Erfahrungsbericht 5 Tage Sägenschärf- und Baukurs *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Sebastian51
Beiträge: 167
Registriert: Fr 20. Jul 2018, 09:22

Erfahrungsbericht 5 Tage Sägenschärf- und Baukurs *MIT BILD*

Beitrag von Sebastian51 »


Hallo zusammen,

ich bin gerade aus London zurück. Rund um dieses Event https://londoniwf.co.uk/ wurden Kurse angeboten. Ich habe den Kurs von Mark Harrell besucht. Er ist der Eigentümber von Bad Axe Tool Works einem der besseren Sägenhersteller aus den USA.

Der Kurs war sehr lehrreich, Mark ist ein guter und unterhaltsamer Lehrer. Am ersten Tag haben wir eine Einweisung in das Schränken mit dem Hammer und eine erste Einführung in das Schärfen bekommen. Dann haben wir mit Übungssägeblättern das Prozedere wiederholt und uns schrittweise von 6 PPI auf 14 PPI runter gearbeitet. Dann haben wir gelernt wie man eine Rückensäge zerlegt und wieder zusammenbaut und hatten Gelegenheit die eigenen mitgebrachten Sägen zu schärfen. Dann gab es einige Demonstrationen zur Begradigung von Rückensägen und Fuchsschwänzen. Am Ende haben wir dann eine neue Säge aus den bereitgestellten Teilen (Handgriff, Blatt, Rücken) gebaut. Die Säge hat auch jeder wieder selber geschränkt und geschärft.

Wissenswertes aus dem Kurs

Schränken mit dem Hammer

Mark schwört auf Schränken mit dem Hammer. Seiner Meinung nach ist es eine der wesentlichen Dinge im Schärfen von Sägen. Wir haben dafür folgende alten Geräte genommen. Neue gibt es leider nicht. Wichtig war es, dass der Zahn nicht zerquetscht wird und im unteren Drittel dicht am "Zahntal" umgebogen wird. Man sieht eigentlich ganz gut den Knick an der Gegenseite.





Markierung

Wir sind mit einem Marker einmal über die Zähne gegangen und haben jeden zweiten mit einem Punkt versehen. Auf der anderen Seite haben wir die anderen Zähne genauso markiert. Beim Schränken und Schärfen braucht man dann auf eine Sache weniger achten.

Körperposition

Um beide Winkel (Rake und Fleam) konstant zu halten, haben wir viel an der Körperposition gefeilt. Die Sägekluppe war sehr hoch angebracht, so dass man vorwiegend auf die Seite der Zähne guckt. Die Beine waren schulterbreit und Ellbogen tief. Fast ein bisschen als wollte man Boxen. Nach ein paar Zähnen hat man immer kleine Schritte gemacht, damit sich die Körperposition nicht ändert. Wenn die Feile nicht im richtigen Winkel war, hat man nicht die Handposition gedreht, sondern die Feile in der Hand, bzw. die Ausrichtung des Körpers geändert. Das fühlte sich anfangs etwas komisch an, aber irgendwann hatte man seine Schärfposition gefunden und dann war das die natürliche Haltung und man wusste, dass die Winkel stimmen.

Schärfrythmus

Wir sind am Anfang einmal trocken durchgegangen und haben die Feile in jedes zweite Tal gelegt und uns von beiden Seiten durch die ganzen Zahntäler belegt. Man trainiert damit die Bewegung und das Einhalten der Körperposition. Dann haben wir immer einen leichte kurze "brush stroke" Bewegung gemacht, dann den Schärfstrich, die Feile in die nächster Lücke bewegt und anschließend geguckt, ob die Zahnfläche gleichmäßig angeschliffen ist. Durch die Körperposition eng am Blatt, muss man sich dafür nicht bewegen und nach Sägeblatt 4 war das der natürlicher Rythmus.

Gleich hohe Zähne

Es wurde sehr viel wert auf gleich hohe Zähne gelegt. Wir haben es mit einem Lineal regelmäßig kontrolliert. Das kann ich jetzt aus eigener Erfahrung bestätigen, weil bei der Durchsicht der antiken Sägen zweimal gezeigt hat, dass das die Ursache für das Festhängen der Säge an einer bestimmten Stelle war.

