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In Antwort auf #84811]
Hier einmal eine nähere Beschreibung zu dem Projekt:
Die Formatkreissäge Marke Eigenbau
In den vergangenen Jahren ärgerte ich mich stets darüber, dass herkömmliche Tischkreissägen nicht über die gewünschte Präzision verfügten. Auch Schiebeschlitten waren erst ab einem Kaufpreis jenseits der 1000 Grenze zu haben aber dann auch nicht ausreichend dimensioniert. Schließlich kam ich zu der Entscheidung gemeinsam mit einem Freund eine Formatkreissäge für den Heimwerker zu entwickeln, die selbst gebaut werden kann und erschwinglich ist.
Beim Bau der Maschine waren die Ziele schon früh gesteckt. Es sollten so wenig unterschiedliche Materialien wie möglich benutzt werden die zudem in jedem Baumarkt erworben werden können. Darüber hinaus sollten beim Bau der Maschine möglichst wenige Werkzeuge zum Einsatz kommen um einer Vielzahl von Handwerkern den Nachbau zu ermöglichen. Die metallenen Teile wurden auf ein Minimum reduziert ohne jedoch an Präzision zu verlieren.
Nun zur Maschine selbst. In der linken Hälfte des Grundgestells befindet sich das Säge-Aggregat mit einem 2,2kW Motor der für den Gebrauch als Heimwerker vollkommen ausreichend ist. Dieser treibt über zwei Keilriemenscheiben die Sägewelle an. Die Sägewelle wurde mit zwei Bocklagern in Position gebracht. Das höhenverstellbare Sägeblatt mit dem Durchmesser von 254mm lässt sich um 45° schwenken. Das Heben und Schwenken übernehmen die beiden Handräder an Front und Seitenteil. Zusätzlich können diese noch mit zwei Stellschrauben arretiert werden um jegliches Spiel auszuschließen. Die Schnitttiefe liegt bei maximal 70mm.
In der rechten unteren Hälfte befindet sich die interne Absauganlage. Ein selbstgebauter Zyklonabscheider trennt die Staubpartikel und Späne von der Luft und sammelt diese in der darunter befindlichen Schublade (rückseitig zu öffnen). Auf diese Weise sind keine Staubsaugerbeutel mehr nötig die ständig voll oder verstopft sind. Die Effektivität liegt bei gemessenen 98%. Die restlichen 2% landen in einem herkömmlichen Faltenfilter der vor einen alten Staubsaugermotor positioniert wurde. Über Schieber kann gesteuert werden ob lediglich von unten oder ob auch oben an der Sägeblatthaube abgesaugt werden soll.
Im unteren Bereich des Grundgestells sind vier Rollen eingebaut die sich mittels Fußpedal ausfahren lassen. Auf diese Weise lässt sich die gesamte Maschine je nach Länge des zu bearbeitenden Werkstücks in der Werkstatt frei bewegen.
Der linke Anbau beinhaltet das Herzstück der Maschine: den Schiebeschlitten. Dieser läuft mit vier keilförmigen Rollen auf vier 16mm runden Metallstangen. Acht weitere handelsübliche Kugellager dienen zum spielfreien Einstellen des Konstrukts. Auf diese Weise hat der Schiebeschlitten selbst im ausgezogenen Zustand keinerlei Spiel. Vorherige Versuche mit Teleskop-Schubladen-Schienen waren unzureichend. Der Schiebeschlitten hat eine Breite von 45cm. Für größere Werkstücke kann zudem noch der Ausleger mit einer Breite von 62cm montiert werden. Der Ausleger hat zusätzlich noch eine schwenkbare Abstützung für besonders schwere Werkstücke. Der Schlitten hat eine Länge von einem Meter und lässt sich um 104cm verschieben. Sollte dies einmal nicht ausreichen so kann der Schlitten arretiert und das Werkstück auf herkömmliche Weise über den Tisch geschoben werden.
Aus diesem Grund und auch um einer Abnutzung der Oberfläche vorzubeugen wurde auf die Tischplatte welche aus 19mm MDF besteht nachträglich ein 3mm dickes Stahlblech aufgeschraubt. Selbst Siebdruckplatten erhalten im Laufe der Jahre unschöne Kratzer die nur aufwendig repariert werden können.
Der Parallelanschlag ist vielseitig und musste zwecks höchster Präzision größtenteils aus Metall gefertigt werden. Aber keine Angst, ein Schweißgerät ist nicht erforderlich. Der Anschlag kann zunächst millimetergenau verschoben werden und mittels Feineinstellvorrichtung dann auf eine Maßgenauigkeit von 0,1 Millimeter zugestellt werden. Darüber hinaus kann der Anschlag selbst gewendet werden um entweder die 70mm hohe oder die 20mm hohe Seite zu verwenden. Auch lässt sich der Anschlag in Längsrichtung verschieben, sodass er beispielsweise nicht über die Sägeblattmitte hinausragt. Der Parallelanschlag lässt sich auf eine Breite von 86cm zum Sägeblatt einstellen. Verwendet man beim Bau eine längere Frontschiene (Vierkantrohr) so ist die Breite bis ins unermessliche erweiterbar.
