Toleranz

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Christian
Beiträge: 102
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Toleranz

Beitrag von Christian »


Hallo!

Ich bräuchte einmal euren Rat. Ich bin etwas pedantisch veranlagt und möchte immer absolute Genauigkeit haben. So habe ich meine CS70 so eingestellt, daß die Schnitttoleranz bei ca. 0,03mm auf 200mm Schnittlänge liegen dürfte. Mich würde aber einmal interessieren, welche Abweichungen eigentlich tolerierbar sind oder aber gar nicht feststellbar sind. Wie stellt ihr denn eure Maschinen ein und was ist für euch bei Rahmenkonstruktionen oder Korpusmöbeln euer "Genauigkeitsziel"

Danke und viele Grüße
Christian



Wilhelm Neunteufel

Re: Toleranz

Beitrag von Wilhelm Neunteufel »


Bei Holz ist eine Toleranz von 0,5 mm durchaus zulässig, was nützt es wenn ich Möbel auf 1/100 mm fertige, sofern das überhaupt möglich ist, wenn sich dann die Luftfeuchtigkeit ändert ist die Genauigkeit wieder dahin. Meiner Meinung nach ist bei lebenden Werkstoffen ein Übermass an Genauigkeit ein beträchtlicher unnötiger Mehraufwand, natürlich dann nicht wenn es darum geht dass sichtbare Teile gleiche Länge haben sollten, das absolute Mass ist nicht so wichtig.

Dieter Macher

Re: Toleranz

Beitrag von Dieter Macher »


Hallo Christian, hallo Wilhelm,

Ich habe kürzlich erst gelesen - leider weiß ich nicht mehr genau wo - das der Prüfungsausschuß für die Schreinermeister-Prüfung ein Toleranzmaß von 0,2 mm "anlegt" - nagelt mich aber bitte nicht fest......
Ich habe in meinem Bekanntenkreis jemanden, welcher laut eigener Aussage in der Lage ist, Balsaholz auf der Hundertsel-Millimeter genau zu bearbeiten -
Ich denke, bei so einer Aussage kann man sich einen weiteren Komentar sparen, oder?

Grüße DM

Detlef Fallisch
Beiträge: 418
Registriert: Fr 5. Apr 2019, 10:24

Re: Toleranz

Beitrag von Detlef Fallisch »


Hallo Dieter,

die richtige Antwort auf so eine schwachsinnige Behauptung heißt: Na und! Ich kann auf ein Tausenstel Millimeter genau drehen!

Weitere Kommentare erübrigen sich!

Gruß Detlef

Dietrich
Beiträge: 4730
Registriert: Mo 27. Okt 2014, 22:01

Re: Toleranz

Beitrag von Dietrich »


Hallo Holzwerker,

meiner Meinung kann man nicht alles über einen Kamm scheren. Ein eingesetztes Türblatt in Rahmenbauweise fertige ich mit 2mm Luft rundherum (welch Schande:-), wenn das eine Blatt 0,5mm größer ist, sieht dies kein Mensch:-))
Eine Verbindung, ob nun an TKS, TF, oder mit der OF geschnitten, sollte die Genauigkeit nutzen die die jeweilige Maschine hergibt, etwa 1/10mm!

Gruß Dietrich

PS: unser alter Mathematik, Physik und Chemie Lehrer sagte immer: "nichts kennzeichnet mathematisches Unverständnis mehr, als die unnötige Angabe von Stellen hinter dem Komma", gilt so auch in abgewandelter Form auch für die Holzbearbeitung!

Andreas Meisel
Beiträge: 442
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Toleranz

Beitrag von Andreas Meisel »


Hallo miteinander!

Ich kann mich jenen, die nicht glauben soooooo genau arbeiten zu können (ich gehöre auch dazu), nur anschließen! Vieles braucht zB. einfach ein wenig Luft. Und Holz kann wie auch bereits angesprochen, sehr starke Quell- und Schwindvorgänge durchmachen, die jede Genauigkeit von einem Hunderstel völlig zunichte machen. (ich bin schon froh, wenn die Zehntel auf +- 0,3 mm passen)

Außerdem frage ich mich, wie man zB. hundertstel mm misst! Wenn man eine zB. Schiebelehre auf einem Holzstück ansetzt, wird man schon über die Kraft mit der man den Messschenkel zusammenschiebt 'erhebliche' Maßänderungen (1/100) feststellen . . .
Misst man eine Länge, wird man über die Ungenauigkeiten beim Anhalten des 0-ers wahrscheinlich schon bis zu 0,1 mm Fehler machen.

Außerdem haben die Messmittel (auch teure) ja auch oft 'erhebliche' Ungenaugkeiten, insbesondere wenn es um große Längen geht. Zwei Stahlmaßbänder der Genauigkeitsklasse 2 (bin mir jetzt aber nicht sicher, ist schon lange her, dass ich das gelesen habe) nebeneinander abgerollt, dürfen auf 1m um bis zu 0,5 mm abweichen!, 0-8-15 Massbänder vom Baumarkt weichen manchmal auch bis zu 2 mm ab(selbst ausprobiert!).

