einmal für eine Überdachung mit Stegplatten reichen.

H.! J.

Tobias Werner
Beiträge: 177
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Re: Terrassenbau / Frage zur Statik

Beitrag von Tobias Werner »

[In Antwort auf #84310]
Hallo zusammen,

dann melde ich mich als Statiker mal zu Wort.

Zuerst einmal vermisse ich relevante Informationen wie die gesamten Abmessungen des Konstruktes, die Höhe über Gelände, evtl. auch ein Wohnort (Schnee), die Position an der Garage bzw. am Haus (halbe Geschosshöhe, Bodennähe, Deckenniveau), Beschaffenheit des Hauses und der Garage (Material).

Prinzipiell gilt für Balkone und Terrassen ein Lastansatz (inkl. Sicherheitsbeiwert) von 1,5*4 kN/m² = 6 kN/m² (600kg/m²) und zwar vollflächig. Falls Zweifel am Lastansatz bestehen, kann ich nur sagen, dass solche Bauten nicht für den Normalbetrieb bemessen werden, sondern für die ordentliche Sause, wenn 30 Leute das Geburtstagskind bejubeln und ausgelassen feiern.
Das heißt für deine 4,20m Spannweite musst du bei einem 1m Streifen schon Eigengewicht +2,5t Last in Haus und Garage einleiten. Damit kommen wir auch schon zu der äußerst berechtigten Frage von Justus, was denn zuverlässig verankern heißt. Bei den Lasten ist es nicht nur ein Frage der Ankerstäbe und der Verankerungstiefe, sondern auch ob die Bestandsgebäude die Last überhaupt aufnehmen können, gerade wenn an eine Wand gedübelt wird und nicht aufgelagert werden kann - exzentrische Lagerung --> Momentenbeanspruchung! Für ordentlichen Stahlbeton (keine Fertigteilgarage!) ist das vielleicht möglich, Mauerwerk ist je nach Randbedingungen echt kritisch (unabhängig davon, auf Dämmung geht prinzipiell nicht --> Hebelarm) und bei Holzelement-Wänden kannst du das vergessen. Ich hoffe es ist klar, dass wir hier über eine Last sprechen, für die weder Garage noch Haus ursprünglich bemessen wurden. Wenn man dein 10x10cm Kantholz an die Wand dübelt und die genannte Last ohne Eigengewicht aufbringt, musst du aus dem Auflagermoment (nur 6cm Exzentrizität) eine Zuglast von ungefähr 15 kN/m (1,5t pro Meter) in deine Wand einleiten und zusätzlich kommt noch die vertikale Last von 1,25t+Eigengewicht pro Meter drauf.

Ich möchte dir die Idee nicht ausreden, aber mir scheint, dass dir/euch die Komplexität des Ganzen nicht bewusst ist. Die erwähnten Bemessungstafeln und vereinfachten Formeln (für Laien) sind in den meisten Fällen nur für eine Vorbemessung zur groben Ermittlung der Querschnittsabmessungen tauglich. Der tatsächliche Querschnittsnachweis umfasst Punkte wie Interaktionen von mehreren Schnittgrößen, lokale Untersuchungen zur Lasteinleitung, Auflagerpressungen, Stabiltitätsversagen, etc. Weiterer Punkt der prinzipiell von Fachfremden vernachlässigt wird, ist das Aussteifungskonzept - es gibt nicht nur vertikale Lasten, die abgetragen werden müssen. Und bei diesem Projekt ist wohl der schwierigste Teil die Lasteinleitung in den Bestand.

Bitte nimm es nicht persönlich, aber die Idee ist ihrer jetzigen Form absolut unausgegoren und wie so oft kann ich dir nur empfehlen dein Anliegen mit einem erfahrenen Zimmermann aber besser einem Statiker (Stichpunkt: Verankerung im Bestand und Prüfung der Standsicherheit des Bestandes) bei einem Ortstermin zu besprechen.

