Sind handgeschärfte Sägen besser als maschinengesc

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Michael Meyer
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Sind handgeschärfte Sägen besser als maschinengesc

Beitrag von Michael Meyer »


Hallo, ich habe eine Frage an die Schärfexperten für Handsägen: sind handgeschärfte Sägen besser als maschinengeschärfte Sägen? Wenn ja, warum?

Hintergrund meiner Frage: eine Maschine kann Winkel usw. gleichmäßiger einhalten als ein Mensch ohne Führungshilfe. Wenn gleichmäßiges Schränken und Schärfen für das Sägen gut sind, dann müsste hochwertige maschinelle Bearbeitung unschlagbar sein.

Ich habe aber gesehen, dass viele Forumsmitglieder sich sehr intensiv mit dem manuellen Schärfen beschäftigen, und lese dass relativ teuere Sägen (Pax, Fuchsschwanz ca. 90 Euro) bei der Auslieferung nicht brauchbar sind, sondern erst ordentlich geschärft werden müssen, oder z.B. dass die sehr teueren Gramercy Sägen im Herstellwerk von Hand geschärft werden. Was kann man von Hand machen, was eine Maschine nicht kann?

Ich benutze meistens japanische Sägen, und die Sägeblätter zum Preis von ca. 20-40 Euro sind gebrauchsfertig und exzellent geschärft. Können oder wollen die Hersteller von westlichen Sägen nicht das gleiche mit ihren Sägen?

Das kommt mir alles ein bißchen komisch vor - es ist selbstverständlich möglich, mit Maschinen rasiermesserscharfe Schneiden zu erzeugen - Rasierklingen werden ja auch maschinell hergestellt.

Ich kann natürlich verstehen, wenn jemand eine alte Säge restauriert oder auch einfach gebraucht, dass er diese Säge auch selber schärft, mehr oder weniger auch mangels Alternativen. Aber die Liebhaberei ist auch weniger Gegenstand meiner Frage, als vielmehr welche sachlichen Gründe dahinter stecken, dass handgeschärft ev. besser ist.

Ich freue mich auf eine Diskussion und kann mir vorstellen, dass es vielleicht unterschiedliche Meinungen zum Thema gibt. Bin gespannt!

Viele Grüße,
Michael

Friedrich Kollenrott
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Re: Sind handgeschärfte Sägen besser als maschinen

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Michael,

Es gibt sehr unterschiedliche Qualitäten maschinengefertigter Bezahnungen.

Wenn Du gefragt hättest: Ist eine optimal handgeschärfte Säge eindeutig besser als eine optimal maschinengeschärfte? Dann müsste ich antworten: Nein. Denn wie könnte es anders sein, die sehr hochwertigen japanischen Wechselblätter weisen in der geometrischen Genauigkeit ihrer Zähne sowie deren Schärfe eine Qualität auf, die von Hand nicht erreichbar ist. Also sägen sie auch sehr gut. Besonderheiten dieser Blätter: Sie sind zahnspitzengehärtet und haben in der Querschnittversion eine spezielle Geometrie, sind also kaum in üblicher Weise mit der Feile nachschärfbar, außerdem sind sie in der Regel sehr dünn was nicht jedermanns Sache ist.

Diese Wechselblätter werden in Japan auf Schleifautomaten hergestellt. Wer einen solchen Automaten nicht hat, kann diese Qualität maschinell nicht erzeugen, und meines Wissens hat niemand im Westen eine solche Maschine. Veritas bezieht für seine Sägen (die mit dem Plastikrücken) fertig bezahnte Blätter aus Japan, die aber, wenn ich mich nicht täusche, nachschärfbar sind (dann mit der Feile, ja).

Der andere (traditionelle) Weg zu hochwertigen Sägen ist das Feilen der Bezahnung, die bei Serienfertigung grob vorgestanzt wurde. In guter Qualität handgefeilte Bezahnungen sind in der Anwendung zumindest nicht spürbar schlechter als die japanischen maschinengefertigten, deren hohe geometrische Qualität ist offenbar schon ein bißchen Overkill. Ob die leichte Ungleichmäßigkeit gefeilter Bezahnungen wirklich ein Vorteil ist gegenüber den perfekt gleichmäßig maschinengefertigten? Wird oft behauptet, inzwischen bezweifle ich es ein bißchen, aber es wäre schön. Dafür spricht immerhin, dass handgefeilte japanische Sägen als das Non- Plus- Ultra gelten.