Ich will niemandem den Glauben an seine Perfektion abreden, aber Fehler gehören zu unserem Leben einfach dazu. Der Mensch ist nunmal ein 'Vieleskönner', dafür kann er/wir halt nichts wirklich perfekt,-))

Beste Grüße und nichts für ungut

ANDI

Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

If the eye says it´sright, it is right

Beitrag von Gerhard »


Hallo,

ich lese gerade "Tage Frid teaches woodworking". Ein tolles Buch von einem sehr pragmatischen Holzwerker. Tage Frid ist leider dieses Jahr gestorben, auf den Seiten von Taunton press findet Ihr sowas wie einen Nachruf (verlinkt auch auf einen weiteren Artikel):

http://www.taunton.com/finewoodworking/pages/frid.asp

Dort habe ich vor ein paar Tagen diesen Satz von Frid gelesen:

If the eye says it´sright, it is right

Ich denke der paßt ganz gut zum Thema. Und wenn das jemand sagte, der Schwalbenschwanzzinken mit einer Gestellsäge exakter schntt, als ich das mit einer Japansäge jemals hinbekommen werde, wird er schon wissen wovon er redet.

Ich weiß nicht mehr, wer im Forum mir das Buch von Frid empfohlen hat, war jedenfalls ein sehr guter Tip. Bei vielen Anleitungen steht dann auch dabei, wie man vieleicht noch was retten kann, wenn´s eben nicht so genau funktioniert hat.

Gerhard


Dieter Macher

Re: Toleranz - Realität & Wunschdenken

Beitrag von Dieter Macher »

[In Antwort auf #4825]
Hallo nochmal an Alle,

Bezüglich der Toleranzen beim "Holzbau" möchte ich noch etwas loswerden:
Ich baue ich erster Linie Schatullen und fertige Drechselware an.
Die " Genauigkeit" beim Drechseln kann der Dreher zum Glück selbst bestimmen, sie ist eng an die Fähigkeiten des Drechslers gebunden, und steigert sich im Laufe "seiner Karriere" - so jedenfalls meine Erfahrungen.
Beim Anfertigen der Schatullen halte ich es wie folgt:Die " Grundgröße " wird im Prinzip durch das Objekt, welches später dauerhaft darin verwahrt werden soll, vorgegeben. Meist runde ich dann auf, z.B. werden aus 9,8 cm dann eben 10 cm.
Die Genauigkeit meiner Arbeiten bestimmen- so glaube ich zumnindest - wenniger meine Maschinen, sondern eher mein seit über 35 Jahren beeinträchtigtes Augenlicht.
Also, wenn ich vier Seitenteile mit 10 cm Länge für eine Schatulle benötige, stelle ich mir z.B. meinen Anschlag zum Ablängen an der Kreissäge mit einem
"geeichten" Stahlbandmaß oder der Schieblehre ( ja, ja - ich weiß: Meßschieber )
auf 10 cm ein - ein Probeschnitt erfolgt mit einer " Musterleiste". Diese messe ich nochmals mit der Schieblehre nach. Sofern es meine Augen noch zulassen, orientiere ich mich am Nonius - und sind´s da dann ein paar Zehntel mehr oder wenniger, sehe ich dies gelassen. Ein " Nachstellen " ist in solchen Fällen von meiner Laune abhängig.
Würde ein Außenstehender ( ich kenne da jemanden...) z.B. mit einem geeichten Digi-Meßschieber nachmessen - wären es mit Sicherheit keine 10,000 cm!
Großmöbel wie z.B. Dietrich ( Dietrich, erlaube mir an dieser Stelle bitte, ein wennig Neid aufkommen zu lassen: klasse Objekte! ) baue ich nicht - das größte Möbelstück bisher war ein Aufsatz für einen "antiken" Tisch, welcher für mich selbst bestimmt war - Rahmenbauweise mit eingenuteter Rückwand, und div. Einlegeböden. Beim Rahmen : Kreuzmaß +/- 1 mm reichte mit völlig!
Würde an dieser Stelle ein Schreinermeister nachmessen, würden den wahrscheinlich alle Haare zu Berge stehen, vorausgesetzt er hat noch welche....

Ich bin kein gelernter Schreiner - sondern Holzwerker aus Leidenschaft - vielleicht auch ein Holz-Enthusiat mit autodidaktisch beigebogenen Grundkenntnissen.........nicht mehr und nicht weniger.

Die Möglichkeit, ein Höchstmaß an Genauigkeit bei den Maschinen zu erlangen, habe ich in den Moment der Maschinen-Anschaffung selbst in der Hand. Eine teure Profi-Maschine arbeitet mit Sicherheit genauer wie ein No-Name-Produkt aus Fernost.

Und sollte ich irgendwann einmal in die Verlegenheit kommen, im Hundertstel-Millimeter-Bereich arbeiten zu müßen - bei Holz selbstverständlich - weiß ich ja, wo ich hin gehen muß...........
Leute, wenn ich diesbezüglich aus dem ( noch nicht gebauten )Nähkästchen plaudern würde, wäre ich hier im Forum bald Alleine: Ihr hättet euch allesamt todgelacht!!!!! Da ich das jedoch nicht möchte, und mir der Anstand solche Detail-Plaudereien verbietet, lassen wir´s lieber wie´s ist.

Mit "toleranten" Gruß

Dieter M.

Erich Witte
Beiträge: 58
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: If the eye says it´sright, it is right

Beitrag von Erich Witte »


Hallo Gerhard,
es freut mich, dass dir das Buch gefällt!
Gruß
Erich

Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Re: If the eye says it´s right, it is right

Beitrag von Gerhard »


Ja, das Buch ist super.
Was mich an dem Buch auch sehr beindruckt ist die Illustration. So habe ich das noch nie gesehen. Keine lustigen Zeichnungen, keine tollen Photos von fertigen Möbeln. Einfach nur Photos von Tage Frid bei der Arbeit.

Und irgendwie merkt man, daß er weiß wovon er schreibt.

Danke nochmal für den Tip,
Gerhard


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