Querkräfte an Hobelbank aufnehmen *MIT BILD*

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Andreas S.
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Registriert: So 1. Feb 2015, 15:46

Querkräfte an Hobelbank aufnehmen *MIT BILD*

Beitrag von Andreas S. »


Moin in die Runde,

ich möchte mir einen Werkzeugschrank unter die Hobelbank bauen.
Die Bank steht frei im Raum. Der Korpus soll aus Multiplex 21 mm entstehen.
B x H x T ca. 1.200 x 600 x 600 mm

Ein provisorisch statt der Querschwingen eingebauter Korpus ohne Rückwand nimmt die beim Hobeln auf die Bank wirkenden Querkräfte nicht auf.
Die ganze Bank schwingt wie ein Lämmerschwanz.

Nun frage ich mich, wie ich die auf der Hobelbank auftretenden Querkräfte (in der Skizze grün) am besten aufnehme:
1) mit einer etwas stärkeren, fest eingeleimten Rückwand, z.B. auch auch Multiplex 15 oder 21 mm
2) mit einer diagonalen Strebe (in der oberen Skizze rot) und einer dünnen, eingefälzten Rückwand, z.B. 6 mm
3) mit horizontalen Rahmen / Querstreben (in der unteren Skizze blau)



Eine zu Testzwecken provisorisch eingehängte Diagonalstrebe ist schon eine deutliche Verbesserung.
Andererseits meine ich mich aus irgendeiner Mechanik-Vorlesung zu erinnern, dass eine fest verleimte Rückwand den gleichen Zweck erfüllt.
Ich tendiere zu Variante a), da es die größtmögliche Länge der Schubladen erlaubt.
Dabei gehe ich davon aus, dass der MPX-Korpus nicht nennenswert arbeitet und die fest verleimte Rückwand halten wollte.
Der Korpus soll mit Schrauben an den Beinen der Hobelbank befestigt werden.

Gibt es hier Erfahrung zu meinem "Problem".
Dann freue ich mich über einen Hinweis.

Herzlichen Dank aus dem Norden.

Andreas


Rafael
Beiträge: 839
Registriert: Do 6. Jul 2017, 18:43

Re: Querkräfte an Hobelbank aufnehmen

Beitrag von Rafael »


Hallo Andreas.

Ich würde einfach eine feste Rückwand einbauen.
Die Version in Blau bringt fast gar nichts.

Gruß,
Rafael

Wolfgang J
Beiträge: 353
Registriert: Fr 26. Apr 2019, 21:49

Re: Querkräfte an Hobelbank aufnehmen

Beitrag von Wolfgang J »


Hallo
Ich gehe auch davon aus das eine möglichst dicke Rückwand die fest mit dem Korpus verbunden ist wenn der Korpus auch fest mit dem Gestell verbunden ist kaum noch Schwingungen zulässt. Denke die Rückwand sollte aber mindestens 20mm, eventuell sogar 24mm stark sein.
Wie man, trotz Schubladen die Frontseite versteifen kann ist mir aber auch noch nicht in den Sinn gekommen

Gruß Wolfgang

Konrad Holzkopp
Beiträge: 1722
Registriert: Do 2. Nov 2017, 12:23

Re: Querkräfte an Hobelbank aufnehmen

Beitrag von Konrad Holzkopp »


Guuden,

die RW muss nicht sonderlich dick sein, nur gut mit dem Korpus verbunden sein.
Da sich Schraubenlöcher durchaus weiten können, wäre mir zusätzlicher Einsatz von Leim wichtig.
Es ist natürlich möglich, dass sich bei genügend kräftiger Hobelarbeit der Korpus verwindet.
Dann wäre es eine Möglichkeit, am Korpus oben anliegende Seiten schräg nach unten zum Fußboden
verlaufend anzubringen.
So wie es bei zimmermännischen Böcken funzt, wird der Stand mit zunehmender Last stabiler.
Deshalb habe ich das klassische rechtwinklige Untergestell der Hobelbänke und Tischlerböcke noch nie verstanden.

