Seite 1 von 1
Alten Kasten reparieren (Bilder)
Verfasst: Mo 4. Dez 2006, 11:12
von Reinhard Bartl
Hallo Holzwerker,
nach längerer "Abstinenz" mal wieder ein Beitrag von mir. Aus privaten und beruflichen Gründen konnte (und kann) ich längere Zeit nicht zu Säge & Hobel greifen (wenn ich auch immer mitgelesen habe), aber zumindest hat mich jetzt ein Bekannter gefragt, ein altes Bauernkästchen für ihn zu "reparieren". Auf meine Ansage, daß ich kein Restaurationstischler sei, hat er gemeint, gar nicht nötig, er will das Teil gar nicht sonderlich aufpoliert haben, sondern nur die aufgegangenen Verbindungen wieder geschlossen haben und das ganze Ding etwas säubern (wortwörtlich "waschen").
Es handelt sich dabei um einen Eckkasten für die Küche, mit Ober- und Unterteil, das er günstig erstanden hat.
Aber seht selbst:
Hier das Oberteil:

Bei näherer Berachtung erweisen sich die Verbindungen an den Ecken als reichlich zerrüttet:

Was von vorne eher unangenehm aussieht, erweist sich beim Blick auf die Rückseite als eher simpel:

Ich denke, mit etwas Geduld, Leim, einigen Spanngurten und großen Schraubzwingen, sollte sich das machen lassen.
Beim Oberteil --

habe ich aber eine Frage: Irgend jemand hat da schon mal Hand angelegt und jede Menge Kitt verbraucht:

läßt sich das ohne größeren Schaden wieder herausholen und vor allem, wie schließe ich diesen Spalt dann wieder?
Grundsätzlich soll das Teil nicht zur gänze zerlegt und wieder zusammengebaut werden, sondern "einfach wieder in Stand gesetzt", ohne besonderen Aufwand. (Und dann darf ich aus 200 Jahre alten Kirchenbänken eine Kücheneckbank stricken, aber das ist eine andere Geschichte).
Ach ja, der stolze Besitzer will ja die Oberfläche so lasen, wie sie ist, aber ich finde, der Lack existiert ja gar nicht mehr richtig. Was meint Ihr: Soll ich ihn drängen die Oberfläche zu erneuern, und wie würdet Ihr das angehen?
Bin gespannt auf Eure Meinungen und Tipps!
Gruß,
Reinhard
Re: Alten Kasten reparieren (Bilder)
Verfasst: Mo 4. Dez 2006, 12:27
von Siamac Kouscheschi
Hallo Reinhard,
bei den Verbindungen wirst du teilweise nicht umhin kommen das Schränkchen zu zerlegen und die Leimstellen vom alten (möglicherweise Knochenleim) zu befreien. Andernfalls läufst du Gefahr das die Leimstellen nicht lange halten werden. Zum Thema Kitt habe ich keine Erfahrung, tendierde bei solchen Teilen persönlich eher dazu sie zu ersetzen. Die Oberfläche muss hier eindeutig überarbeitet werden, ein honigfarbener Wachs wäre meine Wahl, und innen gehört die blaue Farbe weg.
Gruß
Siamac
Re: Alten Kasten reparieren (Bilder)
Verfasst: Mo 4. Dez 2006, 13:28
von Marc
Hi,reinhard
habe auch mal ne alte truhe erneuert in der Oberfläche-lohnt sich ,danach mehrfach ölen !
den spalt und evtl. etwas mehr würd ich durch massivholzstück ersetzen(evtl. per lamellofräse)
Gruß
PS: die 200 jahre alten kirchenbänke sind nur einem gleichartigen zeit-stil als was auch immer zu gestalten -Denkmalschutz verpflichtet !
versuche einseitig die behandelte Oberfläche möglichst zu erhalten der kirchenmöbel
Re: Alten Kasten reparieren (Bilder)
Verfasst: Mo 4. Dez 2006, 14:45
von Andreas N.
Ich hab schon einige alte Möbel gesehen die innen Blau, Rot oder sentener auch Schwarz gestrichen waren, ich würde die Farbe auf jeden fall erhalten wollen.
Mit dem Spalt wüste ich auch nicht was da zu raten währ; ich hab ein kleines Schränkchen bei dem die Oberseite eingerissen ist (bei trockenem Wetter 5mm) und beide Risseiten am offenen Ende nicht mehr in einer Ebene sind (" " 3mm), da hab ich mich noch nicht rangetraut. Nach dem es nicht mehr wie bein vorherigen Besitzer vor einer Heizung steht sind die Spalten auch um einiges kleiner geworden was bei deinem Patienten vielleicht auch geschieht.
Re: Alten Kasten reparieren (Bilder)
Verfasst: Mo 4. Dez 2006, 23:41
von Michael Formanek
[
In Antwort auf #28479]
Hallo Reinhard,
die Verbindungen würde ich auf jeden Fall, wie Siamac bereits geschrieben, so gut wie möglich säubern (zerlegen muss nicht notwendig sein). Dann kannst du die Verbindung mit Knochenleim wieder leimen.
Die Kittung würde ich auf jeden Fall versuchen zu entfernen. Die sieht mir eh schon recht brüchig aus und müsste sich durchaus mit dünnen Spachteln oder Klingen entfernen lassen.
Wenn der Kitt weg ist, wäre die Frage, warum der Kitt überhaupt dort war. Wenn der gekittete Teil nur einen Riss hat, kann dieser eventuell ohne weitere Zugaben einfach verleimt werden. Sonst würde ich einen dünnen Span in passendem Holz (ich glaube Eiche erkannt zu haben) einsetzten.
Beim Lack wäre die Frage, welcher Lack oben war/ist. Wenn kein brüchiger Lack da ist, könntest du die Oberfläche durchaus normal reinigen und danach eventuell nur leicht wachsen. Das muss aber natürlich der Besitzer wissen wie er es haben will. Der Vorteil beim Wachsen wäre, dass sich der Holzton nicht so stark verändern wird wie beim Ölen und das es einen matteren Glanz hat. Als Schutz fürs Holz (sollte es überhaupt keinen Überzug mehr haben) wäre es auf jeden Fall zu empfehlen.
Zu den Bänken kann ich nur sagen, dass es mir kalt den Rücken hinunter läuft wenn ich soetwas lesen muss. Wer will 200 Jahre alte Kirchenbänke zu einer Kücheneckbank umbaun und wieso? Wie kommt man überhaupt auf solche Ideen???
Gruß Michael
Re: Alten Kasten reparieren (Bilder) *MIT BILD*
Verfasst: Mo 4. Dez 2006, 23:51
von Michael Formanek
Hallo Andreas,
wenn du den Spalt einfach schließen willst, dann würde ich den Riss ausspähnen und den eingesetzten Span dann verlaufend von einem Niveau zum anderen schräg zuschneiden. Wie am Bild stark übertrieben dargestellt.
Sonst kann ich, ohne die Konstruktion des Kästchens zu kennen, nicht viel mehr dazu sagen.
Gruß Michael

