Problem(chen)

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Bernd
Beiträge: 94
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16
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Re: Mit oder ohne Meistertitel ...

Beitrag von Bernd »

[In Antwort auf #8407]
Die Diskussion kann noch über Tage weitergehen ohne , dass sie wirklich zu einem Ergebnis kommt. So lange nicht das komplette Wissen über ALLES was mit dem Meistertitel verbunden ist erlangt wurde, werden wie an anderer Stelle beschrieben, Äpfel mit Birnen oder umgekehrt miteinander verglichen. Und solange bleiben viele Argumente, bei aller Wertschätzung der Forumsteilnehmer, jedenfalls für mich, „Stammtischparolen“. Auch ich bin für eine schnellere und weitreichendere Liberalisierung im Handwerk. Aber bitte zu gleichen Bedingungen und die da heißt: Gewährleistung und Haftung. Natürlich werden die überwiegenden Arbeiten, manche kann man sogar Lehrlingen übertragen, von Gesellen ausgeführt. Sie haben es gelernt und können das auch.
Der Meister aber steht in der Verantwortung und haftet. Selbst dann, wenn er sich bei Ausführung der Arbeiten seiner Mitarbeiter in der Wüste aufgehalten hat. Es ist eine Mär, dass man seine Werke nicht verkaufen darf. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind vorhanden. Man muß sich halt einlesen und sich nicht unbedingt auf das Wort desjenigen Beamten verlassen, dessen größter Feind der Antragsteller ist. Ebenso ist es eine Mär, dass man als Externer nicht zur Meisterprüfung zugelassen oder diese so schwer gemacht würde, dass man sie gar nicht bestehen kann. Die Prüfung findet zusammen mit den „internen“ Prüflingen statt. Die Bedingungen sind dabei für beide Parteien gleich. Bei den Handwerkskammern Koblenz, Köln und München, so meine Erfahrungen, funktioniert das in jeder Hinsicht vorbildlich. Eine weitere Mär ist jene Behauptung, man könne sich ohne Meisterbrief im Handwerk nicht selbständig machen. Völliger Unfug. Ich muß lediglich ausreichende Berufserfahrung und / oder qualifiziertes Können vorzeigen können. Beides zu prüfen kann man, sollte man an einen wie o.a. beschriebenen Beamten gelangen, erzwingen. Auch hier mit aller Bescheidenheit den Rat sich einzulesen oder einen meiner ehemaligen Gesellen fragen. Der hat bis heute noch keinen Meisterbrief, führt aber seit über fünf Jahren erfolgreich einen Handwerksbetrieb. Obwohl er im Geschäftsleben ein unmittelbarer Konkurrent für mich ist hege ich ich keinen Groll auf ihn oder neide ihm seinen Erfolg. Im Gegenteil ich bin stolz auf ihn. Ich habe ihn ausgebildet, er hat gekämpft und etwas erreicht. Seine Auftragsbücher sind voll, die meinen auch und Sonntags spielen wir oft gegeneinander Fußball. Da aber kann ich ihm kaum Parole bieten. Also: Lernen, Einlesen, Anträge stellen und KÄMPFEN. Nebenbei bemerkt, seine Werke kann man auch als Kunst verkaufen da zieht kaum ein Gesetz oder eine Vorschrift. Nur dabei daran denken, die meisten Künstler kommen erst nach ihrem Tod zu Ehren und die Erben zu Geld.
Es braucht hier hier in Deutschland weder den „Deutschen Michel“, Napoleon, die Stempelmentalität, Ihre Wichtigkeit ( Wichtig kommt von Wichtel) oder ähnliches. Ich habe keine Probleme mit „Nicht-Meistern“. Konkurieren wie Überleben kann eh nur der, der Meister seines Faches ist und über einen gesunden und fairen Geschäftssinn verfügt. In Amerika wo scheinbar jeder mach kann was er will, ist auch nicht alles Gold was glänzt. Richtig beurteilen kann das aber auch der, der dort über längere Zeit gelebt und GEARBEITET hat. Fragt ihr mich, so wäre mir die Schweiz da MILLIONENFACH lieber.
In diesem Sinne alles Gute und Mut zur Lücke.
Bernd
(Der jetzt noch Arbeitsvorbereitungen für Morgen machen muß. Die Gesellen haben noch Termine -oder sagt man heute anders- in der Disco)


Bernd
Beiträge: 94
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16
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Re: Mit oder ohne Meistertitel ...

Beitrag von Bernd »

[In Antwort auf #8410]
Hallo Dietrich !

Trotz, dass die Zeit mich drängt muß ich, nachdem ich Deinen Beitrag gerade gelesen habe nochmals kurz ran. Es ist sinnlos, laß sie laufen. Sie müssen Ihre eigenen Erfahrungen machen. Sie werden dabei lernen, dass gewisse Qualifikationen zwingend und unabdingbar notwendig sind und diese auch unter Beweis zu stellen sind. Richtig ist, dass es einer Liberalisierung bedarf. In meinem bisherigen Berufsleben habe ich bis heute 79 Lehrlinge (die nennt man zwischenzeitlich verstümmelt Azubi) ausgebildet. Alle haben erfolgreich ihre Prüfung bestanden. Knapp die Hälfte mit Auszeichnungen.
Daraus sind bisher 15 Meister und 9 Ingenieure hervorgegangen. 14 von ihnen sind selbständig. 9 der ehemaligen Lehrlinge sind in anderen Berufen und 6 noch bei mir als Gesellen. In den letzten Jahren habe ich erhebliche Probleme geeignete Auszubildende zu finden. Jeder Azubi kostet mich mehr Geld als er mir in seiner Lehrzeit erwirtschaften kann. Dennoch bilde ich (noch) gerne aus. Solange ich erreichen kann, dass sich in diesen jungen Köpfen der Gedanke festsetzt: Erfolg von Dauer kommt nur durch Können und Leistung, was Lernen und nochmals Lernen voraussetzt. Aber wie gesagt, es wird immer schwerer diese Einsicht zu wecken.

