Mein erster Eisenhobel! Jetzt bin ich infiziert!

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Patrick
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Mein erster Eisenhobel! Jetzt bin ich infiziert!

Beitrag von Patrick »


Hallo Handwerzeugholzwerker!

ich habe bislang ausschließlich im Maschinenlager nebenan geschrieben aber ich denke, dass ich mich in Zukunft auch hier tummeln werde.

Ich habe bisher immer mit Maschinen geschliffen oder das Holz über meine Hammer Hobelmaschine gezogen. Dabei ist mir schon aufgefallen, dass das Bild beim Hobeln besser aussieht, als beim Schleifen.

Dieses Jahr lag dann ein Veritas NX60 Einhandhobel unter´m Weihnachsbaum!

Ich habe gestern dann mal ein wenig losgehobelt. Nach etwas rumtesten waren die Ergebnisse dann auch recht brauchbar. Es fehlt noch etwas Übung, aber das kommt bestimmt mit der Zeit.

Kommen wir aber nun zu meiner eigentlichen Frage:
Ich möchte nun die Palette der Eisenhobel Stück für Stück erweitern und frage mich nun, auf welche Auswahlkriterien ich achten sollte. Ich habe von Herstellern wie Lie-Nielsen, Veritas oder auch Stanley gelesen. Kann ich bei einem Hersteller bleiben, oder gibt es da bei den verschiedenen Größen Unterschiede?
Die Frage mag vielleicht ein wenig dumm erscheinen, aber ich bin in diesem Thema absoluter Laie und Testkäufe kann man sich in der Preisklasse kaum leisten.

Vielleicht habt ihr ein paar Tips für einen Anfänger. Falls ich jetzt Grundsatzdiskussionen der verschiedenen Lager lostrete, entschuldige ich mich schon mal vorab :-) Aber dafür gibt es ja Foren!

Danke & Gruß
Patrick



TorstenKüpper
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Re: Mein erster Eisenhobel! Jetzt bin ich infizier

Beitrag von TorstenKüpper »


Hallo Patrick,

ich würde den Kauf und die Auswahl von dem Verwendungszweck abhängig machen.

Mit einem langen Hobel (No. 7) kann man auch kurze Werkstücke gut bearbeiten, mit einem No. 4 wird es aber schwierig, lange Leimkanten zu fügen.

Wofür benötigst Du denn den (die) Handhobel?

Der Hersteller ist im oberen Preissegment unerheblich. Ergonomischer vom Griff sind die LN-Hobel.

Grüße
Torsten



Patrick
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Re: Mein erster Eisenhobel! Jetzt bin ich infizier

Beitrag von Patrick »


Hallo Thorsten,

also Finger oder Schwalbenschwanzzinken kann man mit einem Hobel sicherlich besser fügen, als sie zu schleifen. Beim Schleifen werden die Zinken rund. Ich habe die Schubladen der Wickelkommode mit dem Hobel nachbearbeitet und das Ergebnis ist um Längen besser, als vorher.
Mein nächstes Projekt ist das Kinderbett zur Wickelkommode. Ich werde einen Teil des Leimholzes selber machen müssen (Fichte) und das wird auch zu breit sein, um es über meine 310er Hobelmaschine zu ziehen. Ich denke mal, dass ich dafür eine Rauhbank benötige.
Sonst gibt es doch sicherlich auch noch gute Allrounder. Ich habe auch gesehen, dass es ähnlich große Hobel gibt, die jedoch das Eisen in unterschiedlichen Winkeln zum Werkstück angeordnet haben.
Gibt es sowas wie eine gute Hobelbiebel, die man sich mal in Ruhe durcharbeiten kann?

Gruß
Patrick



Klaus Kretschmar
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Re: Mein erster Eisenhobel! Jetzt bin ich infizier

Beitrag von Klaus Kretschmar »

[In Antwort auf #126067]
Hallo Patrick,

mit dem Veritas NX 60 bist du gleich ganz oben eingestiegen! Das ist ein Blockhobel, mit dem nicht viele mithalten können.

