Herstellen einer Gratleiste

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Guido Henn
Beiträge: 768
Registriert: Do 7. Dez 2017, 18:02

Re: Gratleiste (konisch oder nicht?)

Beitrag von Guido Henn »

[In Antwort auf #4455]
Hallo Wolfgang,

da hast du Recht, der Hauptgrund warum eine Gratnut (und gleichzeitig auch die Gratfeder in der gleichen Schräge!) konisch verlaufen soll, ist auch nicht die Präzsion, sondern die Keilwirkung einer konisch zulaufenden Nut und Feder beim Reinschlagen. Dadurch sitzt die Feder absolut stramm in der Nut. In den Fachbüchern steht, dass die Verjüngung ca. 1-2 mm betragen soll.

Ich habe schon sehr viele Gratnuten und Federn mit der Oberfräse hergestellt und da ich mit
einer Oberfräse eine 10tel mm genaue Gratnut und auch Gratfeder fräsen kann, die absolut passgenau sind, habe ich bisher eine konisch zulaufende Nut bzw. Feder noch nicht vermisst.

Aber dein Einwand ist richtig und ich bin sogar der Meinung, dass eine konisch zulaufende Gratnut auch noch weniger "Einpassarbeiten" bzw. Einstellarbeiten benötigt, weil ich die Feder ja wie einen Keil in der Nut dosieren kann (mehr oder weniger stramm), sogar ein "nachjustieren" wäre möglich. Also spricht alles dafür in Zukunft konisch zu graten - deshalb bin ich froh, dass du diesen Einwand gebracht hast.

Ich muss allerdings widersprechen, dass die Schräge mit einer Maschine aufwendiger herzustellen ist als von Hand. Ich habe es zwar nur im Zuge meiner Ausbildung einmal von Hand machen müssen, aber das hat mir dann auch gereicht ;-) . Zumal die Investitionen nicht ganz ohne sind: da ist der Grathobel, der Grundhobel und die Gratsäge zu kaufen, bevor ich dann "losgraten" kann. Ich kenne die Preise nicht genau, aber eine Mittelklasse Oberfräse lässt sich sicher genauso dafür kaufen und mit der kann ich noch wesentlich mehr machen als nur graten.

Und wie einfach das mit der Oberfräse gehen würde, sieht man auf dem ersten Bild von mir. Dabei müssten die beiden Leisten, an denen die Kopierhülse vorbei läuft, nicht parallel, sondern eben um die 1-2 mm konisch zulaufen und schon ist auch die Gratnut konisch und absolut präzise uznd gleichmäßig.

Für die Herstellung der konischen Gratfeder braucht man allerdings einen Frästisch oder eine Tischfräse. Wie das geht habe ich in dem Beitrag oben vom 18.07. beschrieben.

Auf jeden Fall glaube ich, dass es erstens schneller (was ja nicht unbedingt ein Argument sein soll) und zweitens präziser als von Hand geht und vor allen Dingen kann es eigentlich jeder und muss nicht erst wochenlang, wenn nicht gar monatelang den Umgang mit Hobel und Säge üben. Das kann mitunter sehr frustrierend sein. Wenn das Graten von Hand klappt, kann es aber auch sehr befriedigend sein, dass möchte ich auch nicht unterbewerten und muss jeder für sich selbst entscheiden. Nur einfach ist das Graten von Hand auf keinen Fall!

Gruß Guido

Guido Henn
Beiträge: 768
Registriert: Do 7. Dez 2017, 18:02

Re: Herstellen einer Gratleiste (noch ein Bild)

Beitrag von Guido Henn »


Hallo Bernhard, hallo Christian,

Christian hat völlig Recht, ich habe einfach auf die Stangen des Parallelanschlags einen weiteren von der anderen Seite aufgeschoben. Dadurch ist das Werkstück quasi eingeklemmt und kann nicht verrutschen. Dies kann man auch sehr gut beim Fräsen von Zapfenlöchern einsetzen oder auch beim Nuten, egal ob eingesetzt oder durchgehend, das klappt hervorragend und die Fräse kann nicht wegdriften.

War gerade mit der Antwort auf Wolfgang Jordans Beitrag beschäftigt, der übrigens hoch interessant war und mich doch etwas anders über konisch zulaufende Gratnuten denken lässt, als ich es vorher getan habe.

