Standzeit Ziehklingen

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Georg Pfab
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Standzeit Ziehklingen

Beitrag von Georg Pfab »


Hallo,
wie geht es euch mit Ziehklingen.
Ich habe immer das Problem, dass die Standzeit der Ziehklingen im Verhältnis zum zeitlichen Aufwand des Schärfens sehr schlecht ist.
Ich habe auch schon "bessere" Stähle (japanischen Sägeblattstahl) verwendet, gebracht hat es im Verhältnis (Standzeit / Schärfzeit) nicht wirklich was.
Bei mir ist das einzige schabende Werkzeug das eine vernünfige Oberfläche produziert ein Kunz 80 Ziehklingenhobel mit einem auf 40° geschliffenem Hobeleisen (D2 Stahl). Das lässt sich schnell schleifen und hält sehr lange.
Gruß Georg Pfab

Friedrich Kollenrott
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Re: Standzeit Ziehklingen

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Georg,

zur Beantwortung dieser Frage kann ich wohl nicht viel beitragen (dazu ist mein Arbeitsvolumen mit Ziehklingen nicht groß genug), aber ich schliesse mich mal Deinem Informationswunsch an: Darüber wüsste ich auch gern mehr.

Hintergrund von meiner Seite ist, dass ich seit einiger Zeit damit beschäftigt bin, eine neue Schärfanleitung für Ziehklingen zu verfassen, und da hängt an meiner Pinwand ein Zettel: "Standzeit Ziehklingen / Schaber".U nd auch wenn die Aussagekraft von Einzelmeinungen und -erfahrungen natürlich begrenzt ist, so gibt eine größere Zahl von Meinungen natürlich schon ein verwertbares Bild.

Ich würde alle, die hier von ihren Erfahrungen berichten, bitten, zu unterscheiden zwischen Ziehklingen (mit einem angedrückten Grat, der die eigentliche Schneide bildet) und Schabern (ohne diesen Grat, also nur scharf geschliffen).
Und bei den Ziehklingen: Ist der Grat an eine 90°- Kante angedrückt (wie bei den handgeführten Ziehklingen üblich) oder an eine spitzwinklige Kante, z.B. 45°, bei Ziehklingenhobeln und ähnlichen üblich).

Grüße, Friedrich


Michael Meyer
Beiträge: 407
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Re: Standzeit Ziehklingen

Beitrag von Michael Meyer »


Hallo Georg,

ich habe mich nicht so richtig mit Ziehklingen anfreunden können. Ich habe die negative Erfahrung gemacht, daß bei intensiver Nutzung das Werkzeug schnell richtig heiß wird, und dann müsste ich Handschuhe anziehen. Ich arbeite lieber ohne Handschuhe.

Ich kenne zwei Alternativen (zusätzlich zum Ziehklingenhobel oder ähnliche Haltevorrichtungen): den Schaber mit wechselbarer HM-Klinge (damit wäre jedenfalls das Problem mit der Standzeit behoben, und durch die Wechselklinge entfällt das Schärfen).

Und ein Kunstschreinermeister hat bei mir vor Jahren alle 42 Stufen der Buchenholztreppe abgeschabt und neu lackiert. Das hat er alles mit Kirschen Stechbeiteln gemacht (meistens mit einem breiten, ca 38mm), die er senkrecht und zweihändig als Schaber verwendet hat. Sie waren ganz normal wie Stechbeitel geschärft, und er hat sie häufig nachgeschärft. Ich fragte ihn, warum er keine breitere Ziehklinge verwendet, und er sagte mir, weil er dann nicht so viel Kraft auf die Schneide bringen könnte, was auch einleuchtend ist. Meine Holztreppe ist Baujahr 1914 und eine große Wendeltreppe, und ist sehr schön geworden.

