Dosendeckel - hohl oder "massiv"?

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
Dieter Macher

Dosendeckel - hohl oder "massiv"?

Beitrag von Dieter Macher »


Nun, da ich meiner Meinung nach für´s erste genug Schalen gedreht habe,versuche ich es seit ein paar Tagen mit Dosen. Obwohl es für die Grundform & Proportionen einer Holzdose aowas ähnliches wie festgeschriebene Grundregeln gibt, ist´s letzt enlich doch wieder reiche Geschmackssache.
" Schön ist, was gefällt" heist´s ja bekanntlich.
Eine andere Frage beschäftigt mich da schon mehr:
Wie haltet ihr es mit der Gestaltung der Deckel-Innenseite / Fläche?
Innenkontur folgt Außenkontur - soviel zur dieser Grundregel.
Aber dreht Ihr Eure Deckel stets soweit aus´s wie es technisch möglich ist, oder nur zur Hälfte oder nur soweit, bis es für den Rezeß der Spannbacken reicht.
Denke ich z.B. an einen stark " glockenförmigen" Deckel, stellt sich diese Frage um so mehr.

Besten Dank für Eure Antworten,eventuell bis heute Abend ab ca. 21.45 Uhr.

Dieter

Bernd
Beiträge: 94
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16
Kontaktdaten:

Re: Dosendeckel -macht denn keiner Dosendeckel?

Beitrag von Bernd »


Hallo Dieter !

Ich zum Beispiel drechsle gelegentlich auch Deckel für meine Schalen und Dosen. Da ich aber der absolute Jungfuchs unter euch Professionellen, bin werde ich mich tunlichst mir Ratschlägen zurückhalten. Da ich niemanden habe, der mir so etwas zeigen kann, probiere ich eben verschiedene Dinge aus. Ich kann mal kurz schildern wie ich es mache. Nach dem Zuschnitt des Rohling - der um die Länge eines Zapfens dicker sein muß - mit der Bandsäge, befestige ich diesen mit seiner späteren Deckelunterseite auf einem Schraubenfutter.
Danach stelle ich die Deckeloberseite her, einschließlich des Absatzes (oder wie bezeichnet man das) der später den Sitz des Deckels in der Dose garantiert und eines Zapfens, der mir wiederum bei der Bearbeitung der Deckelinnseite eine sichere und gute Umspannmöglichkeit ermöglicht.
Die Deckeloberseite bearbeite ich bis an den Zapfenansatz heran fix und fertig. Schleifen, Polieren usw. Nach dem Umspannen bearbeite ich die Innenseite des Deckels. Dabei drehe den Deckel nach Lust und Laune bis auf eine Wandstärke von wenigen Millimetern aus. Selbstverständlich immer der Außenkontur des Deckels folgend. Ist die Innenseite fertig, - ausgedreht, geschliffen, poliert usw.- wird ausgespannt. Aus Abfallholz fertige ich mir dann ein „Spundfutter“ in das ich den Deckel einsetze und mit flexiblen, seitlich angebrachten Holzklammern, fixiere. Jetzt nur noch den Zapfen abdrehen, – große Kräfte wirken da nicht mehr – den Teil wo sich der Zapfen befand noch schleifen und polieren... Fertig !
Ob das aus Sicht eines Professionellen alles so richtig ist, kann ich nicht beurteilen. Wie gesagt, ich bin Jungfuchs auf diesem Gebiet und wollte Dir, da das bisher noch keiner getan hat, wenigstens meine Vorgehensweise schildern.
Gruß

Bernd

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Dosendeckel -macht denn keiner Dosendeckel?

Beitrag von reinhold »


hallo,
ich spanne den Dosenrohling auf; da es Langholz ist im eisernen Spundfutter.
Dann drehe ich am freien Ende den Absatz, der später den Deckel in der Dose festhält, und das Innere des Deckels. Fertig schleifen und ölen.

Abstechen des Dosendeckelrohlings.

Das Innere der Dose wird angefangen : zuerst die Passung für den Dosendeckel, der stramm sitzen muss.

Dann das Innere der Dose. Feinschleifen.

Der Deckel wird auf den Dosenrohling gesetzt, eventuell feucht gemacht oder Kreide angeschmiert, damit er sicher sitzt.
Dann das Äussere der Dose mitsamt dem Deckel fertig gedreht. Damit wird die Form von Deckel und Dose harmonisch übereinstimmen.

Schleifen und Ölen.

Dosenkörper abstechen, so dass ein Spund stehen bleibt, der den gleichen Durchmesser haben muss wie der Falz in der Dose. Dose umdrehen, auf den Spund stecken und Boden fertig drehen. Schleifen und Ölen.

Gruss
reinhold



Martin Krenzer
Beiträge: 116
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Dosen aus Langholz?

Beitrag von Martin Krenzer »


Hallo Reinhold,
deine Vorgehensweise habe ich grds. verstanden; hier habe ich , ebenfalls immer noch Drechsel-Anfänger, aber gleich mal eine Frage: Ich habe mir meine Drechselbücher nochmals durchgesehen und danach werden Dosen, zumindest in den dortigen Beispielen, immer quer gedrechselt. Ist das nun einfach "falsch" oder sind beide Arbeitsweisen "fachlich richtig"?

