Holz biegen mit Dampf *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Uwe.Adler
Beiträge: 1267
Registriert: So 27. Dez 2020, 22:52

Re: Holz biegen mit Dampf

Beitrag von Uwe.Adler »

[In Antwort auf #152371]
Hallo Markus,

ein amerikanischer Stellmacher, Wagen- und Kutschenbauer hat den Biegevorgang sehr gut aufgezeigt. https://www.youtube.com/watch?v=p0xj7OujbwU Der Mann versteht sein Handwerk und lässt einen daran teilhaben durch feine Einstellungen der Aufnahmen. Jeden Freitag zeigt er ein neues Video mit Arbeiten aus seiner Stellmacherwerkstatt. Holz- und Metallbearbeitung vom Fachmann. Bei ihm habe ich die Metallunterstützung mir abgeschaut. Beim Biegen von Gitarrenzargen mache ich das nur noch mit Metallunterstützung und habe kaum noch Zug- oder Druckbrüche. Richtige Temperatur, lange Durchfeuchtung und zügige Verarbeitung mit der Unterstützung an den richtigen Stellen, um beim Holz die Faserstruktur mittels Fixierung die Biegung nicht zu stark zu strapazieren. Holz wächst nicht in eine Richtung und auch nicht gleichmäßig.

Auch gibt es bei den Bootsbauern wertvolle Hinweise. Die haben ganz andere Dimensionen zu biegen. Und auch dort gibt es immer wieder Brüche. Das Holz lässt sich von außen schwer lesen.

https://www.youtube.com/channel/UCAiDWnTP0WB1xCp6uuUo0VA
https://www.youtube.com/channel/UCg-_lYeV8hBnDSay7nmphUA
https://www.youtube.com/channel/UCXIlPuc45MBAHorIYCft-WQ

Die Beiträge sind in englisch, aber das muss kein Nachteil sein.

Herzliche Grüße

Uwe



Carsten Rödiger
Beiträge: 139
Registriert: Fr 26. Okt 2018, 16:39

Re: Holz biegen mit Dampf

Beitrag von Carsten Rödiger »


Hallo,

als Dampfkiste kannst du alles nutzen, was Wärme in das Holz bringt, auch, z.B. ein Metallrohr mit 80°-120° Knick und ungleich langen Schenkeln.
Der Knick liegt, mit Wasser gefüllt, auf dem Boden, in dem langen Schenkel steckt dein Holz und unten drunter nachst du ein Feuerchen. die Enden mit Lappen verstopfen.
Erfahrungsgemäß ist es egal, ob das Holz in kochendem Wasser oder in Nassdampf liegt.
Holz ist ein schlechter Wärmeleiter, aber irgendwie muß die Wärme in das Holz, und dann mußt du rasch arbeiten.
Was auch sehr gut funktioniert, aber man muß sich erst dran gewöhnen, ist das Holz in einen langen Plastikschlauch zu stecken, ein paar kleine Löcher in den Schlauch zu piken, und dann den Dampferzeuger dierekt an den Schlauch anschließen. Man hat viel mehr Zeit, weil die Planke noch im Dampf liegt während sie angebaut wird. OK, zum endgültigen anschrauben/ verbolzen/ nieten muß man sie noch mal abnehmen, das Plastik entfernen, Planke und Spanten im Kontaktbereich schon mit Leinöl, Farbe o.ä. beschichten (auch innen die Schraubenlöcher), evtl. noch ein paar Nacharbeiten.
Und man kann auf diese Weise 2 Planken gleichzeitig anbauen und so die assymmetrischen Spannungen auf den Bootskörper vermeiden.

https://www.youtube.com/watch?v=--iPQIwSEJM&list=PLzlN3A2DLgNzJPV_GRDDie_XaVEgGhxQk&index=7

"Tips from a Shipwright" sind sehr gut, Louis hat sehr viel Erfahrung. https://www.youtube.com/user/TipsfromaShipWright

Nebenbei, kleine Info für alle, die ihre Sägen selber schärfen; Louis schärft seine Sägen auch nur von einer Seite. https://www.youtube.com/watch?v=1IGVjLPNsXA

Ich persönlich bevorzuge "Tally Ho", das ist ein tolles Projekt. Zu Anfang hatte ich echt die Befürchtung, das das für einen viel zu viel ist, aber er schafft das.

