Der Dachstuhl ist drauf

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Christof Hartge
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Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Der Dachstuhl ist drauf

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Freunde,

heute ist die letzte Sparre auf mein Gartenhaus gekommen ein paar Ansichten wollte ich euch nicht vorenthalten:

von Süden:



von Osten:



und von Westen:



Zur Bauweise: Nach eurer Beratung im letzten Sommer habe ich für die Zapfenlöcher einen K*tt*n*st*mm*r verwendet und alles andere mit meinen Handsägen gesägt. Jetzt bin ich wieder um viele Erfahrungen reicher. Ins besondere habe ich wirklich das Sägen gelernt, soviel Praxis hätte ich im Möbelbau nicht bekommen.Vieles am Gartenhaus würde ich bei einem zweiten Versuch wieder ganz anders machen. Man lernt halt nie aus.

Viele Grüße, Christof.


Andreas Meisel
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Re: Der Dachstuhl ist drauf

Beitrag von Andreas Meisel »


Hallo Christof !

Schön, schön,- auf den Windverband (in deinem Fall die Kopfbänder) hast du auch nicht vergessen!!!! (ich hab einmal eine etwas größere Hütte von einem Zimmermann! besichtigt,- und der hat glatt auf die gesamte Aussteifung im Dachstuhl verzichtet . . . klar das es meist trozdem hält, aber . . .)

Die Auflagerung der Sparren direkt auf die Deckenbalken ist in meinen Augen etwas gewöhnungsbedürftig, aber möglich. Normalerweise legt man da zuerst noch eine sogenannte Fußpfette unter . . .
Was mich vielmehr wundert, ist der große Vorstand der Firstpfette bzw. der Riegel (die zur Fußpfette wurden): Wenn da kein Sparren mehr darauf kommt, wozu läßt du sie dann soweit vorstehen?

Hast du dich eigentlich schon entschieden, was du als Dachdeckung verwenden wirst?

Frohes Werken und schöne Grüße aus Graz

ANDI

Siegrist Michel
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Der Dachstuhl ist drauf

Beitrag von Siegrist Michel »


Hallo Christof,

Wo ist den das Richtbäumchen und das dazu gehörige Richtfest??? ;-)

"Was mich vielmehr wundert, ist der große Vorstand der Firstpfette bzw. der Riegel (die zur Fußpfette wurden): Wenn da kein Sparren mehr darauf kommt, wozu läßt du sie dann soweit vorstehen? "

Also ich hätte jetzt auch auf einen Flugsparren getippt, der da noch fehlt. Die Sparren auf die Kehlbalken zu setzten habe ich bisher noch nie gesehen.

Warum hast du auf die sonst so übliche Schwelle verzichtet?

Die Streben in der Riegelwand werden bei uns von Schwelle bis Wandpfette ausgeführt (ca 65-70°) und die Riegel werden seitlich eingezäpft.

Sehr gut ist, das das Betonfundament höher als das Erdreich ist. Jetzt sollte nur noch die Wandschalung 2-3 cm über den Betonrand schauen, damit das abtropfende Wasser nicht in die Fuge zwischen Schwelle und Beton ziehen kann.

Viel Spass bei deiner Fertigstellung des Garthauses

mfg Michel



Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Der Dachstuhl ist drauf

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Andreas, hallo Michael
"Kopfbänder" das sind die beiden diagonalen Verstrebungen im First? Gut, dann habe ich wieder was gelernt.

Zu den vorstehenden Pfetten: Nun ich hatte mir gedacht, daß ich da in irgendeiner Form eine Zahnleiste auflegen kann. Daß es dazu klüger gewesen wäre den entsprechenden Kehlbalken auch bis nach vorne zu ziehen, hatte ich nicht bedacht. Echter Planungsfehler und ihr habt es gleich gemerkt. Aber ich denke ich werde auch so zurecht kommen. Jedenfalls werden beide Giebel so verschalt, daß die Pfetten und auch die Zahnleisten nicht offen daliegen.

Zu den Kehlbalken als Auflager: Hm also, ich dachte mir in meinem Unverstand daß Sparren auf eine durchgehende Pfette unangenehmen seitlichen Druck ausüben, weshalb es klüger wäre, diesen Druck auf die Kehlbalklen zu geben, die mit den Sparren ein geschlossenes Dreieck bilden. Wahrscheinlich ist an dieser Überlegung irgendetwas faul, ihr wißt es sicher. Das ist einer der Punkte, den ich bei einem zweiten Versuch anders ausführen würde: Nämlich Sparren, die mit Aufschieblingen aufsetzen. Das ist, meine ich, eindeutig die bessere Kostruktion.

Viele Grüße, Christof.

Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Der Dachstuhl ist drauf

Beitrag von Christof Hartge »


Ich meinte: ... daß die Dachlatten nicht offen daliegen..."

Andreas Meisel
Beiträge: 442
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Der Dachstuhl ist drauf

Beitrag von Andreas Meisel »


Hallo Christof !

