Öl oder Lack: ein Test *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Peter Clemens
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Öl oder Lack: ein Test *MIT BILD*

Beitrag von Peter Clemens »


Hallo zusammen,

schon immer habe ich mir die Frage gestellt, wie man Holz am besten endbehandeln sollte. Es gibt sicher eine Vielzahl von Variablen, wie Verwendungszweck des Holzes, draußen oder innen, Art des Holzes und natürlich der persönliche Geschmack.
Um es vorweg zu nehmen... ich war auf der Suche nach einer Oberfläche für einen Esstisch, die geeignet ist, die vielen "Umwelteinflüße" im tagtäglichen Leben zu meistern.

Angetreten sind:



Wachs-Öl:

OSMO Hartwachs Öl High Solid

Öle:
OSMO TopOil High Solid
Liberon Intensiv Schutz-Öl
Clou Hartöl

Lacke:
Liberon Tischlerlack
CLOU Holzsiegel

Als Basis diente mir das Holz, Kernbuche, aus dem mein Tisch sein sollte. Die Anwendung der Öle/Lacke erfolgte nach Herstellerangaben. Der Test ist natürlich sehr subjektiv und ersetzt in keiner Weise die Tests der Hersteller.

Mein Testbrett (wurde beidseitig verwendet) war mit 240er Papier geglättet und in Sektionen aufgeteilt:



Allgemeines:

OSMO TopOil High Solid
- dickflüssig, leicht milchig
- riecht leicht nach Lösemittel
- feuert intensiv an

Liberon Intensiv Schutz-Öl
- riecht nach Sonnenöl (Piz Buin, wem das noch was sagt)
- sehr dünnflüssig, zieht gut ein
- feuert intensive an

Clou Hartöl
- riecht ein wenig nach Lösungsmittel
- zieht gut ein, etwas dickflüssig
- Holz behält nahezu den Farbton, minimal dunkler

Hier nach der ersten Behandlung (von links nach rechts: Liberon, CLOU, OSMO):



OSMO Hartwachs Öl High Solid
- etwas milchige Konsistenz
- dringt gut ein und hat einen intensiven Geruch
- feuert mittel an

Liberon Tischlerlack
- relativ flüssig, riecht leicht nach Lösemittel,
- läßt sich gut pinseln und ist leicht gelblich
- verstärkt die Holzfarbe sehr natürlich

Clou Holzsiegel:
- dickflüssig, aber verläuft gut.
- riecht leicht nach Lösemittel
- verstärkt die Holzfarbe sehr natürlich

So sieht es nach dem ersten Auftragen aus (von links nach rechts: OSMO, Liberon, CLOU): :


12 Stunden später:

Alle geölten Flächen haben sich relativ glatt angefühlt. Am besten fand ich die OSMO TopOil Fläche von der Beschaffenheit.
Das OSMO Hartwachsöl war leicht rauh und etwas blasser als die lackierten Flächen. Diese widerrum waren sehr glatt, was
man von einem Lack ja auch erwarten sollte. Lediglich ein paar "Stippen" waren darin.

Es wurde alles nochmal mit 240er Papier geschliffen und eine zweite Schicht aufgetragen.
Die Verarbeitung der Lacke ist aus meiner Sicht ziemlich schwierig, da sich immer irgendwelche Staubpartikel unter den Lack mischen.
Das macht in der realen Welt viel Nacharbeit nötig. Oder man hat eine Lackierkabine und staubfreie, neue Pinsel.

Nach dem dritten Ölen war das Holz immer noch durstig an den Stellen, an denen Öl verwendet wurde. Speziell das Liberon Öl zog
nach wie vor gut ein.

Nun musste ich warten. Der Geruch der verschiedenen Flächen ließ im Laufe der Zeit nach. Nur das Liberon Öl erinnerte mich immer noch
an Schwimmbad-Liegewiesen der 80er Jahre. Liberon gibt auch an, dass man erst nach 3 Wochen die Flächen richtig strapazieren darf.
Nun ja, das kommt jetzt:

Stresstest - mit üblichen Küchenflüssigkeiten:



Liberon Intensiv Schutz-Öl (Piz Buin läßt grüssen)

Ketchup (3 min): rauh, leichte Randbildung
Öl (5 min): zieht leicht ein, Kein Fleck
Balsamessig (8 min): sehr rauh, deutlicher Nässefleck
Wasser (10 min): sehr rauh, Wasserfleck

