Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür? *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Christof
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Registriert: Mo 29. Apr 2013, 23:37

wird die Oberfläche da wirklich größer?

Beitrag von Christof »


Aber Schorsch, praktisch würde sich die Oberfläche von gezahnhobelten Flächen doch nur dann vergrößern, wenn diese Zahn in Zahn verbunden werden. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Riefen / Rillen der bezahnten Flächen jemals auch nur ansatzweise so genau zusammengefügt sein könnten, dass diese wirklich ineinandergreifen,... so wie Fingerzinken oder so. Ich stelle mir vor, dass da jede Menge Hohlräume beim Aufeinandernlegen entstehen. Müssten nicht nur die einzelnen "Zähne" exakt aufeinander passen sonder auch nicht die "Zahnrichtung" über die Flächen beiderseits gleichmäßig parallel laufen.

Wissen tu' ich's aber nicht und würde gerne wissen, ob zwei solchermaßen bearbeitete Flächen nicht vielleicht doch wirklich perfekte Spiegelbilder abgeben die "zusammengesteckt" werden können wie "Lego".

lg, Christof

Schorsch
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Re: wird die Oberfläche da wirklich größer?

Beitrag von Schorsch »


Hallo Christoph,
ja wird sie. Was entscheidend für die Haltbarkeit ist, ist das aufgebaute "Schichtsystem" : Der Leim/Klebstoff verbindet sich mit der zur verfügung stehenden Oberfläche der ersten Klebeseite. Der Klebstoff selbst bildet eine "Zwischenschicht", was genau den Zweck hat, lückenfrei diese Oberfläche mit einer anderen zu verbinden. Daher werden Klebstoffestigkeiten auch nach ihrer "Scherfestiigkeit" eingeteilt. Sind also die Spannungen im Klebespalt größer als die SCherfestigkeit, bricht die Klebestelle innerhalb des Klebstoffs. Sind die Spannungen höher als die Verbindung mit dem geklebten Werkstoff ( hier Holz, gilt aber überall ), erfolgt der Bruch innerhalb des Werkstoffs aber nicht an der Klebestelle ( zweiter entscheidender Begriff "Haftzugfestigkeit" )
Wenn Du das passgenaue verzahnen ansprichst, so verfolgt man damit eher das Ziel, a.) die Klebefläche zu vergrößern und b.) die mechanische SCherfestigkeit des Grundwerkstoffes mit auszunutzen.

Ein Beispiel, warum Klebungen so gut halten : technische gute Klebstoffe haben eine Scherfestigkeit von ca. 1 - 3 MPa ( = N/mm² ) Wenn Du jetzt ein Brett von 40mm x 100mm Klebefläche mit einem anderen verbindest, erhältst Du eine Belastbarkeit von minndestens 4000 MPa oder umgekehrt, Du brauchst eine Last von 400kg, um diesen Verbindung wieder zu lösen. Da versagt eher das Holz...
Gesetzt den Fall, das Holz ist deutlich stabiler als der Klebstoff, bringt eine rauhe Oberfläche folgende Vorteile :
exakt axialer Zug : Oberflächenerhöhung bringt nur dann etwas, wenn der Klebespalt ausreichend dünn ist, ansonsten findest Du keinen Unterschied in der Belastbarkeit bezogen auf die "projezierte" Fläche. Der Bruch erfolgt im Klebstoff, auf beiden Bruchflächen ist der anhaftende Klebstoff zu finden.
Zug- und Scherlast : Rauhikeiten helfen, die Scherlast auf Klebstoff und Grundmaetrial durch "Mikroverzahnung" aufzuteilen.

Die Gemeinheit ist aber, dass Du erstmal eine Haftung zwischen Klebstoff und Holz herstellen must, die höher ist als die Klebstoffestigkeit - immerhin sind das zwei völlig verschiedene Stoffe. Und hier hilft Dir die erhöhte Oberfläche auf der Holzgrenzfläche, dann sieht die Aufgabe nämlich anders aus : maximale Haftung zwische Klebstoff und einer Holzfläche.
Wenn Du jetzt die Holzfläche nur um10 % erhöhst ( durch z.B. Zahnung ) siehst du diesen Vorteil sofort in der Haftfähigkeit zwischen Holz und Klebstoff wieder ( alledrdingens nicht 1:1, Holz ist immerhin ein Faserverbundwerkstoff, zwar der Beste, den ich kenne, aber dennoch inhomogen ).
Ich hoffe, ich hab jetzt nicht mehr verwirrt als erklärt..., bin kein Prof. :-)))))))
Gruß
Georg


Pedder
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Re: wird die Oberfläche da wirklich größer?