Antike Sägen

Rückensägen mit geklemmpten Rücken ließen sich besser begradigen und wieder in Schuß bringen als Fuchsschwänze. Bei letzteren federte der Federstahl nicht mehr zurück oder man war ewig damit beschäftigt die Krümmungen herauszuklopfen. Als Test haben wir die Säge um ca. 90 grad mit der Hand gebogen und zurückschwingen lassen. Meine schlechteste Säge zeigte dann immer noch in die Richtung, in die man sie hingebogen hat. Das kann man etwas durch intensives Bearbeiten mit Hammer und Amboss verbessern. Aber leider nur etwas. Von meinen vier ersteigerten Fuchsschwänzen ist einer in Ordnung. Die anderen nicht. Fuchsschwänze sind nicht so teuer und ich würde mir dann eher einen Neuen der mittleren Preislage bei "Feine Werkzeuge" kaufen. Deren Griffe sind zwar nicht so doll, aber den kann man meiner Meinung nach leicht selber machen.

Hybridfeilung

Bei Rückensägen wurde ganz klar eine Hybridfeilung empfohlen. Sie beschleunigen das Sägen bei Querschnitten erheblich, verschlechtern nur leicht den Grat (blow out) an der Rückseite des Schnittes und erlauben immer noch einen akzeptablen Längsschnitt. Nur bei Fuchsschwänzen wurden spezialisierte Feilungen empfohlen.

Feilen

Wir haben Friedrich Dick Feilen verwendet und das war auch die Empfehlung. Gute Alternativen sind wohl Corretti, Valore und Bahco.

Anbei ein Bild von dem Ergebnis und den Übungsblättern. Es ist eine 14 Zoll, 12 PPI Carcase Saw



Viele Grüße

Sebastian

Sebastian51
Beiträge: 167
Registriert: Fr 20. Jul 2018, 09:22

Re: Bilder *MIT BILD*

Beitrag von Sebastian51 »








Viele Grüße

Sebastian

Pedder
Beiträge: 5672
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
Kontaktdaten:

von der Seite?

Beitrag von Pedder »


Hallo Sebastian,

vielen Dank für den Bericht!

Die Zähne von der Seite anzusehen, kommt mir total verrück vor.
Genauso, wie ein Lineal zu benutzen, um zu wissen, ob die Zähne gleich hoch sind.
Dafür achte ich ja auf die Kopfflächen. Kanst Du das erläutern?

Und bitte schreib mehr zum richten. Und habt ihr auch Blätter gespannt? Tensioning? Da legt Mark in der PR ja großen Wert drauf.

Wenn Du Den Griff leicht selber machen kannst, brauchst Du doch nur ein Blatt und keien Säge.

Liebe Grüße
Pedder

Sebastian51
Beiträge: 167
Registriert: Fr 20. Jul 2018, 09:22

Re: von der Seite?

Beitrag von Sebastian51 »



Die Zähne von der Seite anzusehen, kommt mir total verrück vor.
Genauso, wie ein Lineal zu benutzen, um zu wissen, ob die Zähne gleich hoch sind.
Dafür achte ich ja auf die Kopfflächen. Kanst Du das erläutern?


Gerade wenn man nicht so versiert ist, beseht real die Chance, dass man die Zähne klein feilt. Das ist mir so bei meinem ersten Blatt und auch der Vintagesäge passiert. Bei letzterer waren die Zähne alle sehr verschieden und man hatte überall verschieden große Kopfflächen. Ich persönlich habe eher von 2 Uhr ausgefeilt. Marks Position war deutlich näher an 3 Uhr. Das lag aber auch daran, dass meine Schutzbrille nur eine Lesevergrößerung am unteren Rand hatte. Ich muss mir da noch etwas besseres suchen. Durch den tiefen Stand, den habe ich nicht erwähnt, konnte man aber auch immer einen Blick von oben auf die Zähne werfen, wenn man sich aufrichtete. Am ersten Tag fühlte sich das komisch an, aber am Ende war das dann die automatische Position, die man einnahm. Wann kann von der Seite wirklich sehr gut sehen kann sind die Flächen, die man gerade anfeilt und auch wie die Zähne zueinander stehen.

Und bitte schreib mehr zum richten. Und habt ihr auch Blätter gespannt? Tensioning? Da legt Mark in der PR ja großen Wert drauf.


Wenn die Blätter der Rückensäge neu in den Rücken geklopft werden, beim Sägen hängen geblieben ist oder die Säge runterfliegt, verschieben sich bei den Sägen mit geklemmten Rücken das Sägeblatt. Meistens hat man eine oder mehrere Kurven.

