3-Kirschen Stemmeisen abgesplittert

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Uwe Behle
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3-Kirschen Stemmeisen abgesplittert

Beitrag von Uwe Behle »


Moin,

gerade ist mir beim Zapfen ausstemmen ein kleines MIssgeschick passiert. Ich hatte die Zapfenlöcher mit einem Langlochbohrer auf 16 x 40mm, 30mm tief vorbereitet und wollte sie nun mittels 16mm Stemmeisen "rechteckig" machen.
Das klappte auch recht gut bei den ersten 6 Löchern. Vielleicht bin ich dadurch ermutigt etwas forscher vorgegangen.

Beim 7. Loch machte es ein komischen Geräusch und ein Teil der Klinge blieb im Holz zurück. Beim Holz handelt es sich um Esche mit teilweise sehr harter wurzelartiger Maserung
Es war ein ca. 6x8mm langes Stück Stahl von der Seite abgebrochen. Eine Bruchkante war auch rostrot, sodaß ich einen Vorschaden (Haarriss) vermute.

Ich habe darauf hin die Klinge am normalen Schleifbock um die 8mm kürzer gemacht, und dabei darauf geachtet, daß vorn nur ein minimaler Bereich erkennbar an den Anlauffarben warm wurde.
Anschließend habe ich die Spiegelseite mit 3000 und 8000 Wassersteinen poliert, sodaß zumindest der Bereich an der Schneide spiegelblank war.

Dann den Tormek angeworfen und die 4mm starke "Klinge" wieder auf 0mm geschärft.
Habe leider dabei nicht auf den alten Schnittwinkel geachtet, sondern mich an der Länge der Fase bei den anderen kleineren Stemmeisen orientiert.
Dadurch wurde die Schneide wohl etwas spitzer (längere Fase). Die größeren Stemmeisen hatten alle kürzere Fasen.

Nach dem Abziehen war die Klinge auch sehr scharf, aber schon bei den ersten Versuchen gab es sofort wieder Scharten und kleinere Ausbrüche.
Es war schlimmer als billige Baumarktware!
Habe den Beitel also zur Seite gelegt und mit einem 14mm weiter gemacht. die 8 Löcher sind jetzt fertig ausgestemmt.

Ich bin etwas ratlos, was da passiert ist.

a) entweder war der Schneidenwinkel zu spitz, sodaß das harte Holz das Material überfordert hat
b) das Kürzen am Schleifbock hat zu viel Wärme eingebracht, und die Klinge ist nun deutlich weicher geworden
c) das Stemmeisen hat nur an der Spitze vernünftige Eigenschaften und ich bin jetzt bereits im unbrauchbaren nicht sehr harten Bereich gelandet.

Meine Vermutung ist a) - ich habe den Winkel jetzt deutlich vergrößert, alle Scharten wieder weggeschliffen und das Eisen ist wieder rasiermesserscharf.
Hab aber keinen Versuch mehr damit gemacht...
Bei der Gelegenheit hab ich gleich mal 5-6 Beitel geschärft, die Situation hat also auch positive Auswirkungen gehabt.

Wer hat ähnlich Erfahrungen gehabt und kann zur Aufklärung beitragen?



Hartmut H
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Re: 3-Kirschen Stemmeisen abgesplittert

Beitrag von Hartmut H »


Hallo Uwe,

wenn du die Klinge zu heiß geschliffen hättest, sie also angelassen hättest, wäre sie weicher geworden. Das heißt, sie würde weniger leicht splittern, aber dazu neigen, sich an der Schneide umzulegen und die Schärfe schnell zu verlieren.

Entweder ist bei der Wärmebehandlung deines Eisens schon werksmäßig etwas schief gegangen und das Gefüge des Stahls zerstört oder der Anwendungsfall und der Schneidenwinkel passten einfach nicht zusammen.

Viele Grüße
Hartmut

Rolf Richard
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Re: 3-Kirschen Stemmeisen abgesplittert

Beitrag von Rolf Richard »


Hallo Uwe,

was zu besseren Beurteilung fehlt ist eine Angabe zum Fasenwinkel?

Abgesehen davon, Holzwerkzeuge und Schleifbock - das geht gar nicht gut zusammen.

Gruss
Rolf

Uwe Behle
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Re: 3-Kirschen Stemmeisen abgesplittert

Beitrag von Uwe Behle »


Ich hatte auf 22.5° angeschliffen. Der nächstgrößere hat im Original noch 25°. Momentan bin ich auf 35° mit einer "Minifase".
Was den Schleifbock angeht, so ist das nur schädlich, wenn der Stahl zu warm wird.
Bei blauer Anlauffarbe sinkt die Härte von 61 auf ca. 52. Bei Strohgelb sind es noch 55.
Also einfach reinhalten, bis es alles weg ist geht natürlich nicht.
Ich habe aber darauf geachtet, daß nur max. 0.5-1mm überhaupt anlaufen. Das ist aber im Nachfolgeschliff längst wieder weggeschliffen.
Eigentlich sollten auch 52 für Holz ausreichen. Was mich irritierte war, daß es *sofort* Scharten gab.

Wolfgang L.
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Re: 3-Kirschen Stemmeisen abgesplittert

Beitrag von Wolfgang L. »

[In Antwort auf #148856]
Hallo Uwe,

das klingt stark danach, als wäre schon im Werk beim Härten etwas schief gelaufen. Der bereits vorhandene Haarriss spricht dafür.

Die Angst, dass du zu viel weggeschliffen hast und nun im weichen Bereich bist, ist unbegründet. Erstens sind gute Stechbeitel nicht nur vorne gehärtet, sondern über einen großen Bereich, wenn nicht sogar über fast die ganze Länge um ein oftmaliges Nachschleifen zu ermöglichen und zweitens würde ein zu weicher Stahl nicht ausbrechen, sondern einfach die Schneide schnell abstumpfen werden, die Schneidkante sich umlegen.

