Meine erste perfekte Spiegelseite

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Friedrich Kollenrott
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Meine erste perfekte Spiegelseite

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Ich weiss, das Thema ist alt, trotzdem für Viele ein Problem. Wie stelle ich eine ordentliche Spiegelseite her? Ich habe es jetzt zum ersten Mal geschafft, eine nicht nur ordentliche, sondern wirklich perfekte Spiegelseite an einem Hobeleisen herzustellen. Die braucht man nicht wirklich, klar, aber es ist sinvoll, einen Weg dahin zu kennen. Man kann ja früher aufhören und mit einem ordentlichen Ergebnis zufrieden sein.

Also, in Stichworten:

- Eisen: Altes 50 mm Stanley- Eisen, laminiert (die sind toll! Bei ebay für 4,95$ erwischt), leider leichte Rostnarben auch auf der Spiegelseite.

- Grober Vorschliff zum Enfernen der Rostnarben: Ganz vorsichtig auf Bandschleifer, mit sehr wenig Druck, Eisen darf sich nur leicht erwärmen. Es ist fast hoffnungslos, bei einem laminierten Eisen mit entsprechend sehr harter Spiegelseite Narben von Hand ausschleifen zu wollen! Vorsicht, Ein Bandschleifer schleift sehr schnell ballig (vermutlich vor allem infolge eines Durchwölbens des Eisens durch die einseitige Erwärmung, wie beim Boden einer von unten beheizten Bratpfanne), auch das ist nur mühsam zu entfernen.

- Schliff auf grobem Stein (bei mir ein 800er Wasserstein), zuerst mit viel Druck bis die Fläche gleichmäßig erscheint. Dazu als Griff ein Holzklotz mit aufgeschraubter Scheibe, die in das runde Schlüssellochende im Hobeleisen passt.
Stein bleibt plan, wenn er überall gleichmäßig benutzt wird, man fühlt auch wo er hochsteht. Zur Kontrolle Stein aber doch mehrfach abgerichtet (Ich benutze einen planen Klinkerstein). Später mit weniger Druck, ohne Handgriff, damit Eisen nicht mehr durch Druck verformt und somit wirklich plan wird. Jetzt fühlt man schon sehr genau, wo der Stein einen Buckel hat, und kann ihn dort gezielt abarbeiten. Am Ende noch eine Zeitlang mit sehr leichtem Druck, damit die so erzielten flacheren Schleifriefen auf dem feinen Stein leichter entfernt werden können.

- Abziehen auf feinem Stein (bei mir: 6000er Wasserstein). Problem dabei: Stein neigt zum Zuschmieren, dadurch kaum Abtrag, u. U. auch Bildung neuer Riefen durch verschleppte gröbere Körner. Lösung:
a)Stein mit Nuten versehen (mit einem kleinen Winkelschleifer mit Diamantscheibe, Rautenmuster mit ca. 20 mm Weite). Effekt: Stein greift viel besser und gleichmäßiger, grobe Körner werden sofort von der Fläche geschoben.
b) langsam, sehr langsam schleifen! Viel langsamer als auf dem groben Stein! Der Abtrag geht erheblich schneller voran, weil das Eisen nicht mehr auf der Schleifbrühe (dem Gemisch von Wasser und Abrieb) aufschwimmen kann.
Der Stein muss zwischendurch abgerichtet werden, er lässt sich nicht so gut planhalten wie ein gröberer.

Ergebnis: Spiegelseite ist wirklich wie ein Spiegel, die ersten 10 mm von der Schneide aus absolut kratzerfrei.
Gesamt- Zeitaufwand: Ca. 2 bis 3 Stunden. Aber, wie gesagt, man muss es ja nicht soweit treiben, dann gehts auch schneller.

Friedrich

Friedrich Kollenrott
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Meine erste perfekte Spiegelseite- Fehler!

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


"Vorsicht, Ein Bandschleifer schleift sehr schnell ballig (vermutlich vor allem infolge eines Durchwölbens des Eisens durch die einseitige Erwärmung, wie beim Boden einer von unten beheizten Bratpfanne"

Leider doch falsch, dabei hörte es sich so gut an. Wenn sich das Eisen beim Schleifen durch die Erwärmung auswölbt, müsste es nach dem Abkühlen hohl (konkav) sein. Fakt bleibt: Ein von Hand gegen ein Schleifband gehaltenes Eisen wird tendenziell konvex. Liegt wohl doch nur daran, dass man wackelt.