Beitrag von Pedder »


Hallo Schorsch,

Deine Erklärung ist schlüssig, nur bin ich nicht sicher, ob die Ausgangsthese auf alle Holzleime zutrifft.
Dier Leime, die nicht spaltüberbrückend (also die modernen ) sind, dürften nicht von einer Zahnung profitieren.
Die haften besser, je kleiner die Fuge ist.

Bei den Gluteninleimen kann das anders sein.

Liebe Grüße
Pedder



Ernst Spangenberger
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Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von Ernst Spangenberger »

[In Antwort auf #143789]
https://www.youtube.com/watch?v=14Mkc63EpMQ
In diesem Video hält die Verleimung am Besten, bei der mehr "Luft" für den Leim vorhanden ist. Und diese "Luft" ist ja auch bei einer gezahnten Fläche größer als bei einer glatten Fläche.

Schorsch
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Re: wird die Oberfläche da wirklich größer?

Beitrag von Schorsch »


Hi Pedder,
hm, wie soll ich's sagen...
es geht in erster Linie um Grenzflächen zwischen Holz und einem Verbindungsmittel. Diese Grenzflächen sind immer da, solange Du mittels eines weiteren Stoffes zwei Dinge verbindest.
Nur beim Schweißen ( schmelzmetallurgische Verbindung ) oder Löten ( Diffusionsverbindung ) erhältst Du keine solchen Grenzflächen, sondern Übergangszonen ( die aber auch andere Eigenschaften haben als das Grundmaterial ).
Die Verbindung beim Holz mittels Leim ist also immer Grenzfläche Holz - Leim - Grenzfläche Holz.
Entscheidend ist nur, ob der Leim ausgehärtet die stabilere Komponente ist ( heutige Leime sind das meistens ) oder das Holz. Bestehen größere Lücken zwischen den Grenzflächen, werden diese gewöhnlich durch Leimauffüllung geschlossen ( idealerweise... :-) ).
Solange der ausgehärtete Leim eine höhere Festigkeit besitzt als das mit ihm verbundene Holz hast Du also einen Vorteil durch aufrauhen der Oberfläche ( Verzahnung ). Sobald das Holz fester ist als der Leim, ist der Gewinn durch Verzahnung nur noch minimal ( bruchmechanisch aber immer noch vorhanden, denn der Riß wird immer wieder umgelenkt und dies verbraucht Energie ). Dieser "Vorteil" ist jedoch nur schwer zu messen, da Probestücke aus Holz blöderweise immer leicht andere Faserverbundfestigkeiten aufweisen. Ist aber für den Holz'bau' auch nicht so wichtig...

Bei heutigen Leimen ist, meiner Meinung nach, ein Aufrauhen der Oberflächen nicht mehr nötig. ( Ich habe beim Bruch eines verleimten Bauteils den Riß noch nie in der Leimfuge gefunden... )

LG
Georg

FrederikU
Beiträge: 43
Registriert: Sa 10. Jul 2021, 20:03

Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür? *MIT BILD*

Beitrag von FrederikU »

[In Antwort auf #143819]
Hier ist ein Scan von einem Versuch aus meiner Berufsschulzeit, inkl. Schreibfehler und allen Unzulänglichkeiten die ein solcher Versuch in einer Schule aufweist.

Verwendet wurde ein Weissleim. Welche genauen Eigenschaften der Leim hatte und welche Holzart verwendet wurde kann ich nicht mehr sagen. Was sich jedoch deutlich abzeichnet ist das die Verleimung einer sägerauhen Fläche weniger fest ist. Ob das allerdings auf eine gezahnte Oberfläche übertragen werden kann weiss ich nicht.

