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Hobelgriff, die zweite. Viele Bilder

Verfasst: Mo 2. Mai 2011, 23:04
von Rafael

Herzlichen Gruß Euch allen.

Vor einiger Zeit habe ich meinen ersten selbst gemachten Hobelgriff vorgestellt. Er war aus Apfelholz und da das Holzstück recht klein war, mussten die Jahresringe vertikal stehen.

Diesmal habe ich einen Griff für meinen Nr.5 aus einem Stück Wildkirsche gemacht. Die originalen Griffe an diesem Hobel sind aus Plastik und der Hintere für mich wieder mal zu kurz und zu schmal. Das Holz wurde mir als Wildkirsche in Form einer Bohle von einem entfernten Familienmitglied geschenkt. Ich weiss zwar noch nicht, was mal aus der Bohle werden soll, doch da das Holz an einem Ende eingerissen war, bot es sich an das damit entstandene, kleine Stück zu nutzen.
Das Stück wurde ausgesägt und von einer Seite etwas glatt gehobelt. Danach wurde mit einer kleinen Schablone der Umriss an einer Passende Stelle eingezeichnet.


Dann musste das Holz noch auf die passende Dicke gehobelt werden. Mit einer Fase am Riss konnte die Dicke einfach eingehalten werden. Leider habe ich noch keinen Schrupphobel, so musste der Schlichhobel ran.


An der Oberseite des Griffes wurde eine Fläche freigesägt, damit der Bohrer möglichst senkrecht ins Holz eindringen konnte.


Genau da musste der Bohrer angesetzt werden.


Eigentlich ist die Tischbohrmaschine etwas besser geeignet um solche Bohrungen auszuführen, aus zwei Gründen entschied ich mich aber doch für den Bohrständer.
Erstens hat meine Tischbohrmaschine nur 60mm Hub, der Bohrständer zwar auch, doch ich kann den ganzen Halter nach oben oder unten verschieben, ohne dass er sich seitlich wegdreht.
Zweitens bietet der kleine Tisch der Tischbohrmaschine keine vernünftige Einspannmöglichkeit für so ein Werkstück.
Auf dem folgenden Foto sieht man meine Lösung.


Der Bohrer ist zwar nicht besonders lang, doch mit "nachsetzen" konnte ich immerhin 80mm tief bohren.
In der gleichen Einspannung wurde dann die Vertiefung für die Mutter gebohrt.
Ein Fräser hätte zwar eine bessere Auflage für die Mutter geschaffen, doch einen 11mm hatte ich nicht zur Hand.


Nun wurde es interessant, es musste von der anderen Seite gebohrt werden und zwar in die schräge Fläche. Hier hat es sich als richtig erwiesen, dass ich beim Kauf der Bohrmaschine besonders auf minimales radiales Spiel des Futters geachtet habe. So konnte ich in die Schräge bohren, ohne dass die Zentrierspitze als erste ins Holz eingedrungen ist.
Ich habe das Loch mit 7mm Bohrer gemacht, die Bohrungen trafen sich in der Mitte recht gut, so dass die 6mm Gewindestange mit genügend Spiel durchpasste.


Eine kurze "Anprobe" der Gewindestange mit der Mutter.


Als nächstes wurde dann das überschüssige Holz weggesägt und der Rohling war bereit zum Schnitzen, Fräsen und Schleifen.


Nun folgte die grobe Bearbeitung mit Stechbeitel (passende Schnitzeisen habe ich nicht). Danach konnte ich einiges mit einem elektrischen Kleinschleifer wegfräsen, in welchen ein 3mm Hartmetallfräser eingespannt war. Dieser Fräser war bei meinem Schleifer dabei und angeblich sollte er zum Fräsen von Wandfliesen gedacht sein. Zum Glück habe ich den nur ein Mal bei Holz eingesetzt, so war er noch scharf und schaffte erstaunlich schnell und viel Material weg. Dann wurde ein miniatur Walzenschleifer eingespannt, der die letze Arbeit vor dem Handschleifen erledigte.
Es folgte das, was ich bei Holz überhaupt nicht mag, ich habe mit Schleifpapier geschliffen.
Hier das Ergebnis der ganzen Arbeit.



Den Anblick des originalen Griffes möchte ich Euch nicht vorenthalten. Auf dem Foto sieht man auch die neue M6 Gewindestange. Die alte Stange war M5, und dass dieses Gewinde, in einem nicht gerade erstklassigem Guss, wenig hält kann man sich vorstellen. Zum Glück war dieser "Stutzen" recht hoch, sodass ich bequem das Loch aufbohren und das neue Gewinde tief genug schneiden konnte.