Man stellt die Säge auf eine Holzfläche und klopft einmal vorne und hinten drauf und das Blatt begradigt sich. Wenn der Griff etwas wackelt, kann man durch das Zurückklopfen des Rückens auch das beheben. Der Rücken spannt die Säge gegen die Schrauben. Das haben alle Schüler selber gemacht und es funktioniert genauso wie Mark es auf seinem Video demonstriert.

Alle anderen Dellen in den Rückensägen sind durch verbiegen des Rückens repariert worden. Die Säge wurde an der Spitze eingespannt, so dass man über den Griff auf das Ende der Säge gucken kann. Dann wurden zwei Rollgabelschlüssel am Rücken angesetzt und durch leichtes Verschieben wurde der Bogen reduziert. Oft hat sich der Bogen dann auf der Säge verschoben, so dass man die Schlüssel immer wieder versetzen musste. Das hat allerdings keiner selber gemacht.

Bei meinem Fuchsschwanz haben wir das Federverhalten verbessert, in dem wir das Metall ungefähr entlang der Mitte der Säge auf einem Amboss mit Hammerschlägen komprimiert haben. Die Kurven wurden durch Hämmern der Flächen reduziert. Wir sind da aber nicht in die Tiefe gegangen. Vermutlich kann man sich eine ganze Woche damit beschäftigen, wie man Metall davon überzeugt wieder gerade zu werden und so zu federn wie in jungen Jahren.

Viele Grüße

Sebastian


Bernd Kraft
Beiträge: 73
Registriert: Di 15. Jan 2013, 22:42

Re: Bilder

Beitrag von Bernd Kraft »

[In Antwort auf #152204]
Hallo Sebastian,
das ist sehr interessant, ich glaube, die Tage haben sich sehr gelohnt. Und ich finde es toll, daß du das so ausführlich darstellst. Was ist das für ein Schränkhammer? Schlägt man auf diesen mit einem Hammer, oder macht das die Feder, die man sieht? Das hätte natürlich den Vorteil, daß alle Schläge mit der gleichen Intensität erfolgen.
Vielen Dank für deinen Bericht!
Bernd

Sebastian51
Beiträge: 167
Registriert: Fr 20. Jul 2018, 09:22

Re: Bilder *MIT BILD*

Beitrag von Sebastian51 »


Das sind zwei verschiedene Modelle und wir haben beide verwendet. Das auf dem ersten Bild wurde mit einem leichten Messinghammer mit wenig Kraft verwendet. Die Zähne sollen nur umgebogen werden, aber nicht zerquetscht. Bei dem anderen ist eine Feder dran. Hier mal ein Foto von der Seite. Man muss aber trotzdem wissen, wie stark man die Feder einstellt. Größere Zähne brauchen mehr Kraft zum Verbiegen als kleinere.





Pedder
Beiträge: 5672
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
Kontaktdaten:

Sicht und Schränken

Beitrag von Pedder »


Hallo Sebastian,

auch nach Deiner Erläuterung sehe ich den Vorteil nicht. Man kann doch von der Seite nix erkennen.
Arbeiten mit krummen Rücken? Vorgebeugt? Das tut mir beim zuhören weh.
Peter Lanz von Dictum, (hat hier auch mal geschrieben), war ja auch da. Macht der das auch so?

Du hast ja auch in Darmstadt gefeilt. Ging das nach Marks Anleitung wirklich besser?

Das Schränken mit dem Hammer finde viele toll. Aber wo bekommt man solche Werkzeuge?
Es gibt ja schon keine neuen Schränkzangen mehr.

Das Zerquetschen der Zähne ist ein Gerücht.Das geht auch gefühlvoll.

Liebe Grüße
Pedder


Sebastian51
Beiträge: 167
Registriert: Fr 20. Jul 2018, 09:22

Re: Sicht und Schränken

Beitrag von Sebastian51 »


auch nach Deiner Erläuterung sehe ich den Vorteil nicht. Man kann doch von der Seite nix erkennen.
Arbeiten mit krummen Rücken? Vorgebeugt? Das tut mir beim zuhören weh.
Peter Lanz von Dictum, (hat hier auch mal geschrieben), war ja auch da. Macht der das auch so?

Ich glaube, dass müssen wir nächstes Jahr mal gemeinsam machen. Das lässt sich nicht gut genug beschreiben. Rückenprobleme gab es keine, weil man die Beine beugt.

Peter hat sich das Schränken mit dem Hammer mitgenommen und genaue Zeichnungen gemacht. Er wird aber weiter so schärfen wie bisher und nur von einer Seite. Mark hat ihm das bestätigt, dass es um Konsistenz geht und er keine wesentlichen Verbesserungen sieht von der einen zu anderen Methode.


