Ulmia Kurzrauhbank "Razee"

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Philipp
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Re: Wangenwiderlager und Bolzenvariante - Logik?

Beitrag von Philipp »


Hallo Alex,

Der Umkehrschluss ist aber, dass man bei einem Wangenwiederlager mit gut passendem (!) Keil diesen nur ganz vorsichtig einklopfen braucht und schon sitzt alles.


Da hast du Recht. Meine Erfahrung ist auch, daß das Wangenwiderlager überhaupt keine Gewalt braucht, um das Eisen stramm zu fixieren.

Marc schrieb ja oben, daß Hobel früher einfach mehr wegstecken mußten, als später, und sich das WWL da dann besser bewährte. Das mag an sich stimmen, wenn ich mir aber so manchen alten Hobel und seine Wunden, Narben und Risse ansehe, dann vermute ich auch, daß ein Großteil der Beanspruchung auf unsachgemäße Bedienung zurückzuführen ist. Da wurde anscheinend der Keil regelmäßig reingestampft und später "brutalstmöglich" mit dem Hammer auf dem Hobel herumgeprügelt, daß es einem allein beim Gedanken schaudert.

Grüße, Philipp



Andreas Winkler
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Re: Wangenwiderlager und Bolzenvariante - Logik?

Beitrag von Andreas Winkler »


Hallo Philipp,

auch Bolzenwiderlager können Keil und Eisen mit realtiv wenig "Schmackes" sehr gut halten !
Über den Übergang von Bolzen zu Wangenwiderlagern ist ja schon geschrieben worden, es hängt wahrscheinlich mit der vereinfachten Produktion zusammen (man braucht keinen Keil mehr anpassen).

Die Hersteller waren wohl bei (Wieder)Einführung der Bolzenlager der Meinung, der Hobelspan könnte auf der ganzen Eisenbreite durch den Hobelkörper gleiten und der Hobel würde so weniger zum Stopfen neigen, als bei einem Wangenwiderlager.

http://www.holzwerken.de/museum/hersteller/kataloge/ott2_05.phtml

http://www.toolemera.com/catpdf/ulmia1937CAT.pdf (auf Seiten 12, 13, 14)

Stopfen kann ich bei einwandfreier Hobelmaulgeometrie, passendem Keil und eingestellter Klappe auch bei einem Wangenwiderlager nicht problematisch oft feststellen.
Wahrscheinlich halten moderne Bolzenlager unsachgemäße Bedienung etwas länger aus, als Wangenlager. Jedoch - kaputt kann man alles bekommen (wenn man nur will oder es nicht besser weiß), Marc hat es ja schon beschrieben. Denke, seitdem Arbeiter nicht mehr direkt für Ihr Werkzeug verantwortlich waren oder ihr eigenes benutzen mußten, ist ein gewisse "Gleichgültigkeit" dem anvertrauten Werkzeug gegenüber aufgekommen. Außerdem haben im Zuge der Technisierung sicherlich auch gewisse Fertigkeiten nachgelassen, z.B. wie man einen Hobel sauber einstellt und wann der Keil fest genug sitzt.

Viel bringt viel, also donnert man den Keil fest, bis es kracht. Wenn man das Eisen lösen will, muß man natürlich wiederum ordentlich auf den armen Hobel eindreschen - am besten, man verfehlt dabei noch den Schlagknopf ...
Das geht natürlich nur eine gewisse Zeit gut. Noch vieleicht vor 50 Jahren hätte jeder Stift ordentlich heiße Ohren bekommen (sei es nun durch einen Anpfiff oder mechanische Reibung), wäre er derart sträflich mit Werkzeug umgegangen.
Auch wenn das moderne Bolzenlager wahrscheinlich überlegen ist, mag ich persönlich Wangenwiderlager viel lieber. Finde, daß paßt einfach besser zu einem Hobel aus Holz.