Dann noch etwas "Danish oil" auf den neuen Griff.
Wenn jetzt Jemand Fragen zu dem Riss hat, meine Antwort ist: der Riss ist da, er bleibt auch da, mich stört er nicht.
Der Griff ist asymetrisch, wie meine Hand auch, und recht genau angepasst. Auf jeden Fall habe ich damit das richtige Griffgefühl.



Das Holz war sehr trocken, so konnte ich sehr schnell ein zweites mal ölen. Dann, nach etwa einer stunde mit einem Tuch nachpoliert, und nun sieht der Hobel so aus:



Da ich sehr gerne hier im Forum Bilder sehe, habe ich versucht auch bei meiner Arbeit einige aussagefähige Aufnahmen zu machen.
Ich hoffe, es hat Euch gefallen.

Es bleibt noch das Problem mit dem Griff vorne. Die normale Form liegt mir nicht, aber ich weiss auch noch nicht was für mich besser wäre.

Gruss,
Rafael




Re: Hobelgriff, die zweite. Viele Bilder

Verfasst: Di 3. Mai 2011, 11:50
von Philipp

Hallo Rafael,

danke für die Doku und die Bilder. Zwei Fragen drängen sich mir auf:

1) Bist Du Dir mit der Wildkirsche sicher? Für mich sieht das Holz auf den Bildern eher nach Nußbaumsplint aus.

2) hattest Du keine Möglichkeit, den Riß im Holz im oberen Teil des Griffes auszusparen, oder ließ das Holz nichts anderes zu, als den Riß notgedrungen mit einzubauen?

Ich kann Deine Abneigung gegen das Schleifen von Holz ganz und gar teilen. Diese Sauerei hat mich bislangs auch davon abgehalten, Säge- und andere Griffe zu fertigen, sofern nicht unbedingt nötig. Den Dreck, der dabei entsteht, mag ich auch nicht.

Viele Grüße und frohes Hobeln mit dem neubegrifften Hobel, Philipp



Re: Hobelgriff, die zweite. Viele Bilder

Verfasst: Di 3. Mai 2011, 13:01
von TimoB.

Hallo Philipp,

du schreibst: "Diese Sauerei hat mich bislangs auch davon abgehalten, Säge- und andere Griffe zu fertigen, sofern nicht unbedingt nötig. Den Dreck, der dabei entsteht, mag ich auch nicht".

Dazu hätte ich folgendes beizusteuern:

Nur die Harten kommen in den Garten.

:-)

Gruß
Timo




Schön

Verfasst: Di 3. Mai 2011, 14:08
von Pedder
[In Antwort auf #129298]
Hallo Rafael,

der Griff gefällt mir mit Ausnahme des Risses sehr gut. Du hast Dich offenbar für die Moderne Form der Industriedesigner entschieden und nicht für den klassischen Stanley? Ich finde das auch logischer. Für den vordern Griff kann es eigentlich nur eine vernünftige Lösung geben: Dopelt so lang, sich nach oben ud unten verjüngend. ähnlich wie ein Horn eines ECE nur eben rund.

Zum Thema Schleifen: Wenn man anständige Feilen und Raspeln hat, beschränkt sich das Schleifen auf ein Minimum. Wen nicht, dann nicht. .o)

Liebe Grüße
Pedder



Traubenkirsche

Verfasst: Di 3. Mai 2011, 17:07
von Rafael
[In Antwort auf #129300]
Hallo Philipp,

verzeihung, ich hatte vor längerer Zeit mal nach dem Namen gesucht und irrtümlich ist mir Wildkirsche in der Erinnerung geblieben.
Der Baum wurde in Polen gefällt, und der Tischler meinte es wäre einer, der im polnischen Wiki als Padus avium beschrieben wird. Die namen sind da auch im deutschen Wiki etwas durcheinander, da man auf der suche nach "padus avium" sofort zu "prunus" verlinkt wird. Da ist wiederum unter "prunus padus" die

-- Traubenkische --

zu finden.

Bei diesem Stück Holz konnte ich dem Riss einfach nicht ausweichen.
Die verfügbare Größe war durch einen anderen Riss an der Bohle vorgegeben und ich wollte einfach mal versuchen, wie sich wohl ein Griff aus diesem Holz macht.
Da ich meine Hobel nicht in die Vitrine stelle, stört mich der Riss nicht im mindesten. Ich gehe sogar weiter, ich freue mich dass ich nicht der Versuchung erlegen bin strengste ästhetische Maßstäbe für ein Werkzeug anzusetzen. Natürlich darf auch ein Hobelgriff schön aussehen, und für mich tut er das auch.

