Der "ziehende Schnitt" - eine geometrische Analyse

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Carsten Griewatsch
Beiträge: 54
Registriert: So 8. Mär 2015, 21:00

Re: Der "ziehende Schnitt" - eine geometrische Ana

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Hallo Pedder,

nein, das denke ich nicht. Die effektive Bewegung des gedrehten Hobeleisens liegt eben nicht mehr senkrecht zur Hobelschneide,
sondern schrägt dazu. Das stabilisiert das Hobeleisen bei gleichzeitigem geringen Schnittwinkel, um es etwas flapsig auszudrücken.

Hast du die Erfahrung gemacht, daß gedreht geführte Hobeleisen schneller stumpf werden? Das sollte mich doch sehr wundern.

Wenn ich Hirnholz mit dem Stechbeitel bearbeite, dann wird die Beitelschneide stossend viel schneller stumpf, als schräg geführt. Das
zeigt meine Erfahrung und wird sicherlich auch für Hobeleisen gelten. Und dabei hat der stossend geführte Beitel sogar einen größeren Schnittwinkel,
müsste also nach deiner Theorie erst recht länger halten.

Was man schliesslich nicht ausser Acht lassen sollte: Je stärker man das Hobeleisen dreht, desto geringer wird der Anteil der Bewegung senkrecht
zur Hobelschneide. Letzlich wird das Eisen nicht so stark belastet bzw. eher geschont, dadurch dass es eben zum großen Teil entlang
der Schneidkante bewegt wird.
Beim stossenden Hobel wird frontal ins Holz gegraben. Gibt es härtere Stellen im Holz, geht das direkt aufs Hobeleisen, genau an einer einzigen
Stelle.
Wenn man dagegen mit dem ziehenden Schnitt hobelt, dann verteilt sich die Belastung seitlich auf einen längeren Abschnitt der Schneide.

Dieser Vorteil beim ziehenden Schnitt ist ja leider gerade ein Nachteil in der Hobellade, in der die effektive Hobeleisenbreite geringer wird, wenn
man das Eisen dreht.

Und beim Schneiden mit einem Schnitzmesser verteilt sich die Belastung sogar bis auf die gesamte Schneidenlänge, im Gegensatz zum
keilartigen Einsatz des gleichen Werkzeugs, bei dem eine rein punktuelle Belastung auftritt. Beim Ziehen der Messerschneide hat man letzlich
einen effektiven Schnittwinkel von nahezu 0°, dennoch verhält sich eine Messerschneide erstaunlich stabil.

Gruß

Carsten

Rainer Zinserling
Beiträge: 189
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Der "ziehende Schnitt" - eine geometrische Ana *MIT BILD*

Beitrag von Rainer Zinserling »


Hallo zusammen,

Vorweg: ENTSCHULDIGUNG !

Wofür? Heute habe ich mich mal daran gemacht, ich wollte meine im dritten und weiteren Beiträgen gemachte Behauptung (sinngemäß: Winkel zur Werkstückoberfläche werden durch Schrägstellung des Werkzeugs größer - und nicht wie zumeist gelesen kleiner) überprüfen - und natürlich hier untermauern. Ursache war wohl der aus meinem "früheren Leben" intuitiv bekannte Effekt, dass sich Winkel vom Objekt im Foto anders darstellen, wenn das Objekt schräg fotografiert wird. Ich habe jetzt mal real zwei mal zwei Vergleichsfotos gemacht, die ich bei dieser Behauptung geistig vor Augen hatte. Einmal sieht man bei einem schräg gestellten Hobel das Eisen unter einem größeren Winkel, sichtbar an der roten Linie, die die Neigung der Seitenansicht wiedergibt. Und ich dachte, dass auch der Hobel mit diesem höheren Winkel "auf den Span zukommt".

Beim Fotografieren habe ich aber bemerkt, dass der Span beim schräg gestellten Eisen ja nicht gerade am Eisen hochgeht, sondern sozusagen schräg über das Eisen läuft. Dadurch nun wird der wirksame Winkel beim Hobeln aber tatsächlich flacher, deutlich ja auch zu sehen im verlinkten Video im Eröffnungsbeitrag hier, wo der Winkel vom gerade stehen Hobeleisen abgenommen wird und dann mit dem schrägstehenden Hobeleisen verglichen wird. Diesen Widerspruch zu meiner Behauptung hatte ich bisher nicht verstanden.

