Theorie: oelen, wachsen und pflegen

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PeterQ
Beiträge: 43
Registriert: Mo 14. Aug 2017, 16:41

Theorie: oelen, wachsen und pflegen

Beitrag von PeterQ »


Hallo zusammen,

in den Bereichen Holz oelen, wachsen und pflegen gibt es bereits sehr viel zu lesen, allerdings fehlt mir meistens die Tiefe und deshalb verstehe ich das nicht wirklich. Weiterhin bin ich mir bei meinem momentanen Verstaendnis auch nicht sicher und moechte diesen Beitrag nutzen, um Sicherheit zu gewinnen.
Deshalb seht meine Aussagen mehr als Fragen an und nicht als Behauptungen/Fakten - auch wenn sie so formuliert sein moegen.

Motivation: Ich haben einen Holzfussboden, den ich mit Oel grundiert habe, anschliessend ein Pflegeoel aufgetragen und dann gewachst habe. Nun reinige ich den Fussboden regelmaessig und irgendwann soll er nachgewachst werden. Es gibt dabei eine Vielzahl von Reinigern und anderen Mitteln, die den Fussboden gleichzeitig super reinigen und pflegen sollen.
Ich moechte gerne wissen wie das alles funktioniert und der Prozess ablaeuft.
Genauer: Wie trocknet das Oel, wie funktioniert die Pflege durch Reinigungsmittel genau?

Trocknung der Oele
Fast alle Oele basieren auf Leinenoel - vermutlich laesst sich das sehr gut in grossen Mengen preiswert herstellen - und trocknen schneller oder langsamer. Bei der Trocknung handelt es sich um eine polymere Oxidation, d.h. das Oel reagiert mit dem Luftsauerstoff und es steigert die Molmasse. Klar ist, dass bei der Reaktion die C Doppelbindungen sich ein O aus der Luft schnappen - die Fettsaeuren werden gesaettigt. Dieser Teil der Reaktion findet statt, wenn das Oel mit der Luft in Verbindung kommt. Das Oel wird dann zu einem harten Fett - es trocknet.
Wie die Polymerisation hingegen genau ablaeuft, weiss ich nicht. Zumindest findet die Polymerisation auch ohne Sauerstoff statt, denn das ist der Grund, warum "zu viel" Oel nicht richtig trocknet und irgendwann zu einer klebrige kautschukartige Masse wird.
Die Geschwindigkeit der Reaktion haengt von der Temperatur und dem Sauerstoff ab. Vermutlich regt UV-Licht die Polymerisation an, aber sicher bin ich mir nicht. Ich schliesse das daraus, dass sich ein dunkel, kalt und abgeschlossen gelagertes Oel sehr lange haelt.
Die Trocknungszeit laesst sich nicht generell festlegen, das Oel muss ja auch nicht vollstaendig hart sein, bevor eine weiter Behandlung erfolgen kann.
Wie nennt man das Ergebnis der Trocknung? Ist das ein hartes langkettiges Fett? Es ist zumindest fettloeslich und wird von Tensiden in Wasser geloest.

