Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür? *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Berthold Cremer
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Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür? *MIT BILD*

Beitrag von Berthold Cremer »


Habe mir vor einiger Zeit einen älteren Ulmia Zahnhobel bei ebay gekauft. Ich dachte, damit kann man schwierige Faserverläufe oder astige Stellen grob vorbearbeiten, ohne dass das Holz außreißt. Obwohl ich das Messer gut geschliffen habe, kann ich kaum damit hobeln. Nach ein oder zwei mal hobeln sind alle Zähne mit Holzfasern so verstopft, daß der Hobel nicht mehr greift. - Siehe Foto
Mach ich etwas falsch? In welchem Winkel sollte das Messer geschliffen werden? Oder ist der Hobel nicht für solche Zwecke geeignet? Was macht man mit einem Zahnhobel?

Wolfgang Jordan
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Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Ich vermute mal, daß du versucht hast, mit dem Zahnhobel Weichholz zu hobeln. Das führt aber nur dazu, daß Fasern ausgerissen werden, die dann die Zähne zusetzen. Solche steilen Winkel, wie sie beim Zahnhobel oder auch bei der Ziehklinge auftreten, lassen sich mit Vorteil nur beim Bearbeiten von Hartholz nutzen.

Zum Einsatzbereich habe ich mal in einigen älteren und neueren Büchern nachgeschlagen, weil ich selbst dazu keine Erfahrung habe. Einstimmig wird berichtet, daß der Zahnhobel früher benutzt wurde, um Oberflächen zum Furnieren vorzubereiten. Man hat geglaubt, daß die rauhe Oberfläche dem Leim eine höhere Haltekraft verleiht. Heute weiß man, daß zu verleimende Flächen möglichst glatt sein sollten. Vielleicht gibt es da aber auch einen Unterschied zwischen Knochenleim und Weißleim.

Eine zweite wichtige Anwendung ist das Putzen von (Hart-)Hölzern mit wilder Maserung. Wegen des hohen Anstellwinkels (80-90 Grad) kann man eine Oberfläche unabhängig vom Faserverlauf hobeln, ohne Ausrisse befürchten zu müssen. Die feinen Rillen werden dann mit der Ziehklinge entfernt. Die Amerikaner benutzen statt dieser Kombination gleich einen Ziehklingenhobel.

Zum Schärfen des Eisens ist noch zu sagen, daß wegen der Rillen auf der Spiegelseite nur die Fase des Eisens geschliffen wird. Um den beim Schleifen entstandenen Grat zu entfernen, wird das Eisen mit der Schneide in einen Hartholzklotz geschlagen. Zum Fasenwinkel wird in meinen Büchern nichts gesagt. Ich vermute aber, daß er nicht zu klein sein sollte wegen der beim Schaben auftretenden seitlichen Kräfte, also ca. 30 Grad.

Schöne Grüße, Wolfgang

Christof Hartge
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Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Berthold,

Sankt Spannagel schreibt: "Man rauht mit dem Zahnhobel, der keine Klappe hat, harte Hölzer vor dem Verleimen und Blindhölzer vor dem Furnieren auf. (Beim Verleimen von schmalen Fugen Zahnhobel rückwärts ziehen."

Grüße, Christof.

Berthold Cremer
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Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von Berthold Cremer »


Danke für Eure Antworten.
Es scheinen nicht viele Leser Erfahrung mit dem Zahnhobel zu haben.
Ich habe den Hobel für Hartholz verwendet, aber trotzdem kommt es zu dieser faserigen Verstopfung, wie das Bild zeigt. Habe versucht wilde Maserung damit zu putzen und haben mich dann gefragt, wie man die Fläche dann wieder glatt bekommt. Der Tip, die gehobelte Fläche dann mit der Ziehklinge weiter zu bearbeiten, ist gut. Auf so einfache Lösungen kommt man machmal nicht. - Brett vor dem Kopf!

Scharenberg,Henning

Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von Scharenberg,Henning »

[In Antwort auf #93520]
Mit einem Zahnhobel wird nicht gehobelt,sondern abgezahnt.
Abgezahnt wurden früher Holzflächen vor dem Furnieren.
Letzte kleine Unebenheiten wurden beseitigt und durch die
Zahnung eine bessere Leimaufnahme und Verbindung zwischen
Trägerplatte und Furnier gewährleistet,besonders bei Heißleim mit
dem man ja früher,vor vielen Jahren arbeitete.
Übrigens:Die Tischler reinigten auch regelmäßig ihre Hobelbänke von
Schmutz und Leimresten, indem sie die Hobelbänke abzahnten.Auch heute noch.
Danach wurden die Hobelbänke mit Leinöl behandelt und waren wie neu.



urs BORER ch 4104 Oberwil

Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von urs BORER ch 4104 Oberwil »


Lieber "Zahnhobler"

Der von dir gekaufte Zahnhobel ist ein erstklassiges Werkzeug - zumal von diesem Hersteller.

