Schaukelpferd - klappbar [BILDER]

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
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Philipp
Beiträge: 891
Registriert: Mi 21. Nov 2012, 14:14

Schaukelpferd - klappbar [BILDER]

Beitrag von Philipp »


Begonnen hatte mein Plan, ein Schaukelpferd zu bauen, damit, daß ich in einer Gaststätte ein älteres Schaukelpferd stehen sah, daß mich sofort ansprach. Einerseits gefiel mit die schlichte Ausführung, andererseits der Klappmechnismus, der erlaubt, das Schaukelpferd platzsparend zu verschicken oder zu verstauen. Als großer Freund von Faltbooten finde ich an Dingen, die sich verkleinern lassen, schnell Gefallen.



Ich fotografierte das Pferdchen und nahm mittels Daumen, Handbreiten und Handspannen Maß. Auf mein Gedächtnis war glücklicherweise noch ausreichend Verlaß, so daß ich danach zu Hause zunächst eine grobe Skizze und später einen etwas genaueren Plan anfertigen konnte. Interessante Lehre zu Beginn für mich: diese Körpermaße sind ungeheuer praktisch und für so manches Projekt auch ausreichend genau. Ich sollte wohl öfters mit solcherlei biometrischen Daten arbeiten.
Die Verwirklichung startete zunächst zügig, dann aber bemerkte ich schnell, daß der Klappmechanismus so einfach auszuführen gar nicht ist, denn der Teufel steckt hier im Detail. Seine Fertigung hat mich mindestens die Hälfte der Zeit gekostet, teilweise auch wegen einiger kleiner Irrwege, die ich gegangen bin.

Und so sieht's nun aus:



Und platzsparend zusammengeklappt:



Die Schwierigkeiten für meine kleine Improvisationswerkstatt waren u.a.:
- das schräge Bohren der Versenkungslöcher für die Querstreben in den Kufen (Forstnerbohrer) erforderte winklige Unterlagen und herausforderndes Zwingen ;-)

;

- Fertigung und Einbau der Gewindebolzen (Selbstbauten aus Messing-Rundmaterial) in die Querstreben und Verschließen der Löcher mit Querholzdübeln (leider mit Brandspuren).
- glücklose Scharniersuche für die Beine. Notwendig wären kräftige Scharniere gewesen, deren Lappen im geschlossenen Zustand dicht aufeinander liegen, um ein Hin- und Herwackeln des Pferdekörpers auf den Kufen zu verhindern. Ich fand aber nur diese klobigen Baumarktscharnieren, deren Lappen nicht dicht schließen. Im Schraubstock wurde dieses Problem so weit es ging mit Gewalt gelöst, aber ein Spalt blieb. Deshalb mußten die Beine noch mit Dübeln gegen ein Verrutschen gegeneinander gesichert werden.





Das Pferd ist aus Kirschholz (mit ein paar Wurmlöchern…) gebaut, nur die Rundteile sind aus Buche und aus dem Baumarkt.
Der Kopf ist mit dem Hals in den Rumpf eingelassen und mit Zugnägeln („draw boring“) verstärkt. Hier hätte ich unbedingt den Hals ein wenig abfälzen sollen, um den nun von oben trotz sauberem Arbeiten sichtbaren Spalt zu verdecken, aber diese Erkenntnis kam zu spät.



Das Holzgewinde (1/2“) für die Fußrasten ist aus Buchenrundmaterial gefertigt und nachträglich in dickeres Rundmaterial eingeklebt.
Mähne und Schweif sind aus aufgedröseltem Naturfaserseil.

Bei dem Pferd habe ich zum ersten Mal entgegen meinen Gewohnheiten und Vorlieben recht viel mit Maschinen gearbeitet. Zum einen, weil ich hier gerne meine geringen Möglichkeiten weiter austesten und ggf. ausbauen will, zum anderen, weil Schweifungen und unregelmäßige Formen mit Handwerkzeugen einfach viel länger dauern und mit immer wieder vor Schwierigkeiten wie Ausrisse und Rattermarken bei der Verwendung von Schweifhobeln stellen.
So wurden Kopf, Kufen, Sattel und Pferdepopo mit der Stichsäge im Neutechnik-Stichsägetisch (meine „Bandsäge für Arme“) gesägt. Mit geeigneten und u.U. dem Vorhaben entsprechend gefeilten Sägeblättern funktioniert das durchaus gut! Die Kufen wurden ferner mittels Schablone und Bündigfräser endgültig in Form gebracht, wobei ich gelernt habe, daß diese Frästechnik ganz enorme Vorteile bietet.
Zum Abrunden habe ich mir eigens einen längs fälligen „Frästisch“ gebaut, der zusammen mit meiner Hobbyfräse (Bosch POF 600) natürlich nur für kleine Arbeiten geeignet ist und einfach auf die Hobelbank gespannt wird. Dieser extra Zeitaufwand hat sich aber sehr gelohnt, denn alle Kantenrundungen waren dann nur noch eine Frage von wenigen Minuten. Gerade, wenn man sonst fast nur mit Handwerkzeugen arbeitet, tut es mal gut, wenn manche Arbeitsschritte einfach mal schnell erledigt sind (allerdings sind die Fehler auch in der Regel größer…)
Mit Handwerkzeugen wurden die Flächen geputzt, die Zapfenverbindung zwischen Beinen und Kufen (2 Zapfen pro Bein) und die Verzapfung des Kopfes im Rumpf gefertigt sowie die Kopfform mittels Schweifhobeln angepaßt.

