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Birnbaum durch Ablaugen versaut (ich war's nicht) *MIT BILD*

Verfasst: Sa 11. Sep 2004, 15:03
von Andreas

Hallo,

eben habe ich dieses tolle Forum entdeckt, das ist ja eine wahre Fundgrube.

Mein Problem: Vor einiger Zeit habe ich bei ebay ein Birnbaumschränkchen erworben.

Als total Ahnungsloser wußte ich nicht, daß Birnbaum nicht abgelaugt werden darf. Genau das hat aber die Frau gemacht. Sie nimmt dafür Drano-Rohrreiniger von Penny weil der angeblich die gleichen Inhaltsstoffe hat. Der Schrank kam jedenfalls immer noch feucht hier an. Er ist einige Wochen bei Zimmertemperatur ohne Sonne getrocknet und sollte nun glattgeschliffen werden. Das Holz sah mittlerweile grau-tot aus, an den Enden der Deckplatte ist alles eingerissen. Auch zeigten sich überall weiße Flecken wie eine Art Pilz, die aber mit Essigwasser neutralisiert werden konnten.

Reste der alten Bierfarbe waren noch drauf, beim Abschleifen war das Holz dort viel heller als auf den abgelaugten Stellen eben Birnbaum. Wenn ich ihn anfeuchte, bekommt der übrige Schrank eine fiese dunkelbraune Farbe, das sieht schon anders aus als Birnbaum, wie ich es kenne. Weiterhin fiel mir auf, daß das Holz oben auf der Platte beim Schleifen immer dunkler wurde. Es kam zwar eine schöne Maserung zum Vorschein, doch sieht das bräunlich-dunkel-fleckig aus. Im feuchten Zustand sehen die Flecken eher grünlich aus.

Gibt es eine Chance, dem Holz sein ursprünglich natürliches Aussehen zurückzugeben? Ich habe schon überlegt, eine antikweiße Lasur aufzutragen, bin mir aber nicht sicher, ob das gut aussieht. Der Schrank war ursprünglich schwarz-deckend gestrichen (Ebenholz-Imitation in Birnbaum, wie man das früher gemacht hat). Die Schnitzereien bzw. die Gravur war wohl goldfarben, man kann noch Reste davon sehen.

Was würdet Ihr machen?

Habt vielen Dank und einen Gruß aus Berlin
Andreas


Re: Birnbaum durch Ablaugen versaut (ich war's nic

Verfasst: So 12. Sep 2004, 16:32
von Walter Heil

Hallo Andreas,

so wie's auf dem Bild asussieht, ist die Farbe absolut im Normalbereich von Birnbaum. Birnbaum kann von hellem Schokobraun bis zu dunkelbraun bei alten Stämmen gehen. "Flecken" sind auch bei alten Stämmen feststellbar, wenn das Holz wimmrig gewachsen ist und daher beim Hobeln/Schleifen mal mit und mal gegen die Faser gearbeitet wird. An der Tür vorne könnte das der Fall sein. Aber so genau kann ich's nicht sehen. Ansonsten lässt sich Birnbaum gut schleifen, auch wenn's ein Haufen Arbeit ist.

Gruß, Walter


Re: Birnbaum durch Ablaugen versaut (ich war's nic

Verfasst: So 12. Sep 2004, 17:07
von Andreas

Hallo Walter,

danke für die Antwort, das beruhigt mich ja etwas. Doch nach dem Trocknen sah der Schrank völlig anders aus, nämlich so: http://www.pluriel-club.de/aktuelles/birnbaum.html

Die weißen Flecken habe ich mit Essigessenz und Wasser wegbekommen, jetzt frage ich mich nur, wie bekomme ich die Risse am Rand einigermaßen elegant geschlossen. Der Schrank sollte eigentlich nur gewachst werden. Die Schnitzereien muß ich vertiefen, die sind nur angedeutet. Ich denke, das werde ich mit einem Dremel machen und sie dann vorsichtig schwärzen.

Innen sieht das Holz anders aus, es ist rötlich-hell mit schöner Maserung. Ich denke, das wird noch eine Menge Arbeit werden, mein Schwingschleifer holt allerdings kaum etwas runter, das Holz ist ziemlich hart.

Staubigen Gruß aus Berlin
Andreas


Birnbaum?