Westliche Billigsägen sind einfach nur gestanzt, das ist kostengünstig aber kaum brauchbar; das sind die Sägen die man erst von Hand schärfen muss bevorr man damit arbeiten kann. Das geht natürlich nicht wenn sie gehärtete Zannspitzen haben, die sind für die Tonne. (Nachschärfbarkeit gehärteter Sägen könnte aber anders zu bewerten sein seit es erschwingliche Diamantfeilen gibt, ich habe damit keine Erfahrung).

Ob es Hersteller gibt, die z.B.mit Feilautomaten eine "mittlere Qualität" zu noch günstigen Preisen herstellen weiss ich nicht.

Die Abwägung maschinell bezahnt- handgefeilt erledigt sich aber, sobald man eine Säge nachschärfen muss, das ist grundsätzlich nur von Hand möglich.

Grüße

Friedrich

Pedder
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Re: Sind handgeschärfte Sägen besser als maschinen

Beitrag von Pedder »


Hallo Michael,

westliche Sägen sind erstmal anders, weil sie auf Stoß schneiden. Bei den ungespannten Sägen
(Fuchsschwänze + Ryobi) hat das dramatische Folgen bei der Balttdicke, bei den gespannten (Gestell- und Rückensägen) weniger.

Westliche Sägen kommen aus einer anderen Tradition: Die Firmen hatten keine Tradition, die Sägen
superscharf auszuliefern. Die Endschärfe wurde wohl immer von Hand, allerdings vom Benutzer beigebracht.

Ob die Fuchsschwänze von Pax stumpf ausgeliefert werden, weiß ich gar nicht. Die Rückensägen von Flinn,
die ich in der Werkstatt hatte, waren etwas stumpf und vor allem zu stark geschränkt, das viel größere Problem.

Besser? Besser ist, wenn man sein gutes Werkzeug richtig gut kennenlernt und damit arbeiten kann,
als sich ständig nach einem "noch besseren" umzukucken.

Liebe Grüße
Pedder



Michael Meyer
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Re: Sind handgeschärfte Sägen besser als maschinen

Beitrag von Michael Meyer »

[In Antwort auf #141303]
Hallo Friedrich und Pedder,

danke für die ausführlichen Antworten, ich kann die Logik gut nachvollziehen. Ich würde mir wünschen, dass es sehr gut geschärfte Westsägen zu vernünftigen Preisen gäbe, tut es aber anscheinend nicht. Da hilft wahrscheinlich nur: schärfen lernen (üben).

Herzliche Grüße,
Michael

Tom B.
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Re: Sind handgeschärfte Sägen besser als maschinen

Beitrag von Tom B. »


Schönen guten Morgen Michael,

... "zu vernünftigen Preisen".

Nun gut. Also mir würden da schon so der ein oder andere Sägenhersteller westlicher Bauart einfallen, die "vernünftige" Preise haben und sehr gute westliche Sägen herstellen. Da musst Du hier nicht sehr weit gehen!

Bei der Frage nach "vernünftig" muss nur berücksichtigt werden, dass sich eine Säge nicht in 5 min. selbst schärft, die Materialien, das Know How und natürlich das Bauen selber auch kosten.

Herzliche Grüße

Tom

Pedder
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Re: Sind handgeschärfte Sägen besser als maschinen

Beitrag von Pedder »


Hallo Michael,

um was für eine Säge und zu welchem Preis geht es Dir denn genau?

Bei den Fuchsschwänzen gibt es einige von Stanley (Fatmax) und Bahco, die man durchaus verwenden kann.
Bei den Rückensäge ist Veritas den Butiquesäge nicht weit hinteran.

Eine wirkliche Lücke sehe ich nicht.

Liebe Grüße
Pedder

reinhold
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Re: Sind handgeschärfte Sägen besser als maschinen

Beitrag von reinhold »


hallo Pedder,

was ist das?
Butiquesäge
?

Ansonsten: ich glaube, es ist tatsächlich zum einen Tradition, zum anderen fertigungsbedingt, bis hin zu schlampiger Fertigung.