Auf dem Schiebschlitten kann ein Queranschlag montiert werden den man mittels Skala auf jeden erdenklichen Winkel einstellen kann. Um immer die genauen 90° Grad wieder zu finden wurde ein ausklappbarer Anschlag verbaut der lediglich bei der Montage den Fünf-Seiten-Schnitt nötig macht.
Hinter dem Sägeblatt lässt sich mit einem Handgriff der Spaltkeil montieren. Gleiches gilt für die dahinter befindliche obere Sägeblatthaube. Letztere wurde aus Holz und Plexiglas gefertigt.
In der rechten oberen Seite der Maschine soll später einmal eine Oberfräse Platz finden weshalb die Absaugung bereits über insgesamt 5 Schieber verfügt (2 x Säge, 2 x Oberfräse sowie einen Anschluss für einen Schlauch zum Reinigen der Werkstatt).
Die Höhe der Maschine kann entsprechend der eigenen Körpergröße, oder an eine vorhandene Werkbank, angepasst werden. Die Abbildungen zeigen die Maschine mit einer Höhe von 90cm. Die Gesamtbreite inklusive Ausleger beträgt 200cm. Die Tiefe liegt bei 100cm + 104cm Fahrweg des Schiebeschlittens. Der Grundkorpus wurde aus Multiplexplatten gefertigt, kann jedoch aus Kostengründen wie der Schiebemechanismus und die Absauganlage auch aus MDF gebaut werden.
Auch die Sicherheit soll nicht zu kurz kommen. Die Maschine besitzt einen Notaus-Schalter in greifbarer Nähe des Bedieners. Als Hauptschalter wurde ein Exemplar verwendet das den selbstständigen Wideranlauf der Maschine verhindert wenn es beispielsweise zu einer Stromunterbrechung kam. Der Staubsauger läuft parallel zur Säge, kann jedoch auch separat eingeschaltet werden um sonstige Reinigungen vornehmen zu können.
Für den Bau benötigt man keine Kreissäge sofern man sich die vier Seiten des Grundgerüsts auf Maß zuschneiden lassen kann. Sämtliche Aussparungen werden dann mit einer Stichsäge vorgenommen. Steht einmal das Grundgerüst so kann die Maschine selbst zur Herstellung aller weiteren Anbauteile genutzt werden. Der Metallbau für beispielsweise den Parallelanschlag oder den Schiebeschlitten beschränkt sich auf eine gute Ständerbohrmaschine + Metallbohrer sowie auf ein paar Gewindebohrer. Zur Herstellung des Spaltkeils wurde eine gewöhnliche Stichsäge mit Metallsägeblatt verwendet. Lediglich die Sägewelle sollte durch einen Fachmann gefertigt werden sofern man keine Drehmaschine zur Hand hat.
Herkömmliche Sägen haben den Nachteil dass der Schwenkmechanismus durch ein Scharnier unterhalb der Tischplatte realisiert wird. Durch diese Position des Scharniers schwenkt das Sägeblatt immer seitlich an der Oberseite der Tischplatte. Dadurch passt dann die Skala des Parallelanschlags nicht mehr und auch der Ausschnitt für das Sägeblatt muss sehr breit dimensioniert werden. Bei dieser Maschine werden anstatt von Scharnieren Halbkreise aus Multiplex verwendet deren theoretischer Mittelpunkt exakt an der Oberkante der Tischplatte sitzt. Somit schwenkt das Sägeblatt nicht seitlich.
Der Größte Vorteil der Maschine ist aber wohl, dass man niemals auf Ersatzteile einer Firma angewiesen sein wird da man sämtliche Bauteile im Falle einer Beschädigung eigenständig reproduzieren kann.
Der gesamte Bau der Maschine wurde fotografisch festgehalten und es wurden umfangreiche Bauzeichnungen entworfen. Derzeit wird die Bauanleitung noch geschrieben bevor die Pläne für jedermann online zur Verfügung stehen. In naher Zukunft werden auch noch Videos mit der Maschine im Betrieb gezeigt. Für einen geübten Handwerker dauert die Bauphase der Maschine mit all ihren Funktionen etwa ein bis zwei Monate. Die Bauzeit verkürzt sich natürlich wenn man beispielsweise die Absauganlage weglässt und einen externen Staubsauger benutzt. Gleiches gilt für alle anderen oben genannten Anbaugeräte.