Gruß Guido

Guido Henn
Beiträge: 768
Registriert: Do 7. Dez 2017, 18:02

Re: Herstellen einer Gratleiste (noch ein Bild)

Beitrag von Guido Henn »

[In Antwort auf #4453]
Hallo Roy,

die Gratnuttiefe sollte ca. eindrittel der Holzstärke betragen.
Die Schräge des Grates sollte zwischen 10-15 Grad betragen.

Die Höhe und Breite der Gratfeder richtet sich nach dem Verwendungszweck. Willst du beispielsweise eine 40 mm dicke Tischplatte gegen "Werfen" schützen, muss die Gratfeder schon eine ordentliche Höhe bekommen, damit sie diese Aufgabe auch erfüllen kann. Denn eine zu dünne Leiste wird mit "krumm" gezogen. Ich denke ein guter Anhaltspunkt ist mindestens die 2-2,5 fache Holzstärke der Platte, also bei 40 mm wären das so 80-100 mm. Es muss halt auch noch optisch gut aussehen und evtl. von Fall zu Fall entschieden werden.

Gruß Guido

Roy Latsch
Beiträge: 167
Registriert: Fr 9. Dez 2016, 16:42

Re: Herstellen einer Gratleiste (noch ein Bild)

Beitrag von Roy Latsch »


Hallo Guido,

also die Tiefe der Nut habe ich intuitiv richtig gemacht, nämlich 1/3 von einem 18mm Brett.
Ich baue gerade einen Wickelaufsatz, dessen seitliche, senkrechten Bretter ich an den Hirnholzseiten mit gegrateten Holzleisten am werfen hindern möchte. Auch die waagerechte Wickelplatte möchte ich in dieser Weise mit den senkrechten Seitenteilen verbinden. Es ist das erste Mal, dass ich so etwas versuche. Allerdings habe ich wahrscheinlich schon den ersten Fehler gemacht, als ich die erste Gratfeder auf die ganzen 30cm in die Hirnholznut verleimt habe.

Das Problem an der Herstellung der Nut- und Federverbindung war für mich die Feder in der richtigen Dicke herzustellen. Die Nut habe ich einfach mit dem Schwalbenschwanzfräser (Breite 12,7mm) bei einer Tiefe von 6mm gefräst. Die Feder in der richtigen Breite, also ebenfalls (knapp) 12,7mm am äußeren Ende zu fräsen, war die Crux. Gibt es eine Regel, wie ich den richtigen Abtrag zur Herstellung der Feder einstelle? Also, wie weit muss der Fräser-Parallelanschlag beim gegebenen Beispiel Federbrett = 18mm und größte Federbreite = 12,7mm sein?
Wie schon gesagt, ich habe es über rantasten ja hinbekommen, aber mit einem Schubs in die richtige Denkrichtung wäre mir bei der Herstellung zukünftiger Verbindungen wirklich geholfen.
Vielleicht kannst Du beschreiben, wie Du Deine Federn bei gegebener Nutbreite herstellst. Du würdest einem auf dem Schlauch stehenden Bastler einen großen Gefallen tun.

Viele Grüße
Roy

Uwe Linke
Beiträge: 487
Registriert: Mo 31. Mai 2021, 18:42

Re: Herstellen einer Gratleiste (noch ein Bild)

Beitrag von Uwe Linke »


Ein Schubs in die richtige(?) Richtung (aber nur wenn Du eine Menge Geld über hast) wäre vielleicht die Woodrat http://www.woodrat.com/

Feed the 'Rat

Uwe


Roy Latsch
Beiträge: 167
Registriert: Fr 9. Dez 2016, 16:42

Re: Herstellen einer Gratleiste - Woodrat

Beitrag von Roy Latsch »


Hallo Uwe,
ich kenne Deine Begeisterung für die Ratte aus Deinen Beiträgen. Ich kenne das Gerät nicht, habe mir aber mal ein Prospekt für die Leigh D4 schicken lassen und glaube, dass es ähnlich funktioniert. Das sind wirklich tolle Geräte - ich war begeistert von den Verbindungen der D4 - aber das ist alles außerhalb meines Budgets.
Also muss eine "vernünftige" Lösung her - auch wenn ich gerne unvernünftig wäre...
Gruß Roy

Uwe Linke
Beiträge: 487
Registriert: Mo 31. Mai 2021, 18:42

Re: Herstellen einer Gratleiste - Woodrat

Beitrag von Uwe Linke »


Roy,

diese begeisterten Beiträge schreibe ich nur, _weil_ ich unvernünftig war und jetzt irgendeine Rechtfertigung brauche.
Zur D4 - ein sehr tolles Teil, aber Woodrat und Leigh D4 arbeiten _sehr_ unterschiedlich. Aber am Ende kommt oft gleiches heraus und das ist das was zählt.