Grundieren/Oelen - Was ist der Unterschied von einem (Pflege)Oel und Grundieroel?
Ein Grundieroel wird meist auf unbhandeltes Holz aufgetragen und soll fuer einen tiefen Holzschutz sorgen. Ein Plegeoel soll den Schutz der unmittelbaren Oberflaeche verbessern. Beide Oele sollen natuerlich auch schnell trocken, am besten binnen 24 Stunden vorsichtig begehbar sein.
Eine schnellere Trocknung kann durch verkochen des Oels unter Sauerstoffausschluss erreicht werden. Was genau bei dem Kochen passiert, weiss icht nicht. Es geht wohl ueber die trivial Reduzierung hinaus. Die Viskositaet steig jedoch, wodurch die kapliare Steighoehe sinkt. Somit sinkt auch die Faehigkeit, tief in das Holz einzudringen. Fuer ein Plegeoel nicht weiter tragisch, fuer ein Grundieroel schon, denn das soll tief eindringen.
Verkochtes Leinoel wird wohl auch als Hartoel bezeichnet.
Verduennt man das Hartoel mit z.B. Terpentinoel oder Orangenoel(?), so dringt es wieder tiefer ein. Das verduennte Oel nennt man wohl Halboel und somit stellt sich die Frage, ob alle schnell trocknenden Grundieroele auch Halboele sind oder - auf Grund der Anwendung - sein sollten.
Fuegt man dem Oel jetzt noch sog. Sikkative hinzu, die die Oxidation beschleunigen, dann spricht man von Leinenoelfirnis. Ich habe mich gefragt, ob das Sikkative auch ein Katalysator ist, aber dem ist wohl nicht (immer) so. Ein historisches Sikkativ war Bleioxid. Vermutlich ist die Trocknungsreaktion mittels des Sikkativ nicht mehr ausschliesslich auf den Luftsauerstoff angewiesen ist.
Deshalb kann man wohl mit Leinoelfirnis dicker aufgetragen und es wird trotzdem hart. Stimmt das?

Dann gibt es noch Standoel, dass seinen Namen aus der historischen Herstellungsart bezieht. Wie das genau funktioniert, weiss ich leider nicht. Standoele sind nochmals viskoser als Firnis und dringt fast gar nicht ins Holz ein und haerten somit fast vollstaendig auf der Holzoberflaeche aus. Standoele werden, soweit ich das gesehen habe, nicht "pur" verwendet sondern nur beigesetzt, um einen besseren Schutz der direkten Oberflaeche zu erreichen.

Wachsen: Wachs gehoert so wie die Fette und Oele zu den Lipiden - also nicht wasserloesslich. Allerdings sind Wachse bei Zimmertemperatur fest und polierbar. Im Zusammenhang mit Holz sind meistens Naturwachse wie Bienen- oder Carnaubawachs gemeint.
Sie dringen also gar nicht in das Holz ein und koenne nur in die Poren poliert werden. Dadurch ergibt sich ein gute wasserabweisende Oberflaeche, die allerdings keinen Tiefenschutz hat, sich abnutzt und somit regelmaesig erneuert werden muss.

Was gibt es nun?
Es gibt tief eindringendes Oel und viskoseres oel, nicht so tief eindringt. Es gibt Oel das schnell trocknet und es gibt Oel das langsamtrocknet.
Viskoses Oel kann verduennt werden, damit es wiederum doch tiefer eindringt.
Es gibt Wachs, der nur auf der Oberflaeche verbleibt und poliert werden.

Jetzt kann man alles vermischen, denn Wachs ist oelloeslich und somit kann man Rohoel, Frinis, Standoel, Halboel, Wachs usw. alles zusammen mischen. Das Ziel ist natuerlich, dass man nicht zig Arbeitsgaenge hat und den Arbeitsgang vereinfachen.
Ich habe mal die Inhaltsstoffe von verschiedene Oelen gesichtet und ich habe schon jede Mischung gefunden. Da gibt es Oele mit Rohl, Sikkativen, Standoel, Verduennung und mikropegmentierte Wachse usw.

Allerdings ist alles ein Kompromis zwischen Tiefenwirkung und Oberflaechenversiegelung. Ein Produkt aus Firnis, Verduennung und ordentlich Wachs wird die Oberflaeche verschliessen, bevor das Oel in der Tiefe getrocknet ist. Ich weiss jedoch nicht, wie das aussieht. Ist es dann unter der Wachsschicht klebrig? Wird das Wachs dadurch angeloest?
Man muss sich also ueberlegen, was man moechte. Stimmt das?

Reinigung: Bei der Reinigung von Dingen hat man vier Einflussfaktoren, um das Ergebnis zu verbessern:
- Chemie: Mehr Reiniger, dann wird der Schmutz schneller geloest.
- Zeit: Wer laenger Putz, reinigt besser
- Temperatur: Wenn den Reiniger waermer ist, loest er den Schmutz besser.
- Mechanik: Mehr Druck beim Putzen hilft.

