Hobeleisen und Stecheisen auf dem Leder abziehen (stroppen)?
Verfasst: Mi 17. Jan 2024, 19:19
Ihr Lieben,
Ich schärfe seit vielen Jahren meine Hobel- und Stecheisen auf Wassersteinen und bringe in der Regel mit dem Abziehstein eine Mikrofase an. Das ist eine gerade für das Freihandschärfen bewährte Methode, die ich auch empfehle und in meinen Schärfanleitungen zeige. Irgendwann hatte ich auch mal auch mal versuchsweise auf Leder abgezogen, das ist aber schon sehr, sehr lange her und hat mich damals wohl nicht überzeugt.
Altershalber (die Augen…) habe ich in den vergangenen Jahren immer weniger getischlert ind immer häufiger geschnitzt, Löffel und Ähnliches, wie hier im Forum auch gezeigt.. Und habe gelernt, dass bei Schnitzwerkzeugen das Abziehen der Schneide auf Leder mit einer Polierpaste oder Ähnlichem ein übliches, vielleicht sogar das überwiegend angewendete Verfahren ist, so wie auch bei Rasiermessern.
Also habe ich angefangen, meine Schnitzwerkzeuge auch so zu schärfen. Die Fase (bei einem Messer beide Fasen) eines Eisens oder Messers sauber geschliffen mit meinem 1000er Shapton, und dann auf dem Leder (der Innenseite eines alten breiten Ledergürtels, auf einen Multiplexstreifen geklebt) abgezogen. Die Abziehpaste mit SiC der Korngröße 3 µm hat Freund Markus mir vor einiger Zeit zum Ausprobieren hiergelassen; ich glaube, der benutzt an der Schneide gar keine feinen Abziehsteine mehr. Ist er einfach faul oder ist er schlauer als ich?
Das Schärfen auf dem Leder ist geradezu lächerlich einfach. Es erzeugt eine sehr scharfe Schneide, die zum Schnitzen sehr schön ist, das Werkzeug schneidet weiches Holz wie Butter. Und wenn die Schärfe nachlässt, ist auch das Nachschärfen auf dem Leder oder „Strop“ sehr einfach. Wie oft, bis man wieder schleifen muss oder sollte? Weiss ich nicht, aber jedenfalls mehrere Male.
Wie ist die überragende Schärfe einer auf Leder abgezogenen Schneide zu erklären? Dazu muss man sich ansehen, wie sie entsteht. Die geschliffene Fase wird freihändig flach auf das mit Polierpaste eingeriebene Leder gelegt und leicht darauf gedrückt. Wegen der Elastizität des Leders sinkt sie minimal ein. Wenn man sie jetzt über das Leder zieht (gezogen, also mit der Schneide hinten!), dann ist der Abtrag, wie immer bei weichen Polierwerkzeugen, besonders intensiv an den Rändern der Kontaktfläche und also auch direkt an der Schneide. Schon nach wenigen Strichen, wenn die Fläche noch lange nicht poliert ist, hat man schon eine sehr gute Schärfe. Wenn man zum Nachschärfen weiterstroppt (bei Schnitzwerkzeugen häufig) wird auch die Fasenfläche immer vollständiger auspoliert. Für mich das Verblüffendste daran: Bei diesem Abziehen auf dem Strop bildet sich kein Grat! Verblüffend deshalb, weil bei der gleichen Abziehbewegung mit einem Stein ein störender Grat entstünde.
Das Fehlen jeglichen Grates (auch wenn man länger stroppt!) erklärt die zuverlässig extreme Schärfe einer gestroppten Schneide. Bei Schneiden, die mit einem feinen Abziehstein bearbeitet wurden, ist die Gratbildung immer ein Problem und zu beachten, man kann einen kleinen Grat an der Schneide haben oder die Schneide ist beschädigt durch einen abgebrochenen Grat. – beides verschlechtert die Schärfe.