Kirchen-, Eck und sonstige Bänke
Verfasst: Di 5. Dez 2006, 02:36
von Reinhard Bartl
Hallo Holzwerker,
danke schon mal für Eure Meinungen und Tips.
Die blaue Farbe will der Besitzer so weit ich weiß behalten; die zu entfernen würde wohl bedeuten, daß ich das Ding wirklich komplett zerlegen muß, und das will der werte Herr nicht. Wegen der lackierten Oberflächen werde ich ihm noch mal gut zureden, die sind eigentlich wirklich in sehr schlechtem Zustand und ich glaube, das ließe sich relativ unaufwendig abtragen und dann einwachsen.
Zur Verteidigung meines "Aufraggebers" muß ich sagen, daß er dieses ca. 200 Jahre alte Haus (Bauern-Auszugshaus und "Mostpresse" in einem - ein riesen Kasten) vor fünf Jahren in sehr baufälligem Zustand gekauft und äußerst liebevoll und geschmackvoll stabilisiert, renoviert und teilweise umgebaut hat.
Das mit den Kirchenbänken habe ich wohl etwas ungeschickt ausgedrückt. Die wurden aus einer Kirche entfernt und weggeworfen (!) und er hat sich die Dinger halt genommen und zerlegt, sprich, ich habe hier jede Menge Bretter, aus denen die mal gemacht waren und jetzt will er aus diesem "Rohmaterial" eine Riesen-Eckbank daraus machen. Nachdem die Sitzflächen in den Kirchen bekanntlich immer zu schmal waren, muß ich da wohl zwei Sitzbretter zusammenfügen und auch alles andere daraus "neu" herstellen. Für mich war das endlich ein Anlaß (bzw. eine Ausrede für mich selbst und meinen eher schmalen Geldbeutel), eine ordentliche Kreissäge mit Führungsschiene anzuschaffen (freihändig auftrennen zum Fügen schaffe ich beim besten Willen nicht) und habe mir darum heute eine TS55 mit nach Hause genommen. Mal eben bei einer kleinen Regalerweiterung zuhause ausprobiert... oh Freude! Warum habe ich mich zwei Jahre mit diesem Makita-Teil und selbstgebasteltem Zubehör rumgeplagt, wenn's so viel einfacher, schneller und genauer geht? Von der Qualität der Schnittfläche rede ich jetz mal gar nicht, Ihr wißt schon was ich meine... Ein Panther Blatt ist jedenfalls schon bestellt und dann werde ich das wohl in den nächsten Wochen angehen.
Ich verstehe schon, daß es vieleicht ein wenig schrecklich klingt, aber betrachtet es einfach mal als "historisches Rohmaterial". Wie eine Kirchenbank soll es ja gar nicht aussehen und wenn er das Zeug nicht vom Müll gerettet hätte, würde es jetzt schon irgendwo verrotten. Dann doch lieber eine Eckbank. Jedenfalls freue ich mich schon auf dieses Projekt und mit dem nun adäquaten Werkzeug glaube ich auch, daß das zu schaffen ist, ohne daß es peinlich aussieht.
Wenn wir schon beim Thema sind: braucht es bei dieser Breite schon eine Gratleiste (ich könnte ja die Beine eingraten) oder geht sich das noch ohne aus. Abgelegen ist das Material wohl zur Genüge...
Jetzt schon mal Danke für Eure Kommentare und ich bin gespannt auf weitere Anmerkungen.
Viele Grüße,
Reinhard
PS: Ist schön, wieder mal "direkt" mit Euch in Kontakt zu sein
Re: Alten Kasten reparieren (Bilder)
Verfasst: Di 5. Dez 2006, 14:45
von Andreas N.
Danke Michael, da hab ich auch schon dran gedacht, vorallem weil das schon mal gemacht wurde (ohne Höhenversatz). Andererseitz bewegen sich beide Rißseiten noch recht viel, so dass ich annehme das sie sich auch weiterhin bewegen werden. Ich werde es wohl einfach so lassen. Das Schränkchen ist mindestens 80 Jahre alt und wurde aus schon vorher benutzten Hölzern (hauptsächlich Eiche aber innen und rückwärts auch Fichte?) zusammengesetzt, wie man von der Rückseite her sehen kann. Der Riß in der Platte geht übrigens von einem Ast aus.
Schöne Grüße
Andreas