Natürlich funktioniert dieser Hobel für den von dir beschriebenen Arbeitsvor-gang sicherlich n i c h t.

Für was ist diesem Hobel ?

Dieser Hobel braucht man um eine Holzfläche mit Heissleim (Knochenleim) zu furnieren.

Wie wird gearbeitet ?

Eine zu furnierende Holzfläche ist normalerweise flach gehobelt - für Heiss-leim ist diese Fläche zu glatt. Mit dem sehr fein eingestellten Zahnhobel wird daher die Flache - diagonal - fein gehobelt. Durch diesen Arbeitsvorgang ent-stehen feine Querrillen im zu furnierenden Holz. Durch diese Vorbehandlung entsteht mit Heissleim eine vorzügliche Leimverbindung.

Heute werden solche Höbel nur noch von ausgesuchten Antikschreinern verwendet.
Diese Handwerker arbeiten gelegentlich noch mit Heissleim.

Was bedeutet dies für dich?? Du hast einen wunderbaren Hobel - ein echtes
Museumsstück!!

Viel Spass und Gruss URS


Rolf Richard
Beiträge: 3390
Registriert: Do 16. Mär 2017, 07:44
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Re: Er muss wirklich selten angewendet werden....

Beitrag von Rolf Richard »


.....wenn sich ein Thread mit sechs Beiträgen über 9 Jahre hinzieht! :-)

Gruss

Rolf



Gerfried Kloster

Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von Gerfried Kloster »

[In Antwort auf #93520]
Meine Tischlerlehre machte ich Anfang der 80-er Jahre und bekam bei der Werkzeugkunde in der Berufsschule auch noch einen Zahnhobel gezeigt mit folgendem Kommentar des Lehrers:
"Dieser Hobel stammt aus der Zeit, als man noch an das Märchen der tausendfach Verdübelung beim Leimen glaubte.
Mittlerweile weiß man, dass eine glatte Leimfuge etwa 20-fach belastbarer ist, als eine rauhe und Zahnhobel werden mittlerweile nicht mehr hergestellt."

Warum Zahnhobel in letzter Zeit wieder vermehrt angeboten werden? Vielleicht wurde irgendwo noch ein eingelagerten Posten gefunden.
Man hat mit einem Zahnhobel übrigens quer zur Maserung/Faser gearbeitet, kein Wunder, dass der in Querrichtung verstopft.
Und es hat auch nichts mit Heißleim oder Knochenleim zu tun. Auch damit ist eine rauhe Leimfuge wesentlich weniger belastbar, als eine glatte.
Auch, wenn ich als Tischlermeister a.D. (mittlerweile berufsunfähig) die Traditionen hoch achte, sollte man doch versuchen, Fehler zu vermeiden.
Etwas ist nicht deshalb richtig, weil man das früher immer so gemacht hat.

Horst Entenmann
Beiträge: 1154
Registriert: So 30. Mär 2014, 20:58

Re: Er muss wirklich selten angewendet werden....

Beitrag von Horst Entenmann »


Hallo Rolf,

Jetzt sind noch ein paar Jahre hinzugekommen.
Manche formuliert halt seine Antworten sehr sorgfältig und schreibt nicht einfach vorschnell was hin.
;)

Dennoch finde ich Gerfrieds Beitrag nicht überflüssig.

Gruß Horst

Heribert Wilhelm

Re: Zahnhobel - wie verwenden? - Wofür?

Beitrag von Heribert Wilhelm »

[In Antwort auf #93520]
Ich hatte vor Jahren zwei Hobelbänke gebaut (Buche) und versucht, die Oberfläche mit der Raubank plan und glatt zu hobeln. Je nach Holzwuchs kam es an einigen Stellen zu unschönen Ausrissen. Ich griff zum Zahnhobel und trug damit die Oberfläche um etwas weniger als die Zahnlänge ab. Die Oberfläche ist dann voller feiner Riefen, wie es bei diesem Hobel zu erwarten ist. Danach glättete ich die Oberfläche mit einer Raubank von Gordon Planes, deren Eisen man mit der Phase nach vorne benutzen kann (Eisen um 180° um die Vertikalachse gedreht). Damit hat man einen wunderbaren "Ziehklingenhobel". Diese schweißtreibende und Geduld erfordernde Arbeit wurde an jeder Platte zweimal durchgeführt und so erhielt ich eine glatte und letztlich auch plane Oberfläche - frei von Ausrissen. Auf die gleiche Weise glättete ich auch eine widerspenstige Tischplatte aus Buche. Darüber hinaus kenne ich aus eigener Erfahrung keine weitere Anwendung für den Zahnhobel.

Gruß

Heribert

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