Viel Erfolg!

MarkusB
Beiträge: 1195
Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Vielen Dank

Beitrag von MarkusB »

[In Antwort auf #152371]
Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Kommentare und Zusatzinfos.

Vielleicht war der Text etwas lang, so dass nicht alle ihn gelesen haben und sich nur an den Bilder erfreut haben.
Aber: Wir haben ein Biegeband, das verhindern soll, dass die Außenseite reißt, verwendet!
Eigentlich sieht man es auch auf den Bildern.

Wenn es soweit ist, werde ich von unserer 2. Versuchsreihe berichten.

Viele Grüße

Markus


Georg Ha
Beiträge: 51
Registriert: Do 14. Nov 2019, 12:44

Re: Vielen Dank

Beitrag von Georg Ha »


Hallo Markus,

Erstmal vielen Dank für die Vorstellung eines interessanten Experiments, bitte unbedingt über die Fortsetzung, Problemlösung o.ä. berichten!

Zum Biegeband fällt mir ein: Das Band könnte sich durch das warme Holz minimal gedehnt haben und dadurch zu wenig Spannung und damit Schutz vor Bruch der äußeren Holzschichten geboten haben, ev. könnte starkes Vorwärmen des Bandes helfen? Oder eine Möglichkeit in Holzlängsrichtung nachzuspannen, wie es bei der Bugholzmöbelherstellung angewandt wurde. Aber das habt Ihr ev. sowieso gemacht. Nicht aufgeben, alles Gute,

lg georg


Michl
Beiträge: 482
Registriert: Di 4. Sep 2012, 18:20

Re: Holz biegen mit Dampf *MIT BILD*

Beitrag von Michl »

[In Antwort auf #152371]
Ich denke, ein Problem bei Eurem Versuch war, daß Ihr die linke Zwinge an der falschen Stelle angesetzt habt, bzw. das Klötzchen am Zugband zu kurz war. Das Klötzchen biegt sich nämlich nach hinten. Dadurch verliert das Zugband an Wirkung und das Holz reißt an der Außenseite. In dem Video das Ihr gepostet habt, sind keine kurzen Klötzchen am Zugband befestigt, sondern lange Hebel. Mit denen wird dann gebogen. So kommt viel mehr Druck auf das Werkstück. Sämtliche Zugkräfte müssen im Zugband sein. Im Werkstück dürfen ausschließlich Druckkräfte herrschen - sonst reißt´s. Es hilft auch nix, nachträglich noch das Klötzchen nachzuspannen, wie Ihr es scheinbar gemacht habt. Da war der Riß vermutlich schon entstanden.

Vor langem habe ich auch mal Dampfbiegeexperimente gemacht. Ich glaube, daß auch die richtige Temperatur sehr entscheidend ist und wie lange man das Holz im Dampf läßt. Aber das ist nur so eine Vermutung von mir.

Viel Erfolg weiterhin und Danke für den Bericht,

Michl

MarkusB
Beiträge: 1195
Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Holzbiegen Teil 2 *MIT BILD*

Beitrag von MarkusB »

[In Antwort auf #152371]
Hallo zusammen,

am WE haben Friedrich und ich nun einen zweiten Versuch gestartet.
Da beim ersten Versuch alle Hölzer kaputt gingen, war klar, dass der Radius wohl zu sportlich war, obwohl wir uns an das Mindestmaß gehalten haben.
Wir haben den Winkel unserer Schablone so gelassen, den Start- und Endpunkt des Bogens aber um 4 cm nach außen verlagert, was ungefähr den Biegeradius verdoppelt hat.
Dabei haben wir keinen Bogen ausgebildet, sondern haben Start- und Endpunkt des Bogens gerade gehobelt.



Wir dachten, dies sei kein Problem, da das Holz sich dann automatisch kreisförmig biegen würde.
Das ist auch so geschehen, aber leider hinterließen die Kanten einen Abdruck im Holz, so dass wir diese für die weiteren Biegevorgänge rund hobelten.
In dem folgenden Bild habe ich die Abdrücke mit dem Bleistift nachgezeichnet



In dem oben gezeigt Bild mit den Abdrücken sieht man auch, dass das Holz nicht mittig auf der Schablone saß, was aber kein Problem war.
Wahrscheinlich wurde der Biegeradius durch das Verrunden der Kanten nochmal etwas vergrößert.

