Vom Türrahmen zum Bilderrahmen

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Karl.K
Beiträge: 15
Registriert: Sa 14. Jan 2023, 11:53

Vom Türrahmen zum Bilderrahmen

Beitrag von Karl.K »

Hallo zusammen,

Ich habe durch einen glücklichen Umstand eine Türzarge bekommen, aus der sich wunderschöne Bilderrahmen machen lassen. Einen Rahmen und seine Herstellung möchte ich Euch hier zeigen. die Bearbeitungen wurden nur mit Handwerkszeugen vorgenommen. Da pro Beitrag nur 5 MB zugelassen sind, teile ich auf Teil 1 und Teil 2 Beiträge auf.
10_ Fertiger Rahmen.JPG
10_ Fertiger Rahmen.JPG (1.42 MiB) 1624 mal betrachtet

Der Rahmen wird nach außen durch eine Rundung abgegrenzt. An diese schließt sich eine nach innen geneigte Fläche an, um ein wenig den Blick auf das Bild zu lenken (naja, zumindest gedacht, der Rahmen soll ja nur die Bildwirkung unterstützen und nicht Hauptbestandteil des Werkes sein). Der Rahmen ist mit Hartwachsöl gewachst und nicht glänzend, um die Bildwirkung nicht zu stören bzw. vom Bild abzulenken. Andere Rahmen die ich aus alten Türrahmen gebaut habe, haben wir lackiert oder wurden mit Schellack angemalt, individuell auf das jeweilige Bild abgestimmt. Falls Ihr ebenfalls Zugang zu solchen Hölzern habt und diese bearbeiten wollt, kann ich aus leidvoller Erfahrung nur dringend raten, diese sorgsam auf versteckte Nägel oder andere Metalle zu prüfen. Häufig sind diese nicht sichtbar und ich habe mir schon so manch eine Scharte eingefangen. (nun weiß ich auch das Sprichwort richtig zu deuten).
1_Tuerrahmen.JPG
1_Tuerrahmen.JPG (924.48 KiB) 1624 mal betrachtet
Von diesem Türrahmen habe ich die bereits abgeschnittenen Stücke genutzt.
2_Profil.JPG
2_Profil.JPG (627.2 KiB) 1624 mal betrachtet
Die Hölzer sind entsprechend des Verwendungszweckes profiliert und müssen erst eingeebnet werden um das Holz für das Auftrennen einspannen zu können. Je nach Höhe und Breite nehme ich hierzu eine Säge (bei breiten Profilen), Stechbeitel bei flachen und schmalen Profilierungen oder eben einen Schrupphobel. Auf jeden Fall ist mit viel Verschnitt bei solchen Rahmen zu rechnen und die Nutzmenge ist entsprechend gering.
3_gesägte Profile.JPG
3_gesägte Profile.JPG (627.53 KiB) 1624 mal betrachtet
Die nun mehr oder weniger vierkantigen Holzstücke trenne ich mit der Gestellsäge auf. Früher habe ich lange Fuchsschwänze genommen, aber ich finde, dass der Kraftaufwand bei einer Gestellsäge durch die verminderte Reibung wesentlich geringer ist. Auf die einzelnen gesägten Stücke hobel ich 2 Referenzflächen im Winkel von 90°. Danach hobel ich die weiteren Flächen der Leisten gemeinsam, um möglichst gleiche Maße zu erhalten. Somit ist halbwegs sichergestellt, dass die Gehrungen später passen. Die Ebenheiten werden dann noch einmal mit Richtscheiten geprüft.
4_Prüfen der Ebenheit.JPG
4_Prüfen der Ebenheit.JPG (635.36 KiB) 1624 mal betrachtet
Karl.K
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Registriert: Sa 14. Jan 2023, 11:53

Vom Türrahmen zum Bilderrahmen Teil 2

Beitrag von Karl.K »

Hier nun der zweite Teil:
5_Rundprofil hobeln_b.jpg
5_Rundprofil hobeln_b.jpg (663.13 KiB) 1622 mal betrachtet
Im nächsten Schritt wird dann die Rundung mit einem Recordhobel angehobelt. Um hier vernünftig arbeiten zu können, habe ich mir in ein Vierkantholz einen tiefen Falz eingehobelt. In Hobelrichtung wird die Leiste durch 2 Schrauben vorne und hinten gesichert, gegen den seitlichen Druck ist die Leiste dann durch den Falz abgestützt. Die schräge Fläche wird mit einem Simshobel angehobelt.
7_Gehrung schneiden.JPG
7_Gehrung schneiden.JPG (770.28 KiB) 1622 mal betrachtet
6_ Hobeln der schrägen Fläche_b.jpg
6_ Hobeln der schrägen Fläche_b.jpg (596.5 KiB) 1622 mal betrachtet