Verfasst: So 12. Sep 2004, 17:40
von Dieter Schmid

Hallo Andreas,

beim ersten Bild dachte ich schon, das muß Nußbaum sein, es handelt sich offensichtlich um ein Gründerzeit-Vertiko. Wie bist Du auf Birnbaum gekommen? In Deiner zweiten Bilderserie - nach dem Trocknen - wie Du sagst, sieht es so aus, als sei an der Seite und am Deckblatt das Furnier ab und man sieht nur noch das Blindholz - also das Holz, auf das das Furnier geklebt wurde. Oft hat man für diesen Zweck minderwertiges Holz genommen und auch nicht davor zurückgeschreckt, Unebenheiten vor dem Furnieren mit Gips oder einer Mischung aus Kreide und Leim auszugleichen.Das würde die weißen Flecken erklären. Die Bretter sind alle aus dem Leim, man müßte das Möbel zerlegen und neu verleimen. Es müßte auch neu furniert werden, mit diesen Brettern als Schauseite hat es sicher niemals in einer Wohnung gestanden. Wurde vielleicht beim "Ablaugen" auch gleich das Furnier mit entfernt?

Ansonsten: Möbel dieser Art bekommt man beim jedem besseren Trödler für wenig Geld, das Möbel in dem Zustand, in dem Du es uns zeigst, bedarf schon einer wichtigen Familiengeschichte um es Wert sein zu lassen, es nicht einfach zu entsorgen.

Viele Grüße
Dieter


Re: Birnbaum?

Verfasst: So 12. Sep 2004, 18:06
von Andreas

Hallo,

hart, hart, aber falsch gelegen. Der Schrank war sehr dick deckend schwarz gestrichen. Das sollte Ebenholz imitieren, früher war das echte zu teuer. Vorn auf der Tür, man sieht es auf den Fotos kaum, sind Schnitzereien oder besser gesagt, Gravurarbeiten, die so eine Art Feuerkelch und Fische darstellen. Das ist sehr aufwendig gemacht. Diese Gravuren waren vergoldet, man sieht noch Reste von der Goldfarbe.

Familiengeschichte ist mir nicht bekannt, es stand in einem Kloster Nähe Fulda. Von dort ist es einer Ablaugertante in die Hände gefallen, die alles, was nicht niet- und nagelfest ist, ablaugt, um dem momentanen Modegeschmack zu entsprechen. Es war definitiv niemals furniert, das sieht man auch an der Bauweise und den Zierleisten und Abschlüssen, dort müßten sonst Lücken sein.

Innen war es nie gestrichen und der Ablauger kam wohl auch nicht dran, dort ist das Holz rötlich und sieht in der Tat sehr nach Birne aus.

Ich habe es zusammen mit einem Vertiko bei ebay ersteigert, die Bilder waren natürlich beschönigt, jetzt versuche ich, das beste daraus zu machen, um mich nicht dauernd erneut zu ärgern. Das Vertiko ist aus Kiefer, es wird sehr schön, obwohl die Holzwürmer fleißig an den Bucheteilen (Bretter für die Scharnierbefestigungen) zugange waren. Das ist alles erneuert und der Farbe angepasst worden.

Es ist schon erstaunlich, wie grob diese Möbel unter der Bierlasur zusammengeschustert wurden, so dicke Nägel habe ich noch in keinem Möbel gesehen. Beim Birnbaumschrank war man etwas vorsichtiger, dort sind keine Nägel sichtbar.

Gruß aus Berlin
Andreas


Re: Birnbaum durch Ablaugen versaut (ich war's nic

Verfasst: So 12. Sep 2004, 19:07
von Walter Heil
[In Antwort auf #102203]
Hallo Andreas,

Dieter könte recht haben; ob das Birnbaum ist, sollte man genauer eruieren. Die Risse sehen nach Trocknungsrissen aus und zwar wie verschaltes Holz. Hat der Ablaugekünstler das Schränkchen nach nasser Behandlung in den Backofen gestellt?? Ob es sinn voll ist, das Stück zu retten und ob es überhaupt rettbar ist, ist m. E. nicht ausgemacht, auch da möchte ich mich Dieter anschließen. Die Fotos sind schlimm anzuschauen und ich bin ratlos, sorry.


Re: Birnbaum durch Ablaugen versaut (ich war's nic

Verfasst: So 12. Sep 2004, 20:59
von Andreas

Hallo,

angeblich hat sie anschließend mit Essigwasser neutralisiert. Der Schrank kam noch feucht hier an. Er stand zum Trocknen bei Zimmertemperatur ohne Zug und im Schatten. Es sieht jetzt schon nicht mehr ganz so schlimm aus, bis auf die Kanten, ich habe ja schon fleißig geschliffen. Werde wohl rundum abschneiden und eine Abschlußkante anbringen, dann sieht das ordentlich aus. Die Seitenwände sind nicht so schlimm, nur die Deckplatte, die ist fleckig. Morgen mache ich Fotos von innen, dann könnt Ihr entscheiden, ob das Birnbaum ist.

