Knochenleim, meine Erfahrungen und Kenntnisse *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Knochenleim: Warum kein Fischleim?

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo,...
ich hab keine Ahnung von diesen "organischen" Leimen. Aber wie sich das so anhört,
könnte solch ein Leim gut für die Reparatur von Rosenholzgriffen von Metallhobeln sein,...
wegen der Farbe und der Lösbarkeit.
Gibt es einen Leim, der ohne "Kochen" sowas leistet???
In einem Drechselonlineshop hab ich ma Leim in einer Tube gesehn, weiß nur nicht, ob das
knochenleim war,...?

Gruß Andreas

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Knochenleim: Warum kein Fischleim?

Beitrag von reinhold »


hallo Andreas,
das "Kochen" ist kein Problem. Der Leim wird auch nicht gekocht, sondern nur auf ca 50 Grad erhitzt. Wenn du weisst, dass du morgen leimen willst, gib ein kleines Händle voll Leimperlen in ein Glas (Joghurtgläser und kleine Gurkengläser sind ideal), füge soviel Wasser zu, dass alles gut bedeckt ist und lass es über Nacht stehen. Am nächsten Tag erhitzt du die Masse im Wasserbad (!) und mit gelegentlichem Umrühren solange, bis sie schön flüssig ist, wie Honig etwa. Babyfläschchenwärmen sind ideal. Dann kannst du ihn benutzen.
Die Feinheiten kommen mit der Zeit. Mach dir deshalb keine Gedanken. Alle Mengen und Temperaturangaben sind relativ.
Hier im Forum ist gelegentlich eine Tendenz zum Problematisieren zu beobachten. Nicht anstecken lassen. Knochenleim ist in weiten Bereichen unkritisch.

Die Alternative ist "Old Brown Glue", den es ab ca 10 € gibt, oder "Titebond Liquid Hide Glue" ab ca 6,50. Beides sind Glutinleime mit Additiven, die flüssig in einer Flasche geliefert werden und direkt verwendet werden können. Sie binden durch Trocknen ab, es dauert also länger. Ausspannen nach einer Stunde ist nach meiner Erfahrung nicht möglich, man muss über Nacht eingespannt lassen. Die Additative sind Harnstoff bzw. Ammoniumthiocyanat. Näheres in wikipedia.

Meine Erfahrung: die Flüssigleime sind brauchbar, aber die langen Presszeiten können lästig sein.

Versuche es einfach selbst.

viele Grüße
reinhold



Tobias Kreitel
Beiträge: 127
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Flüssiger Knochenleim - selber gemacht

Beitrag von Tobias Kreitel »

[In Antwort auf #155536]
Hallo,

sehr interessantes Thema. Ich habe auch schon einige Versuche mit Knochenleim durchgeführt. Zum Beispiel Starkfurniere verleimt oder Längsverbindungen aufgerieben. Die Stärke ist eben dabei das schnelle gelieren des Leims. Vor der Benutzung bei Korpus- oder Rahmenkonstruktionen schrecke ich aber genau deshalb zurück. In diesem Fall bietet sich selbstgemachter flüssiger Knochenleim an. Ich bin dabei nach diesem Rezept vorgegangen:
https://www.popularwoodworking.com/article/hide-glue-in-liquid-form/

Man setzt 2 Teile Perlleim mit 3 Teilen Wasser zum quellen an. Am nächsten Tag fügt man einen Teil Kochsalz hinzu und erwärmt den Leim wie üblich für ca. eine Stunde. Nun wird der Leim schnell im Kühlschrank abgekühlt. Am nächsten Tag muss der Leim erneut erwärmt werden. Der Clou: lässt man den Leim nach dem erneuten Erwärmen abkühlen, bleibt er bei Zimmertemperatur flüssig.
Ich verleime mit diesem Rezept Windsorstühle und bin mit diesem Leim sehr zufrieden. Auch Probestücke haben die Haltekraft für mich belegt.
Wichtig ist aber das Pressen, was beim Stuhlbau mittels konischen und verkeilten Zapfenverbindungen erreicht wird.
Ich setze immer nur eine sehr kleine Menge (kleiner Gluebot voll) an, um nicht über die Haltbarkeit im Zweifel zu sein.