Die nun vorbereiteten Leisten werden nun auf einer alten Steiner-Gehrungssäge auf Gehrung abgesägt. Um die gleichen Längen der parallelen Leisten zu bekommen, nutze ich einen Längeneinsteller. Die Steiner-Gehrungssäge hat je Seite eine Gewindebohrung, in die ich einfach einen Gewindestab eingeschraubt und mit Stoppern versehen habe. Die Ulmia-Gehrungssägen haben hier nur eine Durchgangsbohrung und der Längeneinsteller ist mit Gewinde versehen, befestigt wird durch kontern. Die Längeneinsteller sind für die Ulmias heute noch zu bekommen, aber meine alte Ulmia Gehrungssäge aus den 6oziger Jahren hat eine größere Bohrung, so dass die aktuellen Längeneinsteller nicht passen. Da auch auf der Gehrungslade unvermeidlich Spiel ist, schleife ich die Gehrungen noch einmal mit 100er Sandpapier auf meinem Shooting board nach. 3 bis 4 Züge reichen und verändern die Winkel nicht.
Früher habe ich die Gehrungen nur auf dem Shooting board gehobelt, aber was im Internet immer so einfach aussieht, hat bei mir immer wieder zu mittleren Katastrophen geführt. So manch ein Rahmen wurde kleiner als geplant. Durch die Schnittkräfte wurden die Leisten immer etwas herausgezogen, so dass der 45°-Winkel nicht erhalten blieb, egal wie scharf das Eisen war. Auch die Verwendung von einem Flachwinkelhobel hat nicht zu einer Verbesserung geführt. Zudem verdreht sich das Eisen gerne mal im Maul was zu einem schiefen Schnitt führt.
9_gesaegte Nut fuer Versteifungsfedern.JPG
9_gesaegte Nut fuer Versteifungsfedern.JPG (653.92 KiB) 1622 mal betrachtet
Den Rahmen habe ich dann mit Knochenleim geleimt. Da bei mir im Keller eine konstante Temperatur von 15°C herrscht, habe ich die Hölzer auf ca. 40°C im Backofen erwärmt um ausreichende Verklebezeiten zu haben (Der Knochenleim geliert bei diesen Temperaturen verd....t schnell). Aktuell experimentiere ich mit erwärmten Zulagen für einen etwas größeren Rahmen, dessen Leisten nicht in den Ofen passen. Die Ecken habe ich dann noch mit 6 mm breiten Federn ausgesteift, was hier kein Problem ist, in anderen Fällen habe ich auch schon 3 mm Federn genutzt. Da ich noch Neuling im Verarbeiten von Knochenleim bin, habe ich die Federn mit Weißleim eingeleimt (man kann ja nie wissen....).

Nach dem Leimen habe ich die äußeren Seiten abgehobelt, alles noch einmal mit 180 Sandpapier geschliffen (und mich geärgert, dass ich die Gehrungen nicht gleich nach dem Verkleben bei noch teigigem Knochenleim gereinigt habe) und mit nicht glänzendem Hartwachsöl 2x eingeölt.

Ich hoffe, das Lesen hat Euch etwas Freude bereitet

Karl
Karl.K
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Vom Türrahmen zum Bilderrahmen

Beitrag von Karl.K »

3x durchgelesen und doch etwas vergessen :oops: :D . Hier noch einmal das Bild für das Schleifen auf dem shooting board
8_Schleifen der Gehrung_b.jpg
8_Schleifen der Gehrung_b.jpg (705.75 KiB) 1615 mal betrachtet
Pedder
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Re: Vom Türrahmen zum Bilderrahmen Teil 2

Beitrag von Pedder »

Karl.K hat geschrieben: Mo 1. Mai 2023, 13:49 Ich hoffe, das Lesen hat Euch etwas Freude bereitet
Hallo Karl, ja, sehr viel Freude. Vielen Dank für den ausführlichen Bericht!

Liebe Grüße
Pedder
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Andreas S.
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Registriert: So 1. Feb 2015, 15:46

Re: Vom Türrahmen zum Bilderrahmen

Beitrag von Andreas S. »

Moin Karl,

Danke für's Teilen und den spannenden Bericht.
Chapeau, das alles mit Handwerkzeugen zu machen.
Wahrscheinlich würden sich nur wenige den Aufwand des Upcyclings für die Zargen machen - geschweige denn von Hand und mit Knochenleim.

HG Andreas
MarkusB
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Re: Vom Türrahmen zum Bilderrahmen

Beitrag von MarkusB »

Hallo Karl,

vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht.
Der Rahmen ist sehr schön geworden.
Ich habe einen Hobel, der eine Rundung herstellt. Ich werde mal versuchen, deinen Rahmen nachzubauen.

Dein Shootig Board" ist, denke ich, eine Stoßlade.
Interessant finde ich die Idee, einen Hobel mit Schleifpapier zu versehen und dann damit die Gehrung auf der Stoßlade nachzuarbeiten.
Gehrungen bearbeite ich nach dem Sägen auch in der Stoßlade, aber nicht mit Schleifpapier.
Das Problem, dass beim Bestoßen an dem Holz gezogen wird und die Gehrung dadurch ungenau wird, kenne ich.
Deine Problemlösung, Schleifpapier zu verwenden ist einfach und genial zugleich.
Ich hätte allerdings Angst, dass die Gehrung verrundet wird.

Ich habe für meine Gehrungslade eine Konstruktion, bei der das Werkstück 45° in der Senkrechten steht.
Ursprünglich habe ich das Teil gebaut, um Gehrungen zu bearbeiten, die länger sind als mein Bestoßhobel hoch ist.
Ich musste mal mehrere Kisten mit Gehrung bauen.
Der Vorteil ist, dass die Kraftrichtung so senkrecht zum Werkstück bleibt und an dem Werkstück nicht gezogen wird.
Ist erstaunlich präzise (meistens ;) )

Viele Grüße

Markus
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