Die anderen beiden Vergleichsfotos zeigen, wie sich Winkel durch Schrägstellung verändern, hier wird der eine rechte Winkel größer, der andere kleiner. Damit glaubte ich zu sehen, dass zumindest der Keilwinkel - ein nach unten zeigender Winkel - nach meiner "Theorie" durch Schrägsstellung kleiner wird.

Alles Kokolorus. Aber ich wollte meine Theorie mal selbst untersuchen und somit begründen, warum ich mich oben so geäußert habe. Damit bin ich nun gescheitert. Aber ich wollte Euch daran teilhaben lassen, wie ich durch einen falschen Ansatz auch bei einem Experiment ein falsches Ergebnis bekomme habe. Und das quasi (auch) als Begründung für das Entscheidene benutzen:

MICH FÜR DIE MÖGLICHERWEISE ENTSTANDENE VERWIRRUNG ZU ENTSCHULDIGEN !


Rainer

martin

Re: Der "ziehende Schnitt" - eine geometrische Ana

Beitrag von martin »


hoffentlich hat das spiegelverkehrte Photo keinen Einfluß ;-)

Gruß
martin

MarkusB
Beiträge: 1194
Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

"ziehende Schnitt", der Versuch einer Beschreibung

Beitrag von MarkusB »

[In Antwort auf #152913]
Hallo Carsten,

der Virus erzeugt doch das ein oder andere Zeitfenster, so dass ich zu diesem streitbaren Thema auch meine Meinung mal zum Besten geben möchte:

Man könnte den ziehenden Schnitt auf folgende Definition reduzieren:
Es liegt ein ziehender Schnitt vor, wenn der Winkel zwischen Schneide und Schneidrichtung ungleich 90° ist.
Das ist Voraussetzung, aber nicht des Pudels Kern.
Und auch die Aussage von Herrn Duhme, dass die Winkelverringerung das Geheimnis sei, sehe ich anders.
Wenn das der große Vorteilsbringer wäre, dann wäre die logische Folge eines Entwicklungsprozesses, den Bettungswinkel beim Holzhobel oder die Fase beim FW zu ändern.
Man würde also das Werkzeug anpassen und nicht dessen Handhabung.
Und warum hat der westliche Putzhobel dann einen größeren Bettungswinkel als der Doppelhobel und Schlichthobel?
Nein, das kann es meiner Ansicht nach nicht sein.

Um den ZS zu verstehen, hilft es mir, wenn ich mir anschaue, wie ich ein Messer benutze, denn letzten Endes ist Hobeln ein Schneidvorgang wie bei einem Messer.
Betrachten wir einen Extremfall: Wir schneiden mit dem Messer ein in der Luft hängendes, beidseitig gehaltenes Blatt Papier. Wegen der geringen Stärke des Papiers bleibt die Länge der Schneidlinie nahezu bei jeder Haltung des Messers gleich.
Ist die Schneide scharf, können wir nur durch Drücken einen sauberen Schnitt erzeugen.
Je stumpfer das Messer, umso mehr müssen wir die Schneide hin- und herziehen.
Die stumpfe Schneide muss dabei über die Schneidlinie im Material gezogen werden. Mit dieser Methode kann ich sogar mit einem ungeschärften Blech das Papier schneiden. M. E. wird dabei nicht gesägt.

Beim ziehenden (Hobel-) Schnitt wird versucht, genau diesen Umstand nachzustellen.
Die Schneide soll entlang der Schneidlinie/Schneidkante geführt werden, weil dies den Schneidvorgang begünstigt.
Warum spielt jetzt gerade keine Rolle.
Den besten ziehenden Schnitt erreiche ich, wenn ich den Hobel schräg in einem Bogen (und sei er noch so leicht) führe.

