Frage an Klebespezialisten (MIT BILDERN) *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Andreas K.
Beiträge: 204
Registriert: Do 23. Sep 2021, 05:01

Frage an Klebespezialisten (MIT BILDERN) *MIT BILD*

Beitrag von Andreas K. »


Guten Morgen!

Ich hab folgendes Problem und hoff auf Rat von Spezialisten.

Ein Schreibtisch, den ich vor einigen Jahren gemacht habe hat zwei Holzscharniere (Nuß), die einen Teil der Tischplatte wie einen Deckel heben lassen. Die rechte Seite in geschlossenen und geöffnetem Zustand ist auf den folgenden beiden Fotos zu sehen:


Dieser Tisch musste übersiedeln, dabei ist die linke Klappe aufgegangen, gegen ein Hindernis geknallt und die Scharnierelemente sind gebrochen. Das traurige Ergebnis ist auf den nächsten drei Bildern zu sehen:




Wie man am letzten Bild sieht, kann die Achse nicht aus dem Scharnier entfernt werden.Die Reparatur muss also in situ erfolgen. Das habe ich mit PVA3-Leim probiert, das Ergebnis war schlecht, weil ich auf die Klebeflächen keinen ausreichenden Druck aufbauen kann. Nun befindet sich auf den Flächen eingetrockneter Leim. Bearbeiten kann ich die Flächen nicht, weil ich ja kein Material verlieren darf.
Die Achse ist mit einem Gleit-Trennmittel ich glaub auf Silikonbasis imprägniert, PVA-Leim bleibt daran nicht haften.

Welche Möglichkeiten habe ich, diesen Schaden zu reparieren?
Habe ich eine Chance mit PU-Kleber? Und besteht bei PU Kleber nicht die Gefahr, dass er auch die Achse verklebt?
Wie siehts mit Acrylacetatkleber aus, wäre da eine Chance?


Wenn gar nichts anderes geht könnte ich den Deckel mit der Achse verkleben (mit welchem Kleber wär das überhaupt möglich?), hab dann halt das Risiko, dass der Deckel nimmer so geschmeidig sich bewegen lässt wie das bis jetzt der Fall war.
Oder gibt es überhaupt eine andere Möglichkeit?

Ich freu mich auf jeden Tipp der mir weiterhilft!

Danke und schöne Grüsse

Andreas


Rafael Neumann
Beiträge: 157
Registriert: Mi 2. Okt 2013, 11:07

Re: Frage an Klebespezialisten (MIT BILDERN)

Beitrag von Rafael Neumann »


Hallo Andreas,

die Sache mit dem Silikon macht es nicht einfacher. Wenn Du nicht an die Grundkonstruktion gehen möchtest, wäre Sekundenkleber eine Alternative. Ich würde dann aber einen Industriekleber nehmen; wenn Du da nicht drankommst, evtl. noch den Sekundenkleber von Loctite, der am ehesten einem Industriekleber entspricht .

Wenn es gar nichts wird, hättest du aus meiner Sicht immer noch zwei Alternativen (nicht schön, aber machbar):
1. An der vorderen Kante des Scharniers einen "Deckel" sauber abschneiden, die Achse herausziehen, das Scharnier erneuern, wieder einbauen und den "Deckel" wieder einleimen.
2. Das ganze Scharnier z.B. mit einem Multimaster oder einer feinen Japansäge vorsichtig heraustrenne und reparieren.

Viel Erfolg damit. Ich bin gespannt, was daraus wird.

Viele Grüße
Rafael


Johannes M
Beiträge: 1587
Registriert: Di 21. Jul 2020, 09:09

Re: Frage an Klebespezialisten (MIT BILDERN)

Beitrag von Johannes M »


Hallo Andreas,

schöner Schreibtisch; ich würde versuchen das Scharnierteil an der Klappe zu leimen. wenn das funktioniert, das Gegestück von vorne aufbohren und den Stab rausziehen, das Scharnier zusammenbauen und die Bohrung mit einen passenden Holzplättchen wieder verschließen. Falls das Verleimen des gebrochenen Scharnierteils nicht funktioniert, bleibt, glaube ich, nur der Neubau des Scharniers.