Zuerst mal wegen der Kopfbänder: Hast du sie mittels Versatz bzw. Zapfen an die Firstsäule bzw. Firstpfette angeschlossen? -wenn ja ist alles ideal . . .

Wegen der auskragenden Pfetten ohne Sparren wirds schwierig. Mit einer Art Zahnleiste die von außen draufgeschraubt wird könnte man das schon kaschieren, professionell ist das aber nicht, eher hingewurstelt. Besser wärs wenn du auf die auskragenden Fußpfetten noch ein Holz in der Stärke deiner Kehbalken drauflegst (einfach parallel oben drauf) und noch einen zusätzlichen Flugsparren anbringst (ganz an den Enden deiner Pfetten). Dann könntest du ganz normal die Dachlattung verlegen und diese über die Flugsparren noch mal zB. 15 cm vorstehen lassen. Und alles wäre wieder im Lot . . . ohne dass ein späterer Betrachter irgendwelche Ungereimtheiten feststellen könnte. Es gibt aber sicher noch andere gute Varianten.

Zuguterletzt muss ich feststellen, dass an deinen Überlegungen von wegen geschlossenem Sparrendreieck eigentlich nichts faul ist. Nur geht man davon aus, dass die Fußpfette einen eher quadratischen Querschnitt hat, und sich unter dem Druck der Sparren nicht verdrehen kann UND der horizontale Druck der Sparren gering ist! Außerdem hat man bei Verwendung einer Fußpfette keine Probleme im Bereich der giebelseitigen Dachvorsprünge . . .
'Sparren mit Aufschieblingen': Achtung, da reden wir von einer komplett anderen Konstruktionsart! Du hast jetzt einen sogenannten 'Pfettendachstuhl' gebaut (was hier auch sinnvoll ist!).Dabei werden alle anfallenden Dachlasten durch Biegung von den Sparren in die Pfetten und von dort in die Stützen abgetragen. Bei einem sogenannten 'Sparrendach' gibt es (zumindest im einfachsten Fall) keine Pfetten! Hierbei werden die Lasten innerhalb des Sparren- Bundtrambalken(Deckenbalken)- Dreieckes abgetragen. Da in den Sparren zusätzlich Druck und im Bundtram Zug herrscht, muss der Anschluß Sparren- Bundtram schubsteif, also zB. mit Versatz ausgeführt werden. In Verbindung mit der Herstellung der Aufschieblinge für den Dachvorsprung (der nur ziemlich gering ausgeführt werden kann) eine sehr arbeitsaufwendige Angelegenheit. Außerdem bekommt das ganze Dach von der Giebelseite aus betrachtet eine Art Zipfelmützenform,- nagut ist Geschmacksache . . .

Hoffentlich hab ich mich verständlich ausgedrückt.

Schöne Grüße, ANDI

Thomas Jacobi
Beiträge: 327
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Der Dachstuhl ist drauf-Hut ab

Beitrag von Thomas Jacobi »


Hallo Andreas,

Deine Anregungen klingen wie immer sehr vernuenftig und verstaendlich.

Hallo Christof,

Bleibt eigentlich nur noch Dir den Hut zu ziehen. Fuer jemand der sowas zum ersten Mal gemacht hat find ich das Du Dich verdammt gut durchgeschlagen hast. Andreas und Michls Bemerkungen und Anregungen (+Verbesserungsvorschlaege die ja durchaus noch nachruestbar sind (mit vertretbarem Mehraufwand)) und die diese Dinge halt mit fachmaennischen Augen richtig erkannt haben abgesehen ist es nicht jedem gegeben sich a) sowas zuzutrauen b) es auch durchzufuehren c)in einer Woche allein aufzubauen. Ist ja immerhin etwas anspruchsvoller als ein IKEA Moebel zusammenzuschrauben.

Andererseits ist es auch nicht das erste Mal dass Du hier mit Deiner Unvoreingenommenheit und Tatkraft erstaunst.
Ein herzliches Danke auch fuer die super Dokumentation die sicherlich manch einem die Bedenken vor gewagten Unternehmungen mildern wird.

Zu guter Letzt noch ein Aufruf an all die stillen Leser :

Vielleicht fasst sich auch mal jemand anders ein Herz als immer Christof, Rolf, Berthold, Andreas, Friedrich, Wolfgang, Beat, Michl, Herbert, und wie die Fleissigen Poster alle sonst heissen etwas von seinen Erfolgen und Irrungen mitzuteilen, selbst wenn nicht jeder die Technik und Mittel beherrscht auch tolle Bilder einzustellen, selbst wenn wir alle nicht viel Zeit zur Verfuegung haben, fuerchten uns zu produzieren, etc, etc. Wir lesen doch alle gern so tolle Stories wie z.B. die von Christof und Berthold? Sind wir hier nicht unter uns? Bringen wirs in aller Ewigkeit nicht uebers Mitlesen und wenn wir was benoetigen die 2 Zeilen : wer weiss wo ich Schlumpfedings beziehen kann ?

