Hobeleisen und Stecheisen auf dem Leder abziehen (stroppen)?

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Hobeleisen und Stecheisen auf dem Leder abziehen (stroppen)?

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

Pedder hat geschrieben: Fr 19. Jan 2024, 15:37
Dass Du genderst, finde ich übrigens klasse!
Enkel?
Hallo Pedder,
ja, drei Enkeltöchter. Aber es kommt noch härter: Meine Tochter ist Studiendirektorin, Fächer Deutsch und Englisch :ugeek: Da geht nix durch!

Grüße, Friedrich
MarkusB
Beiträge: 1200
Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Re: Hobeleisen und Stecheisen auf dem Leder abziehen (stroppen)?

Beitrag von MarkusB »

Hallo zusammen,

ich bin der besagte Faule oder Schlaue, vielleicht beides, vielleicht auch keines.
Sollen andere beurteilen...

Ich schärfe meine Hobel- und Stecheisen so:
25° freihändig auf 1000er Shapton, bis die Microfase weg UND Grat fühlbar ist.
Dann 30° freihändig Mikrofase auf 5000er Shapton,
dann Spiegelseite mit 5000er Shapton, bei Hobeleisen mit Ruler-Trick.
Seit ca. 2 Jahren anschließend noch auf mit Balistol und Polierpaste behandeltes und auf Holz aufgeklebtes Leder wechselseitig ca. 10 mal abziehen.

Durch das Abziehen auf Leder erziele ich eine deutlich bessere Schärfe, gerade bei Küchenmessern, die ich sonst nur sehr schwer rasiermesserscharf hinkriege. Küchenmessern haben im Gegensatz Hobel- und Stecheisen aber auch keine geführte (Spiegel-) Seite und werden komplett freihändig geschärft, was sicherlich eine stärkere Verrundung zur Folge hat.
Neben der höheren Schärfe meine ich aber auch eine längere Standzeit bei den Tischlerwerkzeigen zu beobachten, seitdem ich mit dem Leder abziehe.
Da es nur 30-60 Sekunden dauert und das Ergebnis dann so schön ist, mache ich es gerne.

Zum Begriffs-Exkurs möchte ich folgendes sagen:
Stroppen wird sicherlich nicht mein Begriff werden.
Was ich aber auch immer sehr schwammig fand war der Begriff "abziehen".
Jahrelang hatte ich das Gefühl, das jeder was anderes meinte.
Tatsächlich würde ich das Anbringen der Mikrofase nicht als "Abziehen" bezeichen, auch beim letzten Schärfvorgang, dem Schleifen der Spiegelseite würde ich eigentlich den Begriff "Abziehen" nicht verwenden, obwohl ich ihn da mittlerweile als nicht ganz so störend empfinde.
Gut finde ich ihn hingegen, wenn man ihn für das Streichen über ein Leder benutzt. Warum kann ich gar nicht genau sagen. Ich vermute, weil ich den Begriff mit dem Friseurhandwerk verbinde und Friseure ihre Rasiermesser nur mit dem Streichriemen behandelt haben. Wenn die Klinge neu aufgearbeitet werden musste, dann machte das ein Profi. Friseure konnten abziehen, Schleifen überließen sie anderen.
Sicherlich werden jetzt einige sagen: "Abziehen ist der Vorgang, bei dem der letzte Grat entfernt wird"
Sehe ich anderes. Für mich ist Abziehen das Streichen einer Klingen über ein Leder, das ursprünglich bei Friseur ohne Polierpaste an der Wand hing.
Für jeden, der sich dem "Mysterium" Schärfen nähern will, ist der Begriff "Abziehen" jedenfalls ein Teil dieses Mysteriums.



Viele Grüße

Markus
Lukas S.
Beiträge: 5
Registriert: Do 4. Jan 2024, 21:44

Re: Hobeleisen und Stecheisen auf dem Leder abziehen (stroppen)?

Beitrag von Lukas S. »