Es grüßt Johannes

Franz Kessler
Beiträge: 2298
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Re: Frage an Klebespezialisten (MIT BILDERN) *MIT BILD*

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo Andreas

Etwas umständlich, aber möglich, zwei geteilte Hälften auf den Scharnierbolzen auflegen und in eine Nut schieben und leimen, natürlich müssten alle drei Teile gemeinsam geleimt werden, die Faserrichtung um 90° drehen, eventuell die Hälften etwas schräg ins Holz legen, um noch etwas mehr Stabilität zu erreichen.
Ist Silikon im Spiel, hast Du schlecht Karten an vorhanden Flächen zu kleben.

Gruß Franz



Helmut
Beiträge: 174
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Frage an Klebespezialisten (MIT BILDERN)

Beitrag von Helmut »

[In Antwort auf #132800]
Hallo Andreas,

in Sachen Druck aufbauen zum verleimen : Schrauben.... durch das abgebrochene Teil in den Rest. Ins Abgebrochene Teil so groß vorbohren, das die Schraube... ggf. mit passend runder U-Scheibe... nix kaputt macht.... . So sollte genug Druck zum Leimen gemacht werden können.

:-) Helmut

Klaus Kretschmar
Beiträge: 1457
Registriert: Sa 21. Nov 2020, 23:13

Re: Frage an Klebespezialisten (MIT BILDERN)

Beitrag von Klaus Kretschmar »

[In Antwort auf #132800]
Hallo Andreas,

wirklich schade, aber solche Dinge passieren nun mal. Ich bezweifle, dass Kleben eine dauerhafte Lösung sein wird, höchstens man geht anschließend sehr vorsichtig mit der Klappe um. Andererseits wird ja behauptet, das eine gute Leimung besser hält, als das Holz selbst. An deiner Stelle würde ich einen Versuch mit 2-Komponenten-Kunstharz-Kleber unternehmen. Wenn der nicht hält, wird wohl keiner halten. Neben der enormen Haltekraft hat dieser Kleber den weiteren Vorteil, dass nicht allzu hart gespannt werden muss.Die Klebung muss sehr vorsichtig erfolgen und du musst darauf achten, dass kein Kleber nach innen austritt und die Rundstange verklebt. Schlechter als es jetzt ist, kann's nicht mehr werden :-)

Grüße
Klaus

MaxS
Beiträge: 1549
Registriert: Sa 21. Jun 2014, 02:52

Re: Frage an Klebespezialisten (MIT BILDERN)

Beitrag von MaxS »

[In Antwort auf #132800]
Hallo Andreas,

in solchen Fällen habe ich zwei Kleber, die ich ausprobieren würde, bevor ich das Scharnier neu anfertige oder aufwendig repariere. Zum einen Uhu endfest 300, ein 2K-Kleber hoher Festigkeit - das hat Klaus schon vorgeschlagen. Und zum anderen hochwertiger Sekundenkleber aka Cyanacrylat, z.B. von Loctite. Der entwickelt auch relativ gute Festigkeiten und ist schnell fest, sodass man sich die Spannerei sparen kann.

Falls das nichts hilft, sollte man wohl über eine Neuanfertigung oder grundlegende Reparatur nachdenken.

Viele Grüße und viel Erfolg bei der Raparatur,
Max

Andreas K.
Beiträge: 204
Registriert: Do 23. Sep 2021, 05:01

Die erfolgreiche Reparatur *MIT BILD*

Beitrag von Andreas K. »

[In Antwort auf #132800]
Herzlichen Dank für die vielen Überlegungen!
Ich habe daraus die Synthese gezogen und zur Sicherheit noch Herrn Zivny von Henkel konsultiert.
Das Mittel der Wahl war, wie verschiedentlich vorgeschlagen, ein Cyanacrylatkleber, und zwar Loctite PowerFlex Gel. Der gelförmige Sekundenkleber bietet ausreichend Zeit zum Verarbeiten, da der deutlich länger zum Aushärten benötigt als die Flüssigversion. Ausserdem kann man auf bestehende Klebereste des PVAc Klebers kleben (vorausgesetzt diese Kleberreste sind fest mit dem Holz verbunden).

