Sommerloch

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
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Berthold Cremer
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Sommerloch

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo!
Zur Zeit ist es ja recht ruhig hier im Forum. Das liegt sicher an der Urlaubszeit.
Nun nutze ich die Gelegenheit und erzähle eine Geschichte, die ich im Urlaub erlebt habe.
Unser Urlaub führte uns durch verschiedene Gebiete in ganz Deutschland.
Ja, wir waren auch in Berlin und habe natürlich Dieter in seinem Laden besucht. (Auf jeden Fall ein Besuch wert.)
Erzählen wollte ich aber von den Besuchen der beiden großen Holzhändler in Hamburg:

Händler 1:
Eine riesige Halle voll mit Hölzern, die jeden Drechsler und Holzliebhaber in Erstaunen versetzt. Hier gibt es alles von A bis Z; von Amboniamaser bis Zebrano. In langen Gängen wird das Holz sortiert in Regalen gelagert.
Nachdem wir uns in aller Ruhe umgesehen und ausgesucht hatten, kam ein netter Fachmann, der uns noch auf so manche interessante Hölzer aufmerksam gemacht hat: „Haben sie dieses schon gesehen . . . Moment, ich zeige ihnen noch etwas . . . Ich drechsle auch und da muß ich ihnen noch dieses Holz zeigen . . . Haben sie gesehen, daß wir davon auch noch größere Stücke haben . . .“ und so weiter.
Der Mann zeigte seine Begeisterung für das Holz und man merkte, daß er selber Freude an den Hölzern hatte. Und so plauderten wir noch ein bißchen. Ein schönes Erlebnis!

Händler 2:
Eine Halle mit Gitterkörben, in denen die Holzstücke lagen. Ambiente wie Aldi, aber Hölzer vom Feinsten. Alles, was sich ein Drechsler wünscht. An der Kasse errechnete der Mann die Summe unser Einkäufe. Ich bemerkte: „Sie haben ja phantastische Hölzer hier . . .wunderbar . . . “

Darauf bemerkte der Mann: „Ja, das sehe ich schon nicht mehr. Früher habe ich in einer Wurstfabrik gearbeitet und so viel Wurst gegessen, bis ich keine Wurst mehr sehen konnte. Dann habe ich in einer Fischsalat-Fabrik gearbeitet und so viel Fischsalat gegessen, bis ich keinen Fisch mehr sehen konnte. Und jetzt verkaufe ich hier Holz und ich sehe auch nicht mehr, wie schön das Holz ist.“
Es scheint wohl so zu sein, daß nicht jeder Mensch die Schönheit von Holz schätzt – irgendwie schade.

Nun sind wir also heimgefahren mit einigen Stücken von edlen Hölzern. Als besonders interessant hat sich für mich Birkenmaser erwiesen. Bisher hatte ich noch nie mit Maserhölzern gearbeitet und hatte mir auch vorgestellt, das dies besonders schwierig sei. Da nun bei mir die Nachfrage nach Armreifen ungebrochen ist, habe ich einen Armreifen aus weißrussischer Maserbirke gedrechselt. Von der Schönheit des Holzes bin ich ebenso fasziniert, wie von der Möglichkeit es gut zu bearbeiten.

Hat noch jemand interessante Holz- oder Werkzeug-Erfahrungen im Urlaub gemacht?

Gruß
Berthold


Armreifen aus weißrussischer Maserbirke

Christian Aufreiter
Beiträge: 2209
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:16

Re: Sommerloch

Beitrag von Christian Aufreiter »


Hallo Berthold,

danke für deinen netten Bericht!
Leider kann ich keinen derartigen Beitrag schreiben, allerdings möchte ich zur "Wurst-Fisch-Holz-Geschichte" etwas bemerken.
Ich denke, dass selbst Menschen, die eine sehr innige Beziehung zu einer bestimmten Tätigkeit haben, nicht unbedingt glücklich werden, wenn sie diese als Beruf ausüben (müssen). Müssen deshalb, weil man zB als professioneller Tischler nicht denselben Zugang zur Holzbearbeitung bewahren kann wie wir Hobbybastler. Für uns ist der Umgang mit Holz und Werkzeug eine willkommene Abwechslung im Alltag. Wir können uns mehr oder weniger unsere Projekte aussuchen, nach unseren Vorstellungen gestalten, unsere Ideen einbringen und verwirklichen. Auch ist es uns möglich, nach Lust und Laune Pausen einzulegen. Viele von uns sehnen sich wahrscheinlich nach mehr Zeit für ihr Hobby, aber nicht zuletzt bereitet uns auch die Ungezwungenheit (an einem Tag bin ich kaum von der Hobelbank wegzubringen, an einem anderen bleibt der Hobel im Schrank), die nur bei einer als Hobby ausgeübten Beschäftigung machbar ist, Freude.
Wenn ich als professioneller Tischler Tag für Tag darauf Bedacht nehmen muss, dass ich meine Rechnungen bezahlen, mich um Ersatz für wegen mangelnder Sorgfalt kaputt gegangenes Werkzeug kümmern, jeden Auftrag annehmen (um zu überleben) muss, kann ich mir durchaus vorstellen, dass mir die Freude an der Tischlerei vergeht. Kommen dann beispielsweise noch "schwierige Kunden", die zB meine Arbeit nicht wirklich schätzen oder denen es egal ist, ob das Möbelstück feinste Zierzinken und eine wunderschöne geölte Oberfläche hat oder einfach ein gedübelter "Spannplattenhaufen" ist, werde ich GERADE als begeisterter Schreiner mein Glück nicht finden.
Für uns sind saubere, handgefertigte Zinken ein Glückserlebnis, für das man in der Regel gerne lange Übungszeiten in Kauf nimmt. Wenn ich das Tischlern aber nicht als Hobby betreibe und es eine Rolle spielt, dass die Zinkung besser gestern als heute fertig ist und zudem keine Zeit in Anspruch nehmen soll, interessiert es niemanden, ob die Zinkung jetzt handgefertig ist oder nicht. Die Mehrheit der Kunden wird vielleicht erstens keinen Unterschied merken und zweitens auch nicht bereit sein, für Handarbeit (die ja im Grunde nicht notwendig ist) mehr zu bezahlen.