Friedrich

Christof Hartge
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Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Meine erste perfekte Spiegelseite

Beitrag von Christof Hartge »


HaLLO Friedrich,
du hast es weit gebracht. Dein Beobachtungen legen es nahe, wenn man es ganz perfekt machen wollte, zwei Sätze Steine zu haben. Einen greiften für die Spiegelseite und einen ungerieften für die Fase.Ich gebe aber zu dass ich mit meinen ordentlichen aber nicht perfekten Spiegelseiten so zufrieden bin, dass mir der Aufwand zu groß und zu teuer wäre.
Ha, besser Idee, man kann ja auch die Rückseite der Steine für die Riefen nehmen. Wie wäre es damit?
Das Abrichten alter rostiger Eisen von Hand ist wirklich ein Kreuz. Der grobe 300 er Japaner macht eine Riesenschweinerei und ist nicht besonders schnell. Ich habe schon manchmal an einen groben Diamantstein gedacht. Sollten die nicht in der Lage sein, diese Aufgabe auch zügig von Hand zu lösen ?

Was macht eigentöich unser Schärfprojekt ?

Viele Grüße, Christof.

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Meine erste perfekte Spiegelseite

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Christof,
ja, so ist es gemeint: Eine Seite des Abziehsteins mit Nuten, die andere bleibt natürlich glatt, sonst müsste man 2 Steine haben. Zum Vorschleifen von Hand: Das wäre natürlich wünschenswert. Der einzuge brauchbare grobe Stein, den ich habe, ist aber so hart dass kaum abrichtbar und deshalb auch nicht richtig plan. Für das Vorschleifen von Fasen geht es, für Spiegelseiten nicht. Und die beschriebene Prozedur macht man mit einem Eisen ja nur einmal, da hielt ich einen Bandschleifer für eine lässliche Sünde (oder? da bist Du der Fachmann!). Außerdem liegt das Ding sonst wirklich nur noch rum, ich habe ihn im letzten Jahr nur einmal benutzt, um Dübel anzufasen.

Unser Schärfprojekt: Ich hoffe eigentlich immer noch, dass sich mal weitere Freunde außer uns beiden beteiligen, das wäre schön (soll eine Aufforderung sein.) Wenn nicht, würde ich mich auch mal wieder ransetzen. Momentan steht die Holzerei in der Freizei ein bisschen hinten an, in Frühjahr dominiert immer der Garten. Aber das ändert sich wieder.

Ich habe mit viel Interesse Deine und der Anderen Bemühungen um Knochenleim und seine Geheimnisse gelesen!

Friedrich



Oliver Montue
Beiträge: 124
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Meine erste perfekte Spiegelseite

Beitrag von Oliver Montue »

[In Antwort auf #95046]
Hallo Friedrich,

vielen Dank für die genaue Beschreibung der Vorgehensweise. Da war einiges wirklich neu und interessant für mich. Was mich aber noch interessiert ist, ob Du beim Hobeln auch einen Unterschied feststellen kannst zwischen einer perfekten Spiegelseite und einer 'nur guten' Spiegelseite? Ich vermute mal, daß der Spanbrecher die Perfektion alsbald wieder einschränken wird, da bei der Montage sicherlich kleine Kratzer vorkommen werden.

Bis dann,
Oliver

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Meine erste perfekte Spiegelseite

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Oliver,

Ich erwarte im normalen Gebrauch keinen spürbaren Unterschied zwischen einer wunderschönen Spiegelseite und einer, die ein paar kleine Kratzer hat. Und die kommen auch, wie Du schreibst, bei der Montage des Spanbrechers, ganz sicher. Man sollte eben mit dem Spanbrecher sehr vorsichtig zu sein. Also, ihn beim Aufsetzen vorsichtig und mit nur ganz leicht angezogener Schraube von hinten an die Schneide heranschieben und dann die Schraube anziehen. Die unvermeidlichen Kratzer bleiben dann meist so flach, dass man sie beim kurzen Abziehen der Spiegelseite beim nächsten Schärfvorgang wieder entfernt. Auf keinen Fall sollte man den Spanbrecher von der Seite auf das Eisen drehen! (hab ich auch schon gemacht. Sch...).