Grüße,
Rafael




Re: Schön

Verfasst: Di 3. Mai 2011, 17:19
von Rafael

Hallo Pedder,

ich habe mich einfach für eine Form entschieden, die der originalen an diesem Hobel sehr ählich ist.
Ich habe beim umfassen des Griffes überlegt, wo etwas geändert werden muss damit er mir passt. Dann habe ich die originale Form grob abgezeichnet und bearbeitet.
Ist das nun eine Moderne Form? Ich weiss es nicht. Was ist denn die klassische Stanley-Form?

Bezüglich des vorderen Griffes - was meinst Du mit "doppelt so lang"? Etwas doppelt so hoch?
Ich bin da immer noch auf der Suche. Die niedrige Form finde ich nicht schlecht, ertappe mich aber immer wieder dabei, dass sich der Handballen am Gusskörper abstützt.
Vielleicht sollte ich dieser Handneigung folgen, und etwas dementsprechendes zurecht "fummeln"?

Mal sehen. Auf jeden Fall werde ich zuerst mal ein Modell aus Fichte bauen, das hat sich bei meinem ersten Griff auch bewährt.

An eine Bildhauerraspel hatte ich auch schon gedacht. Es ist aber so, dass mir das Schleifen an sich nicht gefällt, da ist es egal wieviel ich damit bearbeiten muss.

Gruß,
Rafael




Re: Hobelgriff, die zweite. Viele Bilder

Verfasst: Di 3. Mai 2011, 18:53
von Martin Sprandel
[In Antwort auf #129298]
Servus Rafael,

schöne Dokumentation und v.a. schöner Griff. Natürlich kann man über diesen Riß "strreiten" aber es zeigt meiner Meinung nach eines ganz deutlich: Wir arbeiten mit einem Naturprodukt! Mehr brauch ich dazu nicht sagen.

Tolle Sache!

Viel Erfolg beim vorderen Griff - stell doch wieder ne Doku zusammen - mich würde es sehr interessieren.

Servus

Martin :o)



Re: Schön

Verfasst: Di 3. Mai 2011, 22:52
von Pedder

HAllo Rafael,

immer, wenn ich meinen Ott Hobel benutze (Franken, nicht Ulmin) freue ich mich, wie bequem die Linke hand sitzt und mit Kraft aufwenden kann. Die Form ist perfekt. Bei den Amihobel ist das anders: Irgendwas drückt immer. Deshalb wäre ein rundes Hörnchen aus meiner Sicht jedenfalls einen Versuch wert.

Ich mag das feine Schleifen. Amliebsten draußen, bei leichtem wind, aber mich begeistert auch immer wieder, wie das Holz hervorkommt. Und das geht nun einmal nicht ganz ohne schleifen bei Griffen.

Liebe Grüße
Pedder




Re: Hobelgriff, die zweite. Viele Bilder

Verfasst: Mi 4. Mai 2011, 00:32
von Klaus Kretschmar
[In Antwort auf #129298]
Hallo Rafael,

technisch sauber gemacht, der Griff. Die Hauptproblematik ist die saubere Anpassung des Griffes an den Hobel und die Gewindestange. Das ist dir gut gelungen. Zum Riss hast du selbst schon Ausführungen gemacht, andere auch. Er stört die Funktion sicher nicht, deshalb ist er allenfalls ein optischer Mangel. Meine Meinung dazu ist, dass saubere Handarbeit auch erstklassiges Arbeitsmaterial verdient. Deine Stunden sind wertvoller als ein Stück Holz.

Probiere die Bildhauerfeile mal aus, die kann ich besten Gewissens empfehlen. Sie produziert keinen Staub sondern Späne. Das bisschen Schleifen, das bei der sehr sauberen Oberfläche dieser Feile verbleibt, ist nicht der Rede wert.

Zum Vordergriff: anders als Pedder finde ich bei den Stanleys und den Nachbauten den niedrigen Knopfgriff, den Stanley leider nur bis ca. 1920 baute, sehr bequem. Viel besser, als den "High Knob", der auch deinen Hobel ziert. Übertroffen wird der alte Knopfgriff jedoch von dem niedrigen "Pilzgriff", den Veritas auf den BU-Hobeln verbaut. Der ist für meinen Geschmack ergonomisch nicht zu übertreffen. Ich finde den so gut, dass ich meinem Stanley #4 auch so einen spendiert habe. Seither mag ich den Hobel noch viel lieber :-).

Viele Grüsse
Klaus




Re: Hobelgriff, die zweite. Viele Bilder

Verfasst: Mi 4. Mai 2011, 12:07
von t.ost

Hallo Rafael

Erstmal dank für die tolle Doku.

Mich stört der Riss nicht,nur den Knopf
solltest du aus dem gleichen Holz machen.

@Klaus

Mein 07 Stanley hat noch so einen Knubbel
und der ist angeblich von 1929.

Gruß Thomas