Das nur dazu. Ich würde mir gut überlegen, meine Lieblingsbeschäftigung, in die ich meine Herzensblut investiere, zum Beruf zu machen, speziell angesichts der aktuellen Wirtschaftslage.

Herzliche Grüße

Christian

Berthold Cremer
Beiträge: 726
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Re: Sommerloch

Beitrag von Berthold Cremer »


Hallo Christian!
Eigentlich gehört es nicht direkt hier her, und ich wollte auch keine Diskussion über den Schreinerberuf lostreten. Ich wollte einfach nur eine nette Geschichte zum Thema Holz erzählen. Dennoch möchte ich ein paar Sätze zu Deinem Beitrag loswerden.
Ich selber habe lange überlegt, ob ich mein Hobby zum Beruf machen sollte. Ich habe es gemacht! Und nun, nach 20 Jahren, kann ich sagen, daß es, je geübter man wird, es auch immer mehr Freude macht. Okay, nicht jede Operrettenvorstellung macht Spaß. Aber wenn ich eine Sinfonie von Brahms oder Beethoven oder eine Oper von Puccini oder Mozart spiele, macht es mit jedem mal mehr Freude. Vielleicht geht es einem Schreiner ja auch so: Je besser er sein Handwerk beherrscht, um so mehr Befriedigung erlebt er??

So, nun sollte es aber wieder um Holz oder Handwerkszeuge gehen.
Gruß
Berthold


Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Sommerloch

Beitrag von Christof Hartge »

[In Antwort auf #95835]
Hallo Berthold,
beeindruckt an deinem Bericht hat mich der Armreif und die freundliche Aufmerksamkeit der Holzverkäufer. Ach ja, ...

Nun zu meinen Urlaubserinnerungen. Rein zufällig stießen wir auf die Bockwindmühle Pudagla. Von außen sieht ist so eine Bockwindmühle schon imposant, wenn auch etwas einförmig. Aber von innen, ist es das beieindruckendste Stück Holzbaukunst daß ich seit langem gesehem habe. Leider hatte ich keinen Zollstock dabei, aber der "Hausbaum", das ist die Mittelachse der Mühle, hatte sicher einen quadratischen Querschnitt von 70-80 cm, Massiv aus einem Stück in Eiche und 5 m lang. Wo kriegt man einen solchen Balken her ? Dann gab es das hölzerne Kronrad, das sitzt direkt hinter den Flügeln und überträgt die Kraft auf den Mahlgang. Auf einem Kranz von 2 m Durchmesser sind die Zähne einzelen eingesteckt und verkeilt. Ich wette die alten Müller hatten eine Hobelbank in ihrer Mühle stehen, um kleinere Holzarbeiten selbst auszuführen. Die Schütte über den Mahlsteinen war mit einer Trichterzinkung ausgeführt (nicht ganz sauber ...)
Hier ist ein Link: http://www.zimmerei-moeller.de/referenzen-muehlenbau.htm. Mit der Mühlenbaufirma habe ich keine Verbindung, die hatten nur die besten Fotos im Netz.
Die Mühlenbauer sind eine vergessene Gruppe unter den professionellen Holzwerkeren. Ihre Kunstwerke sind auch recht rar geworden. Da freut man sich über ein Prachtexemplar, wie das in Pudagla. Zur Besichtigung empfohlen.

Viele Grüße, Christof.


Wolfgang Jordan
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Re: Sommerloch

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Christof,

wirklich interessant, so eine Bockwindmühle. Sehe ich das richtig, daß das gesamte Mühlengebäude jeweils in den Wind gedreht wird. Gibt's da irgendwo eine Kurbel?

