Leimbinder oder KVH

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Andreas Meisel
Beiträge: 442
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Leimbinder oder KVH

Beitrag von Andreas Meisel »

[In Antwort auf #26711]
Hallo Heinz und Konsorten!

Tut mir leid, wenn ich dir hier ganz vehement widersprechen muss, aber versagende Leimbinderkonstruktionen SIND NICHT ALLTÄGLICH. Oder anders gesagt, im letzten Katastrophenwinter sind mind. genausoviele Stahlhallen eingegangen, wie Holzkonstruktionen. Bei den Stahlhallen war das Versagen nur meist deutlich früher an den enormen Deformationen vorhersehbar,- und dank rascher Hilfsunterstützung auch vermeidbar.
Leimverbindungen sind bei richtiger Herstellung und Verwendung des richtigen Klebers definitiv für Wechselbelastungen, schwankende Feuchtigkeit etc. geeignet. Das beweist nicht zuletzt der moderne Holz- Bootsbau . . .
Den Wahrheitsgehalt der Zeitungsmeldung bezweifle ich,- der Institutsvorstand Holzbau an der TU Graz hat da ganz andere, erheblich wahrscheinlichere Theorien. Aber da sind die Gutachten noch nicht abgeschlossen,- bis dahin sind alles nur Vermutungen . . .
Wenn ein Träger versagt, dann meist weil falsch konstruiert wurde, die tatsächlichen Lasten jene die angesetzt wurden übertrafen oder schlichtweg ein Leim für Innenanwendung für draußen eingesetzt wurde . . .

Aber, wenn ich Heiko noch einen Rat geben darf: Meines Erachtens ist KVH für so eine Pergola absolut ausreichend, wenn du einen Sägewerker deines Vertrauens hast, würde ich auch gewöhnliches Vollholz verwenden. Wichtig ist nur, dass das Holz entsprechend lange gelagert sprich trocken ist und nicht aus dem Kern des Stammes geschnitten wurde. Erdstämme sollte man wegen ihrer zum Teil gewaltigen Abholzigkeiten auch meiden.
Zudem würde ich bei der Konstruktion darauf achten, dass alle Verbindungen möglichst biegesteif sind. Also die Sparren nicht mit einer Holzschraube sondern mit Gestellschraube und großer Beilagscheibe befestigen. Riegel-Stützen-Anschluss mit Zapfen, seitlichem Dübel und eventuell zwei Schrauben von oben ausführen.

UND auf den konstruktiven Holzschutz achten,- das wird wohl überhaupt das Wichtigste sein. Wichtiger, als für welche Holzart, KVH oder BSH du dich entscheidest!

Schöne Grüße

ANDI



Heiko Rech
Beiträge: 2715
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Leimbinder oder KVH

Beitrag von Heiko Rech »


Hallo Andreas,

danke für die ausführliche Antwort.

Generell neige ich bei solchen Sachen zur Übertreibung, was Querschnitte und Materialien betrifft, was aber denke ich auf jeden Fall besser ist, als am falschen Ende gespart.

Das Holz, das ich verwenden möchte kommt vom Holzhandel und ist Kammergetrocknet für den Außenbereich. Ich möchte es ca. vier Wochen vor der Verarbeitung kaufen, damit es sich noch etwas an der Luft aklimatisieren kann.

Bei den Verbindungen dachte ich an die klassischen Verbindungen des Holzbaus, kombiniert mit Teilweise Vverzinkten und Edelstahlschrauben, wie du schon schriebst mit großen Unterlagscheiben.

Es wird vermutlich auf eine Kombination zwischen Leimbindern für die Sparren und KVH für den Rest hinauslaufen.

Gruß

Heiko


Heiko Rech
Beiträge: 2715
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Leimbinder oder KVH

Beitrag von Heiko Rech »

[In Antwort auf #26712]
Hallo Rolf,

bei mir waren ursprünglich Doppelstegplatten drauf, in einer Stahlkonstruktion. Seitlich mit Einfachglas. Bei Außentemperaturen über 15° konnte man sich auf der Terasse nicht aufhalten, war wie im Backofen. Die Vorbesitzer hatten hier überall Wäscheleinen gespannt:-)

Gruß

Heiko



Heinz Roesch
Beiträge: 1268
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16
Kontaktdaten:

Re: Leimbinder oder KVH

Beitrag von Heinz Roesch »

[In Antwort auf #26728]
Hallo Andreas,

Dein Optimismus ist erfrischend und als junger
Mensch ist das natürlich auch richtig und gut
so. Dass Leimbinder nach allen Regeln der Kunst
getestet wurden und den Anforderungen entsprochen
haben bezweifle ich nicht.

Ich bezweifle aber dass Leimbinder vor allem in den
damit üblichen verrückten und extrem weitspannenden
Konstruktionen über die für Bauwerke zu fordernde
Lebensdauer von mehr als hundert Jahren stabil bleiben!

Im Bootsbau bin ich nicht bewandert, aber hier gehen wir
doch sicher von einer deutlich kürzeren Lebenserwartung aus
und die notwendigen Pflegearbeiten sind doch ebenfalls sehr
erheblich, wenn ich da richtig informiert bin.

Der Leimbinder ist ja noch ein relativ junges Bauelement.
Warten wir mal die nächsten Jahre ab wie sich das entwickelt.
Stahlbeton war doch auch mal ein Baustoff für die Ewigkeit, gell?