Viele Grüße
Tobi

Tobias Werner
Beiträge: 177
Registriert: So 24. Feb 2019, 18:13
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Re: Terrassenbau / Frage zur Statik

Beitrag von Tobias Werner »

[In Antwort auf #84313]
Hallo Wolfgang,

Das hält gewiss.


solche Aussagen halte ich für sehr gewagt, gerade da du nach eigener Aussage kein Statiker bist. Selbst ich als Statiker würde mich bei erheblich mehr Informationen ohne eine Rechnung nicht zu solch einer Äußerung hinreißen lassen.
Nur meine persönliche Meinung dazu.

Deine Aussage über den Zusammenhang zwischen Breite und Höhe ist aber absolut korrekt und ein hilfreicher Tipp. Bei der Widerstandsberechnung für Rechteckquerschnitte geht die Höhe mit der 2. bzw. 3. Potenz in die Berechnung ein (Wy = b*h²/6 bzw. Iy = b*h³/12).

Gruß Tobi

Wolfgang Kueter
Beiträge: 532
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Re: Terrassenbau / Frage zur Statik

Beitrag von Wolfgang Kueter »


Hallo,

solche Aussagen halte ich für sehr gewagt, gerade da du nach eigener Aussage kein Statiker bist. Selbst ich als Statiker würde mich bei erheblich mehr Informationen ohne eine Rechnung nicht zu solch einer Äußerung hinreißen lassen.


10 * 10 als feste Auflage waagerecht an einer massiven Wand verbolzt? Sagen wir alle 30 cm ein 12er oder 14er Dübel in die Wand und dann mit 8er oder 10er Schrauben verschraubt? Was soll daran nicht halten? Und wer immer noch Angst hast, nimmt 14er Gewindestangen, bohrt komplett durch die Wand und benutzt innen meinetwegen Gegenlager aus Flachstahl. Da kippt dann eher die Wand um als dass der Balken (ab)bricht.

Bei entsprechend solider Befestigung an der Wand (s.o.) reicht als Auflage selbst eine Dachlatte hochkant. ;-)

Wolfgang

martin

Re: Terrassenbau / Frage zur Statik

Beitrag von martin »


Hallo Wolfgang,

warum lehnst Du Dich soweit aus dem Fenster??
Selbst als Architekt, der die schlanken Profile so sehr liebt, würde ich für diese Bauweise keine Empfehlung geben.
Das 10/10 Holz kann noch so fest in der Wand befestigt sein, wenn die darauf liegende Konstruktion durch Längenänderung und Durchbiegung nicht mehr darauf liegen bleibt rufen wir den Wolfgang.
Wahrscheinlich wird die Einweihungsparty mit 20 Leuten schon die letzte Veranstaltung sein.
Man braucht vielleicht nicht zwingend einen Statiker, ein ordentlicher Zimmermann sollte das auch einschätzen können

Gruß
martin



Tobias Werner
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Re: Terrassenbau / Frage zur Statik

Beitrag von Tobias Werner »


Hallo Wolfgang,

Sagen wir alle 30 cm ein 12er oder 14er Dübel in die Wand und dann mit 8er oder 10er Schrauben verschraubt?


Verstehe ich dich richtig, dass du Spreizdübel aus Kunststoff meinst? Ein kurzer Blick in die Bemessungstabellen von Fischer sagt mir, dass dein 14er Dübel mit 12er Schraube in Beton 1,8kN Last aufnehmen kann (Mauerwerk 0,8kN), macht bei deinen großzügigen 4 Dübeln pro Meter 7,2kN. Eine bauaufsichtliche Zulassung dafür habe ich nicht gefunden. Würth hat tatsächlich eine Zulassung für ihre Spreizdübel in der bei Verwendungszweck ausdrücklich steht, dass diese nur für die Mehrfachbefestigung von NICHTTRAGENDEN Systemen verwendet werden dürfen.

