Verblüffend,...

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Verblüffend,...

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo zusammen,...und allen ersma FROHE WEIHNACHTEN !
ich hab mir heute mal Zeit genommen um alte Stechbeitel zu schärfen.
Was mir schon aus früheren Schärfversuchen aufgefallen ist, ist dass nicht jedes zu
schärfende Eisen leicht zu schärfen ist. Mit HSS Eisen ist das eh so eine Sache,...
(langwieriger, schwerer abzuziehen etc, etc,...klaro bei der Härte!)
Aber heut ist mir ein Stechbeitel der Marke SPANNSÄGE in die Hand gekommen, wo ich
sagen muß,...das ist mal echt eine Freude, das Dingens nachzuschärfen.
Ich bin kein großer Schärfmeister und deshalb hat mich das heute so verblüfft.
Kaum war der Stechbeitel abgezogen, kam auch gleich die Rasierprobe am Unterarm.
Positiv!
Ich hab schon vor geraumer Zeit bemerkt, dass Hobeleisen genau dieser Marke
ebenfalls rasiermesserscharf werden ohne großen Schärfaufwand,...
Für mich ist das nicht zu erklären,...denn es ist nur diese eine Marke, die sich so leicht
schärfen läßt.
Kirschen Eisen sind für mich zum Bleistift nur die Hölle...
Wie ist das möglich?

LG Andreas



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Verblüffend,...

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Andreas,

auch Dir frohe Weihnachten.

Die Fa Busch in Remscheid, von der die Eisen der Marke Spannsäge kamen, gibt es nicht mehr. Dazu unser allzeit zuverlässiger Wolfgang Jordan:

https://www.holzwerken.de/museum/hersteller/busch.phtml

Busch ist also, wie andere Hersteller auch, von Schmitt & Comp. geschluckt worden, das ist der Hersteller der "Kirschen"-Eisen und einer der letzten beiden deutschen Hersteller neben MHG. Mag sein, dass es sogar noch Eisen der Marke Spannsäge zu kaufen gibt, die kommen aber nicht mehr von Busch, sondern von Schmitt, was nichts Schlechtes ist.

Wenn sich das Spannsäge- Eisen besonders gut schärfen lässt, dann ist es entweder besonders weich (unwahrscheinlich) oder sein Stahl harmoniert besonders gut mit Deinem Stein. Möglicherweise sind die alten Spannsäge- Eisen aus unlegiertem Carbonstahl, der ist generell besonders gut schärfbar. Dass die Hersteller heute legierte Stähle bevorzugen, hat seine Ursache wohl vor allem im geringeren Härteverzug dieser Stähle; das senkt Schleifkosten. Kirschen- Eisen sind legiert, MHG auch.

Von meinen Eisen lassen sich die von Dastra besonders gut auf meinem Schleifstein (Shapton Professional Serie 1000, gelb) schleifen. Das ist offenbar Kohlenstoffstahl, mit dem typisch grau- schwarzen Schleifabrieb auf dem Stein. (Dastra gibt es auch nicht mehr).

Meine Kirschen- Eisen sind auf dem genannten Stein problemlos schleifbar (wenn auch nicht ganz so gut wie die Dastras). Wenn Du echte Probleme damit hast, Eisen von Kirschen zu schärfen, solltest Du mal einen anderen Stein versuchen.

Du kannst natürlich versuchen, Dir auf dem Gebrauchtmarkt einen kompletten Satz Spannsägen- Eisen zusammenzusuchen. Es garantiert Dir aber niemand, dass die dann identisch sind mit dem das Du so gut findest. Auch Spannsäge kann irgendwann den Stahl gewechselt haben, das steht nicht drauf.

Grüße, Friedrich


Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Verblüffend,...

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo Friedrich,
das mit der Vermutung, es handle sich um Carbonstahl ist wohl richtig.
Obwohl ich auf einer 1200er Diamantplatte vom Hausherrn schleife, tu ich mir mit legierten WZ Stählen
ziemlich hart. Das Abziehen auf einem Kombistein 3000/ 8000 ist nicht weiter nennenswert, da ich von
der 1200er Platte eine bessere Politur der Fase bekomme als mit der weichen grünen 3000er Seite vom
Kombistein.
Bei Carbonstahl geht es besser und selbst nach wenigen Zügen Abzug sind die Schneiden ansehnlich
und scharf.
In einem alten Artikel über Stechbeitel hab ich einen Test gefunden, der westliche Eisen mit Japanischen
vergleicht.
Da die beiden deutschen Marken Spannsäge (J. Busch) und Hirsch (FW Busch, Gebr. Busch) gleichgut abgeschnitten
haben und nahezu vergleichbar sind (WZ Stahl ohne Carbide, Kohlenstoffgehalt 0,80 und 0,81 %) scheinen
das meine Favoriten zu werden :-)
Wer also zuhause alte Beitel beider Marken hat und nichts damit anfangen kann, dem würde ich sie gerne
abkaufen. Am liebsten in Sätzen,...

LG Andreas

MaxS
Beiträge: 1549
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Verblüffend,...

Beitrag von MaxS »


Hallo Andreas,

ich kann Deine Erfahrungen bestätigen, mir geht es ähnlich. Allerdings sind auch sehr alte Kirschen, Peugeot und weitere m.E. gut und problemlos schärfbar. Halbwegs aktuelle Kirschen erreichen auch eine wirklich gute Schärfe, benötigen aber besonders bei größeren Abmessungen länger. Über 30mm wirds auch mit der Tormek echt lästig, da Scharten auszuschleifen, weil der Stein "zuschmiert". Ich vermute, dass sich da recht lange Schleifspäne bilden, die am Stein hängen bleiben und so die Spanräume zusetzen.

