Grundausstattung

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
olli

Re: Grundausstattung

Beitrag von olli »


Zunächst mal einen ersten Dank für die Reaktionen; der Bereich, der mich am meisten interessiert, und für den das Werkzeug dann auch geeignet sein muss: Kleinmöbel, Spielzeug und Garten (hier auch gerne mit Frischholz, weil ich Unmengen Nachschub davon habe...)
Eigentlich bin ich auch schon jetzt ganz gut ausgestattet: Hobelbank, div. Elektrowerkzeuge (Oberfräse, Bandschleifer, Stichsäge), die mir aber alle vom Prinzip und Geräusch her unsympathisch sind, sowie natürlich das meiste, was man sowieso im Haushalt hat: Hämmer, Schraubendreher, Stemmeisen etc. in Baumarktqualität. Was mich bei der Lektüre von Büchern und Katalogen verunsichert, ist die grosse Auswahl an Dingen ohne die es angeblich überhaupt nicht geht :-) In dieser Hinsicht verspreche ich mir von Euren Antworten natürlich Aufklärung, ob ich eher einen billigen Wasserstein zum Schärfen meiner vielleicht bald neu gekauften japanischen Stemmeisen nehmen soll, oder eine Tormek!? Oder: welche Meß- und Anreisswerkzeuge haben sich bei Euch am meisten bewährt, wenn Ihr es satt hattet, daß der alte Bleistift zwar am Anfang der Linie noch schön dünn ist, am Ende des Brettes jedoch so breit wie eine Autobahn. Ist denn alles nur eine Budgetfrage?

Oliver Montue
Beiträge: 124
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Grundausstattung

Beitrag von Oliver Montue »


Hallo Olli,

wer als Neanderthaler Holz bearbeiten möchte, muß sich viele Fertigkeiten aneignen. Die Basis-Fertigkeit ist Schärfen. Kein Werkzeug funktioniert gut ohne scharf zu sein. Wenn Du die Möglichkeit hast in Deiner Werkstatt mit Wasser zu plantschen, empfehle ich Dir japanische Wassersteine, sonst die ScarySharp Methode, die Naßschleifpapier verwendet. Eine Schleifführung ist für den Anfänger ihr Gewicht in Gold wert. Baumarkt Stechbeitel müssen nicht unbedingt schlecht sein (falls es nicht der 6er Pack für EUR 5 war). Schärfe sie gründlich und benutze sie. Besonders für Außen-Projekte sind japanische Stechbeitel zu empfindlich/schade.

Anreißen ist auch eine wesentliche Grundlage. Verwende ein Messer für genaues Anreißen. Zur Not nehme ein kleines Teppichmesser für den Anfang. Ein genauer Winkel ist auch unersetzlich. Eine Schmiege ist auch oft notwendig. Als Richtscheite benutze ich oft MDF-Scheite.

Bei der Wahl der Hobel kann man einen Glaubenskrieg ausfechten. Ich benutze sowohl Metall- als auch Holzhobel. Für den Anfänger bieten Metallhobel einige Vorteile: Die Einstellmöglichkeiten führen schneller zum Erfolg und man kann die Maulweite verstellen und sie somit für feine und grobe Arbeiten verwenden. Wer Kleinmöbel baut, kann u.U. mit einem Jack-Plane (#5) auskommen. Wenn Du das nötige Kleingeld hast, würde ich Dir einen Clifton Hobel empfehlen. Holzhobel kannst Du Dir auch selber bauen. Dieter verkauft Hobeleisen für sogenannte Krenov Hobel. Wenn die vernünftig gebaut wurden, blasen sie einen Standard Doppelhobel oder Putzhobel (nicht die ECE PRIMUS) glatt weg.

Für feine Sägearbeiten empfehle ich eine Dozuki in der unteren Preisklasse. Für grobe Sägearbeiten entweder Fuchsschwanz oder Gestellsäge. Letztere benötigt mehr Einarbeitung. Wesentlich ist, daß man eine Säge für Längsschnitte hat und eine für Querschnitte.

Für Grünholzverarbeitung ist ein Zugmesser sicherlich empfehlenswert, aber damit habe ich keine Erfahrung.

Bis dann,
Oliver

Th. Paulke

Vergesst die Bohrer nicht

Beitrag von Th. Paulke »

[In Antwort auf #94272]
Hallo Jungs !

Meist denkt man bei Holzbearbeitung mehr so an Sägen, Stechbeitel und Hobel.
Nach einer Weile merkt man dann, daß die Bohrerei auch nicht ganz ohne ist, von der Ausstattung und so. Also auch dran denken und nicht unterschätzen.

Immer ne gute Bohle im Stapel

Thomas

Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Und einen Rechten Winkel ...

Beitrag von Christof Hartge »


Hat jemand schon einen guten Rechten Winkel genannt ? Die Qualitätsunterschiede sind enorm.
Viele Grüße, Christof.

