Christof Hartge: Hobel und Stecheisen von Hand schärfen

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Hobel und Stecheisen von Hand schärfen

Ein Hobeleisen oder Stecheisen zu schärfen ist eine Kunst, die recht bald nötig wird, was immer die Hersteller auch versprechen. Es bereitet aber auch Vergnügen. Schärfen von Hand ist keineswegs so schwer und zeitraubend wie man meinen möchte. Gewöhnlich braucht es kaum mehr als 1-5 Minuten. Übung ist allerdings erforderlich und braucht die meiste Zeit. Die Leserin und der Leser werden hier zuerst Anmerkungen zum Arbeitsplatz und allgemeine Voraussetzungen finden (1.) und kurze Bemerkungen zu den Schärfverfahren (2.). Dann folgt das Erkennen der Unschärfe (3.), das Schleifen der Spiegelseite (4.), das Schleifen der Fase, schließlich das Abziehen (5.) und das Erkennen der Schärfe eines Eisens (6.)

1. Der Arbeitsplatz

Um gut Schärfen zu können braucht der Holzwerker, die Holzwerkerin gutes Licht. Tageslicht ist unschlagbar gut. Eine Fensterbank ist deshalb ein geeigneter Ort, um zu schärfen. Nicht schaden kann es, wenn man noch eine zweite Lichtquelle parat hat, die ein direktes gerichtetes Licht abgibt. Dunkle Ecken in der Werkstatt sind zum Schärfen ungeeignet.

Gemütsruhe ist eine zweite wichtige Voraussetzung. Diese Anforderung mag merkwürdig klingen bei einem technischen Vorgang, dennoch hat mich die Erfahrung gelehrt, das innere Unruhe, Eile, der Wunsch unbedingt schnell noch was zu machen zu schlechten Schärfergebnissen führen. Ein Bildhauer in der Nachbarschaft hat mir das bestätigt: "An bestimmten Tagen schärfe ich überhaupt nicht." Es hängt wohl damit zusammen, dass Schärfen eine Mischung aus Konzentration und Körperbeherrschung bedeutet, die im Status innerer Unruhe nunmal nicht zu erreichen ist.

2. Die Schärfverfahren

Allen Schärfverfahren gemein ist, dass sie in mehreren Stufen, meist zwei bis vier, die Schneide verfeinern. Nicht vergleichbar sind die Körnungen. Ein 1000er Stein entspricht keineswegs 1000 er Schleifpapier.

a) Sandsteine, belgische Brocken, Arkansassteine

Dies Verfahren hat wohl die längste westliche Tradition. Auf einem runden Schleifstein werden die Schneiden gerichtet und geschärft und auf den harten und feinen Abziehsteinen abgezogen. Als Spülmittel der Abziehsteine wird Öl benutzt, der Sandstein läuft im Wasser.

  • Japanische Wassersteine Sind im Unterschied zum Arkansasstein sehr weich und schleifen schnell, als Spülmittel dient ausschließlich Wasser. Eine typische Zusammenstellung von Körnungen ist etwa: 300, 1000, 3000, 8000.
  • Diamantsteine
  • Gibt es nur in relativ groben Körnungen (200-1000). Dafür arbeiten sie mit jedem Stahl zusammen und nutzen sich nur sehr langsam ab.
  • Naßschleifpapier wird mit Sprühkleber auf einer ebenen Unterlage (Glasplatte) befestigt. Typische Körnungen sind 300, 600, 1000, 2000.
  • Schärf- und Polierpasten, die auf eine ebene Oberfläche gegeben werden.

Alle diese Verfahren führen zum Ziel. Sie lassen sich auch kombinieren. Welches man bevorzugt hängt sehr von den Werkzeugen, den Stählen und den persönlichen Umständen ab. Mehr dazu findet sich im Kapitel Schärfwerkzeuge. Weiterhin sollte man am Arbeitsplatz einen Winkel und einen Winkelmesser haben.

2. Vorarbeiten: Das Einebnen der Spiegelseite

Eine Schneide wird von zwei Seiten gebildet. Die Spiegelseite liegt auf der gegenüberliegenden Seite der Fase. Die Spiegelseite muß auf mindestens 1-2 cm ab der Schneide so plan und blank sein, dass sie ihren Namen verdient. Hat man ein altes Eisen vor sich, oder eines dass überhaupt in schlechtem Zustand ist, hat man noch Arbeit vor sich, die auch ruhig mit gröberen Körnungen beginnen kann. Man muß das ja nur einmal machen. Ein gutes Zeichen ist es, wenn das Eisen anfängt zu kleben. Das Eisen ist jetzt so plan, dass die Kohäsionskräfte immer größer werden. Am Schluß sollten sie jedenfalls mit dem Hobeleisen die Buchstaben einer Zeitung lesbar auf der Spiegelseite abbilden können.