Gut holz! Justus.

Bernd Grunwald
Beiträge: 472
Registriert: Mi 5. Sep 2018, 14:21

Re: Querkräfte an Hobelbank aufnehmen

Beitrag von Bernd Grunwald »


Hallo,

Ich schließe mich den Vorrednern an. Beide Varianten sind gut: Diagonale (sie muss allerdings Zug- und Druckkräfte übertragen können) funktioniert genauso gut wie eine Scheibe (Rückwand). In beiden Fällen hat aber auch die Lage der Verbindungen und deren Stabilität einen beachtlichen Anteil an der horizontalen Steifigkeit (bzw. Beweglichkeit). Von der blauen Variante ist unbedingt abzuraten. Sie kann die Horizontalkräfte nicht hinreichend über die Bankbeine in den Boden abführen.

Mein Vorschlag wäre eine Rückwand, die eine geschlossene Scheibe über die gesamte Länge der Hobelbank bildet und an den hinteren Beinen der Hobelbank befestigt ist. Dann gehen die Horizontalkräfte, die beim Hobeln etc. entstehen, nicht über den Schubladenkorpus, sondern über die Rückwand direkt in die Beine der Hobelbank. Noch stabiler geht nicht (wäre auch nicht nötig).

Damit die lange Rückwand nicht beult, zusätzlich mit einigen Schrauben am Schubladenkorpus fixieren. Dann muss sie nicht so dick sein und kann wesentlich dünner ausgeführt werden.

Falls die exzentrische Lage der Scheibe (Rückwand) beim Hobeln zu horizontalen Bewegungen quer zur Hobelbank führen sollte, kann man zusätzlich links und rechts je eine Scheibe zwischen das vordere und das hintere Hobelbein einbauen. Dann wäre auch die andere horizontale Richtung ausgesteift (falls das überhaupt nötig sein sollte).

Gruß
Bernd

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Andreas S.
Beiträge: 303
Registriert: So 1. Feb 2015, 15:46

Re: Querkräfte an Hobelbank aufnehmen *MIT BILD*

Beitrag von Andreas S. »


Moin die Herren,

herzlichen Dank für Eure Einschätzung.
Ich bin beruhigt, in Mechanik nicht nur Kreide geholt zu haben ;-)

Hier nochmal ein Bild von dem aktuellen Provisorium, von der Rückseite aus aufgenommen.
Da ist die Diagonalverstrebung noch drin, die ich zu Testzwecken mal "reingehängt" habe.
Der Kasten aus 18 mm Buche keilverzinkt kommt wieder raus.
Der Korpus soll aus 21 mm Multiplex gebaut werden - zumindest mal alle senkrechten Teile.



Wenn ich Euch richtig verstehe, würdet ihr eine Rückwand von min. 15 mm - besser 21 mm - mit dem Korpus verleimen.
Dann brauchts die Diagonale nicht.

Ich würde die Rückwand "einschlagen", mit Lamellos oder Dübeln fixieren und umlaufend vollständig verleimen, da ich Schraube auf Sichtflächen nicht so schön finde - selbst bei Werkstattmöbeln.
Bernd regte an, die Rückwand nötigenfalls z.B. noch an der mittleren Trennwand zu fixieren. Da könnte ich mich zu Schrauben durchringen ;-)
Die Idee, die Rückwand direkt mit den Beinen zu verbinden kostet mich entweder ca. 6 cm Tiefe und würde zudem dafür sorgen, dass die Rückwand nicht mit der hinteren Kante der Hobelbank fluchtet.
Alternativ wären die 6 cm "aufzudoppeln.
Der Korpus soll mit Schloßschrauben an den Beinen der Hobelbank fixiert werden. Siehe die kleinen roten Kreise.
Hier sind das momentan je 2 Schrauben an den Stellen, wo ursprünglich die Schwingen befestigt waren.

Wenn's fertig ist, sollte es ungefähr so aussehen.
Das war die Lösung aus der alten Werkstatt.
Gerne möchte ich die Front - und diesmal auch die Rückwand - bündig zu den Kanten der Hobelbank machen, um ggf. auch größere Bretter besser senkrecht spannen zu können.