Christian Aufreiter
Beiträge: 2209
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Grundausstattung

Beitrag von Christian Aufreiter »

[In Antwort auf #94286]
Hallo Olli,

ein Starret Kombinationswinkel, ein Zentrumsstreichmaß von Bridge City Tool Works, dazu ein Hock Anreißmesser, Incra Rules auf jeden Fall, ebenso Fiquet Zirkel, eine handgefertigte Douzuki, den 36-teiligen Satz Japanstemmeisen, LN Dovetail Saw, Schärfsteine aller Art (Arkansas, Belgische Brocken, natürliche japanische Wassersteine, ...), den Fuchsschwanz von T. Flinn, handbehauene Raspeln von Auriou, die komplette ECE Primushobel-Palette, dazu als Ergänzung ein Satz LN und Clifton, vielleicht ein C&W Smoother oder ein Knight Putzhobel, einige Kanna, alle nur erdenklichen Arten von „Sonderstemmeisen“ (wie Schrägeisen, Stufenstechbeitel, ...), der Estwing Klauenhammer ist sowieso ein Muss, ...

Liegen wir nicht alle von Zeit zu Zeit wach im Bett und sehnen uns nach diesen edlen Werkzeugen, die sicher nicht nur toll zu benutzen sind, sondern deren Ästhetik allein einen schon ins Schwärmen geraten lässt?

Was ich damit eigentlich sagen wollte:
Für den Anfang sind diese Werkzeuge sicher übertrieben.
So ein Bridge City Streichmaß wäre ja sicher toll, aber wohl nicht das richtige Werkzeug für die Arbeit außer Haus.

Also wird es wohl sinnvoll und vernünftig sein, wenn man sich am Beginn mit eher robusteren Allroundwerkzeugen ausrüstet.
Auch europäische Stemmeisen (in Deutschland sind Kirschen weit verbreitet, bei mir in Österreich sind’s die Stubai) bieten durchwegs tadellose Qualität, sind vermutlich einfacher zu schärfen und zu behandeln, man muss nicht ein- oder anpassen und eine gröbere Behandlung werden sie in der Regel auch vertragen.

Du schreibst von „Baumarktstemmeisen“, tragen diese Dinger zufällig einen Namen?
Ich habe schon Sandvik Stemmeisen im Baumarkt gesehen, deren Qualität ich zwar nicht direkt kenne, aber ich nehme an, dass sie nicht so schlecht ist.
Übrigens sind die 5 Euro Stemmeisen sehr praktisch zB zum Hebeln, Öffnen von Lackdosen, Wegkratzen von Leimresten, Verarbeiten von Kitt,...

Auf Wolfgang Jordans Homepage findest du eine recht hilfreiche Zusammenstellung der wichtigsten Grundwerkzeuge.

Die Standardwerkzeuge hast du sichtlich schon, also bleiben dir vordergründig Hobel, Schärfwerkzeuge und vielleicht ein paar Sägen.

Zu den Hobeln wurde schon einiges gesagt, eine allgemeine Wahrheit gibt es wohl nicht.
Zur Auswahl stehen aus meiner Sicht:

- ECE Doppelhobel (Primusausführung ist recht praktisch, Pockholzsohle kann auch nicht schaden)
- ECE Primus-Halblanghobel (dürfte in unseren Gegenden eher zu den „Exoten“ zählen, scheint mir aber aufgrund der Länge von 395 mm für den Anfang sehr gut geeignet)
- Rali 220 (keine Erfahrung, dürfte aber als Allround-(Montage-)Hobel unter Tischlern beliebt sein, da in zahlreichen Montagesätzen zu finden)
- Metallhobel (mit denen habe ich überhaupt keine Erfahrung, am besten hältst du dich wahrscheinlich an Oliver, der hat einen Clifton 5 empfohlen, mindestens so gut, wenn nicht besser sollen die wesentlich teureren Lie-Nielsen Hobel sein)

Zusätzlich könntest du dich vielleicht nach ein paar alten Holzhobeln umsehen (zB auf Dachböden und Flohmärkten). Auf diese Weisen kannst du deine Ausrüstung schnell und relativ preisgünstig um ein paar klassische Modelle erweitern.

Schärfwerkzeuge:

Eine richtige Methode gibt es wohl nicht, ich habe einmal einen FWW Artikel gelesen, in dem Profis vorgestellt wurden, die alle mit verschieden Techniken arbeiteten.
Für den Anfang wirst du – wie Oliver empfohlen hat – mit der Scary Sharp Methode gut beraten sein.
Zusätzlich kannst du dir ja ein oder zwei künstliche japanische Wassersteine besorgen, dann kannst du vergleichen, welche Methode die am meisten zusagt. Auch eine Kombination der beiden Varianten wäre denkbar, zB für’s Grobe Scary Sharp, für’s Feine die Wassersteine. Zum Abrichten der Steine wirst du wahrscheinlich ohnehin eine Glasplatte und Schleifpapier benötigen, außer du machst es wie Christof mit einem Abrichtblock.
Ganz hilfreich ist eine Schärfführung, ich empfehle das Veritas Modell.