Leider hat Dastra den Betrieb eingestellt, bevor ich mir da noch ein paar kaufen konnte - man sollte nicht alles auf die lange Bank schieben.

Viele Grüße
Max

Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Verblüffend,...

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo Maximilian,...
wenn ich gewußt hätte, dass es hier im Forum Schn itzer gibt,...Hohoho...
Ich hab nämlich einen ganzen Satz von Dastra Beiteln 30 oder 32 an der Zahl
auf der Versteigerungsplattform erst vor 2 Jahren verkauft.
Wahrscheinlich hätte ich hier auf dem Marktplatz mehr erziehlt, oder Du hättest
zugegriffen...
Aber nun is auch egal...Später is man immer... etc, etc..
Das faszinierende an altem Schnittstahl ist eben die gute Schärfbarkeit.
Und wenn man dann auch ein Qualitätsprodukt hat, also einen richtig guten
Messerstahl und eben keinen Mistgabelstahl, dann machen die vormals leidigen
Arbeiten auch wieder Spaß.
Hoffe dass du fündig wirst...
Gruß Andreas

Bernd Grunwald
Beiträge: 472
Registriert: Mi 5. Sep 2018, 14:21

Re: Verblüffend,...

Beitrag von Bernd Grunwald »


Hallo Maximilian,

seit wann hat Dastra denn den Betrieb eingestellt?
Abgesehen von den Weihnachtsferien hat Dastra laut Website ab dem 04.01.2021 wieder geöffnet.
Die Fertigung beginnt bei Dastra allerdings immer erst nach Eingang der Bestellung.

Gruß
Bernd


MaxS
Beiträge: 1549
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Verblüffend,...

Beitrag von MaxS »


Hallo Bernd,

mein Wissensstand ist folgender: Die Marke Dastra exisitiert weiterhin, gehört allerdings inzwischen zur Wilh. Schmitt & Comp. GmbH & Co. KG, die auch die "Kirschen" - Eisen herstellt. Das deckt sich auch mit dem, was auf dastra.net zu lesen ist. Nachdem die Fertigung nun im gleichen Haus wir "Kirschen" angesiedelt ist, wird meines Wissens auch deren Stahl verwendet. In einem Forum zum Thema Schnitzen als Hobby findet man recht schnell ein Thema, in dem das recht genau erläutert wird.

Viele Grüße
Max

MaxS
Beiträge: 1549
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Verblüffend,...

Beitrag von MaxS »

[In Antwort auf #154407]
Hallo Andreas,

keine Sorge, Du hast nichts verpasst. Auch wenn ich einen Satz Schnitzeisen zum günstigen Preis sicher nicht ablehnen würde, wäre das nur eine in manchen Fällen praktische Ergänzung der normalen Stemm- und Hohleisen. Oder kürzer: Ich bin kein Schnitzer, Schnitzeisen wäre aber manchmal sicher praktisch zu haben.

Mir wäre es primär um ein paar Stemmeisen gegangen, bei denen ich aufgrund der geschilderten Erfahrungen eben einen C-Stahl möchte und keinen der heute üblichen CV-Stähle/Kaltarbeitsstähle. Die modernen Legierungen haben sicher in vielen Belangen Vorteile, aber in manchen Bereichen kommen die wohl beim Anwender weniger zu tragen. Eventuell frage ich mal bei Stubai und Pfeil die verwendeten Stähle an oder wende mich gleich an einen (befreundeten) Schmied. Es ist ja nichts Dringendes, aber schön wäre es schon.

Eine Randbemerkung: Gibt es eigentlich noch einen deutschen Hersteller für geschmiedete Drechseleisen aus HSS? Heidtmann / CHWO ist ja auch längst Geschichte.

Viele Grüße
Max

Bernd Grunwald
Beiträge: 472
Registriert: Mi 5. Sep 2018, 14:21

Re: Verblüffend,...

Beitrag von Bernd Grunwald »


Hallo Maximilian,

Danke für die Info. Das wußte ich noch nicht. Schade, dass die kleine Schmiede in Wuppertal nun geschlossen ist! Habe einige Bildhauereisen von Dastra und bin sehr zufrieden damit. Ich habe auch einige von Stubai und von Pfeil. Alles gute Eisen. Die meisten Eisen habe ich aber von Kirschen, und zwar einfach deshalb, weil ich Dastra etc. überhaupt nicht kannte, als ich mit dem Schnitzen begann und mir die ersten Eisen zulegte. Allerdings bin ich mit den Kirschen-Eisen auch sehr zufrieden. Signifikante Unterschiede beim Schärfen kann ich eigentlich nicht feststellen. Vielleicht liegt es daran, dass ich das Nachschärfen fast immer mit dem Koch-Schärfsystem mache. Diesem System scheint es nach meiner Erfahrung mehr oder weniger egal zu sein, welcher Schnitzeisen-Stahl da gerade auf der Scheibe liegt ...

Beim traditionell vorzunehmenden Aufarbeiten von richtig kaputten Eisen mag das allerdings anders sein. Da scheint die Stahlsorte wohl schon eine gewichtigere Rolle zu spielen.

Gruß
Bernd

MaxS
Beiträge: 1549
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Nachtrag

Beitrag von MaxS »


Ein kleiner Nachtrag bzgl. der Drechseleisen: Die Schmiede Neuhammer in Olbernhau ist mir natürlich bekannt, produziert aber wohl z.B. keine sehr großen Röhren.

Gruß
Max

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