3. So nimmt alles seinen Anfang, oder: Wie erkenne ich Unschärfe?

Gerne loben Holzwerker Schärfe eines Eisens, aber wie erkennt man die Unschärfe? Dies rechtzeitig erkennen zu können, ist noch viel wichtiger. Denn je früher man schärft, desto besser.

  • Erstes sicheres Erkennungsmerkmal ist das Verhalten des Werkzeugs. Ein stumpfes Stemmeisen vermag keine Späne auf Hirnholz zu schneiden und hinterläßt dort auch keine glänzende Oberfläche. Ein stumpfes Hobeleisen führt zu rattern, der Hobel läuft nicht, die Holzoberfläche glänzt nicht und auf Hirnholz entsteht nur Staub im Hobelkasten.
  • Unschärfe läßt sich aber auch am Eisen erkennen, auch ohne Lupe: Ausbrüche sieht man schon, wenn man die Schneide bei gutem Licht vor einen dunklen Hintergrund hält, oder auch längs über die Schneide peilt und ein wenig das Licht darüber wandern läßt. Feine Unschärfen sind zwar eigentlich ohne Mikroskop nicht sichtbar, haben aber die angenehme Eigenschaft Lichtreflexe zu erzeugen. Man halte also die Schneide etwa in Bauchnabelhöhe und lasse Tageslicht oder ein anderes Licht darüber wandern, indem man die Schneide langsam längs und quer hin und her neigt. Wenn die Schneide schon nicht mehr scharf ist, bilden sich mehr oder weniger ausgedehnte Lichtreflexe. Eine scharfe Schneide reflektiert nicht. Die Schwierigkeit besteht darin, daß man das Spiegeln einer polierten Fase von den Unschärfereflexen zu unterscheiden muß. Mit der Zeit geht das aber.

Auch das beste Eisen wird bald die genannten Unschärfezeichen zeigen. Mein persönlicher Ratschlag ist, eher früher als später mit dem Schärfen zu beginnen. Präzise arbeitet man nur mit scharfen Werkzeugen und lange Schärfprozesse führen zu Ungeduld und dann zu einem weniger gutem Schärfergebnis. Wie gesagt mit einiger Übung kann man das ganze auch in 1-5 Minuten, je nach Zustand des Eisens, hinter sich haben.

Ausdrücklich empfohlen sei die Verwendung einer Schärfhilfe. Sie hilft den Fasenwinkel immer exakt einzuhalten. Bekannte Holzwerker wie James Kingshott haben sie verwendet, es ist also in keiner Weise ein Anfängerwerkzeug. Dennoch gibt es auch gute Gründe auf eine Schärfhilfe zu verzichten und freihand zu schärfen: Es geht schneller, speziell Wassersteine nutzen sich weniger ab und immer gibt es Hobel- oder Stemmeisen, die für gerade diese Schärfhilfe nicht passen. Ich werde darum auch eine Anleitung zum freihändig schärfen hinzufügen, ohne damit zu meinen, man müsse das können.

Schneide Aber, wann ist ein Hobeleisen scharf?

Wenn zwei Ebenen, nämlich die Fase und die sog. Spiegelseite in einer mathematischen Linie zusammentreffen. Diese Linie soll meistens rechtwinklig zu den Seiten des Eisens sein.

Soweit zum Ideal, praktisch gelingt das nur näherungsweise. Beginnen wir mit dem


 

4. Schleifen der Fase

In welchem Winkel die Phase zur Spiegelseite zu stehen habe, ist Gegenstand ausgedehnter Diskussionen unter Holzwerkern. Im Kapitel "Schneidengeometrie" findet sich dazu Ausführliches. Hier nur soviel je spitzer der Winkel, desto schärfer und weniger schnitthaltig die Schneide. Umgekehrt wer einen stumpfen Fasenwinkel wählt erhält eine weniger scharfe Schneide, die dafür die geringere Schärfe mit längerer Standzeit entlohnt. Bewährt haben sich Phasenwinkel zwischen 25° und 35°, ich nehme am liebsten 30°, auch für Nadelholz. Fabrikmäßig sind die Eisen oft flacher angeschliffen, 25° und darunter. Das hängt aber nur damit zusammen, das es die Hersteller jedem Käufer recht machen wollen. Wer es so spitz mag, läßt es so, wer stumpfere Winkel bevorzugt hat schnell eine neue Phase angeschliffen.