Sonderfall Stoßlade:
Hier wird der Hobel fest geführt. Kein Bogenverlauf.
M.E. ist das für den ZS schon fast das Todesurteil bzgl. seiner eigentlichen Wirksamkeit.
Ich habe bei großen Querschnitten es schon oft erlebt, dass, wenn ich im Querschnitt hängengeblieben bin, dass dann der zweite Anlauf trotz schräg geführten Hobeleisens zu dem unschönen „Hackerlebnis“ führte.
Ist ja auch klar: Die Klinge knallt auf großer Länge auf Holz und somit auf größtmöglichen Widerstand. Die Aufteilung der Kraft in ein Kraftdreieck ist übrigens m. E. uninteressant, da das Holz das gleiche Kraftdreieck entgegenstellt.
Und tatsächlich findend ein ZS im Sinne des Wortes gar nicht statt. Die Schneide in der Stoßlade wird NICHT an der Schneidlinie entlang gezogen, dafür müsste der Hobel nämlich hochgehoben werden.
Beim Hobeln auf freier Fläche passiert das Ziehen der Schneide entlang der Schneidlinie sicherlich nicht so extrem wie bei meinem Messer-Papier-Beispiel, aber ich denke, dass es passiert. Im Bogenverlauf auf jeden Fall.
Das schräge Eisen macht beim Bestoßhobel aber dennoch großen Sinn, da das Eisen in den meist rechteckigen Querschnitt quasi eintauchen kann.
Der Widerstand wird kontinuierlich größer, erreicht einen Hochpunkt und verringert sich beim Auftauchen dann auch wieder kontinuierlich bis auf 0.
Für das Schneidempfinden ist das auf jeden Fall wichtig, für das Schneidergebnis vielleicht..:

So, wer bis hierhin durchgehalten hat, dem möchte ich für seine Aufmerksamkeit herzlich danken.
Ich hoffe, ich konnte mich halbwegs verständlich ausdrücken…

Schön gesund bleiben…

Viele Grüße

Markus


Carsten Griewatsch
Beiträge: 54
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Re: "ziehende Schnitt", der Versuch einer Beschrei

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Moin Markus,

ich denke nicht, dass es da viel zu interpretieren gibt. Rein qualitativ gibt es nur zwei unterschiedliche Situationen: Bewegung relativ zur Schneide 90° oder eben nicht.
Letztere enthält dann immer (mal mehr mal weniger) automatisch eine Bewegungskomponente parallel zur Schneide und damit einen ziehenden Schnitt.
Quantitative Unterschiede gibt es natürlich unendlich (von einem um einen Hauch gedrehten Handhobel mit 89° bis 0° bei einem Messer). Aber ich kann einen ziehenden Schnitt nicht über einen völlig willkürlichen Wert definieren, wenn es qualitativ eigentlich einen fliessenden Übergang und damit eben keinen qualitiativen Unterschied gibt.
Ich kann aber sehr wohl beschreiben, daß die eine oder andere Handhabung eines Hobels einen sehr wirksamen ziehenden Schnitt produziert. In anderen Fällen merkt man ihn halt nicht.

Die Diskussion zu dem Thema hält sich doch nur deshalb solange schon seit Jahren, weil einige glauben, daß man nur in bestimmten Fällen von einem ziehenden Schnitt sprechen darf. Und das führt halt letzlich zu Missverständnissen, weil es korrekt so eben nicht stimmt.

Gruß

Carsten

Carsten Griewatsch
Beiträge: 54
Registriert: So 8. Mär 2015, 21:00

Ein kurzer Blick über den Tellerrand

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Moin,

ein kurzer Blick über den Tellerrand zu dem Thema "ziehender Schnitt":

Es gibt natürlich nicht nur Holzwerker, die sich traditionell mit dem Schneiden von Objekten beschäftigen.
In der Mikroskopie werden extrem dünnen Präparate mit sehr scharfen Messern erzeugt. Das geht per Hand, oder mit speziellen Geräten, den Mikrotomen.
Es kommt dabei auf eine besonders gute Qualität der "Hobelspäne" an.
Für das Erzeugen einer guten Klinge werden die gleichen Hilfsmittel wie bei uns genutzt, und natürlich ist auch der "ziehende Schnitt" ein wichtiges Thema und wird auch dort in den Foren diskutiert;-)
Die Stoßlade sieht schon fast wie ein Selbstbau-Mikrotom aus und Hirnholzspäne wären die Schnittpräparate.

