Re: Der "ziehende Schnitt" - eine geometrische Ana
Verfasst: Do 12. Mär 2020, 18:29
Hallo Pedder,
nein, das denke ich nicht. Die effektive Bewegung des gedrehten Hobeleisens liegt eben nicht mehr senkrecht zur Hobelschneide,
sondern schrägt dazu. Das stabilisiert das Hobeleisen bei gleichzeitigem geringen Schnittwinkel, um es etwas flapsig auszudrücken.
Hast du die Erfahrung gemacht, daß gedreht geführte Hobeleisen schneller stumpf werden? Das sollte mich doch sehr wundern.
Wenn ich Hirnholz mit dem Stechbeitel bearbeite, dann wird die Beitelschneide stossend viel schneller stumpf, als schräg geführt. Das
zeigt meine Erfahrung und wird sicherlich auch für Hobeleisen gelten. Und dabei hat der stossend geführte Beitel sogar einen größeren Schnittwinkel,
müsste also nach deiner Theorie erst recht länger halten.
Was man schliesslich nicht ausser Acht lassen sollte: Je stärker man das Hobeleisen dreht, desto geringer wird der Anteil der Bewegung senkrecht
zur Hobelschneide. Letzlich wird das Eisen nicht so stark belastet bzw. eher geschont, dadurch dass es eben zum großen Teil entlang
der Schneidkante bewegt wird.
Beim stossenden Hobel wird frontal ins Holz gegraben. Gibt es härtere Stellen im Holz, geht das direkt aufs Hobeleisen, genau an einer einzigen
Stelle.
Wenn man dagegen mit dem ziehenden Schnitt hobelt, dann verteilt sich die Belastung seitlich auf einen längeren Abschnitt der Schneide.
Dieser Vorteil beim ziehenden Schnitt ist ja leider gerade ein Nachteil in der Hobellade, in der die effektive Hobeleisenbreite geringer wird, wenn
man das Eisen dreht.
Und beim Schneiden mit einem Schnitzmesser verteilt sich die Belastung sogar bis auf die gesamte Schneidenlänge, im Gegensatz zum
keilartigen Einsatz des gleichen Werkzeugs, bei dem eine rein punktuelle Belastung auftritt. Beim Ziehen der Messerschneide hat man letzlich
einen effektiven Schnittwinkel von nahezu 0°, dennoch verhält sich eine Messerschneide erstaunlich stabil.
Gruß
Carsten