...., bohrt komplett durch die Wand ...


Durch die Wand dübeln ist ja auch ein toller Einfall. So ein Flachstahl macht sich im Wohnraum auf der Wand bestimmt gut. Außerdem hast du bei Mauerwerk immer noch die Problematik, dass dir bei der Last ohne ausreichende Auflast aus oberen Geschossen die Steine kippen/herausgezogen werden und der ganze Pfusch aus der Wand fällt. Mal ganz abgesehen von den bauphysikalischen Problemen, die du dir damit einhandelst.

Deine Dachlatte mag ja theoretisch bei einer Wandbefestigung genug Tragfähigkeit haben, aber dein aufgelegter Balken wird quer zu den Fasern belastet. Bei der großen Last und der kleinen Auflagefläche wird sich der Querschnitt an der Auflagerstelle zusammendrücken und evtl. kippen oder durch seine Biegeverformung einfach vom Auflager rutschen.
Stützen sind natürlich immer eine Option, standen bisher aber nicht im Raum und müssten in diesem Fall unter Beachtung des konstruktiven Holzschutzes sauber auf frostsicheren Fundamenten gegründet werden.

Nur um das noch einmal deutlich zu machen. Für eine Wandbefestigung und die genannten Lasten sprechen wir von (mindestens) M16 Schwerlastankern (Verankerungstiefe min. 90mm) in massivem Stahlbeton, kein Mauerwerk. Die Beanspruchung ist so hoch und so komplex (Interaktion aus Zug, Querkraft und Biegung), dass eine Dübelwahl von einem Laien nicht durchführbar ist.

Und ich bleibe dabei, deine Äußerung wiegt einen unbedarften Leser, der hören möchte, dass es funktioniert, in falscher Sicherheit.

Gruß Tobi

Wolfgang Kueter
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Re: Terrassenbau / Frage zur Statik

Beitrag von Wolfgang Kueter »


Das 10/10 Holz kann noch so fest in der Wand befestigt sein, wenn die darauf liegende Konstruktion durch Längenänderung und Durchbiegung nicht mehr darauf liegen bleibt


Längenänderung? Wie soll die bitte passieren? Die Querträger sind ja an beiden Enden irgendwie an den Auflagehölzern an den beiden Wänden befestigt (abgenagelt, Pfetten-Sparrenanker, Tellerkopfschrauben, verbolzt, was auch immer) Die können nicht einfach so mal eben 20 cm kürzer werden. Das müßten sie aber, um nach unten zu rutschen zu drohen.

Verschieben lassen sie sich auch nicht, weil an beiden Ende Wände den Verfahrweg begrenzen. Wo sollen die also hin? Bevor die Querträger durch Durchbiegung soviel kürzer geworden sind, sitzen die Querträger übrigens längst in der Mitte auf dem Erdboden auf, denn es ist ja nur eine Terasse (oder meinetwegen auch ein recht breiter Steg über trockenes Land) zwischen 2 Gebäuden.

Natürlich wäre es besser, wenn die Querträger in der Mitte eine weitere Abstützung hätten. Letztlich haben wir hier einfach nur so etwas ähnliches wie eine ganz normale Holzbalkendecke, bei der gut 4 Meter überspannt werden. Das sind doch keine Dimensionen, für die man 40 cm hohe Leimholzbinder oder Stahlträger braucht. OK, die 10 auf 12 er Balken als Querträger habe ich aus dem Gefühl für unterdimensioniert gehalten. Jetzt schreib Du als Architeklt doch einfach mal, was man für eine ganz normale Holzbalkendecke bei einer Spannweite von gut 4 Metern als soliden Balkenquerschnitt üblicherweise so nimmt, wenn man davon ausgehen kann, dass die Auflagen an beiden Enden fest sind, und dem OP ist dann wirklich geholfen.

Grüße
Wolfgang



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