Das Pferd ist einmalig mit meiner Standardmischung aus Lein- und Tungöl geölt, den Sitz wollte ich schön Blau lasieren, doch leider nahm das Holz die Pigmente nur äußerst unregelmäßig auf. Mehr Zeit wollte ich aber hier nicht investieren, da es ein Gebrauchsgegenstand werden soll, der hoffentlich auch Benutzung erfahren wird.
Die Querstreben sind mittlerweile noch tiefrot lasiert, denn Kinder lieben es bekanntlich bunt.

Nach ersten Tests durch meine eigenen Kinder zeigt das Schaukelpferd ein recht gutmütiges Schaukelverhalten, was der eher sanften Kufenschweifung zuzuschreiben ist. Man hätte hier vielleicht noch etwas Fleisch dazugeben können, da das Pferd aber für meinen Neffen bestimmt ist, möchte ich auch nicht Urheber für eventuelle Unfälle durch kindlichen Übermut sein.

Taugt für Kleine:



und für Große:



Nun bin ich froh, das Pferd endlich zu Ende gebracht zu haben und es aus meiner Werkstatt entfernen zu können. Bei meinem Arbeitstempo wird die Zeit wohl nicht mehr für ein weiteres für meine eigene Tochter reichen, aber damit wird sie hoffentlich klar kommen.

Grüße, Philipp

...der sich nun endlich der Fertigstellung der Heizkörperbank widmen kann :-).


Ralf Suitner
Beiträge: 57
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Alles für die Erben...

Beitrag von Ralf Suitner »


Hallo Philipp,

prima Arbeit, gefällt mir sehr gut in Design und Ausführung. Hält bestimmt ein paar Generationen....
Nur wie hast Du den Schweif hinbekommen? Wurden die Haare (?) in Bohrlöcher geklebt?

Viele Grüße aus dem Norden
Ralf



Franz Kessler
Beiträge: 2298
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

schönes Schaukelpferd

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo Philipp

So soll es sein, der Nachbau übertrifft das ursprüngliche Original, Dein Pferd gefällt mir sehr gut, Du hast eine Idee übernommen und beim Umsetzen verbessert, nennt man Innovation.

Glückwunsch

Franz



Heiko Rech
Beiträge: 2715
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Schaukelpferd - klappbar [BILDER]

Beitrag von Heiko Rech »

[In Antwort auf #65674]
Hallo Phillip,

ein schönes Schaukelpferd hast du da gebaut. Das sit das erste zusammenklappbare Schaukelpferd, das ich sehe. Die IDee gefällt mir sehr gut.

Gruß

Heiko


Philipp
Beiträge: 891
Registriert: Mi 21. Nov 2012, 14:14

Schweif und Mähne

Beitrag von Philipp »

[In Antwort auf #65694]
Hallo Ralf,

Mähne und Schweif sind aus einer Naturfaserschnur aus dem Baumarkt (Manilaseil o.ä.).
Für die Mähne habe ich diese Schnur aufgedröselt (bestand aus drei Strängen) und diese Stränge in Bohrlöcher im Kopf geklebt.

Für den Schweif habe ich die volle Schnur am Ende zuerst etwas aufgedröselt, dann mit reichlich Weißleim getränkt und anschließend wieder fest zusammengedreht und noch fest mit etwas Sternzwirn umwickelt. So will ich verhindern, daß sich einzelne Fasern zu schnell lösen. Dieser Schweif wird in ein Loch am Ende eingeklebt (und noch gekürzt - auf den Bildern war er noch nicht endgültig fertig).

Gruß, Philipp


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