Romeis - Mikroskopische Technik: Abschnitt 6.4.3.1 "Deklination":
"Als Deklination wird die Stellung der Messerschneide in Bezug zur Schneiderichtung angegeben........Bei Querstellung des Messer beträgt der Deklinationswinkel 90° und das Messer trifft ruckartig auf den Block. Bei der Schrägstellung des Messers ist der Deklinationswinkel größer als 90° und das Messer bewegt sich beim Schneiden ziehend durch den Block. Dadurch sind die beim Kontakt der Messerschneide mit dem Block auftretenden Schneidekräfte geringer und die Schnittdeformationen reduzieren sich."
Eine Google-Suche "Schneide Deklinationswinkel" zeigt die entsprechenden Seiten in dem Buch bei books.google.de.

https://www.univie.ac.at/mikroskopie/1_grundlagen/praeparation/7e2_messer.htm
"Deklination
Um auch beim Mikrotom einen ziehenden Schnitt zu erreichen darf das Messer nicht im rechten Winkel zum Objekt geführt werden, sondern etwa in einem Winkel von 30°.
Ein planes Ansetzen des Messer würde zum Quetschen des Präparates führen."

https://www.leicabiosystems.com/de/histologiegeraete/schlittenmikrotome/leica-sm2500-messerhalter-und-messer/
"Zur Reduzierung der Schneidekräfte stehen optional spezielle Deklinationsblöcke zur Verfügung, mit denen das Messer permanent um 45° schräg gestellt wird. Besonders empfehlenswert für das Schneiden von Holzproben."

Gruß

Carsten

Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
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Re: Ein kurzer Blick über den Tellerrand

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hi,...
ich entnehme vorallem eine Sache aus den Texten, dass nämlich der ziehende Schnitt nichts,
aber auch gar nichts mit "Sägen" zu tun hat, wie in mancher Hypothese hier zu lesen war.
Im Abschnitt mit den Rasiermessern wird deutlich davon gesprochen, dass das Abziehen den beschädigten
Grat ("Gratzähne") wiederherstellen soll. "Durch das Abziehen auf dem Leder werden diese Zähne
wieder gerade ausgerichtet und somit die Qualität der Schneide wiederhergestellt."
Ansonsten ist der Schrägwinkel zwischen 20° und 30° identisch (ziehender Schnitt), genauso wie der Keilwinkel,
der bei härteren Materialien zunimmt.
Gruß und bleibts gesund
Andreas


Carsten Griewatsch
Beiträge: 54
Registriert: So 8. Mär 2015, 21:00

Re: Ein kurzer Blick über den Tellerrand

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Moin Andreas,

könnte man auch festbeissen oder bewusst fehlinterpretieren nennen. Nein, natürlich hat der "ziehenden Schnitt" nichts mit Sägen an sich zu tun, das hat auch niemand behauptet.

Meine bewusst überspitzten Aussagen zum Thema "Sägen" bezogen sich stets auf mikroskopische Ausbrüche, die jede reale Klinge besitzt, und die man nicht sehen kann.
Wenn eine Klinge mit mikroskopischen Ausbrüchen in Längsrichtung über einen harten faserigen Werkstoff wie Holz gezogen wird, und genau diese Bewegung ist Teil des "ziehenden Schnitts", dann werden mikroskopische Ausbrüche automatisch eine bestimmte Wirkung auf die Holzfasern haben, die man nennen kann wie man will. Ich nenne es halt "sägend", bewusst in Anführungszeichen, wie soll man sowas sonst nennen? Vielleicht ein "Schneiden im mikroskopischen Massstab durch Bewegung der Klinge in Längsrichtung"? Und so eine Wirkung steht halt im krassen Gegensatz zu der rein keilartigen Wirkung beim Stossen eines Hobeleisens, bei dem so ein Mechanismus prinzipbedingt nicht vorkommt.

a) Stossendes Hobeleisen: nur Keilwirkung, sehr gute Klinge nötig

b) Gedrehtes Holbeleisen, ziehender Schnitt: je nach Drehwinkel teils Keilwirkung und teils "Schneiden im mikroskopischen Massstab durch Bewegung der Klinge in Längsrichtung", Verhältnis lässt sich mit dem Drehwinkel stufenlos varirieren, funktioniert auch noch, wenn die Klinge bereits gelitten hat.

Sind wir soweit einer Meinung? Gut, denn mehr muss man ja nicht wissen, um den "ziehenden Schnitt" in der Werkstattpraxis für sich nutzen zu können.

