Stemmeisen oder Nuthobel?

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Stefan Kahlert

Stemmeisen oder Nuthobel?

Beitrag von Stefan Kahlert »


Hallo allerseits,

ich plane ein Bücherregal, bei dem ungefähr in der Mitte eine waagerechte Reihe Schubladen sitzen soll. Hierzu sollen zwei feste Querbretter in die Seiten abgesetzt eingenutet werden. Ich muss daher Nuten ins Querholz bekommen. Heisst das mit der Feinsäge einsägen und dann alles von Hand mit dem Stemmeisen ausräumen? Grundhobel? Auf der Rückseite des Regals soll noch eine Fase angezogen werden, um eine Rückwand zu befestigen, weshalb mir der Gedanke durch den Kopf spukt, beide Aufgabe mit einem passenden Hobel gemeinsam zu erledigen? Den Multihobel von Clifton finde ich sehr interessant nur leider viiiiel zu teuer aber es gibt ja noch andere, einfachere Nuthobel.

Also: Soll ich meine zu kleine Stemmeisenkollektion gezielt ausbauen oder einen Nuthobel ins Auge fassen und wenn ja, welchen?

Festool OF1010 kann die Lösung ja wohl nicht heissen ;-).

Viele Grüße

Stefan

Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Stemmeisen oder Nuthobel?

Beitrag von Christof Hartge »


1. Die Engländer/Amerikaner kennen für diese Aufgabe den "Dadoeplane". Das war ein Nuthobel mit doppeltem Vorschneider, die sollen sehr gut funktionieren. Wenn du in die Richtung willst, müßtest du bei den englischen Werkzeughändlern vorbeischauen.

2. Warum nicht statt Nut eine Gratverbindung wählen ?

3. Stemmeisen + Säge + Grundhobel geht auch schnell und präzise.

Viele Grüße, Christof.

Friedrich Kollenrott
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Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Stemmeisen oder Nuthobel?

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Stefan,

eine Nut quer zur Faser (das soll es werden, oder?) kann man mit einem einfachen Nuthobel (ich habe einen Stanley 12030) nicht gut herstellen, weil man keine saubere Seite der Nut bekommt. Mit einem Nuthobel, der mit Vorschneidern auf beiden Seiten ausgestattet ist, müsste es gehen. Ich weiss gar nicht, ob es sowas aus aktueller Produktion noch gibt, bei den Amerikanern war das als Dado- Plane, z.B. Stanley 39, vor langer Zeit mal ein wohl durchaus gängiges Werkzeug (das aber immer auf eine einzige Nutbreite = Hobelbreite spezialisiert war!) Leider kann aber ein ein solcher Hobel nur eine durchgehende Nut schneiden, und bei einem Regal soll die Nut doch normalerwese nicht nach vorne durchgehen.

Ich benutze für eine solche Nut eine japanische Azebiki- Säge (kannst Du Dir im Katalog bei Dieter ansehen, funktioniert wirklich sehr gut!).
Auf das Brett wird eine gerade Leiste geklemmt als Führung für die Säge, dann kann man eine Flanke der Nut sehr genau vorsägen. An der anderen Seite genauso, und dann die Nut mit dem Stecheisen ausheben. Zuletzt ist dann ein Grundhobel ein schönes Hilfsmittel, um den Nutgrund richtig eben zu kriegen. An Ende der Nut muss man mit dem Stecheisen die Flanken nacharbeiten, weil auch eine Azebiki eben nicht ganz in die Ecken kommt.
Wenn man die Breite der Nut nacharbeiten will oder muss: Auch dafür gibt es spezielle Hobel. Bei Dieter heißt er Wangenfalzhobel, gibt es in verschiedenen Güten und Preisklassen.
Und um jetzt auf Christof einzugehen: Selbstverständlich kann man auf diese Weise sowohl eine geradflankige Nut als auch eine Gratnut herstellen. Für Letztere muss dann die Führungsleiste zum Sägen eine schräge Seitenfläche haben. man muss dann allerdings auch am Gegenstück einen entsprechend schrägen Falz anhobeln oder stechen. Ich habe mir dazu einen hölzernen Simshobel umgearbeitet, funktioniert gut.

Friedrich


Klaus Pogadl

Re: Stemmeisen oder Nuthobel?

Beitrag von Klaus Pogadl »

[In Antwort auf #95392]
Hallo Stefan!

Ich würde in deinem Fall die Querbretter eingraten, da dies dem Regal zusätzliche Stabilität verschafft. Natürlich geht auch nuten. Meine Vorgangsweise wäre hiezu:
1. Lineal befestigen, wo die Nut hinkommen soll
2. Mit Grat oder Feinsäge jeweils die zwei Schnitte setzen, die Breite und Tiefe des Grates (Nut) bestimmen (Am Querbrett einen Rest bei der Ansichtsseite von ca. 2cm stehen lassen und Querbrett beim Zusammenbau von hinten einschieben -Optik)
3. Ausräumen des Grates (Nut) mit Stemmeisen und Grundhobel
4. Auf das Querbrett mit dem Grathobel einen Grat aufziehen

alternativ bei weniger Hobelauswahl : Mit Feinsäge und Simshobel eine Feder herausarbeiten
5. Die letzten 2cm des Grates (Feder) auf der Sichtseite entfernen, damit sich alles ineinanderschieben lässt.

Die Rückwand würde ich in einen Falz einlassen.
So jetzt bin ich schon gespannt welche weiteren Vorschläge kommen.