Da fragt man sich: Hat das Abziehen auf dem Leder eventuell auch Vorteile bei Hobeleisen und Stecheisen, also Werkzeugen zum Tischlern?
Mein derzeitiger Erkenntnis- und Glaubensstand:
Die überragende Schärfe einer „gestropten“ Schneide ist nur von begrenztem Wert bei der Arbeit mit Tischlerwerkzeug. Die hält nicht lange, und dann ist man sowieso bei einer Gebrauchsschärfe die sich von einer auf dem Stein abgezogenen wohl nicht unterscheidet.
Kleinen Beschädigungen an der Schneide, die ja beim Tischlern nicht ausbleiben, lassen sich vielleicht besser mit dem Abziehstein als mit dem Strop beseitigen. Zum schnellen Nachschärfen ist aber der Strop viel praktischer. So oder so muss irgendwann wieder geschliffen werden.
Spiegelseiten oder Innenseiten von Hohleisen, also die Seite des Schneidkeiles dessen Geometrie kritischist, bearbeite ich weiterhin mit einem Abziehstein. Ein Strop wäre dort eher schlechter weil unpräziser, und spart auch keine Zeit.
Aaaber: Der Strop kann ein Weg zum schnelleren und einfacheren (weniger Geschick erfordernden) Freihandschärfein in guter bis sehr guter Qualität sein. Das ist ohne Mikrofase Glückssache, mit Mikrofase erfordert es einigen Aufwand und Sorgfalt, eine saubere und gratfreie Schneide huinzubekommen. Auf dem Strop ist es viel einfacher. einen Grat gibt es gar nicht..
Außerdem ist die vom Strop produzierte minimale Deformation der Fasenfläche viel flacher als eine Mikrofase, das bedeutet tendenziell weniger Aufwand beim nächsten Schleifen.
Im Moment probiere ich herum. Sollte bei mir der Strop die Mikrofase verdrängen, müsste ich, um den gleichenm Keilwinkel an der Schneide zu erhalten, die Fase 5° steiler schleifen. Aber so weit bin ich noch nicht.
Mein Schärfablauf mit Strop (nach aktuellem Stand) für ein Stecheisen :
1. Fase schleifen mit 1000er bis zur Gratbildung. Ganz normal wie ich es immer mache, also freihändig.
2. Spiegelseite auf 8000er ganz leicht ganzflächig abziehen (zur Beseitigung des Schleifgrates, evtl. auch kleiner Kratzer)
3. Fase ganzflächig mit dem Strop abziehen: Also: Die Fase flach auf dem Leder (ausgerichtet nach Gefühl oder mit Hilfe der kleinen Winkellehre, die ich auch auf dem Schleifstein verwende). Bewegung gezogen (Schneide hinten). Bei einer frisch geschliffenen Fase etwa 10 Züge mit leichtem Druck. Zum Nachschärfen weniger Züge.
Ergebnis: Eine anpolierte Fase und eine sehr scharfe Schneide, kein Grat.
Und für ein Hobeleisen:
1. Fase schleifen wie oben mit dem 1000er Stein
2. Gegenfase mit dem 8000er Stein abziehen zur Beseitigung von Schleifgrat und Schäden
3. Fase mit dem Strop abziehen wie oben.
Ergebnis: Eine nach dem ersten Stroppen anpolierte, später vollständig polierte Fase und eine sehr scharfe Schneide, kein Grat.
