Tischkreissägen"bremse"

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Stefan Hintzen
Beiträge: 357
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Nochmal : Abbremsen

Beitrag von Stefan Hintzen »


Liebe Holzwerker und Bremser,

noch einmal moechte ich das Thema "Bremsen" aufgreifen. Vor einiger Zeit hatte ich mal auf der Homepage der Holzberufsgenossenschaft rumgeklickert, und dort ging es u.a. um die Nachruestung von Maschinen mit einem Not-Aus-Taster - und auch, daß aeltere Maschinen Bestandsschutz genießen.
Meine Formatsaege ( Scheppach ) hat eine solche Motor-Brems-Schaltung, zwar keinen N-A-T, aber dafuer laeuft das Blatt nicht unendlich lange nach, sondern wird relativ schnell abgebremst, wenn ich sie Ausschalte. Ich selbst finde das eine sehr schoene, weil sichere Sache und genau so etwas haette ich gerne zum Nachruesten fuer meine Hobelmaschine. Probleme sehe ich nur darin, daß der Motor sich uebermaeßig stark erwaermen koennte. Beim Abbremsen von Drehstrommotoren wird die Drehrichtung einfach umgekehrt, der Motor laeuft quasi rueckwaerts und eine elektronische Schaltung ueberwacht die Drehrichtung des Motors - der Motor dreht sich immer langsamer, bis zu dem Punkt, an dem die Drehrichtung sich umkehrt.Jetzt wuerde der Motor in der "falschen" Richtung wieder anlaufen. Genau dann wird die Schaltung außer Kraft gesetzt und die Welle steht still.

Kann man sich auch gut als Vollbremsung von Schiffen vorstellen

Was mir ein klein wenig Sorge bereitet, ist die Tatsache , daß durch die große Schwungmasse der Hobelmesserwelle der Motor im Rueckwaertsgang Schwerstarbeit leisten muß und dabei durchbrennen koennte. Irgendwie hatte ich gehofft, daß mir jemand mit einer Schaltung weiterhelfen koennte. So ein Motorenbauer, der in seiner Freizeit mit Holz rumwerkelt.

Lieben Gruß

Steff



Dieter Macher

Re: Tischkreissägen"bremse"/ Trügerischer Schutz

Beitrag von Dieter Macher »

[In Antwort auf #1536]
An alle Tischkreissägen-Besitzer und Benutzer,
Ich möchte an dieser Stelle noch einen anderen Aspekt in die Diskussionsrunde werfen: Mal abgesehen davon, das ich voll und ganz der Meinung von Walter Heil bin - ist es denn nicht so - vorrausgesetzt das solch eine "Bremse" wirklich in Bruchteilen von Sekunden das Blatt zum Stillstand bringt, man dann nicht auch zu leichtfertigeren Umgang mit der Säge neigt? Schließlich hat man ja dann die vermeintliche " Sicherheit " im Hinterkopf, " meinen Fingern kann ja bis auf ein paar Kratzern nichts mehr passieren - ich habe ja die " Bremse ".
Mein Vater hat sein Leben lang in der Holzbranche gearbeitet und 1965 einige Finger an der Kreissäge verloren - dies sollte eigentlichs einen Sohn, also mir - Warnung genug sein.Trotzdem hatte auch ich schon das zweifelhafte Vergnügen, ins laufende Sägeblatt zu fassen, und ein paar Wochen später machte ich den "gleichen Test" mit der Hobelmaschine und war wiederum für einige Wochen nur "bedingt einsatzfähig".
Ich denke, der beste Schutz vor Verletzungen dieser Art ist nicht die Technik - und sei sie noch so ausgefeilt, sondern der klare Verstand. Arbeiten mit Bedacht und Vorsicht, nicht unter " künstlichen Zeitdruck " und selbstverständlich nur nüchtern. Diese Grundregeln, gepaart mit dem was Walter geschrieben hat,ist, so denke ich, der beste Schutz vor Verletzungen und darüber hinaus auch noch absolut kostenfrei.
Ich jedenfalls habe seit meinen beiden - zum Glück noch glimpflich verlaufenen Arbeitsunfällen noch mehr Respekt vor ALLEN Maschinen, und nehme mir auch die Zeit,zu warten bis z.B. die Messerwelle der HM wirklich stillsteht, bevor ich mit dem Umstellen z.B. von Abdicken auf Abrichten weiter mache.
Und Übrigens: Würschterl kann man jederzeit in Dosen nach kaufen, Finger meines Wissens noch nicht.

