Erstaunliche Bandbreite bei Oberflächentipps

Das ganze Thema rund um die Holzbearbeitung wird hier diskutiert. Die Grenzen sind hier deutlich weiter gezogen als im Handwerkzeugforum. Wenn Du nicht sicher bist, wo Dein Beitrag hingehört, ist er wahrscheinlich hier am besten aufgehoben.
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Urs
Beiträge: 493
Registriert: Mi 10. Dez 2014, 10:45

Erstaunliche Bandbreite bei Oberflächentipps

Beitrag von Urs »


Hallo an alle

Gerade haben wir wieder erlebt, wie die einzelnen (grundsätzlich fachkundigen) Quellen über Tung- und Leinöl in wesentlichen Punkten stark voneinander abweichen. Dies war bereits bisher mein Eindruck bei Tipps zur Oberflächenbehandlung.

Weil heute gerade Tage Frid's Dreibänder mit DVD eingetrudelt ist (guter Tag!), schaute auch bei ihm nach. Zu diesem Punkt ist er kurz - aber nichts destoweniger überraschend: Nicht weil ein Markenöl empfiehlt (Watco Danish Oil, laut Website v.a.aus Leinöl und mineralischem Verdünner), sondern wegen eines anderern Ratschlages. Bis jetzt war ich der Meinung, alle würden mindestens in zwei Punkten übereinstimmen:
    * Selbstenzündungsgefahr der ölgetränkten Lappen
    * Überstand sollte nach einiger Zeit abgenommen werden (20-30 Min.).


Demgegenüber beschreibt Frid, dass er den ersten Ölauftrag reichlich vornehme und das auf der Holzoberfläche verbleibende Öl bis zum nächsten Tag eintrocken lasse. Dann gehe er erneut mit Öl darüber, wobei diese eingetrockneten Reste (surface residue) aufgelöst würden. Nach 5 Minuten schleife er mit einen 220-Papier, was die Poren gut fülle. Am nächsten Tag vollende er die Behandlung mit Stahlwolle (Bd. II S. 186/7).

Hat jemand von Euch Erfahrungen mit diesem Vorgehen? Ich habe nur beim allerersten Versuch (aus Unwissen) überstehendes Öl eintrockenen lassen, erinnere mich nur ungern an den Ärger mit der eklig klebrigen Oberfläche. Nochmals Öl aufzutragen, kam mir nicht in den Sinn. Die Ratschläge betr. Überstand habe ich erst viel später mitbekommen. Zudem dachte ich verschiedentlich gelesen zu haben, dass Leinöl als soches nicht trocknet, sondern dass die Härtung ein komplexer chemischer Vorgang (Oxydation, Polymerisation) sei, der wohl durch weiteres Öl kaum rückgängig gemacht wird.

Frid lobt andererseits Tung-Öl, weil es am wenigsten nachdunkle, am besten hinsichtlich Wasser-,Säure-, Hitzebeständigkeit wirke und gegen Schimmelbefall schütze. Aber es brauche lange zum trocknen. (Andere Quellen sagen auch hier was anderes).

Heisst das nun: Anything goes? Man kann ja mit Sicherheit davon ausgehen, dass Frid sein Vorgehen vielfach erprobt hat und es (bei ihm und mit diesem Produkt) funktioniert hat.

Gruss

Urs



Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

OT: Wieso hast Du schon "den Frid"?

Beitrag von Gerhard »


Hallo Urs,

beim allseits bekannten Internetbuchhändler (sowohl .com als auch .de) steht "Titel noch nicht erschienen".

Ist das falsch? Ich wollte mir das Buch nämlich auch bestellen, durfte bisher aber noch nicht.

Viele Grüße,
Gerhard



Urs
Beiträge: 493
Registriert: Mi 10. Dez 2014, 10:45

OT: Deshalb!

Beitrag von Urs »


Hallo Gerhard

Ich habe die Box im Dezember direkt bei Taunton bestellt und dann gab man mir (obwohl das entsprechendes Angebot nach meiner Erinnerung nur für andere, ältere Bücher galt) noch 30% Rabatt, so dass das ganze mit Porto etc. auf $ 86.42 kam. Da kann man sich nicht beklagen!

Wenn Du die Sonderausgabe bestellen willst, würde ich nicht zu lange warten. Zwar sieht die Auflage von 10'000 für europäische Begriffe nach sehr optimistisch aus, aber FWW hat eine beglaubigte Auflage von 250'000 und wenn nur 4% der Leser ....

Gruss

Urs



reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Erstaunliche Bandbreite bei Oberflächentipps

Beitrag von reinhold »

[In Antwort auf #19484]
hallo Urs,

das Durcheinander bei der Oberflächenbehandlung hat nach meiner Beobachtung mehrere Gründe:
Erstens ist die Bandbreite von Verfahren und Anwendungsmöglichkeiten sehr breit. Man kann mit dem selben Material und sehr unterschiedlichen Methoden zu einem vergleichbaren Ergebnis kommen.
Zweitens verwechseln eine Menge Leute die Rohstoffe oder sind in der Terminologie ungenau. Beispiel: Sehr häufig wird von Leinöl geredet, gemeint ist aber Leinölfirnis. In Wirklichkeit sind das zwei Paar Stiefel. Oder es wird von Tungöl geredet, gemeint ist aber nicht der Rohstoff, sondern eine Aufbereitung, die unter dieser Bezeichnung verkauft wird.
Drittens wird der Effekt der Oberflächenbehandlung oft sehr kurzfristig beurteilt. Was zählt, ist aber der langfristige Effekt. Wie sieht ein Möbel nach einem Jahr oder nach 5 Jahren aus?