Zu deiner Frage: als ich begann, mich für Eisenhobel zu interessieren (das war noch vor der Internet Zeit), kaufte ich zunächst nur Mist wie Stanley Handyman und einen Stanley Blockhobel neuer Bauart (auch einen RB 10 mit Wechselklingen!). Rausgeworfenes Geld. Dann einen alten Nr. 4 von Stanley vor 1910. Das war ein Quantensprung. Kein Vergleich zu dem neuen Mist. Infiziert von Handwerkzeug wurde ich aber von den Veritas Hobeln. Die arbeiten einfach nur gut. Lie-Nielsen oder Clifton kenne ich nicht, bin aber sicher, dass die mindestens so gut wie Veritas sind.

Für den Start meine ich, dass du neben deinem Blockhobel einen Putzhobel #4 oder #4 1/2 und eine Raubank #7 haben solltest. Wenn das grobe Zurichten des Holzes weiter mit Maschinen erfolgt, brauchst du keinen Schrupphobel. Alternativ käme auch ein #5 1/2 (Jackplane) in Frage, der sowohl zum Putzen als auch zum Fügen verwendet werden kann, wenn auch schlechter, als die Spezialisten.

Eine streitige Frage ist, ob konventionelle Hobel (Bailey oder Bedrock) besser sind oder die in Mode gekommenen BU-Hobel. LN und Veritas bieten beides, Clifton nur BD (die aber in erstklassiger Qualität). Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Interessant ist auch der neue Kunz # 4, weil der ein paar Entwicklungen der Bedrock-Bauweise aufweist, die ich für gut durchdacht halte (Froschverstellung zur Einstellung der Maulweite bei montiertem Eisen, Eisenfeineinstellung mit Differentialgewinde).

Ich habe mich aus dem einfachen Grund für die BU Variante entschieden, weil durch einfachen Eisenwechsel der Schnittwinkel geändert und der aktuellen Aufgabe angepasst werden kann. Das ist freilich für jemand kein Argument, der für jeden Zweck den passenden Hobel anschaffen kann und möchte.

Viele Grüsse
Klaus



Friedrich Kollenrott
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so ist es!

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #126068]
Hallo Patrick,

wie Torsten schreibt: Es hängt alles davon ab, was Du damit machen willst.

So ein Einhandhobel (hab ich auch mal mit angefangen) ist ja vor allem zum Bestoßen von kleinen Hirnholzflächen, Brechen von Kanten usw.

Größere Hobel die beide Hände brauchen kannst Du nur vernünftig einsetzen wenn Du das Werkstück einspannen kannst, ohne Hobelbank wirds schwierig. Und dann wäre die erste und grundsätzliche Entscheidung: Willst Du Flächen feinbearbeiten (putzen, also Putzhobel, kurz) oder mit einem Handhobel Holzstücke gerade und winklig herrichten (Raubank, lang)? Da Du schon mit Maschinen arbeitest, ist doch wohl eher das Putzen Dein Ziel.

In dem Fall würde ich Dir, wenn Du schon mit einem Flachwinkel- Einhandhobel gut klarkommst, eine Flachwinkel- Putzhobel empfehlen. Gibts z.B. in sehr guter Qualität von Veritas.

Friedrich

Aber: Vorsicht! Kann süchtig machen! Das ist nämlich nur der Anfang. ich habe 21 Handhobel die ich alle benutze!



Patrick
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Re: so ist es!

Beitrag von Patrick »


Hallo Friedrich,

danke für deine Ausführungen.
Eine schöne alte Ulmia Hobelbank steht in meiner Werkstatt. Leider meist als Ablage für alles Mögliche, aber das wird sich hoffentlich ändern.
In erster Linie erscheint mir das Putzen allerdings schon das richtige Einsatzgebiet.
Ich gebe zu, dass ich auch viel Spass an der Optik dieser Hobel habe. Verarbeitung, Präzision und die Materialien sowie die Haptik machen schon Spass. Der Eisenhobel ist definitiv das einzige Werkzeug, was meine Frau auch im Haus duldet, weil er ihr optisch gefällt. Ich mag den auch nicht in der Werkstatt liegen lassen. Die ist nämlich nur beheizt, wenn ich dort arbeite. Meine Gränsfors Äxte lagern auch nicht in der Werkstatt, sondern im Heizungskeller.