Ich finde das Theme sehr interessant. Und natürlich ist die Idee nicht neu, z.B. kann man dazu auch etwas bei YouTube finden:
https://www.youtube.com/watch?v=Gg2w_MobIW4
(nicht alles glauben, da kommt wieder die Sage mit dem aufgerichteten Grat, obwehl es den nicht gibt)
Gerne wüsste ich, wer unter den Forist:innenr seine oder ihre Stecheisen oder Hobeleisen stroppt, wie das Verfahren im Einzelnen ist und welche Erfahrungen damit gemacht wurden
Grüße, Friedrich
Ich schärfe seit vielen Jahren meine Hobel- und Stecheisen auf Wassersteinen und bringe in der Regel mit dem Abziehstein eine Mikrofase an. Das ist eine gerade für das Freihandschärfen bewährte Methode, die ich auch empfehle und in meinen Schärfanleitungen zeige. Irgendwann hatte ich auch mal auch mal versuchsweise auf Leder abgezogen, das ist aber schon sehr, sehr lange her und hat mich damals wohl nicht überzeugt.
Altershalber (die Augen…) habe ich in den vergangenen Jahren immer weniger getischlert ind immer häufiger geschnitzt, Löffel und Ähnliches, wie hier im Forum auch gezeigt.. Und habe gelernt, dass bei Schnitzwerkzeugen das Abziehen der Schneide auf Leder mit einer Polierpaste oder Ähnlichem ein übliches, vielleicht sogar das überwiegend angewendete Verfahren ist, so wie auch bei Rasiermessern.
Also habe ich angefangen, meine Schnitzwerkzeuge auch so zu schärfen. Die Fase (bei einem Messer beide Fasen) eines Eisens oder Messers sauber geschliffen mit meinem 1000er Shapton, und dann auf dem Leder (der Innenseite eines alten breiten Ledergürtels, auf einen Multiplexstreifen geklebt) abgezogen. Die Abziehpaste mit SiC der Korngröße 3 µm hat Freund Markus mir vor einiger Zeit zum Ausprobieren hiergelassen; ich glaube, der benutzt an der Schneide gar keine feinen Abziehsteine mehr. Ist er einfach faul oder ist er schlauer als ich?
Das Schärfen auf dem Leder ist geradezu lächerlich einfach. Es erzeugt eine sehr scharfe Schneide, die zum Schnitzen sehr schön ist, das Werkzeug schneidet weiches Holz wie Butter. Und wenn die Schärfe nachlässt, ist auch das Nachschärfen auf dem Leder oder „Strop“ sehr einfach. Wie oft, bis man wieder schleifen muss oder sollte? Weiss ich nicht, aber jedenfalls mehrere Male.
Wie ist die überragende Schärfe einer auf Leder abgezogenen Schneide zu erklären? Dazu muss man sich ansehen, wie sie entsteht. Die geschliffene Fase wird freihändig flach auf das mit Polierpaste eingeriebene Leder gelegt und leicht darauf gedrückt. Wegen der Elastizität des Leders sinkt sie minimal ein. Wenn man sie jetzt über das Leder zieht (gezogen, also mit der Schneide hinten!), dann ist der Abtrag, wie immer bei weichen Polierwerkzeugen, besonders intensiv an den Rändern der Kontaktfläche und also auch direkt an der Schneide. Schon nach wenigen Strichen, wenn die Fläche noch lange nicht poliert ist, hat man schon eine sehr gute Schärfe. Wenn man zum Nachschärfen weiterstroppt (bei Schnitzwerkzeugen häufig) wird auch die Fasenfläche immer vollständiger auspoliert. Für mich das Verblüffendste daran: Bei diesem Abziehen auf dem Strop bildet sich kein Grat! Verblüffend deshalb, weil bei der gleichen Abziehbewegung mit einem Stein ein störender Grat entstünde.
Das Fehlen jeglichen Grates (auch wenn man länger stroppt!) erklärt die zuverlässig extreme Schärfe einer gestroppten Schneide. Bei Schneiden, die mit einem feinen Abziehstein bearbeitet wurden, ist die Gratbildung immer ein Problem und zu beachten, man kann einen kleinen Grat an der Schneide haben oder die Schneide ist beschädigt durch einen abgebrochenen Grat. – beides verschlechtert die Schärfe.
Da fragt man sich: Hat das Abziehen auf dem Leder eventuell auch Vorteile bei Hobeleisen und Stecheisen, also Werkzeugen zum Tischlern?