Gruß

Carsten

Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Ein kurzer Blick über den Tellerrand

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo Carsten,...
und nochmal: diese Zähne sind mikroskopische Fehlbildungen oder Abnutzungen und behindern den ziehenden Schnitt.
Je glatter die Oberfläche, desto geringer die Reibung, die der Schnittbewegung entgegen wirkt.
Ansonsten wurde im Video von Holzwerken ja alles erklärt. Durch das Abwinkeln der Klinge wird der Schnittwinkel effektiv
verkleinert unter Beibehaltung des angeschliffenen tatsächlichen Keilwinkels...UND die Breite der Klinge in Richtung der
Schubbewegung verringert sich, was wiederum weniger Kraftaufwand erforderlich macht. Damit legt der Span einen größeren
Weg hinter sich, aber der Winkel ist nicht so steil. Vergleich: Bergwandern in Serpentinen
Nochmals beste Grüße und lass es einfach mal sacken,...geistig
A.



Carsten Griewatsch
Beiträge: 54
Registriert: So 8. Mär 2015, 21:00

Re: Ein kurzer Blick über den Tellerrand

Beitrag von Carsten Griewatsch »


Moin,

beim ziehenden Schnitt gibt es eine Bewegungskomponenten entlang der Schneide, das ist der wichtige ausschlaggebende weil mechanismusändernde Effekt. Alle andere Effekte, die du genannt hast, sind positive Nebeneffekte, die natürlich vorhanden sind und die beim Schneiden helfen, aber eben mehr auch nicht.
Winkel kann ich auch durch Umschleifen ändern, das alleine genügt jedoch nicht, um die gleiche "Leichtigkeit" wie beim "ziehenden Schnitt" hinzubekommen.

Am besten machst du dir den Vorteil des "ziehenden Schnitts" mit einem stumpfen Stechbeitel klar. Stossend geht nicht mehr viel, aber ziehend klappt es noch relativ gut.
Klar, klappt das umso besser, umso stärker man die Klinge dreht. Aber auch mit einem nur wenig gedrehten Beitel hat man bereits einen spürenden Effekt, der so nicht nur durch eine minimale Keilwinkeländerung zu erklären wäre.

Ich bin übrigens nur deswegen in die leidige Diskussion eingestiegen, weil gerade im Zusammenhang mit Stossladen immer wieder auch falsche Argumente genannt werden, warum ein ziehender Schnitt vorhanden sein soll oder nicht. Und ich habe gezeigt, daß es sehr leicht ist, festzustellen, worauf es ankommt: Der Deklinationswinkel, wie er bei den Mikroskopikern genannt wird.
D.h. jegliche Diskussion zu einer Hobelführung in einer Stosslade ist damit überflüssig geworden, weil man sofort erkennt, 90° oder eben nicht.
Jetzt muss man nur noch darüber diskutieren, ob der "ziehende Schnitt" bei der eigenen Lösung besser zieht als bei anderen Lösungen;-) Aber wenn man will, kann man ja den Deklinationswinkel messen und die dann untereinander vergleichen.

Weiterhin habe ich durchaus provokativ das Thema "mikroskopischer sägender" Effekt ins Spiel gebracht, um auf die Seite "Science Of Sharp" und damit auf das tatsächliche mikroskopische Aussehen von Schneiden hinzuweisen. Natürlich hat sowas einen Effekt darauf, wie die Schneiden tatsächlich funktionieren, insbesondere wenn man eine Bewegungskomponenten entlang der Schneide hat, wie eben nur beim "ziehenden Schnitt".

Nützliches Gedankenexperiment:
- klassischer Hobel parallel zur Hobellängsrichtung geführt
- Hobel leicht gedreht
- Hobel deutlich gedreht z.B. zwangsgeführt in Stosslade, alternativ Hobel mit gedrehtem Hobeleisen
- Zugmesser um 45° gedreht
- schnitzen mit einem sehr schräg gehaltenen Schnitzmesser
- Schneiden auf Holzbrett mit einem Küchenmesser (nicht das Hacken von Kräutern!!)

Was passiert hier?
- Der Deklinationswinkel ändert sich kontinuierlich (je nach Definition 90°--> 180°, bzw. 90° --> 0°)
- Die Bewegungskomponenten in Längsrichtung der Klinge nimmt zu
- Die Bewegungskomponenten senkrecht zur Längsrichtung der Klinge nimmt ab
- Der effektive Schnittwinkel nimmt ab (ausgehend von der gleichen Klingengeometrie)

Gruß, Over and Out

Carsten

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