LG
Michael

Michael Formanek
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Re: Standzeit Ziehklingen

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo alle zusammen,
also ich kann mich der Erfahrung mit der geringen Standzeit im Vergleich zur Schärfzeit nicht anschließen. Vor allem, wenn man mit der Ziehklinge nur Holz bearbeitet. Da man 4 Kanten hat, kann man sich die Ziehklinge auch gut für mehrere Anwendungen herrichten. Ich verwende die Ziehklinge immer klassisch mit 90° Kante. Zum Schärfen drücke ich zuerst den stumpfen Grat zurück, dann richte ich mit einer feinen Feile die Kanten ab, dann werden kurz die Seiten und die Kanten am 1000er Schärfstein geschliffen, mit dem Ziehklingenstahl verdichtet und der Grat in mehreren Durchgängen und leichtem Druck in der Vorderzange hergestellt. Da kann man dann auch gut variieren und sich ein/zwei Kanten fürs Grobe herrichten. Dauert alles in allem vielleicht 5 Minuten und man kann doch eine Weile damit arbeiten (hab eine Zeit lang Intarsienparkett ergänzt und die ganzen Ergänzungen mit der Ziehklinge eben gearbeitet und verputzt weil viel Maser- und Riegelahorn dabei war und die Parketttafeln nicht eben waren). Ich finde es bei den meisten Arbeiten wichtig, dass man ein/zwei grobe Grate hat mit denen man auch mehr Material abtragen kann. Wenn man das alles mit einer fein hergerichteten Ziehklinge macht, wird man alt. Ich würde den Unterschied fast wie bei Schlicht und Putzhobel sehen. Wenn ich nur verputze mit der Ziehklinge, richte ich sie feiner her (schleifen auf dem 6000er), da man dann 4 Kanten zum putzen hat, war die Standzeit für mich bisher auch immer zufriedenstellend.
Ich glaube der Eindruck der kurzen Standzeit rührt auch daher, dass man mit einem schon stumpfen Hobeleisen meistens einfach noch länger weiterarbeitet, weil es eh noch geht. Da gibt es bei der Ziehklinge eher einen Punkt, wo die Benutzbarkeit plötzlich abbricht, weil sie nicht mehr ordentlich greift. Man tendiert auch dazu, nur den mittleren Bereich der Ziehklinge zu nutzen, geschärft ist aber natürlich die ganze Kante.
Die Erfahrung mit der Wärmeentwicklung kann ich bestätigen, man gewöhnt sich aber mit der Zeit dran und ich hatte noch nie Brandblasen ;-)
Schöne Grüße
Michael

KayU.
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Registriert: Mi 11. Apr 2018, 22:52

Re: Standzeit Ziehklingen

Beitrag von KayU. »


Ich arbeite zwar nicht all zu oft mit Ziehklingen, habe aber da ein paar Unterschiede in der Qualität der Stähle und der Bearbeitung beim Herrichten festgestellt.
Billige Klingen verlieren tatsächlich schnell an schärfe. Ich nutze seit einiger Zeit nur noch die Kirschen und eine von Veritas.
Mit dem Klingenstahl zum Abrichten bin ich nicht richtig warm geworden und habe mir das Ziehklingen-Schärfgerät und den Abrichtwinkel samt Feile von Veritas gegönnt, bei dem auch eine einfache, rechteckige Ziehklinge dabei war.
Das Abrichten und schärfen der Klinge geht tatsächlich mit den Veritas-Teilen deutlich einfacher und schneller. In den Schraubstock gespannt, den Grad mit dem Feilwinkel abgezogen und mit dem Schärfgerät ein paar mal über die Klinge. Fertig. Wird die Klinge beim Arbeiten stumpf, wieder kurz eingespannt und nachgeschliffen. Der Aufwand für eine Klinge zum (Nach-)Schärfen liegt unter 2 Minuten, wenn ich sie vorher noch mit der Feile abrichte, dauert es vielleicht 5-6 Minuten.