Mein derzeitiger Erkenntnis- und Glaubensstand:
Die überragende Schärfe einer „gestropten“ Schneide ist nur von begrenztem Wert bei der Arbeit mit Tischlerwerkzeug. Die hält nicht lange, und dann ist man sowieso bei einer Gebrauchsschärfe die sich von einer auf dem Stein abgezogenen wohl nicht unterscheidet.
Kleinen Beschädigungen an der Schneide, die ja beim Tischlern nicht ausbleiben, lassen sich vielleicht besser mit dem Abziehstein als mit dem Strop beseitigen. Zum schnellen Nachschärfen ist aber der Strop viel praktischer. So oder so muss irgendwann wieder geschliffen werden.
Spiegelseiten oder Innenseiten von Hohleisen, also die Seite des Schneidkeiles dessen Geometrie kritischist, bearbeite ich weiterhin mit einem Abziehstein. Ein Strop wäre dort eher schlechter weil unpräziser, und spart auch keine Zeit.
Aaaber: Der Strop kann ein Weg zum schnelleren und einfacheren (weniger Geschick erfordernden) Freihandschärfein in guter bis sehr guter Qualität sein. Das ist ohne Mikrofase Glückssache, mit Mikrofase erfordert es einigen Aufwand und Sorgfalt, eine saubere und gratfreie Schneide huinzubekommen. Auf dem Strop ist es viel einfacher. einen Grat gibt es gar nicht..
Außerdem ist die vom Strop produzierte minimale Deformation der Fasenfläche viel flacher als eine Mikrofase, das bedeutet tendenziell weniger Aufwand beim nächsten Schleifen.
Im Moment probiere ich herum. Sollte bei mir der Strop die Mikrofase verdrängen, müsste ich, um den gleichenm Keilwinkel an der Schneide zu erhalten, die Fase 5° steiler schleifen. Aber so weit bin ich noch nicht.
Mein Schärfablauf mit Strop (nach aktuellem Stand) für ein Stecheisen :
1. Fase schleifen mit 1000er bis zur Gratbildung. Ganz normal wie ich es immer mache, also freihändig.
2. Spiegelseite auf 8000er ganz leicht ganzflächig abziehen (zur Beseitigung des Schleifgrates, evtl. auch kleiner Kratzer)
3. Fase ganzflächig mit dem Strop abziehen: Also: Die Fase flach auf dem Leder (ausgerichtet nach Gefühl oder mit Hilfe der kleinen Winkellehre, die ich auch auf dem Schleifstein verwende). Bewegung gezogen (Schneide hinten). Bei einer frisch geschliffenen Fase etwa 10 Züge mit leichtem Druck. Zum Nachschärfen weniger Züge.
Ergebnis: Eine anpolierte Fase und eine sehr scharfe Schneide, kein Grat.
Und für ein Hobeleisen:
1. Fase schleifen wie oben mit dem 1000er Stein
2. Gegenfase mit dem 8000er Stein abziehen zur Beseitigung von Schleifgrat und Schäden
3. Fase mit dem Strop abziehen wie oben.
Ergebnis: Eine nach dem ersten Stroppen anpolierte, später vollständig polierte Fase und eine sehr scharfe Schneide, kein Grat.
Ich finde das Theme sehr interessant. Und natürlich ist die Idee nicht neu, z.B. kann man dazu auch etwas bei YouTube finden:
https://www.youtube.com/watch?v=Gg2w_MobIW4
(nicht alles glauben, da kommt wieder die Sage mit dem aufgerichteten Grat, obwehl es den nicht gibt)
Gerne wüsste ich, wer unter den Forist:innenr seine oder ihre Stecheisen oder Hobeleisen stroppt, wie das Verfahren im Einzelnen ist und welche Erfahrungen damit gemacht wurden
Grüße, Friedrich