Werkbericht Wunderkammer *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Dirk Baltzer
Beiträge: 129
Registriert: Sa 9. Feb 2013, 15:05
Wohnort: 61476 Kronberg

Wunderbar

Beitrag von Dirk Baltzer »


Ingo,
nicht nur eine Wunderkammer sondern auch ein Wunderwerk.
Das Stück gefällt mir sehr gut und ich staune noch immer.
Die beschriebenen Techniken (das mit dem "Messinglager") sind alle neu für mich und sehr interessant.
Das erinnert mich teilweise an die Röntgen-Möbel, die auch schon mal Thema in diesem Forum waren (High-Tech des 18. Jahrhunderts).
Hast Du die Pläne und Funktionen alle im Kopf gehabt, oder gab es grobe Baupläne?

Aus Japan kenne ich diese Himitzu-bako (Geheimnis-Kästchen wörtlich übersetzt). Dort verschiebt man verschiedene Riegel in bestimmter Reihenfolge, die man an dem Kästchen kaum erkennen kann und dann öffnet sich das gute Stück. Je nach Komplexität gibt es erstaunliche Anzahl von "moves" die man ausführen muss, bevor sich das Kästchen öffnet.
Kennt jemand vielleicht eine Quelle, in der die Bauart dieser Kästchen erklärt wird?

Viele Dank für den Bericht,
Dirk

Stefan Picker
Beiträge: 394
Registriert: Di 13. Sep 2016, 09:54

Re: Wunderbar

Beitrag von Stefan Picker »


Das ist wirklich beeindruckend! Wirklich toll gearbeitet!

Aber vorallem deine folgende Beschreibung fand ich auch beeindruckend:
"Hierbei habe ich einen Denkfehler gemacht und mich später geärgert, ohne eine Zeichnung gearbeitet zu haben."

Ich hätte das so noch nicht mal mit einer Zeichnung hinbekommen!

Schönes Weihnachtsfest,

Stefan

christian Schweizer

Re: Werkbericht Wunderkammer

Beitrag von christian Schweizer »

[In Antwort auf #139748]
Sehr geehrter Herr
darf ich fragen, wo sie die Rosette her haben - wo kann man sie bestllen?
Danke
Christian Schweizer

Ingo Groth
Beiträge: 47
Registriert: Di 26. Mär 2013, 20:30

Re: Werkbericht Wunderkammer

Beitrag von Ingo Groth »


Hallo Herr Schweizer
Ich nutze auf meiner selbstgebauten Maschine zwei Sätze der Rosetten für die "Lindow White Rose Engine". Die Rosetten mit hoher amplitude für Holz und die mit niedriger, für das Guillochieren.
David Lindow ist sehr freundlich und bemüht - allerdings sind die Rosetten "zöllig". Meine Maschine und weitere Arbeiten können sie auch auf unserer Homepage der "Ornamental Turners International" sehen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.
Schöne Grüße
Ingo



Joachim Thiel
Beiträge: 188
Registriert: Di 25. Okt 2016, 14:52

Re: Werkbericht Wunderkammer *MIT BILD*

Beitrag von Joachim Thiel »

[In Antwort auf #139748]
Hallo Ingo
Eigentlich lese ich hier alle Beiträge.
Auf diesen wurde ich aber erst durch die Anfrage von Cristian Schweitzer aufmerksam.
Ich finde deine Arbeit sehr interessant ,danke fürs zeigen.
Kürzlich wurde mir eine Inspektion an Angelas Waschmaschine aufgenötigt.
Da dieses Umfeld wenig entspannend ist, hatte ich mir einen Besuch im Deutschen Technikmuseum erlaubt.
Denke die haben 5-6 Guillochiermaschinen die nach verschieden Verfahren arbeiten.
Die Goldschmiedin hat über 30 min geduldig meine Fragen beantwortet,
ich hab leider den Ablauf nicht verstanden.
Einzig dieses Bild hab ich gemacht,
ein undurchschaubares Kunstwerk diese Geräte.
Magst du deine kunstdrehbank mal vorstellen?
Gruß Joachim


Ingo Groth
Beiträge: 47
Registriert: Di 26. Mär 2013, 20:30

Re: Werkbericht Wunderkammer *MIT BILD*

Beitrag von Ingo Groth »


Hallo Joachim!
Vielen Dank für Dein Interesse an mechanischen Manipulatoren! Ich denke jedoch, dass hier nicht genügend Raum ist, die Aspekte dieser Maschinen zu erörtern.
Ich will Dir trotzdem versuchen zu Antworten und es möglichst kurz versuchen:
Diese Maschinen haben eine sehr lange höfische Tradition und die Guillochiermaschinen waren das "Spielzeug" reicher Leute - bis das Automobil kam! Dann war schluss! Die letzte Maschine wurde 1948 gebaut.
Die Maschinen sind heute ( wie damals) kaum zu bezahlen, geschweige denn zu bekommen.
Eigentlich sind die "Manipulationen"leicht zu verstehen wenn man mal die ganze "Peripherie" abbaut:

Grob unterteilt gibt es 4 verschiedene "Grund"-Manipulationen:
a) Ornamentaldrehen: dazu reicht eine "normale" Drehbank/Drechselbank. Eine Teilscheibe ermöglicht mit verschiedensten Vorsätzen eine unzahl dekorativer Verzierungen. Die Teilscheiben siehst Du in der Mitte der Maschine.
b) Querpassig-drehen: Der sich drehende Spindelstock wird über eine sogenannte "Patrone" durch einen Abtaster hin- und herbewegt. Die Form der Patrone wird dabei dupliziert, vergrößert oder verkleinert. Durch die Wahl des Abtasters, die wahl der Bearbeitungsseite und weiterer Faktoren (auf der Futterseite-) lassen sich unzählige Manipulationen herstellen.
c) Längspassig-drehen: Hierbei wird die Welle nicht hin- und her, sondern vor- uind zurück bewegt.Hierfür sind bei mir die oberen Linearlager:

d) Geradzug- Manipulationen: Hierbei wird durch einen Vorsatz (oder durch eine gesonderte Maschine) die Drehbewegung über ein Getriebe in eine gerade Bewegung, und das entweder in geraden Linien oder in "gewellten" geraden umgewandelt. Diese Technik findet man sehr häufig in der Schmuck und Uhrenproduktion (Zifferblätter). aber auch Möbel lassen sich damit interessant gestalten:



Die Patronen sind auf der Welle zwar fest, aber auch verdrehbar angeordnet. Es gibt jeweils Markierungen für genau die Hälfte aller Teiler für jede Patrone: Besteht also eine Patrone aus 24 "Tälern", bzw. "Spitzen", lässt sich diese Patrone jeweils um 1/48tel auf der Welle drehen. Dadurch lassen sich leicht "Korbmuster" auf dem Werkstück herstellen.


So einfach diese Maschinen im Grundsatz aufgebaut sind, liegt die "Tücke" im Detail! Die Maschinen übertragen jegliche Vibration auf das Werkstück - und das Menschliche Auge ist unerbittlich - soll es gerade durch das Guillochieren getäuscht werden. Macht man also einen kleinen Fehler ist das Werkstück hinüber - das ist in einer Lernphase besonders bedauerlich da es häufig vorkommt, und die Stücke in Silber oder Gold nicht gerade in die Mülltonne fliegen können... . Und wenn auch meine Maschine zum Teil durch Motoren unterstützt wird, bleibt es Handarbeit. Guilloche à la main (Guilloche von Hand) ist ein besonderes Prädikat.

Wer in die Materie tiefer einsteigen möchte, sollte sich bei "Ornamental Turners International" oder "the-sot.com" (Society of Ornamental Turners) umschauen. Auch gibt es inzwischen sehr viele schöne Videos bei youtube: einfach mal "Rose Engine", Ornamental Turning" oder "Guilloche" eingeben. Dort kann man die Maschinen dann mal in Aktion erleben.

Ich hoffe, Euch nicht gelangweilt, oder den Platz gestohlen zu haben ....
Es grüßt Euch alle
Ingo



daniel s
Beiträge: 279
Registriert: Mi 13. Aug 2014, 13:39

Re: Werkbericht Wunderkammer

Beitrag von daniel s »


Hallo Ingo,

Ich danke dir vielmals für das kurze Anschneiden dieser Technik(en). Ich glaube nicht dass es jemanden gelangweilt hat, bin mir sogar sicher, dass du einige doch ziemlich neugierig auf mehr gemacht hast :) Da schließe ich mich auf jedenfall ein.

Das die Maschinen unbezahlbar sind, hat scheinbar dazu geführt, dass sie dank der heutigen Möglichkeiten verhältnismäßig leicht nachgebaut werden, sehe ich das richtig?

Also besten Dank nochmal, und gerne mehr davon!

schönen Gruß
Daniel

Joachim Thiel
Beiträge: 188
Registriert: Di 25. Okt 2016, 14:52

Re: Werkbericht Wunderkammer

Beitrag von Joachim Thiel »


Hallo Ingo
Danke für deinen Beitrag
So schnell und in dieser Ausführlichkeit hatten ich es nicht erwartet.
Werde es noch öfters lesen müssen bis die einfachsten Bewegungsabläufe verstanden sind.
Wenn auch nach der "Schicht" nicht mal ein Fingerhut voll Späne ist,
so kann ich mir vorstellen ,dass nur mit höchster Konzentration es ein brauchbares Ergebnis gibt.
Technik ist nie langweilig , deshalb nochmal danke fürs zeigen
Gruß Joachim


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