Grüsse
Frederik

Schorsch
Beiträge: 13
Registriert: Mo 28. Mär 2016, 14:12

Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von Schorsch »


Hallo Frederik,
auch wenn Du es vielleicht nicht glaubst bestätigt der Versuch nur, was die Physik dahinter ist.
Sägerauh heißt, Fasern sind aus dem Verbund gerissen und tragen nicht mehr. Späne sind in der Oberfläche eingelagert und verdecken das 'feste' Holz. Dadurch wird die Verbindungsfläche Leim - intaktes Holz wesentlich verringert - auch ein Pressen bringt da nichts, da der Leim die Fehlstellen in der Oberflächen nicht unterkriechen kann. Deshlab habt Ihr den Versuch ja auch gemacht - um genau dieses Problem zu zeigen.
Ein guter Hobel hingegen schneidet, er reißt nicht wie die Säge an den Fasern ( frag mal Friedrich Kollenrott, warum er so viel Wert auf bestens geschärfte Werkzeuge legt :-) )
Eine abgeschnittene Faser ist also mit ihrer verbleibenden Länge fest im Faserverbund verankert - was das bringt, zeigt auch Dein Versuch : Faktor 2 - 3 ? :-)

Danke Dir für dieses schöne Dokument - und prima von Deinen Lehrern, diese Versuche mit Euch zu machen :-)
LG
Georg

Thomas Becher
Beiträge: 36
Registriert: Do 29. Jul 2021, 13:52

Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von Thomas Becher »

[In Antwort auf #143797]
Hallo Zusammen,

es gibt ein Video wo der Gebrauch eines Zahnhobels beim Furnieren gezeigt wird: http://woodtreks.com/category/techniques/inlay-marquetry/
Bei der vierten Minute gehts los......

Bei Werkbänken, habe ich mal irgendwo gelesen, hat man damit den Dreck und Leimreste entfernt. Zusätzlich sorgte die rauhe Oberfläche dafür, das die Werkstücke nicht so stark rutschen.

Reinhold

Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von Reinhold »


hallo Leute,
hier mein Senf zum Zahnhobel aus aktuellem Anlass.
Also, ich denke man muss , auch bei der Debatte hier, zwischen dem traditionellen europäischen Zahnhobel und dem "amerikanischen" Zahnhobel unterscheiden. Der europäische Zahnhobel, wie er von ECE oder Ulmia angeboten wird, hat eine feine, enge, sägeartige Zahnung mit spitzen Zacken. Der amerikanische , z.B. von Veritas, hat eine breite Zahnung mit breite Zahnzwischenräumen und breiten, flachen Zacken.
Ich verwende die europäische Variante. Zur amerikanischen kann ich aus eigener Erfahrung nichts sagen.

Ich hatte heute das Problem ein Stück Buchsbaumholz, etwa so gross wie eine Spielkarte von 2 mm stark auf 0,7 mm Stärke herunter zu hobeln. Ich brauche das für die Tonerzeuger in Dudelsäcken. Das Holz hatte einen Wirbel von einem Ast, der das Hobeln zur Qual machte - Buchbaum ist an und für sich schwierig zu hobeln, so schön es zu Drechseln ist. Bei mir gab es heute ekelhafte Ausrisse, trotz frisch geschärftem Hobeleisen und fein eingestelltem Hobelmaul. Ich verwende einen alten Ulmia Reform Putzhobel mit Schraubmechanik - ein sehr guter Hobel.
Irgendwann verlor ich die Geduld und griff zum Zahnhobel (alter Ulmia). Der Zahnhobel trug der Länge nach die Hochpunkte der Oberfläche sauber ab, ohne neue Ausrisse zu erzeugen. Allerdings war Schluss, als die ganze Oberfläche Rillen hatte. Ich habe versuchsweise zum ersten Mal Buchsbaumholz quer zur Maserung gehobelt und war überrascht, wie gut das mit dem Zahnhobel ging. Danach die Rillen mit dem Putzhobel geglättet, leider mit neuen Ausrissen, dann wieder Zahnhobel kreuz und quer und so fort. In relativ kurzer Zeit, hatte ich das Holz auf einem Millimeter Stärke und total eben. Das Endmass von 0,7 mm Stärke mache ich nach dem Zuschnitt (5 mm X 75 mm) mit einem 6 cm langen Miniatur-Simshobel von Veritas (Flachwinkel)

Fazit: schwieriges Holz kann man sehr schön mit Hilfe eines Zahnhobels abtragen.

gruss
reinhold

MarkusB
Beiträge: 1195
Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21

Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von MarkusB »


Hallo Reinhold,

Ich hätte gerne gesehen, wie du so ein kleines und dünnes Stück Holz hobelst.
Wahrscheinlich hältst du es einfach mit der Hand fest.

Viele Grüße

Markus


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