Eine Tormek ist ein Supergerät, ich habe eine kleine, aber die Schärfarbeit nimmt sie einem meiner Meinung letztendlich auch nicht ab, zumindest ist es notwendig, dass man sich auch beim Arbeiten mit der Tormek eingehend mit dem Thema Schärfen auseinandersetzt.
Das Abrichten der Spiegelseite erledigt man am besten sowieso von Hand und ein 60 mm breites Hobeleisen zu schärfen, dürfte sich mir dem 40 mm breiten Stein ohnehin als schwierig erweisen.
Also finde ich, dass die Tormek (ob großes oder kleines Modell) keine unbedingte Notwendigkeit darstellt. Wenn man viel – nicht nur Hobel- und Stemmeisen – schärft, ist sie sicher ganz nützlich.

Sägen:
- normale europäische Feinsäge (umlegbar ist in manchen Fällen praktisch, ich tu mir aber sehr schwer, mit ihr exakt rechtwinkelig zu sägen)
- günstige Douzuki oder vielleicht ein günstiges jap. Sägenset
- Standardfuchsschwanz (Sandvik, Jack, ...)
- Gestellsäge (ich habe keine, aber viele schätzen sie sehr, der Umgang mit ihr dürfte einiges an Übung verlangen)
- Gehrungssäge (???, sicher nicht unbedingt notwendig; ich habe ein mittleres Ulmia Modell, das ich grundsätzlich sehr schätze, Nobex sollen auch sehr gut sein)

Zusätzliche (Mess-)Werkzeuge würde ich nach Bedarf/Budget kaufen, einen ordentlichen Winkel hast du sicher, Rollmeter und Maßstab auch. Ein Anreißmesser ist sicher brauchbar, ich verwende in vielen Fällen zum Vorritzen/Vorstechen ein Stemmeisen.

Wenn du noch irgendwelche Fragen hast, zögere nicht, dich zu melden.

Ich hoffe, dir mit meiner Liste ein wenig geholfen zu haben.

Herzliche Grüße

Christian



Christof Hartge
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Prima Beitrag und Apropos

Beitrag von Christof Hartge »


Hey Christian, dein Beitrag verdient schon ein Artikel zum Thema genannt zu werden. Ideologiefrei, sachlich, ausführlich.

Apropos Starret Kombinationswinkel. Für unsere angloamrikanischen Freunde scheint das der Standard zu sein, ich habe keine Ahnung wo man die bei uns bekommt. Weiß jemand was ?

Viele Grüße, Christof.

Christian Aufreiter
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Re: Prima Beitrag und Apropos

Beitrag von Christian Aufreiter »


Hallo Christof,

danke für dein Lob!
Tat echt gut!

Starrat ist bei den Amerikanern - wie du sagst - sehr beliebt, soweit ich weiß sind die Starret Produkte aber auch extrem teuer.

Vor ein paar Tagen ist bei mir ein Flugblatt von "Magma Fine Woodworking" ins Haus geflattert, mit dem Hinweis, dass es bald einen neuen Katalog geben wird und dass man die Produktpalette fleißig erweitert hat, unter anderem sollen Starret Werkzeuge in Zuhkunft bei Magma erhältlich sein.

Herzliche Grüße

Christian

Dieter Schmid
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und Apropos Starrett

Beitrag von Dieter Schmid »


einige sehr schöne Starrett-Werkzeuge gehören zu den unveröffentlichten Geheimnissen meines Warenlagers. Werde mich bemühen, das eine oder andere Schmankerl auf meine Webseite zu bringen, ging bisher nicht aus Zeitmangel, wobei ich in bezug gerade auf diese Werkzeuge ein schlechtes Gewissen habe.

Denn die Verarbeitungsgüte der Werkzeuge ist weit über dem, was man sonst auf dem Markt erhält. Vielen bekannt ist der Kombinationswinkel, der auch in einem kürzlichen Test in Fine Woodworking als bester unter vielen abgeschnitten hat. M. E. zurecht, hatte auch schon andere in der Hand, Abweichungen von 1-1/2° beim Winkelmeßteil waren keine Seltenheit! Diese Aussage gilt auch für Meßschieber, Winkel mit verschiebbarer Stahlzunge, Tischlerzirkel, Innen- und Außentaster usw.
Dieter

Bernhard Dirr
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Re: und Apropos Starrett

Beitrag von Bernhard Dirr »


Na, dann aber mal ran an den Rechner und die schönen Sachen rein ins Netz! Jetzt, wo das Wetter draussen eh so eklig ist und alle Neanderthaler nur am überlegen sind, was sie sich von Ihren Liebsten als nächstes schenken lassen, ist doch die beste Gelegenheit!

Ich werde stündlich nachschauen!

Gruß,
Bernhard

Dieter Schmid
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Re: und Apropos Starrett

Beitrag von Dieter Schmid »


Laß Dir Zeit Bernhard,

Samstag hatte ich Friedrichs Beitrag in HTML gepackt, heute sitze ich an einem Infill plane und Montag früh muß ich wieder meine Krämerseele auspacken. Hoffe nächstes Wochenende - ist jedoch nicht versprochen.

Ein gemütliches Restwochenende noch.
Dieter

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