Tradition: in Europa wurden früher die meisten Holzbearbeitungswerkzeuge vom Anwender geschärft. So konnte jeder die Schneiden nach seinem Verwendungszweck passend herstellen. Ganz typisch ist das bei Drechselstählen, deren fabrikgefertigte Schneiden so gut wie nie direkt anwendbar sind. Auch bei hochwertigen Stechbeiteln oder Hobeleisen ist zwei- bis dreimaliges Nachschärfen erforderlich bevor die optimale Schärfe erzielt wird. Das gilt auch für die hochgelobten japanischen Eisen, deren Endschärfe erst nach Abschleifen des vorderen 1/10 mm erreicht wird.

Fertigung: selbstverständlich könnte die Industrie hervorragende Schärfe herstellen. Aber kommt sie auch beim Endverbraucher an? Je schärfer ein Werkzeug ist, desto empfindlicher ist die Schneide, desto leichter wird sie beim Transport oder im Laden beschädigt. Ausserdem: universale Keilwinkel gibt es nicht. Bei meinen Hobeln variiert der Keilwinkel um ca 10 Grad. Jeder Anwender hat andere Anforderungen an die Schneide.
Die Kostenfrage untersuche ich mal nicht. Vermutlich könnte bei entsprechender Stückzahl und interner Organisation eine sehr gute Schärfe zu einem erstaunlich niedrigen Preis erzielt werden.

Schlampige Fertigung: da reden wir mal nicht darüber. Wer mit offenen Augen durch einen Baumarkt geht, kann viel lernen!

Meine Meinung: ein Werkzeug MUSS vom Anwender eingearbeitet werden. Nur so kann er es auf seine Bedürfnisse anpassen, nur so lernt er es durch und durch kennen.
Auspacken und anwenden geht vielleicht bei Kreissägeblättern oder Stichsägeblättern (da fehlt mir die Erfahrung), aber nicht bei hochwertigen Hand-Werkzeugen.

viele Grüsse
reinhold

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Schleifautomaten

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #141304]
Dazu noch eine kleine Ergänzung, ich hatte das etwas mißverständlich geschrieben: Auch hierzulande werden Bezahnungen hoher Qualität geschliffen, Stichsägenblätter beispielsweise, und solche Maschinen sind selbstverständlich zu kaufen. Aber die hiesigen Hersteller von Handsägen haben einfach nicht die Umsätze die eine solche Investition braucht. Und weil europäische Sägen nachschärfbar sind (sein sollen) wäre der Vorteil einer perfekten Erstbezahnung auch gar nicht so entscheidend.

Friedrich

Klaus Kretschmar
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Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Schärfe neuer Handwerkzeuge

Beitrag von Klaus Kretschmar »

[In Antwort auf #141303]
Wie Friedrich schrieb, können Werkzeugschneiden, auch Sägeblätter, selbstverständlich in Superqualität maschinell, auch industriell in großen Stückzahlen, hergestellt werden. Macht eine hohe Schärfe bei der Anschaffung eines Handwerzeuges Sinn? Nicht allzu viel. Natürlich ist es schöner, ein Werkzeug aus der Schachtel heraus einsetzen zu können. Bis es stumpf wird. Jeder, der sich ein Handwerkzeug (kein Wegwerfwerkzeug) anschafft weiss, dass er sich dem Thema Schärfen stellen muss. Wer den 3. Hobel oder die 4. Säge kauft, hat das schon hinter sich und wird gar nicht auf die Idee kommen, das Werkzeug einzusetzen, bevor die Schneide nicht zumindest abgezogen wurde. Wenn aber ohnehin manuelles Schärfen über Jahre oder gar Jahrzehnte die Qualität des Werkzeugs bestimmen wird, hat die Anfangsschärfe für mich nur untergeordnete Bedeutung.