Mal sehen, wo das so hinführt, aber ich kann verstehen, dass man schnell eine Sammelleidenschaft entwickeln kann.

Gruß
Patrick



Klaus Kretschmar
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Re: Mein erster Eisenhobel! Jetzt bin ich infizier

Beitrag von Klaus Kretschmar »

[In Antwort auf #126068]
Hallo Torsten,

was macht dein (ergonomisch hoffentlich besserer) neuer Griff für deine Veritas Raubank? :-)

Viele Grüsse
Klaus



Patrick
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Re: Mein erster Eisenhobel! Jetzt bin ich infizier

Beitrag von Patrick »

[In Antwort auf #126071]
Hallo Klaus,

danke für deine Erklärungen. Da kommt wohl noch etwas Recherche auf mich zu. Die Baily oder Bedrock Frage muss ich erst einmal genau verstehen.
Ich bin mindestens einmal im Jahr in den USA. Lohnt es sich die Hobel von dort mit zu nehmen, oder Spielt das keine Rolle? Es geht mir weniger um den Preis, sondern mehr um die Verfügbarkeit bestimmter Modelle, die man hier nicht bekommt.
Gibt es eigentlich einen Grund, warum der Hausherr kein Lie-Nielsen führt? Bei dem 4 1/2er Veritas Hobel ist der Griff so komisch hinten dran geschraubt. Spielt für die Funktion bestimmt keine Rolle.

Ich habe mal nach Büchern gesucht und ein paar gefunden, die ich mir erst mal bestellen werde.
" How to Choose and Use Bench Planes and Scrapers " von John Englisch z.B.
oder "Working with Handplanes (New Best of Fine Woodworking)".

Gruß
Patrick



TorstenKüpper
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Oh Klaus ...

Beitrag von TorstenKüpper »


Hallo Klaus,

jetzt schäme ich mich ein bisschen...

Leider hatte ich dieses Jahr wenig Gelegenheit, weder meine Hobel zu benutzen, noch sie mit anderen Griffen zu tunen.

Dein Griffmuster steht noch auf meiner Hobelbank und erinnert mich jedes mal an meine Aufgabe...

Grüße ;-)
Torsten



Klaus Kretschmar
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Re: Mein erster Eisenhobel! Jetzt bin ich infizier

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Patrick,

wenn du regelmässig in den USA bist, lohnt sich die Überlegung, nach alten Hobeln zu schauen. Hier ist der Markt dafür zu klein und die Angebote dementsprechend teuer. In den USA gibt es Verkaufsangebote in Hülle und Fülle. Allerdings gehört meiner Meinung nach ein geschultes Auge dazu, bei alten Hobeln die guten von den anderen zu unterscheiden.

Bedrock und Bailey? Bailey war die erste Bauweise. Der Frosch ist zwar verstellbar aber das Eisen wird nicht bis unten unterstützt. Wenn das Maul eng eingestellt wird, besteht die Gefahr, dass das Eisen etwas flattert. Bedrock war die Weiterentwicklung (eigentlich Parallelentwicklung, weil die Baileys weiter gebaut wurden). Bei denen wird das Eisen unabhängig von der Froscheinstellung bis weit nach unten unterstützt, deswegen flattert es auch bei enger Mauleinstellung nicht. Alte Bedrocks sind teurer als Baileys. Alle namhaften jetzigen Hobelhersteller verwenden nur noch das Bedrock-Prinzip für BD-Hobel (teils in leicht abgewandelter Form) . Zu erkennen sind alte Bedrocks daran, dass die Seiten oben nicht gerundet sondern flach sind (Stanley machte aber auch ein paar Bedrock-Modelle mit gerundeten Seiten).

Mach dich am besten in amerikanischen Forum einfach mal schlau (woodnet.net). Dort werden regelmässig Diskussionen über Handhobel geführt.

Viele Grüsse
Klaus



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