Bernd

Dietrich
Beiträge: 4730
Registriert: Mo 27. Okt 2014, 22:01

Re: Mit oder ohne Meistertitel ...

Beitrag von Dietrich »


Hallo Bernd,

zu dieser Erfolgsquote meinen Glückwunsch!

Doch es gibt noch die motivierten Anfänger unter den Azubis, leider bleiben die wenigsten dem Ausbildungsbetrieb treu.
Ebenso steigt die Zahl Derer, die notgedrungen eine bestimmte Ausbildung beginnen, weil sie in ihrem "Traumberuf" keine Ausbildung bekommen.

Gruß Dietrich

Volker Hansen
Beiträge: 741
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Mit oder ohne Meistertitel ...

Beitrag von Volker Hansen »

[In Antwort auf #8412]
Ich frage mich wie sich in anderen Ländern und in unserer kurzen Geschichte eine so hochentwickelte Handwerkliche Kultur ohne Meistertitel und Zwang
entwickeln konnte.

Gruß Volker

Georg
Beiträge: 1254
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Mit oder ohne Meistertitel ...

Beitrag von Georg »

[In Antwort auf #8410]
Da vielleicht nicht, aber ich würde zu einer ganzen Reihe von Ärzten nicht gehen obwohl sie ein Studium mit Abschluß als Mediziner haben.
Ich kenne auch eine ganze Reihe von Handwerksbetrieben in denen die Gesellen den Betrieb am Laufen halten. Gerade in vielen Familienbetrieben ist es doch so, daß der Sohn (oder neuerdigs aiuch öfters die Tochter)durch die Meisterprüfung gehievt werden, damit sie das Geschäft weiter führen können, obwohl sie dazu überhaupt nicht in der Lage sind, sondern auf ihre Angestellten angewiesen sind. Wieso soll so ein tüchtiger Angestellter nicht seine eigene Firma aufmachen? Es ist doch in Deuschland leider so daß die Prüfungshoheit im Handwerk bei den Berufsverbänden(Innungen)liegt und diese bei der Beurteilungen von Meisterprüfungen ziemlich willkürlich verfahren. Dies ist doch einer der Gründe, wieso der Meisterzwang immer mehr in Verruf gerät. Wenn schon Meisterzwang, dann sollte aber nur nach der Leistung die ein Meisterschüler bringt beurteilt werden und nicht danach ob Papi einen Handwerksbetrieb hat oder nicht. Oder z.B. wie ich es in meinem Bekanntenkreis erlebt habe, daß ein Meisterschüler von einem Innungsmeister bei der Prüfung nur deshalb eine Note schlechter beurteilt wurde, weil ihm der Chef des Meisterschülers kurz vorher einen großen Auftrag weggeschnappt hat.
Grundsätzlich bin ich der Meinung, daß jeder der sich dazu in der Lage fühlt einen Betrieb aufmachen kann, ob mit oder ohne Meistertitel. Der Kunde möchte doch eine ordentliche Leistung für sein Geld und diese wird auch heute in den seltensten Fällen selbst in Meisterbetrieben wirklich vom Meister erbracht. Also warum muß dann unbedingt ein Meister einen Betrieb führen? Die Kenntnisse die man zusätzlich zur handwerklichen Qualifikation braucht, z.B. in Buchhaltung, kann sich ein Geselle ganau so gut aneignen wie ein Meister. Und wenn er wirklich Interesse daran hat einen soliden Betrieb zu führen wird er das auch tun und es nicht nur halbherzig mitmachen, weil es halt Bestandteil des Meisterkurses ist. Denn es gibt genügend Handwerksmeister die nicht in der Lage sind einen Betrieb zu führen obwohl sie die Meisterprüfung haben. Auf der anderen Seite gibt es eine ganze Reihe tüchtiger Gesellen, die sehr wohl dazu in der Lage wären, aber dies nicht dürfen, weil sie halt keine Meisterprüfung haben. Wenn aber diese Qualifikation fehlt, wird der Betrieb früher oder später den Bach runter gehen, egal ob mit oder ohne Meistertitel.

Volker Hansen
Beiträge: 741
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Mit oder ohne Meistertitel ...

Beitrag von Volker Hansen »


Hallo Georg, Dein Beitrag spiegelt auch meine Erfahrung wieder. Kann ich nur unterstreichen. Um es hier aber nochmal zu sagen, ich habe großen Respekt vor dem redlichen Handwerksmeistern, aber DIE haben doch am wenigsten eine Lockerung zu befürchten! Wem also nütz den dieser Zwang? ---- vielleicht den Luschen die sich hinter dem Deckmantel Meisterbrief verstecken? Den Innungen und Handwerkskammern die sich selbst verwalten? Ob dieses System weiterhin bestand haben kann , auch im Hinblick auf die EU, halte ich für nicht mehr Zeitgemäß.

Gruß Volker



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