Lagerung von Drechselteilen

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Bernd
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Lagerung von Drechselteilen

Beitrag von Bernd »


Hallo zusammen !
Lehrgeld muß man sehr oft im Leben bezahlen. Wenn es aber wie in meinem Fall kalkulierbar ist, hält sich alles in Grenzen. Anfang Juni 2004 habe ich einige ganz frisch geschnittene und dicke Äste eines Nußbaumes erhalten. Einen Teil davon habe ich umgehend verwendet um Schalen, Becher und Vasen zu drechseln. Also alles aus Naßholz. Ich habe immer drei nahezu identisch gleiche Stücke auf Wandstärken von 8mm vorgedrechselt. Die entgültige Form sollen die Teile dann erhalten, wenn das Holz dazu trocken genug ist. „Serie 1“ habe ich in einem kühlen Gewölbekeller gelagert. Serie 2 offen in einem normalen, unge-heizten Kellerraum. Die Lagerung der Serie 3 erfolgte im gleichen Kellerraum jedoch nicht offen, sondern in oben offenen 30 Liter Müllbeuteln, die mit trocknen Hobelspänen und Sägemehl gefüllt sind. Dabei habe ich darauf geachtet, dass insbesondere die Becher und Vasen auch in ihrem Inneren mit Spänen gefüllt waren.
Heute habe ich mir alle Teile genauer angesehen und einen Teil weiter verarbeitet. Die Teile aus dem Gewölbekeller weisen kaum einen Verzug auf, sind aber noch nicht richtig trocken.
Die Serie 2 hat stark gelitten. Starke Verkrümmungen und Risse.
Die aus dem „Müllsack“ sind TOP !!! Kein auf den ersten und zweiten Blick erkennbarer Verzug (merkt man nur auf der Drechselbank) und auch keine Risse. Diese Teile habe ich heute fertig gedrechselt. (Geschliffen und Poliert wird später) Sie erscheinen mir auch völlig trocken zu sein. Da ich das aber nicht messen kann, habe ich sie wieder in ihre Müllbeutel verfrachtet. Für mich stellt sich jetzt die Frage. Hatte ich nur Glück und muß mein Lehrgeld noch nachzahlen oder ist die Lagerung in mit Spänen gefüllten Müllsäcken eine optimale Lösung für aus Naßholz vorgedrechselte Teile ???
Es grüß der gut gelaunte
Bernd

Dieter M.

Re: Lagerung von Drechselteilen

Beitrag von Dieter M. »


Hallo Bernd,

Die von Dir geschilderte " Mit Spänen im Müllsack-Lagerung" wird in einigen Büchern als empfehlenswert dargestellt - offensichtlich hatten die Autoren Recht.
Auch wenn ich mir jetzt Dresche von allen Seiten einhandle, aber so ganz verstehe ich das Ganze nicht. Warum wird naß vorgedreht und dann zum Trocknen verwahrt? Damit´s schneller trocknet, das Holz - um dann fertig gedreht zu werden. Lohnt sich bzw. geht aber nur, wenn man genügend Lagerplatz hat.
Also dreh ich aus bereits trockenen Holz vom Anfang bis zum Ende, oder ich drehe Naßholz fertig und erfreue mich am "künstlerischen Verzug".

Aber sei´s wie´s ist - Hauptsache Du hast Freude daran - das
" Trocknungsverfahren" würde ich an Deiner Stelle beibehalten.

Gruß

Dieter M.


joh. t.
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Re: Lagerung von Drechselteilen

Beitrag von joh. t. »


hallo,dieter , ich so als gelegenheitsdrechsler würde sagen : trocknet schneller.
es gibt die faustregel 1 cm / jahr , d h eine 3 cm brett braucht mindestens 1,5 jahre. ergo von jeder seite 1,5 cm. bei nem dicken klotz brauchst du dann entsprechend lange, bzw die haare werden grau, wenn man sie noch hat. bei mir gehts rapide bergab. viele grüße johannes

Walter Heil
Beiträge: 1425
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Lagerung von Drechselteilen

Beitrag von Walter Heil »


Hallo Bernd, hallo Dieter,

als Nicht-Drechsler habe ich einen Nachbarn, der das Gewerbe sowohl technisch als auch künstlerisch beherrscht, der hat mir mal den nämlichen Tip gegeben: und zwar habe ich dann nasse, stark schräg geschnittene Astscheiben eines Kirschbaumes in einen mit Sägespänen gefüllten Karton gegeben, so dass das Holz vollständig von Sägemehl umgeben war und zwei Jahre in den Keller gestellt. Nach dieser Zeit war das Holz der einen Scheibe im Splintbereich etwas stockig, das andere völlig ok. Kein Riss, kein Verzug. Normalerweise, bei zu schneller Trocknung, reißt sowas wie nix. Nach Abhobeln und Schleifen gab's wunderschöne Vesperbretter. Die Aufbewahrungsweise ist also kein Humbug, sondern eine Methode, das Holz langsam genug zu trocknen. Bei Müllsäcken muss man aber wohl beachten, dass keine Feuchtigkeit durch den Sack entweichen kann. Karton wäre da wohl besser. Etwas Erfahrung für die eigenen Verhältnisse muss man aber wohl erwerben.

Gruß, Walter

Dieter M.

Re: Lagerung von Drechselteilen

Beitrag von Dieter M. »


Hallo Walter,

Als Humbug habe ich diese Trocknungsmethode ja nicht bezeichnet -ich habe lediglich ( für mich selbst ) die Methode des "Nass-Vordrehens und dann Trocknen lassens " in Frage gestellt.
Ich handhabe es halt so:
"Einfache" Schale Drehen? -dann Trockenes Holz - wenn vorhanden.