Gruß
Martin

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Dosen aus Langholz?

Beitrag von reinhold »


hallo Martin,
es gibt Querholzdosen und Längsholzdosen.
Traditionell wurden im Drechselhandwerk Längsholzdosen bevorzugt, weil sie so gefertigt werden konnten, dass der Deckel "unsichtbar" auf dem Dosenkörper sass, die Maserung also durchlief und der Spalt in irgendeinem Vorsprung versteckt werden konnte. Gestalterisch ist der Deckel intergrierter Bestandteil der Längsholzdose. Längsholzdosen schliessen zudem sehr dicht und klemmen nicht. Breite Längsholzdosen konnten durch Einsprengen eines Bodens hergestellt werden. Nur Längsholzdosen können so hergestellt werden, dass beim Öffnen ein leichter Unterdruck in der Dose entsteht und ein "saugendes Gefühl" spürbar ist. Das gilt als Qualitätsnachweis für die Arbeit.
Querholzdosen haben Nachteile: Holz in den erforderlichen Dimensionen ist schwierig zu erhalten, es arbeitet stärker als Längsholz und der Deckel muss mit viel Spiel gefertigt werden, sonst klemmt er früher oder später. Es ist nicht oder nur selten möglich, die Maserung von Deckel und Dose anzugleichen.
Gestalterisch ist es schwierig, ein zufriedenstellendes Zusammenwirken von Deckel und Querholz-Dose zu erreichen. Meist sehen sie ein bisschen arg gezwungen aus. Einer meiner Lehrer sprach mal von "Brustwarzendrechseln". In einem anderen Forum kann derzeit ein schönes Beispiel dafür bewundert werden. Nach meinen Beobachtungen (sind nicht wissenschaftlich, eher empirisch) tauchen Querholzdosen erst im 20. Jahrhundert häufiger auf. Die alten Beispiele sind alles Längsholzdosen.
Ich habe schon beide Arten gebaut, und auch geböttcherte Dosen, also aus Dauben zusammengesetzte und mit Querholzboden versehene. In dem Buch von Boulter gibt es schöne Beispiele.
Die von mir kurz geschilderte Methode ist zunftgemäss, obwohl der Deckel "gestürzt" ist, die Maserung also nicht durchläuft. Es ist eine sehr rationelle Arbeitsweise, weil nur einmal umgespannt werden muss (ganz am Schluss zum Abdrehen des Bodens). Man kann so eine Dose bequem in einer Stunde fertig stellen, einschliesslich der Oberflächenbearbeitung. Es gibt natürlich noch andere Methoden.

Beim Deckel von Querholzdosen würde ich den Knauf aus anderem Material anfertigen und den Deckel mit einem Schraubenfutter in der Bohrung für den Knauf aufspannen. Das erspart kniffliges Anfertigen von Klemmfuttern und erlaubt das Bearbeiten von beiden Seiten und wiederholtes Umspannen.

viele Grüsse
reinhold
P.S. Nicht so an Büchern kleben! Jedes Buch stellt nur einen begrenzten Ausschnitt aller Möglichkeiten dar.


Martin Krenzer
Beiträge: 116
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Danke, Reinhold,...

Beitrag von Martin Krenzer »


...für die schnelle, umfassende und kompetente Antwort, die auch gleichzeitig gestalterische Lösungen bietet.
Ich habe mich bisher hauptsächlich mit Längsholzdrechseln (Kerzenständer in allen Variationen!) beschäftigt und beginne jetzt damit, nachdem ich eine neue Drechselbank (endlich fluchtende Spitzen und keine ungewollte exzentrische Arbeiten mehr!) und damit umfangreichere Spannmöglichkeiten habe (endlich M 33-Anschluss!), mich mit dem Drechseln von Schalen und Hohlkörpern auseinander zu setzen.

Gruß
Martin

P.S.: Gerade im handwerklichen Bereich neige ich auch eher zum "Learning by doing". Da ich aber keinen in der Nähe habe, dem ich mal über die Schultern schauen kann, muss ich mir bestimmte Grundlagen auf theoretische Weise über Bücher aneignen, alleine, um nicht noch mehr "für den Ofen" zu arbeiten...

reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Danke, Reinhold,...

Beitrag von reinhold »


welche Bücher hast Du denn?

Vielleicht kann ich Dir ein paar andere nennen.
Keine Angst, das läuft nicht ins Geld, denn jede Stadtbücherei bietet die Möglichkeit über Fernleihe für meist 1 Euro alles zu bekommen, was man sucht.

Gruss
reinhold

Martin Krenzer
Beiträge: 116
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Drechselbücher

Beitrag von Martin Krenzer »


Hallo Reinhold,
ich habe folgende Bücher:
Robert Gombert: Drechseln -Ravensburger Buchverlag 1996-
Jürgen Gombert: Die Technik des Drechselns -Bechtermünz Verlag 1999-
R. Steinert/H. Hegewald: Der Drechsler -VEB Fachbuchverlag Leipzig 1984-
H. Martensson: Drechseln nach alten Vorlagen -Verlag Th. Schäfer 1990-

Gruß
Martin

Antworten