Lieber Friedrich, liebe Alle,

das ist ein sehr interessantes Thema. Ich schärfe Hobel- und Stemmeisen freihändig auf Ölsteinen (Norton India, Arkansas und Washita) und anschließendem Abziehen auf Leder (teilweise mit und ohne Paste).
Ich kann Deine Erfahrungen alle so bestätigen: Das finale Abziehen auf einem Lederstreichriemen ist sehr einfach, erzeugt eine sehr gute Schärfe und lässt sich leicht und schnell mehrmals auffrischen, bevor man wieder auf den Schärfstein muss.
Neben der höheren Schärfe meine ich aber auch eine längere Standzeit bei den Tischlerwerkzeigen zu beobachten, seitdem ich mit dem Leder abziehe.
Da es nur 30-60 Sekunden dauert und das Ergebnis dann so schön ist, mache ich es gerne.
Diese Erfahrung von Markus kann ich bestätigen und voll unterschreiben und kann vielleicht auch einen Erklärungsversuch liefern:
Im Buch "The Making of Tools" von Alexander G. Weygers habe ich mal eine Zeichnung gesehen, die ich etwas ergänzt hier als eigenständige Skizze wiedergebe (ich weiß nicht ob ein Foto der Buchseite rechtlich in Ordnung wäre):
tempImageS2eoZ4.gif
tempImageS2eoZ4.gif (3.22 MiB) 3079 mal betrachtet
Er beschreibt, dass durch das Stropping die Schneide zwar minimal verrundet wird, der Nullradius an der Schneidenspitze und damit die Schärfe aber erhalten bleibt. Jedoch ist der Keilwinkel an der Spitze durch die Verrundung größer als der ursprüngliche Winkel, der beim Schärfen gehalten wurde. Dadurch wird die Spitze widerstandsfähiger.
Das lässt sich nach meinem Verständnis solange wieder "auffrischen" solange gilt:
Verrundeter Keilwinkel + Freiwinkel < als Bettungswinkel des Eisens.
Wenn > "reitet" die Fase auf dem Holz und dann müsste man neu Schärfen. Dabei wird dann die (absolut minimale) Verrundung durch (wiederum minimalen) Materialabtrag wieder entfernt. Ähnlich wie bei einer Mikrofase. Alles natürlich vorausgesetzt, dass es keine Ausbrüche an der Schneide gibt. Aber das habe ich selten.

Das alles klingt für mich einigermaßen plausibel und deckt sich mit meinen eigenen Erfahrungen beim Schärfen und im Gebrauch der Werkzeuge. Wenn es eine Verrundung gibt, dann ist sie so minimal, dass Sie bei einigermaßen korrektem Schärfen bei mir keine Rolle spielt.

Zur abrasiven Schärfpaste: Ich nutze Chromoxid grün mit und ohne Öl und alternativ blankes Leder (raue Seite).
Gefühlt gibt das reine Leder das für mich beste und nachhaltigste Finish, dauert aber etwas länger. Es gibt wohl auch Leute in amerikanischen Foren die mit Autosol-Polierpaste auf Weichholz sehr gute Erfahrungen machen. Das geht auch, ich finde Leder aber angenehmer.

Es gibt darüber hinaus zum Thema "einfaches, wirkungsvolles Schärfen mit wenigen Mitteln" (inkl. Stropping) ein, wie ich finde, sehr gutes Video von Mr Chickadee:
https://www.youtube.com/watch?v=kiPFlAQUGHw
(ab Minute 8:20).
Entscheidend sind bei ihm: Der verwendete Stahl und der Druck auf das Eisen und den Stein bei den unterschiedlichen Stufen.
Das Verfahren ist allerdings nur bedingt auf das Schärfen mit Wassersteinen übertragbar.

Sicherlich bekäme man mit einem 10.000er oder sogar 8.000er Wasserstein eine objektiv messbar höhere Endschärfe hin. Allerdings ist das für mich im Gebrauch relativ unerheblich. Schärfen geht bei mir schnell und ich gehe lieber einmal mehr schärfen und habe eine frische, ausreichend scharfe Schneide, als dass sie super-duper-rattenscharf ist und ich dafür aber länger brauche.

Spanendes Thema!
Viele Grüße
Lukas
Jockel
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Registriert: So 7. Aug 2016, 10:50

Re: Hobeleisen und Stecheisen auf dem Leder abziehen (stroppen)?

Beitrag von Jockel »

Gude,
ich kenne das Abziehen auf Leder vom Messerschärfen.
Dort sind mittlerweile fast alle zu Diamantemulsion gewechselt.
Unter der Bezeichnung "Stroppystuff" wird eine wohl recht hoch konzentrierte Diamantemulsion angeboten in verschiedenen Körnungen.
Bei den Messerschärfen sind nach Tests sehr viele auf dieses Produkt umgestiegen.
Ich habe diese Diamantemulsion von Stroppystuff auch im Einsatz für Messer, sie funktioniert hervorragend, mir fehlt jedoch der Vergleich zu anderen Diamantemulsionen.
Vorteil gegenüber Chromoxid man kann die Körnung wählen, was man bei Schleifsteinen ja auch macht.

Nur als Anregung gedacht, vielleicht testet hier jemand ob es einen Unterschied zwischen Chromoxid und Diamantemulsion gibt.