Viele Grüße

Heinz



Andreas Winkler
Beiträge: 1137
Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Re: Leimbinder oder KVH

Beitrag von Andreas Winkler »


Hallo Heinz,

ich stimme dir zu, daß der Baustoff Brettschichtholz sich noch dauerhaft beweisen muß. Andreas hat aber auf jeden Fall recht, wenn er ein "Versagen" eines Bauteils durch Konstruktionsmängel anspricht, für die ein Baustoff dann nichts kann.
Auch wenn´s jetzt nicht genau hierher paßt - der von dir angesprochene Stahlbeton hat aber in meinen Augen bei korrekter Ausführung von allen Baustoffen noch am ehesten den Charakter, daß er für die "Ewigkeit" hält. Schon die Römer hatten ihn (allerdings als Eisenbeton) ausgeführt und die Bauteile (z.B. Wasserleitungen und -behälter, wenn ich recht erinnere) würden ihren Zweck noch immer erfüllen. Gab´s nicht mal den Spuch der Betoninsdustrie, Beton - es kommt darauf an, was man daraus macht. Das trifft m.E. für alle Baustoffe zu. ;-)

Zu Heikos Problem :
Ich würde eine Ausführung aus Vollholz empfehlen, bei 12/12 und 8/16 handelt es sich ja um keine unmöglichen Abmessungen und billiger dürfte das allemal sein. Soweit ich weiß ist sowohl KVH als auch BSH, das nicht aus Fichte ist, relativ teuer.

Gruß, Andreas



Andreas Meisel
Beiträge: 442
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

zur Dauerhaftigkeit . . .

Beitrag von Andreas Meisel »


Hawideri!

Als bekennender Holz-Fanatiker kann ich es einfach nicht lassen und habe ein wenig in der Literatur gestöbert:
Die älteste heute noch nahezu unveränderte Leim- Konstruktion scheint die Versammlungshalle des King Edward College zu sein. Baujahr 1860 . . .

Das Beton so unglaublich dauerhaft ist, kann ich auch keinesfalls so stehenlassen,- schließlich befinden sich die angesprochenen Bauten der Römer alle in klimatischen Bereichen, wo mit nur sehr wenig Feuchtigkeit und schon gar keinem Frost zu rechnen ist!
Zudem ist es enorm aufwendig Betonbauten,- insb. mit Sichtbetonfassaden zu sanieren. Auf dem Gebiet gibt es bald mehr Firmen wie Zimmerein;-)

Aber generell muss ich schon zugeben: je kühner und geagter die Konstruktionen werden,- und es gibt bekanntlich Hallen mit bis 80m Spannweite bzw. Kuppeln mit bis zu 140m Durchmesser IN HOLZ, desto mehr treten physikalische Effekte in den Vordergrund, die rechnerisch kaum oder nur ungenau erfassbar sind.
Damit steigt,- ganz unabhängig vom Baustoff,- das Risiko eines Versagens erheblich an.

Viele Grüße an alle,

ANDI



Andreas Winkler
Beiträge: 1137
Registriert: Di 30. Nov 2021, 19:21

Re: zur Dauerhaftigkeit . . .

Beitrag von Andreas Winkler »


Hallo Andreas,

klar, so richtig Frost hat der römische Eisenbeton wohl nie abbekommen. Glaube aber gelesen zu haben, daß es auch Meerwasserbauwerke gibt, die seit knappen 2000 Jahren Salzwasser abbekommen !
Jedoch bin ich mir sicher,daß heutige Betonbauwerke bei korrekter Ausführung sehr, sehr dauerhaft sein werden. Erst recht, wenn man etwas großzügiger, dh. mit mehr Sicherheitsmaß bauen würde. Natürlich kann man Beton auch ggf. zusätzlich vor Witterungseinflüßen schützen, was abermals zur Dauerhaftigkeit beiträgt. Will man bei einem Holzbauwerk Dauerhaftigkeit erreichen, muß es auch richtig konstruiert und verbaut werden. Bei beton hat man anscheinend aus Fehlern gelernt und seine Schlüße daraus gezogen, um es nun besser zu machen.

Ich bin ja auch ein großer Freund des Holzes, ein viel größerer als von Beton. Nach Heinz´ kleinem Seitenhieb wollte dem Beton nur etwas zur Seite springen. ;-)
Weißt Du, mit welchem Kleber/Leim die Binder der Versammlungshalle des King Edward College geleimt wurden ? Tippe mal im Jahr 1860 auf Kaseinleim.

Gruß, Andreas



Andreas Meisel
Beiträge: 442
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

. . . keine Ahnung! leider *NM - Ohne Text*

Beitrag von Andreas Meisel »




Bernhard
Beiträge: 1088
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Die Römer...

Beitrag von Bernhard »

[In Antwort auf #26791]
sind meines Wissens bis nach England/Schottland gekommen... (War schon in Asterix zu lesen :-))), Andi. Und gebaut haben die überall...

Aber Scherz beiseite, es gibt heute noch Bauten der Römer, die sogar noch genutzt werden, (Brücken, Straßen etc.) Insbesondere in Deutschland und ich kann nur die diversen Limesmuseen empfehlen. Man findet dort auch Sachen aus Holz...

Gruß
Bernhard


Georg
Beiträge: 1254
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Die Römer...

Beitrag von Georg »


... und auch Sachen zur Holzbearbeitung (Werkzeuge). Vor allem hatten die Römer schon recht modern aussehende Metallhobel in Gebrauch. Auch die sonstigen Werkzeuge machen teilweise einen recht modernen Eindruck.
Das mit den Römermuseen ist wirklich ein guter Tip. Dort findet man wirklich Werkzeuge und auch Gebrauchsgegenstände, von denen man kaum glauben kann, daß sie bereits vor etwa 2000 Jahren in Gebrauch waren.
Gute Adressen für solche Museen sind übrigens Ladenburg, Osterburken, Aalen und Weissenburg/Bayern. Daneben gibt es im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg eine recht umfangreiche Sammlung zur römischen Geschichte dieser Region.


Antworten