Schwalbenschwanzverbindungen anreissen *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
MarkusB
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Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Re: Schwalbenschwanzverbindungen anreissen

Beitrag von MarkusB »

[In Antwort auf #151977]
Hallo Friedrich,

auch von mir ein Danke für die tolle Beschreibung.
Ich mache nicht oft Schwalbenschwanzverbindungen, habe aber schon einige Arten des Anreißens ausprobiert.
Mittlerweile bin ich dazu übergegangen, dies mehr oder weniger frei Hand zu machen.
Ich rechne mir grob die Anzahl aus und fange dann mittig vom Brett an.
Die Anzahl der Schwalbenschwänze ist bei mir also meistens ungerade.
Den Aufwand mit der genauen Einteilung spar ich mir so.
Tatsächlich finde ich es auch sympathischer, wenn die Schwalbenschwänze nicht 100%ig symmetrisch und gleich sind wie Zinnsoldaten.
Schwalben und Zinken mache ich meisten ungefähr gleich groß.
Ich reiße auch immer erst die Schwalbenschwänze an und übertrage dann die Zinken.

Wenn man sich alte Schubladen anschaut, dann sieht man in der Regel sofort, dass der Tischler sich wahrscheinlich nicht mal die Mühe gemacht hat, überhaupt Schwalbenschwänze anzureißen.
Zumindest an den hinteren Verbindungen.
Die Grundlinie ist zu erkennen, der Rest scheint vollkommen frei Hand zu sein. Die Neigung der Schwalbenschwänze ist immer unterschiedlich.
Oft sind Spalten zwischen den Schwalbenschwänzen und Zinken.
Der Stabilität tun diese Ungenauigkeiten keinen Abbruch.
Diese Arbeitsweise ist nach meinen Erfahrungen typisch für den Möbeltischler des letzten Jahrhunderts: Was man beim Möbelgebrauch nicht sieht, muss nicht schön sein, nur funktional. Bei den vorderen Verbindungen wurde aber genauer gearbeitet.
Zeit war damals auch schon Geld...

Ohne dass ich sagen will, dass ich der Schwalbenschwanzexperte bin (im Gegenteil), möchte ich hier 2 Tipps geben, die mir sehr geholfen haben, dichte Verbindungen hinzukriegen, auch wenn ich sie selten mache:
1. lieber zuviel stehen lassen als zuviel wegnehmen. Das Zinkenbrett kann man mit dem Hammer in die Schwalbenschwänze wemsen, so schnell geht da nichts kaputt, die halben Zinken sollten nur nicht zu schwach sein.
2. Ich habe mir Anschauungsobjekte gemacht und dran geschrieben, welche Sägekante ungenau sein darf, weil man sie nicht sieht (die inneren) und welche sehr genau sein müssen. Gerade wenn man selten diese Verbindung herstellt, ist so ein Anschauungsobjekt sehr hilfreich.

Und noch was an alle: Die Zinkenschablone bzw. der Schwalbenwinkel, den Friedrich benutzt, ist ganz hervorrangend. Er ist aus Bronze glaube ich. Schön schwer und handlich. Das beste daran sind aber die kleine ausgebohrte Halbkreis, weil man so die Querlinien auf dem Stirnholz sehen kann (Bild 9).
Friedrich hat mir seinen alten geschenkt, den ich wegen der Halbkreise gerne auch zum Überwinkeln an kleineren Hölzern verwende. An dieser Stelle noch mal: Danke Friedrich.

Viele Grüße

Markus



Johannes M
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Re: Schwalbenschwanzverbindungen anreissen

Beitrag von Johannes M »

[In Antwort auf #151977]
Hallo Friedrich,

da hast du eine saubere Grundlage geschaffen,danke. Für mich gehören aber einige Vorüberlegungen dazu, denn eigentlich ist die Schwalben-und Zinkenverbindung eine Konstruktionstechnik und nicht nur schmückendes Beiwerk.
Mit diesen Verbindungen wurden Kisten und Truhen hergestellt, die zum Beispiel für den Transport auf unbefestigten Wegen mittels Karren gedacht waren.
Ich habe schon Zinkenverbindungen in 4mm Holz-Kästchen bis sichtbare Aussenecke einer Treppenzarge aus 50mm Kirschbaum gemacht, dabei mache ich meist die Schwalben und Zinken in etwa gleichgroß, da dann die beste Kraftübertragung gegeben ist.
Beim Korpus eines Schrankes, würde ich zum Beispiel bei einem stehenden Schrank die Schwalben in die Böden machen, aber bei einem Hängenden hingegen in die Seiten ( dann mit halben Schwalben, damit die Senkrechten in der Ansicht durchlaufen).
Bei Schubladen mit klassischer Führung, kommen die Schwalben in die Seiten ( da hier die größeren Kräfte zu erwarten sind). Und dann natürlich so, das die Seiten durchgehen, damit die Schubladen sauber laufen.

Ich mache übrigens meist die Zinken zuerst. Das hat zwei Gründe. Erstens habe ich es vor langer Zeit so gelernt, zweitens kann ich die Zinken leichter gleichmäßig einschneiden, ohne sie anzuzeichnen.
Wenn ich die Zinkenverbindung plane und anzeichne, mache ich das rein zeichnerisch (auch wenn 10° fast das gleiche ist wie 1:6) Das liegt aber auch daran, das ich bis jetzt keinen richtigen Zugang zu CAD etc... gefunden habe.
Ausserdem habe ich schon öfters beim Anfertigen des Brettriss´s konstruktive Probleme erkannt und behoben.