Und so bin ich vorgegangen:
Zuerst habe ich ein Stück Furnier auf die Welle geklebt um zu prüfen, ob die Welle so gut imprägniert ist, dass der Kleber sich nicht mit ihr verbindet. Andernfalls, so hat mir Herr Zivny geraten, müsste ich eine PE-Folie durchfädeln (auf dieser hält der Cyano-Kleber nicht) und diese dann nach dem Härten entfernen. So knapp wie da der Platz ist bin ich froh, dass ich das nicht machen musste. Denn die Furnier löste sich relativ leicht von der Welle.

Als nächsten Schritt setzte ich die drei Splitter des Segments zusammen, das mit dem Tisch verbunden ist und klebte es an seine Stelle. Nach dem Aushärten konnte ich die Welle weiterhin drehen, sie ist nicht zur starren Achse geworden. Das hat Hoffnung für die weitere Reparatur gemacht.

Dazu fädelte ich die drei Abschnitte an den jeweils richtigen Stellen ein.

Ich hab sie so positioniert, dass ich auf den Bruchflächen Klebstoff applizieren konnte

Nun bin ich mit dem Deckel auf die Klebeflächen gegangen

und hab ihn unter Druck in die waagrechte Position gedreht.

Mit minikleinen Keilen hab ich den Deckel dann Richtung Scharnier gedrückt und den Kleber aushärten lassen.

Zum Abschluss die Flächen überputzt und von überstehendem Kleber befreit. Jetzt kann ich nicht einmal mehr selber sehen, wo die Bruchstellen waren. *lach*

Die Reparatur ist also gelungen, der Deckel fällt wieder mit einem fluffigen Geräusch in seine Schliessstellung. Ich hab einen kleinen Clip gemacht, weil das Geräusch so besonders nett ist, aber leider kann ich es nicht in diesen Text laden.

Deshalb als Ersatz noch ein paar Fotos vom fertig renovierten Tisch. Die grünen Stellen rühren von ausgelaufener Tinte, die hab ich nicht komplett weggekriegt.

Vielleicht noch was zur Konstruktion:
Es ist ein Eckschreibtisch mit Rahmenkonstruktion, der ohne Beine auf zwei Winkelprofilen aufliegt, die an die Wand geschraubt sind. Das Loch hinten ist ein Kabeldurchlass. Die Lade ein Vollauszug. Und die Tischfläche habe ich aus einem alten Fußboden gemacht, was ich noch heute witzig finde.
Material:
Rahmen: Fichte
Tischplatte: Ahorn-Fußbodenpanele
Blenden: Buchensperrholz, Mit geriegeltem Ahorn furniert
Scharniere: Nuß
Scharnierwelle: Buche
Auszug: Blum Vollauszug






Nochmals danke für alle Beiträge und Ratgaben, sie haben mir geholfen mich in dem sicher zu machen, wie ich die Reparatur angehe.

Andreas

Franz Kessler
Beiträge: 2298
Registriert: Mi 27. Nov 2019, 21:09

Re: Die erfolgreiche Reparatur

Beitrag von Franz Kessler »


Hallo Andreas

Gratulation für Deine Reperatur, ist Dir zu wünschen dass es hält.

Fragen tu ich mich aber, wi konntest Du uns diesen Tisch so lange verheimlichen? Musste erst das Scharnier brechen?
Da sind ja einige Details, die sehr ungewöhnlich sind, nicht nur das Scharnier, vielleicht kannst Du ja noch einige Kommentare nachschieben, wie Du zu den einzelnen Details gekommen bist.

Nachträglich Gratulation

Gruß Franz

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