Auch dass du zu viel Wärme eingebracht hast, und der Stahl daher nun zu weich ist, ist aus dem selben Grund hier sicher nicht das Problem.

Kirschen gibt auf die Eisen Garantie, das (die) Eisen solltest du also umtauschen.

Noch ein Wort zu den Anlauffarben: diese nach dem Schleifen wegzupolieren bringt nichts, denn sie sind nicht der Fehler, sondern nur das Symptom.
Sie zeigen nur den Grad der Erwärmung an, und diese Erwärmung ist das eigentliche Problem, sie lässt den Stahl weich werden. Je nach Stahlsorte muss man bereits bei "Strohgelb" mit Härteverlust rechnen.

LG Wolfgang

Wolfgang L.
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Re: 3-Kirschen Stemmeisen abgesplittert

Beitrag von Wolfgang L. »


Hallo Uwe,

um Holz zu bearbeiten reichen 52 HRC natürlich aus, die Standzeit ist dabei aber unter jeder Kritik. Bei der Härte machen (gerade im oberen Bereich) ein paar HRC einen großen Unterschied aus. Es ist keineswegs ein linearer Zusammenhang zwischen HRC und Standzeit...

Rolf Richard
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Re: 3-Kirschen Stemmeisen abgesplittert

Beitrag von Rolf Richard »

[In Antwort auf #148859]
Hallo Uwe,

Ich hatte auf 22.5° angeschliffen.


Das ist natürlich extrem wenig und für die meisten Hölzer ungeeignet.

Was den Schleifbock angeht, so ist das nur schädlich, wenn der Stahl zu warm wird.


Und das wird er garantiert immer, auch ohne Anlassfarben. Wie Leonard Lee beschreibt, entstehen dabei Mikrorisse, die das Eisen erheblich schädigen, auch wenn mit freiem Auge nichts zu erkennen ist. Dien Hinweis auf eine korrodierte Bruchstelle spricht stark dafür.

Gruss
Rolf



Uwe Behle
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Re: 3-Kirschen Stemmeisen abgesplittert

Beitrag von Uwe Behle »


Ja, 22.5° sind schon recht knapp - möglicherweise ist beim 'raushebeln an der dünnen Schneide was abgesplittert - nach dem Schlag sitzt der Beitel ja erst mal im Holz fest.

Ich schleife meine Eisen nie mit dem Schleifbock - dazu hab ich ja den Tormek und die Wassersteine - die Problematik ist mir schon bekannt.
Der Mikroriss (quer zur Schneide im Abstand von 8mm) geht also nicht auf mein Konto.

Allerdings hatte ich auch keine Lust 8mm harten Stahl mit dem Naßschleifsystem zu entfernen und habe die Schneide deshalb zur Vorbereitung vorsichtig mit dem Schleifbock gekürzt.
Der Wärmeeintrag dürfte nach hinten recht gering gewesen sein, sodaß nur wenige zehntel Material weicher geworden sind.

Und wie gesagt - ich habe anschließend noch einiges mit dem Tormek weggenommen. Da wären auch die Mikrorisse wieder weg.

Ich werde morgen mal probeweise mit dem Beitel arbeiten - mal sehen, ob sich die Lage nach dem erneuten Anschleifen verbessert hat.

Friedrich Kollenrott
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Re: 3-Kirschen Stemmeisen abgesplittert

Beitrag von Friedrich Kollenrott »

[In Antwort auf #148856]
Hallo Uwe,

ich hoffe, Du hast das an der Seite abgesplitterte Stück noch. Wenn Du das vorlegst, wird Dir dein Werkzeughändler (der ist Dein Vertragspartner, nicht Kirschen!) das Eisen sicher ersetzen, da liegt offenbar ein Produktionsfehler vor. Ich habe mit Eisen von Kirschen nie irgendwelche Qualitätsprobleme gehabt, aber vorkommen tut das auch da, bestimmt. Man muss sich klarmachen, dass eine gründliche Qualitätskontrolle bei den Preisen kaum möglich ist, da ist man dann kulant bei Reklamationen.

Trockenschleifen auf dem Schleifbock (bis Anlauffarbem kommen!) ist falsch, das geht gar nicht.

Bei hartem Holz bekommen meine Kirschen- Eisen einen Keilwinkel an der Schneide von 35°, das hält. (geschliffene Fase 25 oder 30°, Mikrofase 35°). Alles unter 30° ist m.E. für ein Stemmeisen zu klein, es sei denn man bearbeitet Lindenholz..

Grüße, Friedrich


Horst Entenmann
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Registriert: So 30. Mär 2014, 20:58

Re: 3-Kirschen Stemmeisen abgesplittert

Beitrag von Horst Entenmann »

[In Antwort auf #148856]
Hallo Uwe,

Mir ist selber so etwas noch nicht passiert aber ein Freund brachte mir mal etwas, das nur noch am Griff als Stechbeitel zu erkennen war.
Die Schneide war so stark beschädigt, daß ich etwa 5mm mit dem kleinen Proxxon-Winkelschleifer abgetrennt habe (immer etwas geschliffen dann mit Wasser gekühlt damit wirklich nichts anlaufen kann) und dann in die Schleifvorrichtung gespannt und auf 40° geschliffen (meine eigenen schleife ich auf 30 oder 35°).
Das Eisen war laut bekunden nie so scharf und ist wohl auch von der Härte her in Ordnung.
Meine Versuche mit verschiedenen Schneidwinkeln bestätigten das was Friedrich auch schon geschrieben hat. Alles unter 30° funktioniert nicht zuverlässig.

Gruß Horst

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