Abrichten eines Brettes IV

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Abrichten eines Brettes IV

Beitrag von Christof Hartge »


b) Nun zu den Hirnholzkanten.
Die erste Hirnholzkante: Falls ihr beim Absägen des Brettes von der Bohle sorgfältig vorgegangen und die erste Längskante einigermaßen rechtwinklig zu dieser Hirnholzkante ausgerichtet habt, braucht ihr die erste Hirnholzkante nur gerade zu hobeln. Wer so eine wunderschöne Stoßlade wie Eckhard sein eigen nennt, dem sei sie für das Richten der Hirnholzkanten ausdrücklich empfohlen. Wer keine hat, wie ich, der kann es es auch so machen. Voraussetzung und das gilt sicher auch für die Stoßlade, ist ein frisch geschärftes Hobeleisen. Fein gestellt und mit engem Hobelmaul sollte der Hobel einen scharfen, schneidenden Ton von sich geben, der nicht ans Schaben erinnert. Auch Nadelhirnholz sollte in kleine Späne geschnitten werden, bloß Staub spricht für ein nicht genügend scharfes Eisen. Mit dem Stellwinkel des Hobels sollte man ein wenig spielen, nach Möglichkeit hobele ich entlang der Linien der Jahresringe. Dieses letztere ist der einzige Vorteil, wenn man keine Stoßlade verwendet, das Finish wird besser. Die eigentliche Gefahr beim Hirnholzhobeln ist der Ausbruch, der sich ergibt, wenn man über die entfernte Kante hobelt. Das passive Hilfsmittel ist, die noch ungerichtete zweite Schmalseite an diese Stelle zu drehen. Wenn man genug Holz stehen lassen hat, wird das wieder weggesägt oder weggehobelt. Auch ein geschlossenes Hobelmaul kann das schlimmste verhindern. Ich bevorzuge es aber beim Hirnholzhobeln grundsätzlich nicht über die Kante zu hobeln, sondern von beiden Seiten immer zur Mitte hin zu hobeln und dabei das Messer nach bedarf anzuwinkeln. Auf Rechtwinkligkeit zur ersten Längskante sollte man besonders achten, damit nachher auch die zweite Längskante genau gemessen werden kann.
Die zweite Hirnholzkante: Mit der zweiten Hirnholzkante wird das Brett auf Länge gebracht. Vorsicht: Holz läßt sich schlecht verlängern. Der Spruch meines Vaters „Dreimal abgeschnitten und immer noch zu kurz“ hat sich leider auch auf meiner Hobelbank schon bewahrheitet. Das Brett ist jetzt grob 71 cm lang. 70 cm werden gemessen und mit dem Winkel angeschlagen. Ich ziehe diese Linie auch um die rechte Seite des Brettes herum. Neben diese Linie, setze ich in 1 mm Entfernung eine zweite, an der ich auf halbem Riß entlangsäge und zwar von beiden Seiten des Brettes. Wieviel man hier zu oder abgibt, hängt davon ab wieviel man sich mit seiner Säge zutraut, wie gesagt: Vorsicht. Abgerichtet wird mit dem Hobel wie bei der ersten Hirnholkante wobei zusätzlich auf die Länge des Brettes zu achten ist.

Korrekturen und Anmerkungen erwünscht, Euer Christof.

PS: Eine Stoßlade steht auf der ewigen Liste meiner Projekte.

Oliver Montué

Vermeiden von Ausrissen

Beitrag von Oliver Montué »


Hallo Christof,

neben der Methode - von beiden Seiten hin zur Mitte hobeln - gibt es noch einige andere, die Du vielleicht mit aufnehmen möchtest:
- ein Abfallstück mit einer Schraubzwinge an das hintere Ende festklemmen
- ein tiefer Messerschnitt kann auch vor Schaden schützen (nur bei feinster Schnittiefe)
- an der hinteren Ecke eine Fase mit dem Stechbeitel stemmen, die am Riß endet

Die Fase ist prima, wenn viel Material entfernt werden muß, der tiefe Messerschnitt ist auch bei der Verwendung einer Stoßlade zu empfehlen. Das Abfallholz muß sehr gut anliegen, dann schützt es zuverlässig und ist am sichersten.

Wenn ich recht viel Material abtragen möchte, spanne ich das Brett am liebsten in die Vorderzange zum Hobeln. Wenn nur noch wenig Material weggenommen werden muß, verwende ich die Stoßlade.

Ein Krenov-Hobel ist insbesondere für die Verwendung in einer Stoßlade ein lohnenswertes Project. Man kann die Seiten genau rechtwinklig zur Sohle hobeln und die Länge und Form auf diese Aufgabe hin optimieren. Auch zusätzliche Griffe wie auf dem oben gezeigten Hobel lassen sich anbringen. Die Lauffläche und Hobelseiten sollten noch gut eingewachst werden. Wer im Geld schwimmt, kann auch den Lie-Nielsen Hobel für diesen Zweck erwerben. Ansonsten ist ein Low-Angle- Hobel von L-N oder Veritas auch ein sehr geeigneter Hobel. Da ich keine dieser Hobel habe, nehme ich meinen Krenov Hobel (45° Schnittwinkel) und bin auch so zufrieden. Wenn es perfekt sein soll, kann man immer noch nachschleifen.

Bis dann,
Oliver

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