Gruß Jockel
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Uwe.Adler
Beiträge: 1271
Registriert: So 27. Dez 2020, 22:52

Re: Hobeleisen und Stecheisen auf dem Leder abziehen (stroppen)?

Beitrag von Uwe.Adler »

Hallo Jokel,

schön von Dir zu lesen und ich hoffe es geht Dir gut.

Seinerzeit hatte ich monokristalline Diamantpasten von Gerd für Diamantschärfungen verwendet. Leider weiß ich nicht mehr wieviel Micron die hatten, aber die Feinste lag bei unter 1. Ganz zufrieden war ich da nicht mit dem Ergebnis. Aber da es schon einige Zeit her ist, kann ja auch bei der Qualität weiter Fortschritt stattgefunden haben. Bei einer Gegenüberstellung von Chromoxid zu Stroppy Stuff muss man berücksichtigen, dass man dann monokristallinen Diamanten mit einem Oxid von Chrom vergleicht. Das Grün hat eine Feinheit von ca. 0,3Mü. Die feinste SS hat 0,1Mü. Auch sollte man als weitere Komponente den Einstandspreis berücksichtigen, ca. 6€ für 100 gr Grün und 32€ für 30ml SS.
Für die Messerfraktion ist feinste Schärfe für den Tomatentest unverzichtbar, aber beim Hobeleisen oder Beitel meiner Meinung und Erfahrung nicht gleichermaßen wichtig. Bei meinem vielfältigen Ausprobieren habe ich auch bis 16000er Glasstones getestet um dann wieder zurück zu nicht so feinen Banksteinen zu gehen. Die schärfste Schneide ist was für Sekunden, dann tritt die Normalität wieder ein. Soll ich zudem das ganze so teuer bezahlen?
Was erreicht werden soll, ist etwas anderes: im letzten Vorgang des Schleifprozesses der Schneide den Grat nehmen ohne den Hauch von Nichts zu zerstören. Ich glaube das Friedrich uns das vermitteln wollte. Das erreiche ich für mich mit meinem Streichriemen und Chromoxidgrün sehr gut. Nussöl als Träger darauf etwas Grün und ich habe eine gute Ausstattung für diesen Arbeitsgang. Als Leder verwende ich die Fleischseite von einem Blankleder auf ein Stück gutes planes Multiplex geklebt. Preiswert und voll funktionsfähig. Ich schicke Dir gerne eine "Kostprobe" Grün zu! ;)
Herzliche Grüße

Uwe
zahnfee
Beiträge: 13
Registriert: Di 4. Okt 2022, 10:47

Re: Hobeleisen und Stecheisen auf dem Leder abziehen (stroppen)?

Beitrag von zahnfee »

hallo,

ich hatte ja schon geschrieben, daß ich auf der Tormek schärfe.
Dabei hab ich die Beobachtung gemacht, daß die Klingen sich nach dem Abziehen "stumpfer" anfühlen.
Frisch vom Stein kann man sich damit rasieren - nach Abziehen auf der Lederscheibe nicht mehr.
Ich frag mich wo das Problem ist, was mache ich falsch? ich nehme die mitgelieferte Abziehpaste von Tormek, ggf. mit Terpentin verdünnt.
Einen Lederriemen habe ich noch nicht versucht - wäre vielleicht mal eine Idee.

Zur Diamantpaste - ist es nicht günstiger SiC zu benutzen? das gibt es doch recht preiswert in allen Körnungen als Pulver.
Hart genug ist es allemal, eigentlich sogar geeignet für Hartmetall, wobei ich da Diamantpaste bevorzugen würde.
Diamantpaste gibt es zu erschwinglichen Preise nur in homöopatischen Mengen...
Alexander Sp.
Beiträge: 7
Registriert: Di 6. Feb 2024, 02:32

Re: Hobeleisen und Stecheisen auf dem Leder abziehen (stroppen)?

Beitrag von Alexander Sp. »

Hallo, ich beschäftige mich seit längerem mit dem Schärfen von Messern und habe einige Handgeführte Schleifsysteme zuhause.
Das Problem der gerundeten Schneide, beim abziehen auf Leder, löst immer wieder große Diskussionen aus.
Beim Schleifen von Messern wird der Grat auf dem letzten Stein abgebrochen. Man reduziert dafür die Schleifhübe abwechselnd. z.B. 5 Schleifhübe recht und 5 links, danach 4 rechts und 4 links und so weiter. Somit wird der Grat hin und her gebogen bis er fast von alleine abbricht. Danach braucht man nur noch ein paar Züge auf dem Leder oder durch einen Korkblock um die letzten Reste zu entfernen.
So eine Vorgehensweise kann man sehr gut auf Holzwerkzeuge übertragen.