Gruß aus Berlin
Andreas


Re: Birnbaum durch Ablaugen versaut (ich war's nic

Verfasst: Mo 13. Sep 2004, 15:50
von Andreas

Hallo,

komme gerade vom Birnbaum :)
Heute morgen dachte ich mir, kaputter kann er ja nicht gehen, also habe ich von Holz-Possling einen Holzbleicher aufgetragen, so ungefähr 10 mal (auf der Beschreibung stand, man könne das beliebig wiederholen) und immer wieder einwirken lassen. Siehe da, das Holz wurde wieder heller, es sieht jetzt aus wie frisch abgeschliffen und ist definitiv Birne, kein Nußbaum.

Die schwärzlichen Flecken kommen von nicht richtig abgewaschener Ablauge. Die verdünnte und angelöste Farbe wurde wohl nicht richtig abgewaschen und ist ins Holz eingezogen. Jedenfalls sieht das Holz jetzt wieder lebendig aus, das gräuliche ist gänzlich verschwunden. Jetzt kann ich es mir ganz gut gewachst vorstellen, auch wenn es nicht jedermanns Geschmack ist, wenn man sieht, daß der Schreiner Bretter von minderwertiger Qualität zusammengeleimt hat, ohne auf die Maserung zu achten. Trotzdem verständlich, weil ja die Absicht dahinter steckte, es zu schwärzen.

Die Bretter sind übrigens nicht aus dem Leim, nur an den äußersten Kanten, die werde ich einfach absägen bzw. neu abfräsen, da ist noch genügend Spielraum zu den Seitenwänden und der Türe. Spaßig wäre es, dem Schrank seinen Aufsatz nachzubauen, wenn ich nur wüßte, wie der ausgesehen hat.

Grüße aus Berlin
Andreas


Aufsatz

Verfasst: Mo 13. Sep 2004, 17:12
von Stefan Picker

Hallo Andreas!
Habe mal in einem Buch über Gründerzeitmöbel nachgeschlagen. Dort gibt es kein vergleichbares Schränkchen mit einem Aufsatz. Lediglich mit einer Bierzapfstelle als Aufsatz (was ja vom Grundgedanken nicht so schlecht ist).
Gruss, Stefan


Re: Aufsatz *MIT BILD*

Verfasst: Mo 13. Sep 2004, 18:00
von Andreas

Hallo,

einen Aufsatz hatte es mal, in der Mitte 2 Löcher, wo man noch die abgebrochenen Holzdübel sieht, hinten sind 4 Löcher. Ich werde mir etwas mit einem Bildbearbeitungsprogramm zusammenbasteln und sehen wie das aussieht.

Schwieriger wird es, bei dem Vertiko, die aufgemalte Intarsie, welche durch Ablaugen verloren ging, wieder herzustellen. Das Holz ist ja jetzt naturfarben, ausgerechnet an einer Stelle ist ein dicker Ast. Habe aber alles mit Makroaufnahmen fotografiert. Verloren sind sie nicht und malen kann ich auch.

Ich wollte mal versuchen, ein Abfallstück mit Trasferfolie zu bedrucken, ähnlich wie man t-shirts mit dem Bügeleisen bedruckt. Bin gespannt, ob das geht. Mann könnte es dann vor dem Wachsen mit Schellack fixieren, damit nichts verschmiert. Soweit bin ich aber noch nicht, heute waren erstmal neue Zierleisten dran, die waren alle zernagt. Trotzdem hat das Vertiko eine gute Substanz, nur die Bierfarbe war vollkommen hinüber. Es ist jetzt sehr sauber geschliffen, auf dem Foto war es das noch nicht.

Sieht jedenfalls schon toll aus und wird mir mehr Spaß machen, als das vom Antikhändler restaurierte, das bisher hier stand. Mit heutigem Wissen kann ich sagen, der hat das schlampig gemacht. Krummgeschlagene Nägel, nicht versenkt und schlampig gewachst, die Zierteile aus Sparmaßnahmen mit glatten Klötzen ersetzt, außerdem ist 50 % nicht mehr original. Damals hatte ich eben keine Ahnung, meins wird jetzt besser und 97 % Original.

Gruß aus Berlin
Andreas