Clou Hartöl (immer noch deutlicher Geruch)

Ketchup (3 min): rauhe Oberfläche
Öl (5 min): zieht leicht ein, Kein Fleck
Balsamessig (8 min): sehr rauh, deutlicher Nässefleck
Wasser (10 min): sehr rauh, Wasserfleck

OSMO TopOil High Solid (kaum Geruch)

Ketchup (3 min): Oberfläche unverändert, keine Flecken
Öl (5 min): Kein Fleck
Balsamessig (8 min): leicht rauh, matter Fleck
Wasser (10 min): rauh, Wasserfleck (im Gegenlicht)

OSMO Hartwachs Öl High Solid (kein Geruch)

Ketchup (3 min): Keine Flecken, aber Glanzgrad leicht verändert
Öl (5 min): Kein Fleck
Balsamessig (8 min): leicht rauh, leicht matter Fleck
Wasser (10 min): rauh, deutlich sichtbarer Wasserfleck

Liberon Tischlerlack (deutlicher Geruch)

Ketchup (3 min): perlt ab, kein Fleck
Öl (5 min): Kein Fleck, nur fettiger Film
Balsamessig (8 min): keine Veränderung
Wasser (10 min): keine Veränderung

CLOU Holzsiegel (kaum Geruch)

Ketchup (3 min): perlt ab, kein Fleck
Öl (5 min): Kein Fleck, nur fettiger Film
Balsamessig (8 min): keine Veränderung
Wasser (10 min): keine Veränderung

Mein Fazit daraus:

Technisch sind die Lacke in allen Belangen den Ölen überlegen. Die Haptik mag stören, da man kein Holz mehr fühlt, sondern nur eine glatte Oberfläche fühlt.
Die Verarbeitung ist für den Laien aus meiner Sicht nicht einfach. Ohne Reinraum und sehr gute Pinsel/Rollen oder Spritzpistole ist ein gutes Ergebnis nur
schwer erzielbar.
Das ist wiederrum die Stärke der Öle. Einfach in der Verarbeitung aber bei den Ergebnissen nicht überzeugend (wenn man sich an die Herstellerangabe hält).
Bei den Ölen hat mir das OSMO Topoil am besten gefallen. Die Verarbeitung ist sehr einfach und die Ergebnisse waren relativ gut. Lediglich die Maserung ist
nicht so gut herausgekommen, wie bei den Ölen.
Die Liberon Produkte haben mich ehrlich gesagt nicht überzeugt. Der intensive Geruch auch nach Wochen ist nicht mein Ding.
Ich gehe davon aus, dass man auch bei den Ölen deutlich bessere Ergebnisse erzielt, wenn man mehr als nur 3 Aufträge macht. Die Tatsache, dass das
(Speise)Öl im Test immer noch eingezogen ist, läßt vermuten, dass da noch viel mehr Öl hätte verwendet werden können.

Was mein Projekt angeht schwanke ich zwischen CLOU Holzsiegel und OSMO TopOil, welches dann aber 6-7 mal aufgebracht werden müsste.
Und am Ende ist dann doch wieder ein Bauchgefühl, welches entscheiden wird.

So, das war es... nun seid ihr dran mit Euren Berichten und Kommentaren.

Gruß,

Peter



Jürgen E

Re: Öl oder Lack: ein Test

Beitrag von Jürgen E »

[In Antwort auf #137836]
Hallo Peter,

Danke für den ausführlichen Bericht deines Experiments.

Für mich ist neben den von Dir genannten Punkten Haptik und Verarbeitung ein Vorteil beim Ölen, dass die Oberflächen einfach und ohne großen Aufwand direkt vor Ort jederzeit nachgearbeitet/ausgebessert werden können.
Das gleicht für mich die geringere Beständigkeit aus.

Schönen Gruß
Jürgen

Klaus Kretschmar
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Re: Öl oder Lack: ein Test

Beitrag von Klaus Kretschmar »


Hallo Peter,

grundsätzlich tendiere ich zu Wachs/Ölfinish. Allerdings musste ich einsehen, dass hart beanspruchte Möbel auf lange Sicht wenig Freude bereiten weil oft nachgearbeitet (aufgefrischt) werden muss und sich trotzdem rasch wieder ein unansehnliches Aussehen einstellt. Aus diesem Grund habe ich meinen ursprünglich hartwachsbehandelten Massivholzschreibtisch nach ca. 2-jährigem Gebrauch nochmals komplett abgeschliffen und anschließend lackiert. Hab ich keine Sekunde bereut. Ich habe ihn jetzt 8 Jahre im täglichen Gebrauch und er sieht so gut aus wie eh und je. Lackiert wurde er mit DD-Lack, wie er auch im Treppenbau verwendet wird.