Schöne Grüße Tobias

David
Beiträge: 142
Registriert: Di 22. Jun 2021, 11:31
Wohnort: Rhein-Sieg

Re: Knochenleim, meine Erfahrungen und Kenntnisse

Beitrag von David »

[In Antwort auf #155536]
Hallo Uwe,

danke für die interessanten Einblicke. Ich habe es auch schonmal mit Kirschkernsäckchen als Wärmespender versucht, für manche Fälle vielleicht noch eine Option.

VG,
David

Michael Formanek
Beiträge: 340
Registriert: Di 27. Dez 2016, 18:58
Kontaktdaten:

Re: Knochenleim: Warum kein Fischleim?

Beitrag von Michael Formanek »

[In Antwort auf #155539]
Lieber Friedrich,
es haben schon einige Leute geschrieben. Hier noch mein Beitrag zum Thema.
Es haben alle natürlichen Leime so ihre speziellen Einsatzzwecke. Fischleim ist sehr praktisch, wenn man eine lange offene Zeit braucht. Dafür wird er in der Restaurierung hauptsächlich verwendet. Er ist reversibel, löst sich aber schlechter als Haut- oder Knochenleim.
Knochenleim hat bei konstruktiven Verleimungen den Vorteil, dass er auch einen gewissen Körper hat und schnell anzieht - Fischleim läuft einem zum Teil ewig aus Verbindungsfugen aus. Die Anwendung vom anreiben von Verbindungen wurde auch schon erwähnt. Wenn man auf der Baustelle eine kleine Schnitzergänzung an einer Wandvertäfelung verleimen will, lernt man das schnell zu schätzen.
Bei Hautleimen spielt oft eine hohe Klebkraft bei geringer Viskosität eine Rolle. Das kann bei Furnierfestigungen oder beim Mischen von Kreidekitten von Vorteil sein.
Hausenblasenleim wird hier wohl niemand brauchen, weil man damit vor allem Malschichten festigt. Da geht es vor allem auch um die Spannung die der getrocknete Leim aufbaut und dass er sehr niedrigviskos ist.
Ich glaube die kurze Antwort ist, dass man sich das antut, weil es auch nicht nur einen PVA-Kleber für alles gibt.
Liebe Grüße
Michael

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Knochenleim vs Fischleim - ich bedanke mich

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


bei allen, die sich bemüht haben, meine Frage zu beantworten. Michael hat das zum Schluss sehr schön zusammengefasst. Wir haben tolle Fachleute hier!

Grüße, Froedrich

Ulrich Leimer
Beiträge: 473
Registriert: Fr 11. Jan 2019, 10:43

Re: darum Knochenleim

Beitrag von Ulrich Leimer »

[In Antwort auf #155550]
Hallo Friedrich,

ich nehme Knochenleim, weil er auch knochenhart wird. Die meisten anderen Leime bleiben ja irgendwie elastisch. Und da man beim Polieren mit Schellack gern eine harte Oberfläche hat,
werden bei mir die Drechselteile z.B. mit dünnflüssigem Knochenleim überzogen. Nach der vollständigen Trocknung nochmal übergeschliffen, sind alle hochstehenden Fasern gut zu entfernen
und es gibt eine makellose Oberfläche....
Und bei Furnier füllt der Leim eben durch seinen bereits beschriebenen Körper auch mal einen kleinen Spalt zwischen den Blättern, trotzdem gut schleifbar, und beizbar vor allem.
Das wären einige meiner Gründe.
Und übrigens, Knochenleim kann auch im verschlossenen Glas schimmeln. Man kann sich mit der Zugabe einer Messerspitze Zitronensäure eine Zeit lang davor schützen.

Gruß Uli

JuergenNeuhaus
Beiträge: 2
Registriert: Fr 29. Okt 2021, 00:12

Re: Knochenleim, meine Erfahrungen und Kenntnisse

Beitrag von JuergenNeuhaus »

[In Antwort auf #155536]
Ich hab bisher noch keine eigenen Erfahrungen mit Knochenleim oder anderen Gluteinleimen. Hat schon jemand Blattgelantine ausprobiert, was ja eigentlich auch nur stark gereinigten Knochenleim ist?
Gruß Jürgen


Bernd Pfeffer
Beiträge: 84
Registriert: Do 31. Dez 2015, 16:03

Re: Knochenleim, meine Erfahrungen und Kenntnisse

Beitrag von Bernd Pfeffer »


Ich habe schon ein paar Dinge damit
Verleimt. Bin aber jetzt zu Knochenleim
gewechselt, da der Gelatineleim
sehr schnell schimmelt und fault.
Mit den Ergebnissen war ich
Allerdings zufrieden.
Bernd

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