Schönen Gruss und Obacht geben!

Dieter M.

Dirk Boehmer
Beiträge: 2638
Registriert: Di 20. Aug 2013, 13:34
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Re: Tischkreissägen"bremse"

Beitrag von Dirk Boehmer »

[In Antwort auf #1536]
Hallo,

das ganze ist ja auch nur ein Zusatz, der die Sicherheit erhoeht. Natuerlich muss man weiter vorsichtig sein. Klar. Aber zu sagen, wenn ich nicht selber in der lage bin, auf mich aufzupassen, dann soll ich es doch gleich lassen, ist ja wohl auch daneben.

Was machst Du denn z.B. im Strassenverkehr. Faehrst Du jetzt auch kein Auto mehr, nur weil ABS und Airbags eingebaut sind? Die sind ja auch nicht gebaut worden, damit man sagen kann, jetzt kann mir ja nichts mehr passieren, ich gebe noch mehr Gas und fahre noch unvorsichtiger.

Ich habe dieses Saegenbramssystem nicht und werde ich es mir auch nicht kaufen, aber verkehrt ist es dennoch nicht.

--
Dirk

Bernhard Schöner
Beiträge: 47
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Tischkreissägen"bremse"

Beitrag von Bernhard Schöner »


Hallo Dirk,

sehr treffend formuliert, Du sprichst mir aus der Seele. Ich bin Modellbauer und arbeite teilweise ohne Schutzvorrichtungen (Spaltkeil, Schiebestock,...) und muß extrem dabei aufpassen, drum ist mir jede zusätzliche Hilfe recht.

Danke für Eure Beiträge,

Bernhard

Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Nochmal : Abbremsen

Beitrag von Walter Heil »

[In Antwort auf #1568]
Hallo Stefan,
hohe Drehzahlen und hohe Trägheitsmomente bedingen einen langen Nachlauf der Holzbearbeitungsmaschinen, bei Hobel- und Bandsägemaschinen wird das besonders deutlich. Abhilfen gebt es mehrere, kostenlos ist keine, selbst nachrüsten heißt, dass man etwas von E-Technik und E-Motoren verstehen sollte.

1. Bremsmotor. Eine mechanisch wirkende, aber elektromagnetisch betätigte (im Sinne von gelöste) Bremse bremst den Motor im stromlosen Zustand ab. Wirkt gut, die Schwierigkeit ist, dass man einen passenden Motor finden muss, außerdem ist der teuer, zumindest wenn man ihn neu kauft.

2. Vorhandenen Motor über einen Frequenzumrichter betreiben. Bietet neben dem Bremsen den Vorteil, dass man die Maschine stufenlos mit verschiedenen Drehzahlen betreiben kann. Das ist eine tolle Sache für Sägen und vor allen Dingen für Fräsen. Bei Hobelmaschinen ist das nicht so wichtig. Die Frequenzumrichter bieten in der Regel die Funktionen Hochlauf- und Bremsrampen an, d.h. man kann die Zeit für Hoch- und Herunterfahren einstellen. Wichtig: der Umrichter muss einen Bremschopper und möglichst einen eingebauten Bremswiderstand haben, sonst muss man beide Dinge extern zuschalten. Vorteil: die kinetische Energie des Motors wird im Bremswiderstand und nicht im Motor verheizt. Ich betreibe sowohl eine Säge-Fräse-Kombimaschine als auch eine Hobelmaschine mit FU, allerdings hat die Säge-Fräse Bremsmotoren, so dass ich nur die var. Drehzahl nutze, dies aber ausgiebig! Bei der Hobelmaschine wird vor allen Dingen die Bremse benutzt, aber auch das langsame Hochfahren wirkt sich gut auf den Keilriemen aus. Die Bremswirkung selbst ist nur teilweise überzeugend, da die Begrenzungsschaltungen im FU rasches Bremsen verhindern. Na ja, eine Hobelmaschine mit 630er Welle und 125mm Durchmesser hat natürlich auch einiges an kin. Energie.