Und nein, ich werde nicht von Veritas oder jemand anderem gesponsert, das zu schreiben. ;-)

Georg Pfab
Beiträge: 235
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Re: Standzeit Ziehklingen

Beitrag von Georg Pfab »


Hallo Michael,
da bist du aber richtig schnell, wenn du eine Ziehklinge in 5 Minuten komplett fertigt hast.
Ich habe es jetzt gerade einmal selbst probiert und habe für das Abrichten, Schleifen Verdichten und Grat andrücken allein schon für 2 Grate 7 Minuten benötigt. Bei 4 Graten wären es wahrscheinlich so um die 12 Minuten ohne groß noch die Rüstzeiten einzurechnen.
Anschließend habe ich ein Stück Buche (bereits mit einem Putzhobel geputzt) mit der Ziehklinge bearbeitet. Nach knapp 1/3 m²/Grat wars vorbei mit den Spänen.
Ich werde jetzt mal versuchen wie weit ich mit dem Putzhobel komme.
Ich weiß, es ist zwar eigentlich nicht vergleichbar, da man in der Regel die Ziehklinge für andere Anwendugnen einsetzt, aber vielleicht doch aufschlussreich.
Gruß Georg Pfab

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
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Re: Standzeit Ziehklingen

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Georg,
also was die Schärfzeit angeht... Da brauche ich für eine rechteckige Standard- Ziehklinge, an einer Seite (mit beidseitigem Grat) geschärft, für das Schärfen in hoher Qualität zwei Minuten, auf Ehre. Es ist bei mir allerdings auch nicht so kompliziert vom Ablauf her.

Grüße, Friedrich

Franz Kessler
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Re: Standzeit Ziehklingen

Beitrag von Franz Kessler »

[In Antwort auf #149888]
Hallo

Also mit Euren Schärfzeiten kann ich nun aber wirklich nicht mithalten, Zufall, ich hab heute drei Rechtecke eine kleines Oval und ein Schwanenhals geschärft, 2 bis drei Stunden waren es sicher, die ich benötigte, (und bin noch nicht ganz fertig) hab aber dann auch gute Klingen, die auch schon mal längere Zeit stehen.
Ich feile zuerst etwa einen halben Millimeter ab und schleife dann mit immer feinerem Stein bis die Kante Gratfrei ist.

Mit dem Abfeilen will ich das Verdichtete Material entfernen, das Schleifen deshalb so penibel, ich bin der Meinung, der Grat kann nur so gut werden wie die angeschliffene Kante, ich hab heute beim Abziehen des Schwanenhalses beim Abziehen schon an einem Geräusch bemerkt, dass an einer Stelle die Kante nicht sauber war, als ich dann diese Stelle testete, merkte ich auch prompt wie schlecht die Schneide an dieser Stelle war.

Gruß Franz

KayU.
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Re: Standzeit Ziehklingen

Beitrag von KayU. »


Franz, ich möchte dir nicht zu nahe treten, aber glaubst du nicht, du schießt mit deiner Arbeit an den Ziehklingen etwas übers Ziel hinaus? Für 5-10Minuten Standzeit der Ziehklinge bis zum Nacharbeiten, rund 2-3Stunden Schleifarbeit steht doch in keinem Verhältnis. 2-3 Stunden brauche ich nicht mal, wenn ich eine Hobelklinge komplett aufarbeite.
Dann kann ich dich natürlich verstehen, dass du mit der Ziehklinge nicht gerne arbeitest.

Franz Kessler
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Re: Standzeit Ziehklingen

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo Kay

Also so enge sehe ich das überhaupt nicht, dabei muss ich richtig stellen, die Standzeit meiner Ziehklingen ist schon recht groß, einige Stunden bekomme ich da pro Klinge zusammen, das zweite, ich bin ein ausgesprochener Fan von Ziehklingen, seit ich sie zum ersten male nutzte, war ich überzeugt von diesem Werkzeug.
So waren etliche meiner arbeiten ohne dieses Werkzeug eigentlich nicht denkbar, denke ich da an das Tablett aus Zwetschgenholz, damals hab ich die seitliche Wand mit einer eigens angeschliffenen Klinge abgezogen, noch heute denke ich gerne an diese Arbeiten zurück.

http://www.woodworking.de/cgi-bin/holzbearbeitungsmaschinen/webbbs_config.pl/md/read/id/44265/sbj/arbeiten-an-der-obfraese/

Gruß Franz

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