Übrigens: Das Lackieren kann man sich enorm erleichtern. Nach jedem Lackauftrag hat man mehr oder weniger Staubeinschlüsse, das ist nicht zu vermeiden. Daher schleift man auch nach dem letzten Lackieren nochmals mit feiner Körnung und beseitigt damit die Einschlüsse. Die Oberfläche wird hierdurch wieder matt. Das ist leicht zu beseitigen, indem man jetzt mit dem geeigneten Mittel poliert. Ich benutze sehr gerne Sonax Schleifpaste aus dem Autozubehör und poliere maschinell. Die hierdurch erzielte Oberfläche genügt auch höheren Ansprüchen.

Viele Grüße
Klaus

Axel S
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Re: Öl oder Lack: ein Test

Beitrag von Axel S »

Peter Clemens
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Re: Öl oder Lack: ein Test

Beitrag von Peter Clemens »


Hallo Klaus,

das bestärkt mich, den Lack zu nehmen. Ich habe mal für einen Nachbarn eine runde Tischplatte gemacht, die ich auf ähnliche Art behandelt habe.
Ich habe damals einen Zwischenschliff mit 240er Papier gemacht und final mit 400er geschliffen und einer Autopolitur das Finish auf Seidenmatt eingestellt.
Es war richtig viel Arbeit - trotz Rotex, die ich nicht mehr missen möchte.
Aber vermutlich ist es besser die Arbeit am Anfang zu investieren und lange Freude am Ergebnis haben, als permanent nachölen zu müssen.

Gruss,

Peter


Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Re: Öl oder Lack: ein Test

Beitrag von Klaus Kretschmar »

[In Antwort auf #137839]
Hallo Axel,

ob es ein Zeihorn-Lack war weiß ich nicht mehr. Aber es war definitiv ein DD Lack eines Markenherstellers. Ich habe damals den Schreibtisch in der Werkstatt eines befreundeten Zimmermanns lackiert, der mir auch den Lack gegeben hat.

Grüße
Klaus

Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Re: Öl oder Lack: ein Test

Beitrag von Klaus Kretschmar »

[In Antwort auf #137840]
Hallo Peter,

mit einer gewöhnlichen Autopolitur wird das eine langwierige Geschichte sein. Mit einem etwas aggressiveren Mittel wie dieser genialen Schleifpaste von Sonax geht das Polieren sehr schnell.

Einmal in meiner seitherigen Holzwerkerlaufbahn habe ich ein Hochglanz-Möbel hergestellt. Abgesehen von einem anderen Lack (Primaster Hochglanz) habe ich nach der Politur mit der Schleifpaste noch einen weiteren Durchgang mit einer Maschinenpolitur von 3M gemacht. Die Oberfläche wurde sehr schön.

Grüße
Klaus

Siegfried Drexler

Re: Öl oder Lack: ein Test

Beitrag von Siegfried Drexler »

[In Antwort auf #137836]
Hallo Peter,
Toller Beitrag zum Thema Oberflächenbehandlung. Hat mir bei der Entscheidung zu meinem Esstisch wie, was sehr geholfen. Habe mich für CLOU Holzsiegel "EL" entschieden. Ergebnis entspricht meinen Erwartungen.

Viele Grüße
Siegfried

Mona Nack

Re: Öl oder Lack: ein Test

Beitrag von Mona Nack »

[In Antwort auf #137836]
Vielen Dank für die Testreihe - hat mir einen falschen Kauf erspart!

Lina

Re: Öl oder Lack: ein Test

Beitrag von Lina »


Hm, du schreibst das Osmo Topoil würde intensiv anfeuern und das Clou Hartöl würde fast die Originalfarbe behalten. Auf dem Bild mit dem Proben sieht es aber genau andersrum aus. Leider hab ich zu spät gesehen, dass hier wahrscheinlich etwas verwechselt wurde oder?! Hab meinen Tisch nun mit Clou Hartöl geölt und er ist leider total angefeuert..wäre super wenn du das kurz aufklären könntest, damit ich weiß ob es Sinn macht den Tisch wieder komplett abzuschließen und das Osmo Öl zu nehmen...

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