Altes Stemmeisen/Hohleisen *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Antworten
Martin B.
Beiträge: 59
Registriert: Mo 24. Feb 2020, 21:58

Altes Stemmeisen/Hohleisen *MIT BILD*

Beitrag von Martin B. »


Hallo,

ich habe auf dem Flohmarkt ein altes Hohleisen der Marke Coulaux gekauft. Nach dem Reinigen fiel mir auf, dass er vordere Teil offensichtlich aus einem anderen, härteren Stahl besteht.
Kann das sein bzw. war dies üblich?
Das Eisen ist im Vergleich zu meinen Kirschen-Eisen deutlich größer. Handelt es sich womöglich um ein Drechseleisen - aber da spricht die hintere Zwinge dagegen?
Wie schleift/poliert man eingentlich hier die Spiegelseite?



Grüße

Martin


Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Altes Stemmeisen/Hohleisen

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Martin,

ja, das kann sein und , ja, das war durchaus üblich.

Das Aufschweissen eines harten Plattierungsstahles ist bei japanische Eisen ja heute noch üblich und war auch bei europäischen/ amerikanischen gängige Praxis. Ich habe mehrere Hobeleisen und eine Stichaxt dieser Bauart, bei geraden und hohlen Stemmeisen hat es das sicher auch gegeben. Es ist generell ein Merkmal, das für hohe Qualität spricht. Übrigens ist nicht ein Stück vorn angesetzt, sondern eine dünne Plattierung an der Spiegelseite aufgeschweisst, an der Fase müsste man das sehen.

Wie man die hohle Spiegelseite schleift / abzieht?

Der Zustand dieses Eisens und auch seiner Spiegelseite scheint ja gut zu sein. Ich habe meine geraden Hohleisen so geschliffen: Bei einem knapp 100 mm langen streifenförmigen Schleifstein (mit der Flex aus einem zerbrochenen Stein geschnitten) habe ich die schmale lange Außenkante verrundet, mit einem etwas kleineren Radius als das Eisen innen hat. Dieses Verrunden mache ich mit einem groben Diamantstein und auf meinem Abrichtklinker, es muss nicht genau sein. Dann das Eisen hingelegt (auf seine Außenseite) und mit diesem schmalen Schleifwerkzeug von innen bearbeitet, in Längsrichtung hin und her. Dabei das Eisen auf seiner Außenseite hin und her geschaukelt so dass die ganze Innenfläche bearbeitet wird, und den Stein von der Höhlung des Eisens führen lassen. Der Stein hängt zeitweise mit einem Teil seiner Länge in der Luft und nutzt sich darum in seiner Mitte stärker ab. Damit das Innere des Eisens ein gerader Zylinder wird, muss man den Stein häufig nacharbeiten, das mach ich auf meinem Klinker. Abziehen genauso.

Wenn Du es Dir einfacher machen willst: Die auf ganzer Länge gerade-zylindrische Spiegelseite braucht ein solches Hohleisen ja gar nicht (im Gegensatz zu einem flachen Stecheisen, wo die Spiegelseite das Eisen führen muss). Darum kann man auch mit einem Schleifwerkzeug wie oben beschrieben eine ganz flache 2. Fase anschleifen. Dazu ist es sinnvoll, das Eisen mit der Höhlung nach oben in einem Schraubstock zu spannen. Der Stein wird mit der Hand geführt, ähnlich wie eine Feile. Auf die Weise geht es sehr viel schneller.

Die zuerst beschriebene Methode führt zu einem optisch schöneren Ergebnis, aber der Aufwand ist fragwürdig. Ich hatte es so gemacht, weil ich mir den prinzipiellen Unterschied zu einem flachen Eisen nicht klar gemacht hatte. Mit der "2. Fase-Methode" kann ich auch meine gekröpften Hohleisen schärfen, das konnte ich lange nicht.