Auch ich habe im Urlaub eine Windmühle besichtigt, und zwar in den Niederlanden. Genauer gesagt war das in Anjum in Friesland. In der Gegend hat fast jeder Ort eine Windmühle, aber diese beinhaltet ein kleines Museum sowie die V.V.V (Touristeninformation).
Mühle 'De Eendracht' in Anjum
An manchen Tagen drehen sich sogar die Flügel, und das haben wir für eine Besichtigung genutzt. Man kann bis ganz unter die Haube steigen, die auf eisernen Rollen sitzt und von außen durch lange Stangen in den Wind gedreht werden kann. Auch die Bremse wird von außen von der umlaufenden Galerie aus bedient. Die engen Treppen ins oberste Stockwerk zeigen, daß der Müller nicht dick sein konnte oder zumindest einen schmächtigen Gesellen haben mußte. Wenn man ganz oben steht und sieht und spürt, wie sich die gewaltigen Flügel drehen und die hölzernen Zahnräder ineinandergreifen, bekommt man großen Respekt vor den Erbauern der Mühle.

Eine besondere Überraschung für mich war die vierte Ebene, wo neben einigen Mühlengerätschaften auch das komplette Werkzeug eines Schreiners aus Groningen (Gerrit Groenewold, geb. 1894, als Schreiner tätig bis 1923) ausgestellt war. Neben den üblichen Werkzeugen haben mich besonders die ca. dreißig Profilhobel mit den typisch niederländischen Verzierungen und Griffmulden beeindruckt (Beispiel siehe hier).

Gruß, Wolfgang


Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Bockwindmühlen

Beitrag von Christof Hartge »


Hallo Wolfgang,
was du besichtigt hast war eine Windmühle holländischen Typs, wie sich Ende des 18. Jahrhunderts auch über Norddeutschland verbreitet hat. Wie du beschrieben hast, wird nur der Kopf bewegt. Meist befindet sich hinten im 90 Grad Winkel ein kleines Windrad, daß vom Wind in Bewgung gesetzt wird sobald die großen Flügel nicht mehr im Wind stehen. Über ein Getriebe setzt dieses kleine Windrad, dann den ganzen Kopf in Bewegung, bis er wieder richtig im Wind steht, dann schaltet sich das kleine Rad aus, weil es aus dem Wind gefahren ist. Schlau,was ! (Diese Mühlen konnten sehr groß gebaut werden und leicht mehrere Mahlgänge haben.

Ein besondere handwerkliche Aufgabe müssen auch die Flügel sein: Auf die Länge vier exakt gleich lange, gleich gewundene Flügel zu bauen dürfte ein Meisterstück sein. Da darf ja nichts unrund laufen, bei den Kräften, die da wirken. Nicht ganz klar ist mir, wie an den Flügeln die Segel aufgezogen werden. Hast du das gesehen?

Meine Mühle ist das Vorgängermodell, eine sogenannte Bockwindmühle. Hinten aus der Mühle schaut ein zirka 6-8 m langer Schwengel heraus. Wenn die Mühle nicht mehr gut im Wind stand, krabbelte der Müller die Treppe herunter und drehte das ganze Mühlenhaus in den optimalen Winkel. Bockwindmühlen sind sehr selten geworden.

Mein Vater sagte immer, Müller hättten zwar harte Arbeit gehabt, aber sie hatten auch Zeit, wenn das Korn einmal im Gang war und im Unterschied zu anderen Leuten hatten sie eine kontinuierliche Antriebsenergie. Beides brachte sie auf allerhand Gedanken, wie man den Betrieb weiter automatisieren könnten. Sie hatten zum Beispiel schon Fahrstühle als andere Leute noch Treppenstufen einzeln eingegratet haben. Aber diese fahrenden Bretter waren Höllendinger, mehr für mephistophelische Auftritte geeignet.

Viele Grüße, Christof

Stefan Hintzen
Beiträge: 357
Registriert: Sa 28. Jul 2012, 21:17

Re: Sommerloch

Beitrag von Stefan Hintzen »

[In Antwort auf #95835]
Hamburger Holzgrossisten

Das gleiche ist mir auch widerfahren, nur, daß ich den Arbeiter in Halle 2 sehr nett fand, er hatte etwas mehr Zeit, humpelte wegen seiner neuen Hüfte, die er vor einiger Zeit eingesetzt bekommen hatte - und da er ein echter Holzliebhaber ist, erzaehlte er mir und meiner Frau, daß er die naechste künstliche Hüfte am liebsten aus Pockholz angefertigt und eingesetzt bekommen moechte. Es gibt doch kein besseres Holz, welches so dauerhaft und selbstschmierend ist. Da blieb mir aber echt die Spucke weg. Werde trotzdem lieber einheimische Harthoelzer verarbeiten, und irgendwann mal meine Fuehler ausstrecken, wo man in Antwerpen, Belgien, ist fuer mich Aachener einfach naeher gelegen, auch so einen Holzshop finden kann, Fazit: Ueberall dort, wo große Haefen sind, duerften m.E. die Holzimporteure nicht allzuweit sein. Oder hat vielleicht jemand von Euch eine Adresse parat ?

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