Liebe Grüße
Klaus



Oliver Montue
Beiträge: 124
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Stemmeisen oder Nuthobel?

Beitrag von Oliver Montue »

[In Antwort auf #95392]
abgesetzte Nuten kann man auch anders machen: Man macht eine durchgehende Nut und leimt dann einen Streifen Holz an, so daß die Nut wieder abgesetzt ist. Das lohnt sich sicherlich nur bei mehreren Nuten, da man ja wieder beiputzen muß.

Einen Dado plane könnte man sich vielleicht auch selber bauen, indem man bei einem Simshobel Vorschneider anbringt.

Bis dann,
Oliver

Stefan Kahlert

Re: Stemmeisen oder Nuthobel?

Beitrag von Stefan Kahlert »


Erst mal allen herzlichen Dank! Das sind mehr sachliche und nachvollziehbare Vorschläge als ich mir in der Kürze der Zeit erhofft hätte. Dickes Lob an alle!

@Christof: "Warum nicht statt Nut eine Gratverbindung wählen?" Weil ich feige und Anfänger bin. Ich bin im Moment schon froh, wenn ich eine saubere Nutverbindung hinbekomme, Gratverbindungen lerne ich ein andermal.

@Friedrich: "Ich benutze für eine solche Nut eine japanische Azebiki- Säge"
Da die Nut nach hinten offen ist, müsste ich doch eigentlich auch mit meiner Dozuki zum Ziel kommen?

Viele Grüße

Stefan



Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Stemmeisen oder Nuthobel?

Beitrag von Christof Hartge »


He hallo Stefan,
keine Selbstbezichtigungen nötig. Wir lernen alle hier. Such dir den Weg, der dir einleuchtend erscheint und dann weiter, die Alternativen werden sich dann von selbst nochmal vorstellen.

Bei der Verwendung einer Dozuki habe ich kein gutes Gefühl. Bei großen Querschnitten habe ich mir schon Zähnchen herausgebrochen. Aber das kann auch an mir gegen haben. Falls du keine Azebiki für den Zweck kaufen möchtest, was ich gut verstehen kann, würde ich dir lieber zum Stemmeisen raten.

Viele Grüße, Christof.

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Stemmeisen oder Nuthobel?

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Stefan
Dozuki geht (Ich hab es gleich ausprobiert). Nicht so gut wie eine Azebiki, weil
1. das Dozuki- Blatt sehr dünn ist und sich nicht so gut an einer Führung halten lässt
2. eine Dozuki (meine jedenfalls) an der Spitze ungezahnt ist, warum auch immer. Es gibt allerdings auch Dozukis, die eine abgerundete, gezahnte Spitze haben und damit einstechen können.

Viel Spass!

Friedrich

reinhold ege

Re: Stemmeisen oder Nuthobel?

Beitrag von reinhold ege »

[In Antwort auf #95392]
hallo,
als Drechsler bin ich ja bei manchen Holzarbeiten ein bisschen unbeholfen.... So wollte ich kürzlich eine Nut (quer zur Faser) anbringen - und erst mal vorsägen. Kreissäge habe ich keine. Spannsäge scheidet aus. Fuchsschwanz hat nicht funktioniert. Dozuki oder Zaziki habe ich nicht. Das Einstechen der Nutseitenwände mit dem Stecheisen ist eine Schinderei und sieht gräuslich aus. Ich bin also zu einem Kumpel, der eine Oberfräse hat....
Frage : wie und mit welchem Werkzeug hat der deutsche Schreiner eine Nut vorgesägt, bevor es diese genialen japanischen Sägen oder die tollen Festos gegeben hat?
Frage 2: was mache ich, wenn die Nut schmäler sein soll als der vorhandene Nuthobel - schmäleren Hobel kaufen?
Frage 3: eigentlich müsste man doch aus einem Stechbeitel als Eisen einen Nuthobel basteln können - gibt es da irgendwelche Vorschläge ? (Als Schwabe bin ich eher zurückhaltend beim Geld ausgeben für einen Hobel, den ich einmal in x-Jahren brauche)
viele Grüsse
reinhold

Eckhard Pohlmann
Beiträge: 163
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Stemmeisen oder Nuthobel?

Beitrag von Eckhard Pohlmann »


Hallo Reinhold,

ich säge eine Nut überhaupt nicht, ausgenommen eine Gratnut.
Wenn ich nicht mit einem meiner Nuthobel arbeiten kann, weil es beim Zinken nicht passt oder man die Nut nicht sehen soll, stemme ich mit Beiteln wie folgt:
1. beide Seiten anreissen mit einem Streichmass mit Anreißmesser
2. vorschneiden der beiden Kanten mit einem Beitel (in der Faust)
3. stechen mit einem Beitel in Nutbreite im Abstand jeweils ca. 1mm immer hinter einander, nicht so tief
4. erst ausräumen, wenn die gesamte Nut gestemmt ist
5. wieder die Kanten vorschneiden
6. nächster Stemmvorgang
7. die Prozedur wiederholen bis die erforderliche Tiefe erreicht ist

Da man bei dem fertigen Werkstück den Grund meistens nicht sieht, kann man hinterher nicht erkennen ob die Nut gehobelt oder gestemmt ist, ob quer oder längs zur Faser.
Ich glaube so habe die Tischler das früher gemacht. Arbeitszeit war nicht das Problem, wie es heute bei den Lohnkosten ist.

Gruß, Eckhard


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