Zu der Tage Frid-Methode (ich habe nur die deutsche Ausgabe des Buches):
T.F. redet von Danish Oil und nennt es manchmal auch Tung-Öl. Danish Oil ist eine Mischung, deren Inhaltsstoffe nicht festgelegt sind und die verwendet wird, um einen offenporigen Oberflächenschutz im dänischen Stil zu erreichen. Jeder Hersteller hat ein anderes Rezept, Leinöl, Tungöl, mineralische Verdünner scheinen immer in unterschiedlichen Anteilen dabei zu sein. Watco ist etwas anderes als Rustins. Bio sind sie alle nicht.

Beim Drechseln mache ich es manchmal wie T.F. und schmiere das Werkstück dick ein , ohne es abzuwischen. Bis am nächsten Tag ist das Öl oberflächlich angetrocknet, weil das Lösungsmittel verdunstet ist, das Öl selbst hat noch nicht abgebunden. Geht man mit einem rauen Lappen (Rupfen) oder mit einem Stahlwollebausch, jeweils mit Danish Oil getränkt, darüber, dann löst man diese obere Schicht wieder auf. Der Vorteil dieser Methode ist, dass grobporige Hölzer schneller gefüllt werden, man spart Zeit. Die Oberflächenbehandlung ist in 2-3 Tagen abgeschlossen. Der Nachteil ist ein höherer Danish Oil-Verbrauch (das Zeug ist teuer). Der Hauptnachteil ist aber, dass der Ölanteil (Leinöl/Tungöl)keine Zeit hat, auszuhärten, denn dazu braucht er ein paar Tage und dass es zu üblen "Ausblühungen" kommen kann, wenn ein so behandeltes Teil zu früh an die Sonne oder in die Wärme kommt. Eine gute Oberflächenbehandlung mit Danish Oil dauert nach meiner Erfahrung mit 3-5 maligem Auftragen und den nötigen Abbindezeiten mindestens eine Woche, besser 2.

Fazit : man kann es nach der Schnellmethode machen. Aber für ein Musikinstrument oder ein hochwertiges Möbelstück würde ich es nicht tun.

viele Grüsse
reinhold



reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Erstaunliche Bandbreite bei Oberflächentipps

Beitrag von reinhold »

[In Antwort auf #19484]
hallo,

Tage Frid schreibt über Danish Oil, das ein bisschen anders als Leinöl reagiert.
Ich habe es beim Drechseln auch schon so gemacht, allerdings aus Versehen: erst mal satt einölen, dann beiseite legen und weiterdrechseln. Nach ein paar Stunden den nächsten Auftrag mit etwas Stahlwolle einreiben (an der drehenden Maschine). Das löst teilweise (!) den vorherigen Auftrag wieder an und nimmt mechanisch die Haut weg.
Ich machs nicht mehr, weil der Verbrauch an Öl doch ziemlich gross ist und die Oberfläche nicht besser wird, als bei einem 2maligen normalen Auftrag.

Zum Thema Hobel noch ein Rezept aus meiner Lehrzeit : Neue Holzhobel werden am Maul dicht verschlossen (Brett mit Schraubzwinge)nachdem man die Eisen enfernt hat. Dann das Loch bis oben hin mit Leinöl-Halböl (kein Firnis) auffüllen. Über Nacht zieht das Öl ins Holz. So soll verhindert werden, dass Luftfeuchtigkeit den Hobel zum Arbeiten bringt. Ein mir bekannter Schreiner schwört darauf , den Hobel hochkant zu stellen und solange Halböl auf das Hirnholz zu geben, bis es in der Aussparung herausläuft.

Ich glaube, es gibt da viele Geheimrezepte, deren Sinnhaftigkeit nicht immer ernsthaft hinterfragt werden sollte.

Gruss
reinhold



reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Staunen!

Beitrag von reinhold »


ich habe auf den Hobelsohlenthread im Nachbarforum geantwortet und jetzt kommt mein Beitrag hier.

Ich wundere mich - EDV ist doch etwas rätselhaft.

Gruss
reinhold


Gerhard
Beiträge: 2465
Registriert: Di 23. Okt 2018, 09:42

Re: Staunen!

Beitrag von Gerhard »


Hallo Reinhold,

Das kann eigentlich nicht sein. Die Foren sind wirklich komplett getrennte Installationen. Deswegen funktioniert ja auch ein Verschieben zwischen den Foren nicht wenn mal jemand ins falsche Forum postet.

Viele Grüße,
Gerhard



reinhold
Beiträge: 1793
Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Staunen!

Beitrag von reinhold »


hallo Gerhard,
Pedder hat eine Erklärung vorgeschlagen: Ich habe vermutlich auf den Link von Urs geklickt und der leitet weiter auf den fraglichen Beitrag im Allgemeinen Holzwerkerforum.
Alles klar.

gruss
und frohes Schaffen
reinhold



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