Zur Frage, ob maschinelles oder händisches Schärfen letztlich besser ist, kann ich in Bezug auf Sägen auf keine eigene Erfahrung zurückgreifen, ganz einfach weil ich keine westliche Säge mit optimaler maschineller Anfangsschärfe kenne oder in Händen hielt. Bezogen auf Raspeln lässt sich jedoch eine klare Aussage zugunsten der handbehauenen Raspel treffen. Sie ist der maschinell behauenen um Welten voraus. Dies lässt den Schluss zu, dass die geringe Unregelmässigkeit der Handarbeit keine Nachteile in Bezug auf Schärfe hat, jedoch erhebliche Vorteile in puncto Laufruhe und Oberflächengüte mit sich bringt. Ob das auf Sägen ohne weiteres übertragbar ist, mag ich nicht abschliessend beurteilen, meine aber, dass die ersten beiden Punkte (keine fühlbar geringere Schärfe, höhere Laufruhe) auch auf handgeschärfte Sägen zutreffen.

Mit Pedder bin ich der Auffassung, dass ein vom Benutzer gehegtes Handwerkzeug, das seiner Bestimmung gerecht wird, so viel Freude bei der Benutzung bereitet, dass es nicht einfach gegen ein anderes ausgetauscht wird, nur weil das angeblich besser oder schärfer sein soll. Letztlich kommt es auf das Arbeitsergebnis an. Ein verlässliches Werkzeug gibt man nicht mehr her, wenn es gute Ergebnisse ermöglicht und man sich daran gewöhnt hat.

Klaus

Michael Meyer
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Re: Sind handgeschärfte Sägen besser als maschinen

Beitrag von Michael Meyer »

[In Antwort auf #141303]
Vielen Dank an alle für die interessanten Beiträge.

Die Standard-Qualität Fuchsschwanzsägen (z.B. von Stanley oder Bahco) kenne ich gut, habe viele Jahre damit gearbeitet, sie aber nicht geschärft (akzeptiere dafür eine Rüge). Ich denke aber dass ich damit nicht alleine bin, ich würde mal vermuten, dass die meisten Hobby-Handwerker nie eine Säge geschärft haben - ich denke auch, dass einige Übung und einiges Können dazu gehören. Nun kann man sagen, OK, wer gelegentlich ein wenig Holz sägt, ist mit einem Standard-Fuchsschwanz ausreichend bedient, stimmt vermutlich auch. Und wer mehr machen will, braucht eine bessere Säge.

Vor langer Zeit überlegte ich mir, wie ich mit dem Thema Schärfen umgehen will. Ich sah (und sehe) zwei grundsätzliche Möglichkeiten: wiederschärfbare Sägeblätter und Wegwerf-Sägeblätter, wobei beide durchaus sinnvoll sind. Aus meiner Sicht hat das manuelle Schärfen folgende Vor- und Nachteile:
- eventuell wird eine innige Beziehung zu einem wertvollen Werkzeug entstehen
- ökologisch sinnvoll (kein wegwerfen)
- Schärfausrüstung (Feilkluppe, Feile) notwendig
- ist nicht einfach

und Wegwerf-Sägeblätter folgende (vorausgesetzt, sie sind qualitativ hochwertig, wie die japanischen):
- sehr gute Qualität der Schränkung und Schärfung, die manuell für die meisten Anwender nicht selber erreichbar ist
- gehärtete Zahnspitzen sind möglich, dadurch lange Standzeit
- kostengünstig
- spart Zeit
- ökologisch weniger sinnvoll

Die Wegwerfsägeblätter haben sich in vielen Bereichen durchgesetzt:
- fast alle Japansägen, außer den sehr teuren Exklusivsägen
- die meisten Maschinensägeblätter (Stichsägen, Bandsägen, Tischkreissägen - obwohl manche ihre HM-Kreissägeblätter nachschleifen lassen)
- westliche Gestellsägen - da ist ein Nachschärfen möglich, aber wirtschaftlich nicht sinnvoll, wenn diese im Werk scharf geschliffen werden
- Laubsägen
- Standard-Fuchsschwanz (diese haben oft auch gehärtete Zahnspitzen, aber auch die ungehärteten werden wohl - auch angesichts des Preises - eher weggeworfen als nachgeschärft)
- .....

Ich rede hier nicht von Stechbeiteln, Hobeleisen usw., bei denen das Schärfen relativ einfach ist, im Vergleich zu einer Säge.

Aus diesen Gründen - und anderen - bin ich auf japanische Sägen umgestiegen. Wenn ich aber die tollen Bilder der Sägen von Pedder, Stewie und anderen sehe, könnte ich vielleicht doch unvernünftig werden und Lust auf solche Sägen bekommen :-))

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