leinöl+terpentin

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
MIKA

leinöl+terpentin

Beitrag von MIKA »


Hallo,
ich habe in der Küche ca. seit 2-3 Jahren eine Arbeitsplatte aus Holz. Die habe ich erstmal, glaube ich, mit Hartöl behandelt und dann ab und zu mit Speise-Leinöl nachbehandelt. Ich wollte jetz richtig "renovieren" und mit Sandpapier abschleifen und dann mit Leinöl + Terpentin (1/1) streichen. Kann ich das so machen? Habe gehört, daß duch das Terpentin das Öl tiefer und besser einzieht...

Danke

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3190
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: leinöl+terpentin

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Mika
(wer immer sich dahinter verbirgt, unsere Katze heisst auch so)-
ja, eine Mischung aus Leinöl und Terpentin 1/1 dringt besser ein und ist zu empfehlen. Ob man wirklich reines Leinöl (Speiseöl!)oder Leinölfirnis (da sind Metalloxyde drin, die sorgen für schnellere Trocknung, sind aber nicht ganz unumstritten) verwendet, ist vielleicht eine Glaubenssache. Als "Terpentin" sollte man aber wirklich ein Destillat auf Pflanzenbasis verwenden, beispielsweise Balsam- Terpentinöl, nicht aber "Terpentinersatz", das ist ein Mineralölprodukt, ich finde es scheusslich.

Viel Erfolg!

Friedrich

reinhold
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Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: leinöl+terpentin

Beitrag von reinhold »


hallo,
Ich würde das Holz allerdings nicht mit Schleifpapier schleifen, sondern mit einer gut geschärften Ziehklinge. Die Oberfläche wird deutlich besser.

Leinöl/Terpentin ist eine bewährte Sache. Die Maler nennen diese 1:1 Mischung "Halböl". Ich verarbeite jedes Jahr ein paar Liter davon und schwöre auf das Zeug.
Reines Leinöl (Salatöl) trocknet sehr langsam und kann nach Wochen noch klebrig sein. Die heutigen Leinölfirnisse sind in 1-2 Tagen trocken. Die heute verwendeten Trocknungsmittel sind nicht mehr so bedenklich, natürlich kann man das Zeug nicht trinken. Bleioxyde werden jedenfalls keine mehr verwendet. Aber nach dem Abbinden sind die Trocknungsmittel fest im Öl gebunden und gelten als unschädlich. Man bekommt auch teuren Bio-Leinölfirniss, dessen Trocknungsmittel bio sein soll (Nachweis fehlt auf den Containern, die ich gesehen habe)- aber auch Tollkirschen sind 100% bio.
Zum Terpentin: im Baumarkt wird unter dieser Bezeichnung aus Erdöldestillat hergestellter Terpentin-Ersatz angeboten. Das ist eine Mischung verschiedener chemischer Lösungsmittel, riecht scheusslich und wird von umweltbewussten Handwerkern abgelehnt. Er hat einige Nebenwirkungen.
Der beste Terpentin ist reiner Balsam-Terpentin, den ich in der Apotheke kaufe (Oleum Terpentinum Balsamicum). Er riecht wunderbar nach frisch gesägtem Nadelholz, wird aus der Balsamkiefer durch Destillation gewonnen und ist tatsächlich unbedenklich, weil er als Grundstoff für Salben etc verwendet wird. Erfreulicherweise kostet der Liter Balsamterpentin in der Apotheke weniger als ein Liter Terpentin im Baumarkt und deutlich weniger als Bio-Lösungsmittel aus dem Bioladen!
Überhaupt bietet die Apotheke Zugang zu erstaunlichen Rohstoffen zu durchaus erschwinglichen Preisen und mit einer Lieferzeit von ein paar Stunden, wenn mal was nicht da ist. Das Problem für mich war, einen Apotheker zu finden, der mir soweit vertraute, dass er mir die Sachen besorgt. Die Leute sind vosichtig, da man mit manchen Mitteln zum Beispiel sehr gut Holz bleichen, aber auch ganze Familien auslöschen kann.

mit freundlichem Gruss
reinhold


Wolfgang Jordan
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Re: leinöl+terpentin

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Reinhold,

das sind interessante Tips. Kannst du vielleicht mal ein paar Stoffe aus der Apotheke nennen, die für uns interessant sein könnten? Und hängt der Verkauf wirklich vom Vertrauen des Apothekers ab oder sind die Sachen frei verkäuflich?

Gruß, Wolfgang

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: leinöl+terpentin

Beitrag von reinhold »


hallo Wolfgang,
Stoffe aus der Gift-Liste erhalte ich natürlich nicht.