Wenn es nicht unbedingt nötig ist, sollte man nicht immer mit den groben Körnungen eines Schärfverfahrens starten. Es kann länger dauern, die tiefen Kratzer zu entfernen. 600 er Nasschleifpapier oder ein 1000 er Wasserstein sind ein guter Ausgangspunkt. Kann man es dem Eisen jedoch auf den ersten Blick ansehen, dass es Ausbrüche hat, sollte man auf jeden Fall mit den groben Körnungen beginnen.

4.1 Der Fasenwinkel

Am wichtigsten jedoch ist, daß man den einmal eingestellten Fasenwinkel einhält. Wer eine Schärfhilfe benutzt, hat es leicht. Man bringt mit den Fingerspitzen beider Hände leichten und gleichmäßigen Druck in unmittelbare Nähe der Schneiden. Fast müssen die Fingerkuppen mitgeschärft werden und schiebt das Eisen auf der Schärffläche vor und zurück. Machen Sie ruhig 40-50 Züge. Wenn sie jetzt das Eisen herumdrehen haben sich bereits Teile einer neuen Fase gebildet. Folgende Schärfbilder können sich auf der Fase zeigen:

Fasenwinkel Sie haben Glück, der gewünschte Fasenwinkel ist steiler als der alte. Die neue Phase hat sich bereits an der Schneide gebildet. Wenn Sie Perfektionist sind, machen sie weiter bis die ganze Phase ein einheitliches Reflektionsmuster zeigt, wenn nicht, können sie ihre Schneide bedenkenlos jetzt schon auf feinerer Körnung polieren.


 

Fasenwinkel Manchmal sieht die Schneide so aus.

Dann war die Phase durch Gebrauch eines drehenden Steines leicht hohl geschliffen. Im Prinzip ist das gut. Denn jetzt haben sie eine bequeme Zwei-Punktauflage um ihre Fasenfläche zu vergrößern. Hohlschliff an sich taugt nicht für Hobel- oder Stemmeisen, weil die Schneide zu instabil wird.


 

Hohlschliff Oft aber wird sich folgendes zeigen.

Die Fase war zuvor in Längsrichtung rund. Sie haben nun die Kuppe des Materialberges abgeschliffen und müssen ihn nun weiter herunter arbeiten bis das neue Muster sich zur Schneide erstreckt, erst dann beginnen Sie überhaupt zu schärfen.


 

Fase rundgeschliffen Dieses Fasenbild kann auch so aussehen.

Die Fase ist außerdem in Querrrichtung rund, es wird deshalb zuerst in der Mitte geschliffen. Es ist aber auch möglich, daß der Stein ausgehöhlt ist und zunehmend ausgehöhlt wird. Es ist immer gut, die Planheit von Banksteinen regelmäßig zu überprüfen.


 

Fase auch seitlich rundgeschliffen Am längsten wird das Schleifen der Fase dauern, wenn das Bild so aussieht

Ihr Schärfwinkel ist so flach, daß sich die neue Fase sich vom unteren Rand her bildet. Überlegen sie sich gut, ob sie dass wirklich wollen.


 

Ist die Phase mit einer Körnung befriedigend gebildet, müssen Sie noch solange weiterarbeiten bis tatsächlich alle Dellen oder kleinen Ebenen verschwunden sind. Sobald das geschehen ist

  • verschwinden Lichtreflexe aller Art
  • und auf der Spiegelseite bildet sich ein Grat der sich mit den Fingerkuppen tasten läßt.

Jetzt könne sie die nächst feinere Körnung wählen und den Vorgang wiederholen, den Grat lassen sie ruhig stehen.

4.2 Rechter Winkel zu den Seiten

Bei allen Bankhobeleisen sollte die Schneide im rechten Winkel zu den Seiten des Hobeleisens stehen. Falls dies nicht der Fall ist: Das Eisen über die Schleifunterlage überstehen lassen und mit der Seite beginnen, auf der zuviel Material ist, mehrere Züge machen und das Eisen langsam untere weiteren Zügen herüberziehen bis es in seiner vollen Breite geschliffen wird. Gegebenenfalls wiederholen, der Fehlwinkel wird kontinuierlich kleiner werden. Dies ist eine sehr präzise Methode, bewußtes Keilen des Eisens ist viel zu ungenau. Besonders wichtig ist der 90° Winkel bei Simshobeleisen, die, falls sie eine schiefe Schneide haben, Falze nicht mehr sauber aushobeln können.

4.3 Leichtes Runden der Kanten

Bei bestimmten Hobeln ist es sinnvoll, das Eisen leicht (im 100/el mm-Bereich) zu runden. Die meisten Bretter sind breiter als das Hobeleisen. Also entstehen leichte Kanten, wenn ein neuer Span in der Fläche abgehoben wird. Ein leicht gerundetes Eisen macht diese Kanten unsichtbar. Es genügt beim Schärfen am Schluß den Druck mal auf die rechte bzw. linke Seite zu verteilen, um eine genügende Rundung zu erreichen.