Es grüßt Johannes

Friedrich Kollenrott
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Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #151979]
Hallo Andreas,
natürlich ist es reine Geschmackssache, wie breit die Schwalben und Zinken macht. Eine Zeitlang habe ich auch die Zinken so schmal gemacht, dass amn sehen konnte: Gefräst ist das nicht.
Eine Zentrallinie auf dem Hirnholz., damit die Einstiche schön in einer Linie sind, kann man machen. Bei mittig einstechen "nach Augenmaß" bleibt der Fehler (der Teilung) aber auch gering, solange es nicht allzu viele Schwalben sind.
Grüße, Friedrich

Friedrich Kollenrott
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Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #151980]
Hallo David,

"ingenieursmäßig", ja. Was man gelernt hat, sitzt fest.... Mein Fachgebiet sind Zahnräder, daher kommt das.

Bei den rechten Rändern der Schwalben, könntest du da nicht an der rechten Randlinie mit gleicher Zirkeleinstellung nach links wandern? Das sollte einmal Zirkel umstellen ersparen.


Genau! Das hast du gut erkannt. Was aber dagegen spricht: Es gibt immer eine Summenteilungsabweichung, d.h. man kommt bei mehrmaligem Abtragen eines Maßes nicht exakt dort an, wo man rechnerisch müsste. Macht hier gar nichts, das ändert nur geringfügig das Breitenverhältnis Schwalbe / Zinke. Wenn man es dann so macht wie ich, bleiben alle Schwalben gleich breit. Macht man es wie von Dir vorgeschlagen, dann könnten (evtl!) die Schwalben erkennbar ungleichmäßig breit werden. Vielleicht ist das spitzfindig. Dein Vorschlag ist jedenfalls gut!

Die zeichnerischen Konstruktionen die Du anführst. Ich kenne auch welche, ich finder es aber besser zu rechnen.

Grüße, Friedrich



Friedrich Kollenrott
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Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #151982]
Hallo Micha,

Ich weiß nicht, wie es euch geht. Ich muss für mich immer überlegen, wie ich anfange, um auf meine halbe Schwalbeneinteilung zu kommen. Mit ner Formel mußt du darüber nicht mehr nachdenken. Und die zu finden, ist kein Hexenwerk.


Ja, genauso ist es mir auch gegangen. Jedesmal musste man neu überlege; Wie mach ich das. Und immer nochmal mit dem Zirkel, bis es dann passt... Mit einer einfachen Formel (die man sich sogar merken kann) geht es, jedenfalls für mich, besser. Wenn es ganz besonders aussehen soll, kann man ja immer noch mehr Aufwand treiben.

Grüße, Friedrich


Friedrich Kollenrott
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Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #151984]
Hallo Justus,

bei den halben Zinken kann man z.B. Schubkastenböden weiter unten
so einnuten, dass die Nut seitlich nicht sichtbar ist.


Das ist wahr. Danke für den Hinweis!

Grüße, Friedrich

Friedrich Kollenrott
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Re: Schwalbenschwanzverbindungen anreissen

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #151983]
Hallo Thomas,

ich rechne gern (wenn es so einfach ist) und arbeite gern mit dem Stechzirkel. Geschmackssache!

Grüße, Friedrich

Friedrich Kollenrott
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Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #151991]
Hallo Michael,

Mit einer Oberfräße und entsprechenden Schablonen lassen sich die Verbindungen sicherlich genauer herstellen. Was also bringt die Herstellung mit Handwerkzeugen (abgesehen vom Übern der Fertigkeiten, Spaß and der Sache, etc...)?...


Ich finde die Herstellung von Schwalbenschwanzverbindungen ist eine der schönsten Tätigkeiten an der Hobelbank. Ich käme nie auf die Idee, das maschinell zu machen. Eine ungleiche Teilung müsste doch mit der Oberfräse und Schablonen der Sonderausführung "handmade" (ich vermute, das gibt es auch schon) auch möglich sein. Aber natürlich bietet sich das bei händischer Herstellung ganz besonders an, und ich denke auch, das kann besonders gut aussehen.

Ungleiche Teilung / Schwalbenbreite wird aber wieder darauf hinauslaufen, dass man hin- und herprobiert bis es dann passt, oder? Egal, geht alles.

Grüße, Friedrich



Friedrich Kollenrott
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Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #151992]
Hallo Markus,

ja, es kommt für die Funktion der Schwalbenschwanzverbindung weder auf die Teilung noch auf die Schwalbenbreite noch auf den Schwalbenwinkel an. Wichtig ist nur eine gerade Grundlinie und dass man rechtwinklig zur Kante sägt (die 90°, die ich auf der 2. Zeichnung in meinem Beitrag hervorgehoben habe). Ich weiss ja, dass Du gern so abeitest wie die "alten" Tischler der Vor-Maschinenzeit mit ihren weitgehend freihändig gemachten Verbindungen. Ich finde das ja auch gut, aber ich werde mir das dafür erforderliche Augenmaß wohl nicht mehr antrainieren können. Also bleibe ich lieber bei dem, was ich messen und anreissen kann. Könnte, wenn es um Holz geht, eine Schwäche sein.

Der Schwalbenwinkel ist aus Messing (Bronze wär mir zu teuer, und man merkt den Unterschied nicht ;-)

Grüße, Friedrich

Friedrich Kollenrott
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Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #151994]
Hallo Johannes,

natürlich gehören Vorüberlegungen dazu, und es gibt ja auch noch die vielen Möglichkeiten, das Ganze dann praktisch umzusetzen. Mir ging es nur und ausschliesslich darum, einen Weg zu zeigen, wie man eine gleichmäßige Schwalbenschwanzverbindung in einen vorgegebenen Bauraum einpassen kann, ohne lange herumzuprobieren.

Grüße, Friedrich

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