Apotheker können ablehnen, wenn jemand (so wie ich) 10-Liter-weise Glycerin kaufen will. Aber wer braucht das schon im Forum. Ich stelle daraus Dichtungsmittel für Dudelsäcke her.
Dagegen kann man Oxalsäure zum Bleichen von Holz nehmen oder zum Enthärten von Wasser oder zum Dezimieren von Familien , denn es ist giftig. Die Mengen, die ich brauche, erhalte ich nicht von jedem Apotheker.
Auch wenn man harmlose Stoffe wie Rinderklauenöl (Oleum Pedum Bovis, engl. Neats Foot Oil) will, ist man zu Erklärungen gezwungen (das ist ein nie verharzendes Öl, das vor der Erfindung der synthetischen Öle zum Schmieren von Uhrwerken benutzt wurde. Dudelsackbauer nehmen es zum Abdichten gewisser Ledersäcke).
Tannin und Vitriol kaufe ich zum Räuchern des Holzes und zum Schwarzfärben von Leder. Vitriol ist giftig (siehe Wilhelm Busch : die fromme Helene). Schwefelsäure und Salzsäure zum Ansetzen von Eisenbeize. Blauholzextrakt zum Schwarzfärben von Kuhhörnern. Öllampenruss und Kienruss zum Färben von Schellack - Klaviere wurden früher so schwarzlackiert - ich nehme es zum Restaurieren von Dudelsäcken. Salmiakgeist wird normalerweise 20%ig verkauft, die Apotheke hat stärkere Lösungen.
Salpetersäure zum Rostumwandeln und Altern von Holz. Dass dieser Stoff nicht harmlos ist, ist klar, auch wenn er in Coca-Cola enthalten ist - Übrigens ist Cola tatsächlich ein gutes Rostlösungsmittel. Schwefelleber zum Patinieren von kupferhaltigen Stoffen. 95% Alkohol und Aceton als Lösungsmittel und zur Herstellung von Schellack-Klebern (wärmelösbare Verklebungen z.B. von Dichtungsledern auf Griffklappen). Kolophonium als Pulver ist ein Salbenhilfsstoff oder macht Schellack elastischer und verhindert das Durchrutschen von Lederriemen.
Polyäthylenglycol gibts in verschiedenen Härtegraden (Salbengrundstoff) und kann zum Versiegeln von feuchtem Holz verwendet werden, oder zum Aufsüssen von Wein (verboten, aber nicht gesundheitsschädlich) oder als Frostschutzmittel.
Ätznatron + Wasserglas + Methylcellulose ist ein effektiver und preiswerter Abbeizer. Allerdings mindestens so gefährlich wie das teure Zeug aus dem Baumarkt.

Da es heutzutage die alten Drogerien nicht mehr gibt, die gleichzeitig auch Chemikalienhandel betrieben, ist die Apotheke die einzige Quelle, wenn man die Rezepte aus den alten Fachbüchern ausprobieren will. Problematisch sind manche Bezeichnungen, die früher üblich waren, aber die heute kein Mensch mehr kennt. Da hilft manchmal nur der Gang in die Landesbibliothek oder der freundliche Apotheker, der noch 50 Jahre alte Fachbücher hat. Drolligstes Beispiel: "Caput Mortuum" ist keinesfalls ein Totenschädel, sondern Tripel, ein Schleifmittel.

gruss
reinhold


Georg
Beiträge: 1254
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: leinöl+terpentin

Beitrag von Georg »


Also Reinhold Salpetersäure im Cola, pfui Deibel. Im Cola ist laut Deklaration Phosphorsäure drin, die tatsächlich auch als Rostumwandler verwendet wird. Salpetersäure gibt nämlich auf eiweißhaltigen Stoffen, also auch auf der Haut; ganz ekelig gelbe Flecken. Außerdem glaube ich kaum, daß Salpetersäure als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen ist, obwohl heute weiß man ja nie.

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: leinöl+terpentin

Beitrag von reinhold »


hallo Georg ,

Danke !!!!

es stimmt, natürlich ist Phosphorsäure im Cola und keine Salpetersäure!

Tut mir leid, da ist der Gaul mit mir durchgegangen. Bei meinem Cola-Verbrauch ( vielleicht ein Glas pro Jahr) ist ein derartiger Irrtum möglicherweise verständlich - verzeihlich ist er nicht.
Bitte um Entschuldigung.

Aber das Altern von Holz mit verdünnter Salpetersäure funktioniert.
gruss
reinhold



Qwissard

Re: leinöl+terpentin

Beitrag von Qwissard »

[In Antwort auf #100213]
Hallo,

der Behauptung, dass Balsamterpentin unbedenklich ist, ist fahrlässig falsch. Auch naturreines Terpentin aus Nadelholzdestillat ist giftig. Der Umgang damit kann - genau wie andere Lösungsmittel - Malerkrankheit auslösen.
Ein Künstlerkollege ist durch (natürliches) Terpentin an der Malerkrankheit erkrankt. Als Folge darf er heute nicht mehr in den Nadelwald gehen, da die Luft dort Terpebtine enhält und bei ihm heftige Kopfschmerzen und Bewegungstörungen auslöst.

Schönen Gruß
Qwissard

Peter Wild

Re: leinöl+terpentin

Beitrag von Peter Wild »

[In Antwort auf #100200]
Das hört sich im Prinzip zwar logisch an ist aber dennoch grund verkehrt! Das Problem ist daß das terpentin als quasi flüchtiger Bestandteil (Geruchsbelästigung auch in Betracht ziehen!) aus der Fläche wieder austreten möchte. Darunter leidet im Ergebnis just jene Dichtheit, die Du mit dem Leinöl eigentlich erreichen möchtest.
Also Finger weg und einfach reines Leinöl nehmen! (Lange "Trockenzeit" einkalkulieren!)

Mannerl

Re: leinöl+terpentin

Beitrag von Mannerl »

[In Antwort auf #100226]
Hallo zusammen!

bestellt das Zeugs doch bei Kremer Pigmente!
was die nicht haben braucht man auch wirklich nicht!

MFG
Mannerl

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