Gruß, Andreas



Georg aus'm Westen
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Re: Ulmia Kurzrauhbank "Razee" - Update *BILD*

Beitrag von Georg aus'm Westen »

[In Antwort auf #123600]
So, habe mich auch hinreissen lassen:




Der Griff sitzt extrem nah an der Klinge, man muss schon aufpassen, den nicht zu treffen, wenn man das Messer mit 'nem Hämmerchen einstellt.
Dafür gibt's aber ein ganz neues "Hobelgefühl" als Entschädigung.

Der Griff ist aus einem Reststückchen Hickory geschnitzt, lag gerade hier rum. Dann noch den Rest vom Lack mit der Ziehklinge entfernt und das ganze Ding mit Leinöl eingerieben. Fühlt sich meiner bescheidenen Meinung nach besser an


Georg aus'm Westen
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Re: Ulmia Kurzrauhbank "Razee" - Update *BILD*

Beitrag von Georg aus'm Westen »


Upps. Da es mit der Bandsäge gemacht ist, gehört's wohl eher ins laute Forum. Dann wäre es aber der falsche Thread. Mmmh.
Georg

Pedder
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Alles richtig!

Beitrag von Pedder »


Hallo Georg,

Du hast doch ein Handwerkzeug hergestellt. Was sollte das im Lauten Forum suchen?
Wenn Du nun intensiv die Herstellung mit der Bandsäge oder der Oberfräse gezeigt hättest.
Aber so gibt es überhaupt kein Problem.

Liebe Grüße
Pedder

UweM
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Re: Ulmia Kurzrauhbank "Razee" - Update *BILD*

Beitrag von UweM »

[In Antwort auf #146501]
Moin Georg,

wie ist denn das neue "Hobelgefühl"?

Sieht sehr Interessant aus und besser als das Original ohne Lack.

Viele Grüße
Uwe

Georg aus'm Westen
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Re: Ulmia Kurzrauhbank "Razee" - Update *BILD*

Beitrag von Georg aus'm Westen »


Tja, wie will man so ein Gefühl beschreiben? Man ist mit der Hand tiefer und näher an der Klinge, das geht so in Richtung "unmittelbar". Irgendwie direkter. Naja, schwer zu beschreiben, aber besser als vorher. Ich habe die Kurzraubank (ist eine 48er, also nicht ganz kurz) eigentlich zum Fügen nicht all zu langer Bretter und Kanthölzer verwenden wollen, bin aber nie wirklich glücklich damit gewesen, meistens habe ich das Holz eher zur schrägen Ebene gehobelt. Erste Versuche mit dem "Razee" verliefen da schon besser, ich konnte den Winkel besser einhalten und auch vorne und hinten die Höhe besser halten, weil ich den Druck nach unten besser kontrollieren kann. Glaube ich zumindest. Ich bereue jedenfalls nicht, die Raubank zersägt zu haben. Womöglich werde ich aber den Griff tauschen und einen etwas schräger stehenden und minimal dickeren neuen Griff basteln. Da bin ich mir aber noch nicht sicher, muss erst noch ein wenig probehobeln.
Und zur Lackentfernung: Ich mag eigentlich überhaupt kein lackiertes Holz, da lag das nahe. Geölte Oberflächen fühlen sich auch besser an.
Gruß, Georg

Pedder
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Re: Ulmia Kurzrauhbank "Razee" - Update *BILD*

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #146501]
Hallo Georg, jetzt nochmal zum Hobel. Den finde ich gut gelungen. Das Hobegefühl finde cih deutlich weniger Kippelig als mit dem originalen Griff.

Liebe Grüße
Pedder

UweM
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Re: Ulmia Kurzrauhbank "Razee" - Update *BILD*

Beitrag von UweM »


Hallo Georg,

vielen Dank für deine Anwort. Mir geht es mit meinen Raubänken genauso, allerdings schiebe ich das bei mir derzeit noch auf mangelnde Übung.

Ich habe römische Hobel gesehen, die von der Länge ca. einer Raubank entsprochen haben. Diese hatten
zwei Griffe, einer vorne und einer hinten, allerdings jeweils wie ein Henkel gestaltet. Ich könnte mir vorstellen, das ein Griff vorne
noch mehr Kontrolle geben kann.