Feed the 'Rat

Uwe


Detlef Fallisch
Beiträge: 418
Registriert: Fr 5. Apr 2019, 10:24

Re: Herstellen einer Gratleiste - Woodrat

Beitrag von Detlef Fallisch »


Hallo Uwe,

hier ist der andere "Ratten-Fan". Ganz so einfach scheint das Herstellen einer Gratleiste auch auf der Woodrat nicht zu sein. Ich weiß nämlich immer noch nicht, wie ich die Gratleiste in der w oodrat festklemmen soll. Die normalen "cam locks" (für die bedauernswerten woodworker die noch "rattenlos" sind: das sind die Standard-Klemmvorrichtungen an der woodrat, mit der das Werkstück gehalten wird), können dazu jedenfalls nicht benutzt werden.

Kannst Du mal beschreiben, wie Du eine Gratleiste (z.B. 20x30x250mm) in der woodrat befestigst?

Bis jetzt finde ich das Verfahren von Guido mit den beiden Parallelanschlägen sehr viel einfacher.

Gruß Detlef

Uwe Linke
Beiträge: 487
Registriert: Mo 31. Mai 2021, 18:42

Re: Herstellen einer Gratleiste - Woodrat

Beitrag von Uwe Linke »


Detlef,

benutze das 'mortise rail' oder eine ähnliche Hilfskonstruktion, die Du zwischen den beiden 'cam locks' befestigt. Dann befestige Deine Leiste mit Zwingen am 'mortise rail' und fräse so, wie im Video über die 'sliding dovetails' zu sehen ist - ich nehme an, Du hast das Video?

Feed the 'Rat

Uwe


Guido Henn
Beiträge: 768
Registriert: Do 7. Dez 2017, 18:02

Re: Herstellen einer Gratleiste (noch ein Bild)

Beitrag von Guido Henn »

[In Antwort auf #4480]
Hallo Roy,

ich bin in der glücklichen Lage einen selbstgebauten Frästisch zu besitzen, auf dem ich mit wenigen Handgrifen eine perfekt auf die Nut abgestimmte Feder fräsen kann. Allerdings muss ich mich hier auch "rantasten", das geht leider nicht anders.

Zunächst baue ich den gleichen Fräser mit dem ich die Gratnut gefräst habe, auch in den Frästisch ein, dann nehme ich ein kleineres Reststück (nicht direkt das Original nehmen), das aber genau die gleichen Querschnittsmasse hat, wie die Original-Graftfeder. Dann stelle ich die Höhe des Fräsers auf die vorher gefräste Nuttiefe ein (eher minimal weniger einstellen, auf keinen Fall zu viel!). Jetzt wird der Fräsanschlag so "Pi mal Auge" grob voreingestellt und eine Probefräsung gemacht. dabei wird die Leiste von beiden Seiten am Anschlag vorbei geschoben, so dass sich eine "schwalbenschwanzförmige" Gratfeder ergibt. Dann wird probiert, ob die Feder stramm (aber nicht zu stramm!) in die Nut passt, wenn nicht wird der Anschlag entsprechend verstellt und wieder beide Seiten der Gratleiste angefräst. Der Vorteil beim Frästisch ist, dass der Anschlag wirklich 10tel mm genau verstellt werden kann, dazu muss er nicht an beiden Seiten gelöst werden, es reicht aus wenn nur eine Seite leicht verschoben wird. Wir arbeiten ja nicht auf einer Kreissäge!

Ohne Frästisch ist es wirklich schwieriger, so dass man sich ein solches Teil unbedingt anschaffen sollte, zumal man mit einem Frästisch noch sehr viele herrliche andere Sachen machen kann.

Gruß Guido

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