Moechte man die selbe Reinigungsleistung mit weniger Chemie erziehlen, dann muss man andere Faktoren erhoehen. Z.b. mit waermeren Reinger laenger putzen.

Da im Haushalt nicht nur wasserloesliche sondern auch fettige Schmutzpartikel unseren Boeden, Arbeitsplatten usw. befallen, muessen wir folglich mit Wasser+Tensiden reinigen. Das gefaellt keiner geoelten und/oder gewachsten Oberflaeche, denn diese wird eben so von Tensiden geloest. Um so besser wir reinigen, desto mehr loesen wir die ausgehaertet oel Oberflaeche auf.
Da sich fettige Schmutzpartikel in Oel loesen, koennte man natuerlich auch erst mit Wasser und anschliessend mit Oel reinigen - z.B. einer Leinenoelverduennung. Aber welche Verduennung moechte man schon im ganzen Haus verteilen. Fuer punktuelle Behandlungen eignet sich unverduenntes Oel allerdings sehr wohl.

Rueckfettende Reiniger
Nun gibt es reinigende und pflegende Mittel fuer goelte und gewachste Boeden. Ich habe z.B. den Woca-Refresher hier stehen. Da seht, dass nach der Reinigung die Oelkomponete die Boden schuetzt. Eine Inhaltsstoffelist auf der Verpackung habe ich leider nicht gefunden.
Ich vermute, dass es einfach eine Wasser + Oel Emulsion ist. Das Zeug sieht schon wie Milch aus und ist vermutlich zu den Rueckfettenden-Reinigern zu zaehlen. Ich bin mir nicht sicher wie das funktionieren soll. Die Seife dient als Emulgator und somit kann ich in Seifenwasser auch Oel loesen - diese Wirkung nutzen wir ja auch fuer die Reinigung. Das habe ich mal mit Leinenoel und Leinenoelseife gemacht. Das Produkt richt genauso wie der Woca Refresher.
Wenn ich das richtig verstehen, dann senkt das Oel im Reiniger die fettloesende Wirkung des Reinigers, denn viele der Tenside haften ja schon am Oel. Also muss ich mehr Tenside dem Reiniger hinzugeben, um die selbe Reinigungsleistung zu erhalten - sofern ich das moechte. Dann trage ich den Reiniger auf die Oberflaeche auf. Ein Teil des Reinigers und des Oels bleiben auf der Oberflaeche zurueck. Das Wasser im Reiniger verdunstet und die Tenside und das Oel bleiben zurueck.
Was jemand was nun passiert? Haertet das Oel nun aus? Was passiert mit den Tensiden?

Angenommen das diese Methode der Rueckfettung funktioniert, dann kann man sich das Zeug sehr gut selber mischen. Wenn es nicht funktioniert, ist es herausgeworfenes Geld.
Des Weiteren sind diese ganzen Pakettseifen doch nur milde, verduennte und neutrale Seifen. Muss ich fuer 80% Wasser bezahlen?
Vielleicht werden diese milden rueckfettenden Seifen auch aus Neutralreiniger und Oel gemischt?
Ein milde Seife erhalte ich auch, wenn ich die Haelfte des Neutralreinigers nehme.

Fazit zur Reinigung Man sollte wohl mit so wenig Reiniger wie moeglich reinigen, das Wasser sehr warm machen und wenn es lokal nicht sauber wird, dann kann man immer noch mit erhoetem Druck dem Schmutz beikommen. Sollte das nicht ausreichen, ist eine lokale Behandlung mit Oel eine Alternative.

Abschluss
Jetzt habe ich viel geschrieben, behauptet, vermutet usw. und, wie ich schonmal geschrieben habe, bin ich Laie. Versuche jedoch stets alles akribisch zu verstehen und freue mich ueber Kritik und Antworten.

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