Sicherlich gibt es hier eine Reihe von liebenswuerdigen fachkompetenten und menschlichen Personen die gerne auch Fragen beantworten, jeder hat schon brauchbare Tips, Tricks + Infos gelernt die ihm unbekannt waren, meine Frage nochmal warum treten bei ca 200 oder mehr Lesern nicht mehr als etwa 20 davon gelegentlich ins Rampenlicht?

Nochmals,
alle Achtung und
Danke,
Thomas

PS Hallo Georg, Du siehst, sooo kleinlaut bin ich gar nicht immer.

Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Der Dachstuhl ist drauf

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Andreas, über den Dachüberstand muß ich nochmal meditieren. Zwischen professioneller Lösung und durchwursteln habe ich mich noch nicht entschieden. ...

Jetzt nochmal zu den Pfetten. Vielen Dank für deine genauen Anmerkungen. Ih nehme an, das ich alles verstanden habe. Ich würde so gerne noch soviel ausprobieren in der Zimmerei, allerdingsist das doch erheblich schwieriger zu realisieren als Schreinerei. Schließlich kann man die Welt nicht dauernd mit Häusern beglücken wollen.
Prinzipiell gehe ich erstmal davon aus, daß die Auflage auf die Fußpfette seinen guten Grund haben muß, denn eigentlich sieht man es immer so. Andererseits habe ich schon einige Kirchendachstühle gesehen bei denen genau die Verklauung an der Fußpfette eine Problemstelle war. Offensichtlich blieb die Pfette von horizontalen Schubkräften im Laufe von dreihundert Jahren doch nicht verschont. Irgendwie habe ich das beim Planen im Hinterkopf gehabt und bin deshalb auf diese Lösung verfallen. Die möglichen Nachteile werden sich schon zeigen.

Viele Grüße, Christof.

Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Dankschön und volle Unterstützung

Beitrag von Christof Hartge »


Lieber Thomas,
du sprichst mir aus dem Herzen.
Erstmal zum Thema Kritik: Die meisten von uns sind reingeschmeckte. Perfektion ist da nur von Fall zu Fall zu erreichen. Eher selten, um nicht zu sagen fast nie. Das ist zumindest meine Arbeitsvoraussetzung, deshalb gehört die kritische Diskussion bei Projekten unbedingt dazu. Außerdem vermute ich, daß es so für die Mitleser erst richtig interessant wird. Die Frage in der ganzen Holzwerkerei ist nämlich weniger, wie man Fehler vermeidet, sondern wie man elegant mit ihnen umgeht.

Zum Thema Beteiligung: ja, ach ja! kann ich nur sagen. Je mehr Leute ihre imperfekten Sachen vorstellen desto besser.

Viele Grüße, Christof.

PS: Die Säge liegt fertig verpackt auf der Hobelbank, ich muß sie nur noch zur Post bringen.

Andreas Meisel
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Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Der Dachstuhl ist drauf

Beitrag von Andreas Meisel »


Hallo Christof und all die anderen!

Sag, mal im Scherz,: baust du für dreihundert Jahre? Anzustreben ist es natürlich schon, aber häufig überdauern Gebäude die Jahrhunderte nicht (nur) weil sie so toll gebaut sind, sondern weil sie schlichtweg Glück (Krieg, Feuer . . .) hatten bzw. laufend beobachtet und sarniert wurden.

Ich würde übrigens auch gerne jeden Sommer eine Werkstatt bauen . . . Die Dritte würde sicher schon ziemlich perfekt (gibt es da nicht den alten Bauspruch: das erste Haus baust du für einen Feind, das zweite für einen Freund und das dritte für dich selbst) werden. Schade dass Geld und Platz das nicht zulässt. In Kürze seht ihr (hoffentlich) unter 'Werkstattbildern' meine Werkstatt beim Bau (vor drei Jahren), die Bilder hab ich Dieter schon vor ein paar Tagen geschickt . . . (Da fällt mir auch ein Spruch ein: Der Jammer mit der Menschheit ist, dass die Klugen feige und die Fähigen ungeduldig sind)

Zu den Verklauungen bei alten Dachstühlen: anno dazumal galt es noch als Zimmermannsehre keine (damals teueren und rostenden) Eisenteile zu verwenden. Daher wurde die Verbindung zwischen Pfette und Sparren mit einer Art rutschfesten Klaue ausgeführt (sprich in die Pfette wurde auch eine Aussparung hergestellt). Dort sammelte sich dann häufig Feuchtigkeit was insbesondere beim First häufig zu Fäulnis führte. Ist der Sparren dann nicht zusätzlich irgendwie befestigt, beginnt er abzurutschen und verdreht dabei gegebenenfalls auch die Fußpfette . . .

Schönes Wochenende und viel Spaß beim Meditieren!

ANDI

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