Die von Justus erwähnten, schräg nach unten verlaufenden Seiten hebe ich mir gedanklich für den "Notfall" auf.
Mit der provisorischen Diagonalverstrebung konnte ich auch mit 3 kg Coronaspeck schon ganz ordentlich an der Bank ruckeln ohne dass die anfing zu wackeln :-)

Lieben Dank für Eure Anregungen.
Dann kann ich ja am Wochenende anfangen zuzuschneiden.

HG aus dem Norden

Andreas

Bernd Grunwald
Beiträge: 472
Registriert: Mi 5. Sep 2018, 14:21

Re: Querkräfte an Hobelbank aufnehmen

Beitrag von Bernd Grunwald »


Hallo Andreas,

eine Rückwand aus 9 mm Multiplex reicht. Dickere Platten erhöhen nur das Eigengewicht der Bank, haben ansonsten aber keinen erhöhenden Einfluss auf die horizontale Stabilität. Allerdings würde ich die Rückwand größer als den Schubladenkorpus machen, und zwar so groß, dass sie alle vier horizontal liegenden Kanthölzer der Hobelbankbeine überdeckt. An diesen 4 Stirnholzflächen würde ich die Rückwand befestigen (z.B. mit Schrauben oder Dübeln plus Holzleim). Dann gehen die Horizontalkräfte von der Tischplatte über die Rückwand ohne jedweden Umweg direkt in die Füße der Hobelbank. Die 9 mm Multiplex-Rückwand an diversen Stellen am Schubladenkorpus fixieren (damit sie nicht beult).

Das wäre mein Vorschlag, nachdem ich die Bilder gesehen habe.

Gruß
Bernd

Sebastian51
Beiträge: 167
Registriert: Fr 20. Jul 2018, 09:22

Re: Querkräfte an Hobelbank aufnehmen

Beitrag von Sebastian51 »


Hallo Andreas,

ich bin gespannt über das Ergebnis. Ich hatte das Problem bei der alten Werkbank und habe da nach und nach Kanthölzer quer über hinteren Beine verschraubt, ohne das Wackeln komplett vermeiden zu können.

An der neuen Werkbank habe ich das Problem nicht. Zum Einen wiegt diese erheblich mehr, zum Anderen sind die Beine und Querbalken, welche die Beine oberhalb des Bodens verbinden 11 cm x 11 cm, was dem ganzen deutlich mehr Steifigkeit verleiht.

Viele Grüße

Sebastian


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Andreas S.
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Re: Querkräfte an Hobelbank aufnehmen

Beitrag von Andreas S. »


Moin Bernd,
moin Sebastian,

die Rückwand bis zu den horizonal laufende Kanthölzern laufen zu lassen hat auch was - zumal die Banklade 15 mm über die Kanthölzer rausragt.
Wobei Gewicht ja nie schaden kann.
Danke für die Idee.

@ Sebastian: ich lass mich mal überraschen. Und werde gerne berichten.
Gestern habe ich zunächst mal die Teile für den Korpus zugeschnitten und mich über die Rechtwinkligkeit meiner Record Power gefreut.
Die Teile jetzt weiter zu bearbeiten wird voraussichtlich ein paar Tage dauern :-(

HG Andreas

Bernd Grunwald
Beiträge: 472
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Re: Querkräfte an Hobelbank aufnehmen

Beitrag von Bernd Grunwald »


Hallo Andreas,

eine dickere Rückwand ist selbstverständlich auch möglich. Ein höheres Gewicht der Hobelbank ist für's Hobeln etc. auch kein Nachteil, in vielen Fällen sogar wünschenswert.
Dickere Platten sind in der Regel allerdings teurer (und bringen - wie bereits gesagt - im vorliegenden Fall keine größere Horizontalsteifigkeit).

Wenn der Umbau der Bank fertig ist, würde ich mich über ein hier eingestelltes Foto freuen.

Gruß
Bernd

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