3. Gleichstrombremsung. Dabei wird der Dreh- oder Wechselstrommotor mit einem Gleichstrom beaufschlagt und der Läufer wirkt als Wirbelstrombremse. Die andere Betrachtungsweise ist die, dass man sich vorstellt, dass das Drehfeld stillsteht und der Läufer sich dreht. Die Option "Drehrichtungsumkehr" durch Vertauschen zweier Phasenwürde ich nicht benutzen, da durch den großen Schlupf das Bremsmoment geringer wird. Die Realisierung könnte so aussehen, dass man einen Dimmer (Triac-Schaltung) entsprechender Leistung mit einem nachgeschalteten Brückengleichrichter versieht und einen entsprechend kleinen Stromflusswinkel einstellt, so dass der Ständerstrom nicht zu groß wird. Nach dem Ausschalten der Maschine (verriegeln ist wichtig, sonst fliegen einem die Sicherungen und vielleicht noch mehr um die Ohren) kann man dann eine Bremstaste betätigen bis der Motor steht. Beachten: der Ständerstrom wird in diesem vollständig in Wärme umgesetzt, die kinetische Energie nimmt komplett der Läufer auf. Wenn man aber nicht dauernd ein- und ausschaltet, sollten im Normalbetrieb keine Probleme auftreten. Übrigens: auch FU's haben meist die Option "Gleichstrombremsung". Ein "Bauanleitung" kann ich nicht liefern, weil ich das selbst noch nicht ausprobiert habe und auch, weil ich mich nicht der fahrlässigen Brandstiftung oder sogar Tötung schuldig machen will. Wie oben schon erwähnt, man sollte nicht nur, sondern muss auch was von E-Technik verstehen, sonst wird's gefährlich.

Gruß, Walter

Stefan Hintzen
Beiträge: 357
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Umrichten vs Bremsen

Beitrag von Stefan Hintzen »


Hallo Walter,

war sehr informativ fuer mich, was wuerdest Du persoenlich denn nehmen, Variante 2 oder 3, habe mal etwas rumgeklickert, Bremsmodule fuer Gleichstrombremsung kosten so um die 100 Euro fuer 5.5 kW, das ist mir die Sicherheit, aber auch der Zeit und Komfortgewinn an meiner Abricht-Dickenhobelmaschine wert. In welchem Preisrahmen bewegen sich denn die Umrichter ?

Gruß

Steff

Markus
Beiträge: 546
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Tischkreissägen"bremse"/ Trügerischer Schutz

Beitrag von Markus »

[In Antwort auf #1570]
Nun ja, eine Bremse kann nun keineswegs vor dem Griff ins laufende Werkzeug zu schützen, dagegen hilft nur, neben der nötigen Umsicht, die vorhandenen Schutzeinrichtungen auch zu benutzen.
Trotzdem macht die Bremse schon Sinn. Viele Unfälle ereigneten sich in der Vergangenheit wohl während der Auslaufphase an Maschinen. Und so eine massive Hobelwelle braucht schon u.U. einige Minuten, bis sie stillsteht. da die Maschine ja ausgeschaltet ist (kein Motorengeräusch hörbar) wird das noch nachlaufende Werkzeug schnell übersehen.
Um dies zu verhindern ist seit Anfang der 80er-Jahre eine entsprechende Bremse vorgeschrieben.

Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Umrichten vs Bremsen

Beitrag von Walter Heil »


Hallo,
ich habe meine Umrichter bei ebay ersteigert und da lag der Preis auch in der Gegend. Ist natürlich ein wenig Glücksache.
Gruß, Walter

Dieter Macher

Re: Tischkreissägen"bremse"

Beitrag von Dieter Macher »

[In Antwort auf #1576]
Hallo Dirk und alle anderen " Bremsen-Interessierten"

Offensichtlich ist mein Beitrag mißverstanden worden - ich wollte in keinster Weise diese Sicherheitseinrichtung schlecht machen und mißreden, sonderen lediglich einen kleinen, zusätzlichen Denkanstoß geben und eure Meinung darüber wissen.Liegt vielleicht daran, weil ich im Laufe meines abwechslungsreichen Berufsleben schön öfters In Situationen involviert war, wo eben Sicherheitseinrichtungen zu Übermut und unötigen Leichtsinn geführt haben.
Also bitte entschuldigt meinen schlecht formulierten Beitrag zu diesen Thema.

Gruß Dieter M.

PS: Ich fahre keinen eigenen Wagen, bin passionierter MTB- und Rennradfahrer - da gibt´s noch keine Airbags und kein ABS.



Markus
Beiträge: 546
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Tischkreissägen"bremse"

Beitrag von Markus »


Ah- noch so einer wie ich- im Sommer radfahren, im Winter Holz zerspanen.

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