Du hast ja auch in Darmstadt gefeilt. Ging das nach Marks Anleitung wirklich besser?

Die Verbesserung, die ich für mich wargenommen habe, ist das Prüfen, was man macht und das Wissen wie die Zahnfläche aussehen muss. Mir fehlt die Praxis mit beiden Methoden, um Vorteile zwischen den Methoden beurteilen zu können. In Darmstadt haben wir eine Stunden investiert und ich habe jetzt eine Woche lang fast jeden Tag mehrere Stunden geschärft. Das kann man nicht vergleichen. Die Säge in Darmstadt war ja anschließend scharf, mein nächster Versuch war wiederum nicht so doll. Das liegt aber nicht an der Methode. Wie bei so vielen Dingen in unserem Metier braucht man Praxis und immer wieder Feedback von erfahrenen Leuten.

Das Schränken mit dem Hammer finde viele toll. Aber wo bekommt man solche Werkzeuge?
Es gibt ja schon keine neuen Schränkzangen mehr.


Ich werde probieren mir so etwas zu bauen. Im Internet tauchen die nur alle paar Monate auf und dann wird man sie auch noch reparieren müssen.



Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Erfahrungsbericht 5 Tage Sägenschärf- und Bauk

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #152202]
Hallo Sebastian,

ich habe mich beim Lesen Deines Postst (und der folgenden Diskussion) mehrfach am Kopf gekratzt, es ist mir nicht alles klar geworden.

Wurde denn die gleichmäßige Höhe der Zahnspitzen tatsächlich nur durch Blick von der Seite auf die Zähne und mit Lineal geprüft)? Kein Abrichten der Zahnspitzen mit der Feile und anschliessendes Spitzfeilen der Kopfflächen?

Welche Winkel (Neigung /rake und Schrägung/fleam) hat denn die empfohlene Hybridbezahnung? Muss ja keine exakte Gradzahl sein, aber dei Größenodnung wär schon interessant.

Habt Ihr die Sägen von einer Seite gefeilt oder erst jede zweite Zahnlücke und dann das Blatt umgedreht?

Zum Schränken mit dem Hammer: Wichtig ist, dass das ein geführter Stempel ist. Dann ist das Ergebnis wohl ähnlich wie bei einer Schränkzange, und dem Blatt ist es egal. Ich habe mal das freihändige Schränken (tatsächlich mit einem freihändig geschwungenen Hammer auf den Zahn, mit einem speziellen Amboss) versucht und bin daran gescheitert, das würde ich auch nicht empfehlen. Dass es keine neuen Schränkzangen der gängigsten Bauart mehr gibt, worauf Pedder hinwies (wusste ich noch nicht) ist ein bißchen erschreckend aber nicht wirklich schlimm, die alten z.B. von Eclipse sind sowieso besser und davon gibt es noch sehr viele.

Du beschreibst sehr ausführlich das Einüben des Bewegungsablaufes beim Feilen. Das ist für jemanden der ständig schärft sicher sinnvoll und hilfreich. Ein Gelegenheitsschärfer (ich habe gestern zum ersten mal seit 2 Monaten wieder gefeilt) nutzt das, fürchte ich, nicht so viel. Man fängt
jedesmal wieder neu an (wie bei den Schwalbenschwänzen und der Steuererklärung). Jedenfalls geht es mir so.

Auf jeden Fall freue ich mich aber, dass neues Know- How in die hiesige Szene eingetragen wird. Bitte berichte gelegentlich , wie es mit Deinen Schärfaktivitäten weitergeht!

Grüße, Friedrich

Sebastian51
Beiträge: 167
Registriert: Fr 20. Jul 2018, 09:22

Re: Erfahrungsbericht 5 Tage Sägenschärf- und Bauk

Beitrag von Sebastian51 »


Wir haben ganz normal die Zähne mit einer Feile abgerichtet und anschließend jeden zweiten Zahn gefeilt (den mit dem Punkt). Dann haben wir das ganze gedreht.

Das Blatt war zwischen zwei mit Kork beklebten Metallplatten, die mit Zwingen gehalten werden und mitgedreht werden. Dann muss man das Blatt auch nicht jedesmal neu ausrichten.

Bei den Winkeln haben wir uns hier dran orientiert. http://www.badaxetoolworks.com/Filing.php

Danke für die Hinweise und ich teile auch gerne wenn ich neue Erkenntnisse gewinne.

Antworten