Will man dagegen die Schneide auf einem Leder „polieren“ dann wird immer die Schneide verrundet, weil das Leder zu stark nachgibt. Um dieses Phänomen zu vermeiden wechseln viele auf härtere Materialien aus z.B. Hartholz, Hartpapierplatten, oder Lappplatten aus Gus (Veritas).

Hier wurde die Frage nach günstigen Alternativen zu Diamant Pasten gefragt. Chromoxid kennen ja fast alle, aber auch andere Polierpasten auf Amuminiumoxid Basis funktionieren sehr gut, z.B. von Dialux oder Luxor. Das beste und schnellste Mittel ist natürlich Diamantpasten wie Stroppy Stuff, aber es gibt auch günstigere Alternativen von Venev oder Poltava.
Wegen der Politischen Lage, leider, nur noch aus der Ukraine zu bekommen, aber jeden Cent wert.
50ml für 9,50€ ist eine Ansage. Der Postweg funktioniert dafür sehr reibungslos und sie akzeptieren PayPal.
Michael Meyer
Beiträge: 408
Registriert: Sa 12. Nov 2016, 20:26

Re: Hobeleisen und Stecheisen auf dem Leder abziehen (stroppen)?

Beitrag von Michael Meyer »

Liebe Holzwerker, es ist sehr interessant, die vielen Schärfmöglichkeiten zu lesen. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß das Werkzeug nicht so sehr scharf sein muß, um seine Aufgabe zu erfüllen. Ich habe die Tischplatten von den Couchtischen, die ich vor kurzem hier vorgestellt habe, alle mit einem einfachen Holzhobel von ECE, mit einem einfachen ECE-Eisen, ganz normal geschärft, plan gehobelt - es sind insgesamt für beide Platte ca. 60 Liter Eichenspäne angefallen, also viel. Es war eine Freude, mit dem klassischen Holzhobel zu arbeiten und auch schöne Ergebnisse zu sehen. Meine Meinung: ob scharf, schärfer oder am schärfsten - ist nicht so wichtig. Wichtiger ist, daß das Werkzeug benutzt wird.
Liebe Grüße,
Mike
Christof H
Beiträge: 53
Registriert: Fr 12. Aug 2022, 11:22

Re: Hobeleisen und Stecheisen auf dem Leder abziehen (stroppen)?

Beitrag von Christof H »

Michael Meyer hat geschrieben: Mi 28. Feb 2024, 14:35 Liebe Holzwerker, es ist sehr interessant, die vielen Schärfmöglichkeiten zu lesen. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß das Werkzeug nicht so sehr scharf sein muß, um seine Aufgabe zu erfüllen. Ich habe die Tischplatten von den Couchtischen, die ich vor kurzem hier vorgestellt habe, alle mit einem einfachen Holzhobel von ECE, mit einem einfachen ECE-Eisen, ganz normal geschärft, plan gehobelt - es sind insgesamt für beide Platte ca. 60 Liter Eichenspäne angefallen, also viel. Es war eine Freude, mit dem klassischen Holzhobel zu arbeiten und auch schöne Ergebnisse zu sehen. Meine Meinung: ob scharf, schärfer oder am schärfsten - ist nicht so wichtig. Wichtiger ist, daß das Werkzeug benutzt wird.
Liebe Grüße,
Mike
Ja, so sehe ich das auch. Interessant ist aber schon, was bei dem Thema alles diskutieren und herausfinden kann. Ich meine zu beobachten, dass die Diskussion aber immer um den feinen Abschluss.
In der Praxis geht es aber auch darum Scharten auszuschleifen oder verrundete Fasen in Ordnung zu bringen. Auch darüber würde ich gerne mit gleicher Gründlichkeit diskutieren. Um so etwas in Ordnung zu brngen benutze ich einen trockenen Langsamläufer von Dictum. Geht, aber man muss schon vorsichtig sein, sonst ist das Eisen weich.

Woran ich noch immer denke, ist ein grober runder Schleifstein der in einem Wasserbad hängt und mit Fußantrieb in Drehung versetzt wird: Also eine Art Drechselbank. Ich habe aber keine Ahnung wie der Stein gelagert sein müsste. Werkzeugbau habe ich (leider) nicht gelernt.

Der Schärfvorgang wäre ähnlich wie jetzt mit dem Langsamläufer: Wenn nötig Vorschliff mit dem groben runden Stein bei 26°, Schärfen bei 28° auf 1000er Bankstein, polieren bei 30° auf 8000er Bankstein.
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