Fazit:
Mit dem größer Biegeradius ist das Holz heil geblieben.
Mit einem Schablonenwinkel von 13° haben wir eine Biegung zwischen 9° und 10° erreicht.
Das Rückfedern von bis zu 3° ist recht stark, wie ich finde.
Wir konnten beobachten, dass je länger das Holz in der Schablone abkühlen kann, umso geringer das Rückfedern ist.
Das Holz wird durch die Wärme so weich, dass sich Kanten der Schablone und des Biegebandes abzeichneten, auch die Löcher des Rispenbandes.
Wenn man die Zwingen so fest zuzieht, wie man kann, dann wird der Querschnitt ziemlich stark verformt. Ist die Schablone oder das Biegeband schmaler als das Holz, wird es in das Holz gedrückt.
Man sollte also nur so fest anziehen, bis das Holz an der Schablone anliegt und nicht fester.
Biegeband und Schablone sollten vollflächig das Holz bedecken, also mindest genauso breit wie das Holz sein und keine Spalten, Löcher o. ä. haben.

Mit der Dampfkiste kann man maximal 98° erreichen.
Mich würde es ja sehr interessieren, ob man mit höheren Temperatur leichter und besser biegen kann.

viele Grüße

Markus

Michael Formanek
Beiträge: 340
Registriert: Di 27. Dez 2016, 18:58
Kontaktdaten:

Re: Holzbiegen Teil 2

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo Markus,
ihr könntet auf einen kleineren Radius kommen, wenn ihr die Schablone mit einer Rolle ausstattet die so gelagert ist, dass sie am äußeren Biegeradius auf das Holz (bzw. natürlich das Eisenband) drückt und ihr gleichzeitig versucht, dass Band ordentlich auf Zug zu halten. Man muss beim Biegen dann "nur" die Rolle über den Radius rollen. Mit dieser Methode hat ein Kollege bei Schichtverleimungen extrem geringe Radien erziehlt und ich habe es einmal bei relativ dickem Mahagoni verwendet mit dem ich einen Halbkreis biegen musste. Ich würde auf jeden Fall die Teile eingespannt trocknen lassen.
Aus meiner Erfahrung geht das Biegen schon besser wenn man einen Druckkochbehälter verwendet.
Schöne Grüße, Michael

MarkusB
Beiträge: 1195
Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Re: Holzbiegen Teil 2

Beitrag von MarkusB »


Hallo Michael,

so ganz verstehe ich das mit der Rolle nicht.
Hast du vielleicht ein Bild?

Druckkochtopf ist im Prinzip gut, der wird ja auch heißer.
Leider passen da aber meine Stuhlbeine nicht rein.
Und in groß, ich glaube, die heißen dann Autoklaven, kosten die ein paar Euros...

Viele Grüße

Markus


Johannes F
Beiträge: 172
Registriert: Di 26. Sep 2017, 22:18

Re: Holzbiegen Teil 2

Beitrag von Johannes F »


Hallo Markus,

leider kann ich Dir mangels Erfahrung nicht weiterhelfen, aber ich möchte ein dickes Dankeschön dalassen für die Berichterstattung zu diesem sehr spannendem Thema. Zu diesem gibt es im Internet vergleichsweise nur wenig Information, daher lese ich, und wahrscheinliche viele andere stille Mitleser auch, gerne von Deinen Ausführungen.
Wenn Du nicht genau weißt was Du tust, würde ich Dir aber von Experimenten mit heißem Dampf unter Druck abraten, das ist (vor allem bei Selbstbauten) nicht ganz ungefährlich.

Viele Grüße

Johannes

MarkusB
Beiträge: 1195
Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Re: Holzbiegen Teil 2

Beitrag von MarkusB »


Hallo Johannes,

freut mich, dass dir der Bericht gefiel.
Einen Druckkessel wollte ich nicht bauen.
Wie du schon geschrieben hast viel zu gefährlich.
Aber höhere Temperaturen könnte man doch auch mit einem feuerfesten Behälter über einer offenen Flamme erreichen...

Viele Grüße

Markus

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