Auf keinen Fall darf man Simshobeleisen so bearbeiten, die sonst unerwünschte Kleinfalze produzieren.

4.4 Freihändig Schärfen

Für alle diejenigen die das Schärfen gerne freihändig versuchen wollen, noch ein paar zusätzliche Tips:

Die Handhaltung ist anders: Falls Sie Rechtshänder sind legen sie die Finger der linken Hand knapp mit gleichmäßigen Druck über die Spiegelseite. Die rechte Hand stützt das Eisen von unten. Alles liegt daran den einmal gewählten Winkel möglichst geringfügig zu variieren. Experimentieren sie mit verschiedenen Bewegungsabläufen. Mein Schlüsselerlebnis war es, als ich die Arme entspannt ruhig gehalten habe und statt dessen den ganzen Körper habe wippen lassen.

Stellen sie einen Fuß dazu nach vorne und schieben sie den Körper über den Zehballen des anderen Fußes vor und zurück, als wollten sie einen Schritt nach vorne machen, überlegten es sich aber im letzten Moment anders. Funktioniert, ehrlich war. Als Hilfe welcher Winkel den richtig sein könnte legen sie doch ruhig irgend etwas mit einem 30° Winkel neben die rechte Hand. Nach einer Weile, weiß es dann die Hand von alleine. Wichtig ist, daß sie nicht alle fünf Züge nachschauen, was sich so getan hat. Schärfen sie ununterbrochen etwa fünfzig Züge, die so entstandene neue Fase wird ihnen eine Hilfe für die weitere Arbeit werden.

Bei Banksteinen ist es wichtig, möglichst die ganze Fläche zu nutzen. Fahren sie deshalb in schmalen Ovalen über den Stein, die auch die Schmalseiten der Steine mit abnutzt.

Viele Holzwerker und Holzwerkerinnen bevorzugen es, den Fasenwinkel auf der feinsten Körnung, die ihnen zur Verfügung steht, um 2-3° zu erhöhen. Es bildet sich eine sehr schmale aber durchgängige zweite Fase.

Der Vorteil dieses Verfahrens ist, daß sich eine stabile Schneide nur an der Stelle bildet, an der es nötig ist und verbliebene Kratzer gröberer Körnung mit höherer Sicherheit auspoliert werden. Der Nachteil ist, daß diese zweite Fase bei weiterem Nachschärfen dazu neigt breiter zu werden, sie muß aber vollständig wieder entfernt werden und das kann leicht mißlingen. Ich schärfe daher eine durchgängige 30° Fase auch auf dem 8000er Stein.

Im Idealfall haben sie jetzt eine plane Fase, die im gewünschten Winkel zur Spiegelseite steht. Aber noch haben sie kein scharfes Eisen, erst müssen sie die

5. Spiegelseite polieren

Ist das Eisen in einem guten Zustand genügen einige Wischer auf der feinsten Körnung und der Grat ist entfernt. Ich habe schon die Erfahrung gemacht, dass der 8000er einen starken Grat nicht ganz weg bekommt. Es kann deshalb sinnvoll sein, den schon mal mit einem 3000 er zu entfernen.

6. Schärfe erkennen

  • Viele empfehlen die Haare des Oberarms zu rasieren. Ich finde das nicht so aussagekräftig. Eindeutiger sind folgende Kriterien:
  • Ein einigermaßen zuverlässiges Testobjekt für die Schärfe einer Schneide ist eine Zeitungsseite. Man hält sie freischwebend vor sich hin und versucht sie mit frisch geschärften Eisen zu zerteilen: Eine scharfe Schneide zerteilt die Schneide zischend ohne das Papier zu reißen.
  • Ein frisch geschärftes Hobeleisen schneidet Hirnholz
  • und hinterläßt eine polierte Oberfläche von besonderer Tiefe auf gerade gewachsenem Holz.
  • Der Hobel singt in einem unverwechselbaren Ton
  • und - Gipfel aller Seligkeit - lange Späne rollen sich nicht, sondern treten als lange Bahn aus.

7. Zusammenfassung

Man lernt nie aus beim Schärfen Es ist eine Schlüsselfertigkeit für das Holzwerken. Wer die Grundlagen beherrscht, wie ich sie hier hoffe einleuchtend dargestellt zu haben, hat den zusätzlichen Nutzen noch so einiges andere schärfen zu können, das bei anderen stumpf im Messerblock oder Geräteschuppen liegen bleibt.


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