Grüße Friedrich

(bei Bedarf stelle ich morgen Bilder ein)



Wolfgang L.
Beiträge: 111
Registriert: Mi 14. Mär 2018, 16:15

Re: Altes Stemmeisen/Hohleisen

Beitrag von Wolfgang L. »


Hallo Martin,

ich kann das auf dem Bild zu wenig erkennen, aber wenn der farbliche Unterschied auf der Fasen- und Spiegelseite gleich ist, dann handelt es sich eher weniger um zwei unterschiedliche Stähle, sondern das Eisen wurde einfach nur auf den vorderen zwei Dritteln gehärtet.

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3188
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

oh ja!

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Wolfgang,

in meiner Begeisterung, dass da ein plattiertes Hohleisen auftaucht, hatte ich diese viel einfachere und verbreitete Möglichkeit ganz vergessen. So kann es natürlich auch sein. Also: Klinge aus einheitlichem Stahl, zum Härten nur "vorne" erhitzt und dann abgeschreckt. Und, richtig, erkennbar an dem gleichen Härteverlauf auch außen am Eisen.

Grüße, Friedrich

Reinhold

Re: Altes Stemmeisen/Hohleisen

Beitrag von Reinhold »

[In Antwort auf #145488]
hallo Martin,

das ist sicher ein Stemmeisen und kein Drechslereisen. Erkennbar am Kragen oder Polster, also der angeschmiedeten Verdickung am Schaft, durch den der Schlag vom Griff auf das Eisen übertragen wird. Drechslerröhren habe diese Verdickung nicht, brauchen sie auch nicht.

Schönes Werkzeug!

viele Grüsse
reinhold

Martin B.
Beiträge: 59
Registriert: Mo 24. Feb 2020, 21:58

Re: Altes Stemmeisen/Hohleisen

Beitrag von Martin B. »

[In Antwort auf #145488]
Hallo,

ich habe mir das Eisen nochmals genau angesehen und festgestellt, dass Friedrichs Vermutung richtig war und eine Plattierung aufgeschweißt ist.
Dies ist sowohl an der Schneide, als auch an den beiden Seiten zu erkennen.
Wozu wurde eigentlich ein so großes Hohleisen (30mm) verwendet? Für die Bildhauerei erscheint es mir zu wuchtig - vorallem der Griff.
Danke an alle!

Grüße
Martin


Benutzeravatar
Uwe.Adler
Beiträge: 1267
Registriert: So 27. Dez 2020, 22:52

Re: Altes Stemmeisen/Hohleisen

Beitrag von Uwe.Adler »


Hallo Martin,

von den Zwingen her würde ich das Werkzeug eher in die Zimmerei gehörend vermuten. Ein sehr schönes Eisen hast Du da.
Auch wenn es sich abenteuerlich anhört, aber ich schärfe solche Eisen mir einem passenden Hartholz, das den entsprechenden Radius von Eisen auf der Drechselbank bekommt und auf das ich dann Diamantpaste auftrage und so den Innenradius damit poliere. Die Fase wird auf dem Wasserstein in den verschiedenen Feinheiten in der Wipptechnik bearbeitet. Hat bisher sehr gut funktioniert.

Herzliche Grüße

Uwe

Benutzeravatar
Thomas Kaes
Beiträge: 715
Registriert: So 4. Apr 2021, 14:10

Re: Altes Stemmeisen/Hohleisen

Beitrag von Thomas Kaes »


Im Zimmerbereich und Fachwerkbau hatte ich früher im Betrieb tlw. noch breitere im Einsatz.
Die Schnitzereien an historischen Vorbildern sind manchmal rech groß
und passen auch proportional zu den entsprechenden Holzdimensionen.
Hohlkehlen kommen auch an fast jedem alten Gesimsprofil vor;
wenn da ein fehlendes oder defektes Stück ergänzt oder ausgetauscht werden musste, hat man das
auch vor Ort an den Bestand mit Handwerkzeugen anpassen müssen.
Zu einem Satz Hohlkehlhobel besaß ich auch die passenden Stemmeisen.

Gruss
Thomas


Antworten