Freundliche Grüße
Uwe


Georg aus'm Westen
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Re: Ulmia Kurzrauhbank "Razee"

Beitrag von Georg aus'm Westen »


Die mangelnde Übung hab' ich auch, bei mir ist das Holzwerken auf jeden Fall im Bereich Hobby anzusiedeln..
Aber trotzdem:
Zu den römischen Hobeln: Ein zweiter Griff vorne macht einer hölzernen Raubank meiner Meinung nach nicht so viel Sinn, eigentlich kann ich den Druck vorne ganz gut steuern, der "Balken" liegt doch gut in der Hand. Bei Metallhobeln, die aber auch eine ganz andere Gewichtsverteilung haben, sieht die Sache dann schon wieder anders aus, da ist der vordere Griff dann aber auch normalerweise tiefer. Aber mit Metallhobeln konnte ich mich bis jetzt noch nicht wirklich anfreunden.
Falls du aber meinst, ein weiterer Griff vorne wäre dir behilflich: Probier's einfach aus! Wenn du den Hobelkasten dafür nicht zersägen musst, ist sowas ja wieder rückgängig zu machen. Falls nicht: Eine gebrauchte Standard-Kurzraubank kostet wahrlich nicht sooo viel, dass man da nicht auch mal etwas riskieren könnte. Nicht dass mich jetzt jemand falsch versteht: Ich bin wirklich kein Anhänger der Wegwerfmentalität, doch manchmal sollte man auch kleinere monitäre Verluste zumindest in Kauf nehmen, um eine persönlich optimale Konfiguration zu finden. Und die Freude, ein Werkzeug zu haben und zu benutzen, dass man in einigen Teilen selbst gebaut hat, hilft einem über einen vielleicht vergebens ausgegebenen Euro hinweg. Ärgerlicher ist da eher die Zeit, die man investiert hat, um am Ende mit leeren Händen dazustehen, doch selbst dann kann man noch aus seinen Fehlern lernen, zum Beispiel nicht zu viel zu wollen oder gar das Rad neu zu erfinden. Nun schweife ich noch weiter ab, der Leser möge es mir verzeihen.
Ich habe mir vorletztes Jahr eine Bandsäge gebaut, sehr sehr frei nach Matthias Wandel, weil ich so ein Teil einfach haben wollte. Gebrauchte Sägen dieser Größenordnung (40er Laufräder) waren mir, zumindest auf die angedachte, gelegentliche Nutzung, zu teuer. Aber vor allem der Reiz, so eine Maschine selbst irgendwie zusammen zu bauen, und dann noch überwiegend aus Restholz, waren das wirkliche Argument. Irgendwann habe ich dann angefangen, weil ich einen dicken Motor eh schon rumstehen hatte und der Rest auch machbar erschien. Beim Bau gab es etliche Komplikationen, und ausgerechnet der vorhandene Motor war absolut ungeeignet ;)
Aber zufällig ließ sich für diesen auch ein günstiger Ersatz auftreiben, und die Säge läuft. Nicht so präzise wie eine Profimaschine, aber gut genug, um eine Raubank zu zerteilen. Doch beim Bau dieser Säge habe ich so vielfältige Dinge und Zusammenhänge erlernt, dass der finanzielle Aspekt vollkommen in den Hintergrund getreten ist (trotzdem hat das Dingen nicht viel gekostet). Also bitte: Probiert Dinge aus, verbessert euer Werkzeug, passt eure Hobel an, formt den Wunschgriff an euren Sägen, schnitzt eure Messergriffe mal selbst. Und dann baut schöne Dinge mit eurem schönen Werkzeug.
Gruß, Georg

PS: Ich bin mir vollkommen bewusst, dass im Berufsalltag eines Profi-Holzwerkers normalerweise kein Platz ist für solch "romantische" Ideen. Aber hier lesen ja auch viele ambitionierte Laien.


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