Aber zurück zum (fragwürdigen) Sinn einer perfekten Spiegelseite: Natürlich ist das sportlicher Ehrgeiz. Aber es ging mir bei meinem Beitrag dann eigentlich darum, zu zeigen, wie man vorgehen kann, um einerseits nicht unnötig lange am Abziehstein zu stehen und andererseits ein wirklich brauchbares Ergebnis zu bekommen. Ein gut greifender und schnell arbeitender Abziehstein, auf dem keine neuen Kratzer entstehen, hilft doch auch dann, wenn man gar nicht die perfekte, sondern nur eine ordentliche Spiegelseite will. Ich schärfe eigentlich ganz gerne. Immer freihand und immer mit einer zweiten Fase, dadurch geht das Abziehen sehr schnell. Ich gehe aber jetzt nicht ran und überarbeite die Spiegelseite an allen meinen Eisen, wirklich nicht!

Friedrich

Dietrich
Beiträge: 4730
Registriert: Mo 27. Okt 2014, 22:01

Re: Meine erste perfekte Spiegelseite

Beitrag von Dietrich »


Hallo Friedrich
Schaue mir in letzter Zeit viele der hier vorgestellten Beiträge an. Aktuell das Thema Hobeleisen,verstehe aber nicht den Ehrgeiz es freihand zu schleifen.Bitte nicht falsch verstehen die Tatsache das man es kann finde ich großartig.Aber was spricht gegen geführtes Schleifen mit einer Tormek?
Gruß Dietrich


Christian Aufreiter
Beiträge: 2209
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Tormek vs. händisch schärfen

Beitrag von Christian Aufreiter »


Hallo Dietrich,

von Hand schleifen, heißt nicht unbedingt freihändig schleifen, da man - wie ich auch Schleifführungen - wie die Modelle von Veritas oder Kell verwenden kann. Ich habe auch eine kleine Tormek, mit der ich ganz gerne schärfe, das absolut notwendige Abrichten der Spiegelseite ist - meiner Meinung - damit aber nur sehr bedingt möglich. Ich halte es für besser, einmal 15 min zu investieren und die Spiegelseite ordentlich abzurichten, ein regelmäßiges Abrichten ist ja nicht nötig. Schließlich muss man lediglich nach dem Abziehen mit einem feinen Stein den Grat auf der Spiegelseite entfernen.
Der Vorteil des Schärfens von Hand, liegt vor allem darin, dass man sich einiges an Geld spart. Eine Tormek ist ja wirklich nicht billig und wenn man nicht täglich mehrmals schärfen muss, kommt man mit einer Glasplatte, ein paar Bögen Nassschleifpapier und (wenn man möchte) einer Schärfführung aus.

Beim maschinellen Schleifen entsteht übrigens ein sogenannter "Hohlschliff". Inwieweit der wirklich schadet, weiß ich nicht, da müssen die Schärfspezialisten hier ran, aber lt. Lehrmeinung sollte er vermieden werden.
Außerdem schadet es aus meiner Sicht nicht, seine Hobel- und Stemmeisen nach dem maschinellen Schleifen noch fein abzuziehen, also kommt man um einen Stein oder Schleifpapier und Glasplatte nicht herum.
Weiters ist es in der Regel nicht notwendig, die Hobel- und Stemmeisen "richtig zu schleifen", eine feines Abziehen zwischendurch reicht, wenn die Eisen keine groben Scharten aufweisen, locker aus.

Herzliche Grüße

Christian

PS: Bist du schon dazugekommen, eine Werkstatttour zu gestalten?

Dietrich
Beiträge: 4730
Registriert: Mo 27. Okt 2014, 22:01

Re: Tormek vs. händisch schärfen

Beitrag von Dietrich »


Hallo Christian
Vielen Dank für Deine Ausführungen,jetzt weiß ich was die Spiegelseite ist.
Diese kann man natürlich mit der Tormek schlecht abrichten. Aber sonst leistet die Tormek gute Dienste,vor allem bei Stechbeiteln,Drechselwerkzeugen und Messern.Die Maschinenhobelmesser-Schleifeinrichtung ist mir zu teuer,und ich glaube nicht das man die hinbekommt.
Zur Werkstattführung: muß ich zu meiner Schande gestehen das ich die Bilder (es sind jede Menge) nicht ins Forum geladen kriege.Vielleicht hast Du ein paar Tips.
Gruß und gut Holz : Dietrich

Matthias
Beiträge: 89
Registriert: Di 13. Jan 2015, 19:41

Re: Meine erste perfekte Spiegelseite

Beitrag von Matthias »

[In Antwort auf #95052]
Hallo,
die ganz grobe Abrichterei mach ich mit billigen Diamantschäfsteinen (wenn man sie denn so nennen kann). Die habe ich mal bei Westfalia gekauf; 3 Stück für 20 Mark. Bei angerosteten Eisen funktionieren die sehr gut und schnell.
Gruß
Matthias

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