"künstlerisch verzogene" Schale erwünscht? Dann eben NAssholz und gleich fertigdrehen - komplett inkl. Ölung.

Die Lagerung von Holz in Spänen kenne ich persönlich schon aus meiner Kindheit -von den vielen Instrumentenbauern in meinem Heimatort.

Gruß Dieter M.

reinhold
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Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Lagerung von Drechselteilen

Beitrag von reinhold »

[In Antwort auf #10772]
hallo Bernd,

meine Erfahrung : 8 mm Wandstärke zum Nassvordrechslen ist zu wenig. Wenn sich die Schale wirft, ist kein Holz mehr da zum Runddrechseln.

Nach dem Vordrechseln auf ca 2 - 2,5 cm Wandstärke, schmiere ich den Schalenrohling auf der Drehbank mit Wachs ein, indem ich eine Kerze gegenhalte und durch die Reibung schmelzen lasse. Vor allem das Hirnholz muss gut gewachst werden.

Die gewachsten Schalenrohlinge wickle ich in altes Packpapier (das ist wasserdampfdurchlässig!) und lagere sie ca 1/2 Jahr im Souterrain (Untergeschoss). Dann wickle ich sie aus und lasse sie nochmals 4 Wochen in der Werkstatt oder im Flur lagern. Anschliessend drechsle ich sie fertig.
Ergebniss : so gut wie keine Ausfälle.

Dass Du bei den unversiegelten Rohlingen Ausfälle hattest, liegt einfach daran, dass durch die offenen Hirnholzporen zuviel Feuchtigkeit zu schnell entweichen konnte. Mit den Rohlingen im Kunststoffsack hattest Du irre Glück : normalerweise wird Holz im Kunststoffsack sehr schnell stockig, vermutlich haben die trockenen Späne die Feuchtigkeit gut aufgenommen. Das ist eine alte Trockenmethode, nur nahmen die alten Drechsler früher Holzkisten oder Pappschachteln, die die Feuchtigkeit langsam herauslassen.

Natürlich muss man schauen, dass der Rohling nicht das Herz des Baumes enthält.

@ Dieter : natürlich kann man das Nassholz fertig drechseln und dann warten, was passiert. Aber die Ergebnisse beim Drechseln von gut und richtig getrocknetem Holz sind befriedigender. Ist natürlich ein Stück weit auch Geschmackssache.

Wie schön das Drechseln eines gut gelagerten Stückes sein kann, habe ich bei meiner Silvesterschale beschrieben.

Gruss
reinhold

Dieter M.

Re: Lagerung von Drechselteilen

Beitrag von Dieter M. »


Hallo Reinhold,

Hallo alle Anderen,

Ich persönlich drehe am liebsten Trocken - beim Nassholz ist ja auch noch die Sauerei danach aufzuräumen, inkl. kompletter, intensievster MAschinenreinigung mit anschliessender Pflege-Behandlung.

Ciao, und schönen abend noch.

Dieter


Bernd
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Re: Lagerung von Drechselteilen

Beitrag von Bernd »


Danke an Alle für die Tips !

Mit richtig getrocknetem Holz aus eigenen Beständen sieht es bei mir zur Zeit noch sehr mager aus. Bis ich so richtig zuschlagen kann dauert das noch 2 bis 3 Jahre. Die Teile aus Naßholz fertig zu drehen habe ich aufgegeben. Vor geraumer Zeit hatte ich den Stuttgarter Fernsehturm aus Naßholz gedrechselt. Nach der Trocknung sah er aus wie die Frauenkirche in Dresden vor ihrem Wiederaufbau. Bei Schalen war es auch nicht besser. Sie waren auch bei bester Interpretation nicht mehr als solche zu erkennen.
Gruß
Bernd

Holztechniker

Re: Lagerung von Drechselteilen

Beitrag von Holztechniker »

[In Antwort auf #10775]
Hi johannes,
das ist Humbug mit dem 1 cm/jahr bei der Trocknung, es kommt auf ganz andere Sachen an wie z.B. Raumfeuchte, Windzug, Holzart.

So und jetzt zu den Holbelspäne und Zeitungspapier.
Durch die Holbelspäne/Papier wir ein Klima (Miroklima) erzeugt, was eine andere Luffeuchte hat als die Raumluft und das Holz, dadurch wird die Feutigkeit gleichmäsiger aus dem Holz gezogen. Duch den Keller, ändert sich kaum die Raumfeuchte, was die Sache noch mal Positive beeinflust.

Also je gleichmässiger und langsamer ich den Holz das Wasser entziehe, desdo besser das Trockenergebniss.

MfG

Michael Finger
Holztechniker


joh. t.
Beiträge: 739
Registriert: Sa 25. Nov 2017, 13:35

Re: Lagerung von Drechselteilen

Beitrag von joh. t. »


hallo michael, du kannst langjährige erfahrung nicht als humbug bezeichnen. erfahrung ist nicht wissenschaftlich. wenn du das ganze erkenntnistheoretisch erfaßt hast du vielleicht recht, aber du kannst es freundlicher ausdrücken.
du kannst aber nicht sagen es ist humbug , wenn es ein haufen schreiner seit längerem so machen. sie können es nicht empirisch belegen aber etwas ist an dem " haben wir schon immer so gemacht " schon dran.gruß johannes

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